Atomkraftwerke und Energiewende

Ich finde es eigentlich schon wichtig, dass Politiker Dinge versprechen und diese dann auch einhalten. Ich finde es jedoch genau so wichtig, dass Politiker von ihren Versprechen wieder abrücken, wenn sich die zu grunde legende Entscheidungsgrundlage geändert hat.
Eine Verlängerung der AKW Laufzeiten ist nicht möglich, wäre aber aus meiner Sicht z. B. durch Deinen Beitrag allein schon gut begründet:

Ich würde das „schon“ durch ein „nur“ ersetzen. Die Zahl mag zwar groß erscheinen, ist sie aber im Vergleich zur erzeugten Leistung nicht. Für ein Kohlekraftwerk wären Quadratkilometer abgebaggert worden und die Schadstoffe dabei wären einfach so in die Atmosphäre geblasen worden.
Gaskraftwerke sind besser als Kohlekraftwerke, aber auch da geht eine ganze Menge über den Schornstein ins Freie. Spontan fallen mir Stickstoffoxide und Schwefeldioxide ein, evtl. auch noch Quecksilber.

Wenn man das macht, wird man einen Gamechanger, die genau diese Technologie zur besten Wahl machen würde, niemals entdecken. Und bei der Kernkraft gibt es mit Flüssigsalzreaktoren einen Reaktortyp der dieses Potential haben könnte.

Zwei Korrekturen:

  • CO2-Ausstoß von Kernkraft ist ungefähr gleich wie Wind und Solar
  • Wir haben hier in Deutschland bereits 4 Endlager
    Und zwei Ergänzungen:
  • Kernkraft ist für Deutschland keine Alternative wegen der viel zu langen Bauzeiten und insbesodere dem Widerstand in der Bevölkerung
  • Etwas, das mir auch neu war: Kernkraftwerke führen, genau wie fossile Kraftwerke im Vergleich zu den Erneuerbaren dazu, dass das Netz nicht stabiler, sondern instabiler wird:
    Three Myths About Renewable Energy and the Grid, Debunked - Yale E360
    Die Erneuerbaren sind liefern zwar nicht konstant Energie, aber das tun die anderen Kraftwerke auch nicht. Gerade, dass in Frankreich die Kernkraftwerke 2019 wegen geplanten und erzwungenen Unterbrechungen im Durchschnitt 96 Tage lang keinen Strom produziert haben, hat mich extrem überrascht. Da frage ich mich wie die das mit den Atom-U-Booten machen…

Meines Wissens stimmt das nicht. Deutschland ist immer noch auf der Suche nach einem Endlager!
Weltweit gibt es das noch nicht. Die Finnen bauen aber gerade eins.

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@FlorianR Danke für die Ergänzungen :slight_smile:

Über dieses Thema wurde ja schon oben trefflich gestritten, weshalb ich gerne auf der Fußnote

  • mit einer von den Autoren der dahinter stehenden Studie angegeben Unsicherheit um den Faktor 10

bestehen möchte.

Abgesehen davon ging es mir bei dem Satz

auch nicht um die der Energieform direkt zuschreibbaren Emissionen, sondern eher um die in der Studie untersuchte Frage der indirekten Auswirkungen, d.h. darum, ob eine den Ausbau der Atomenergie forcierende Politik zu mehr oder weniger gesamtgesellschaftlichen Emissionsreduktionen führt, als eine den Ausbau der Erneuerbaren fokusierende Politik.

Das wäre mir neu. Ich kenne nur Morsleben (stillgelegt und versiegelt). In Betrieb ist meines Wissens nach kein einziger Endlagerstandort. Sind etwa Schacht Konrad (Inbetriebnahme 2027 geplant), die Asse und der Standort, der derzeit gesucht wird, gemeint?

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Und was ändert das? Solange wir einen Anteil von fossilen Energieträgern im Prozentbereich haben, spielt es keine Rolle, ob wir diesen um 99,9% oder 99,99% reduzieren. Das ist beides im Vergleich zum Rest näherungsweise Null.

Morsleben ist bisher noch nicht stillgelegt.

Das ist richtig, aber wir bauen trotzdem welche. Nur ist es Atomkraftgegner sehr wichtig zu betonen, dass es keine Endlager gibt, so dass man die Dinge einfach so bauen kann, ohne dass es jemanden interessiert. Und das Zeug was da rein kommt ist nicht nach 1 Million Jahren ungefährlich.

Solltest du Habeck mitteilen.
Er hat soeben mitgeteilt, dass Verlängerung der Laufzeiten erst dann ein Thema wird, über das man nachdenken kann, wenn Deutschland ein Endlager hat.

Also in einer Diskussion über Atomenergie, Endlager für „konventionelle“ Stoffe anzuführen, dass nenne ich mal eine Nebelkerze. :wink:

In deinem Link zur UTD Herfa-Neurode steht:

Ausschlusskriterien sind z. B.: flüssige Abfälle, explosionsgefährliche, selbstentzündliche, radioaktive, Krankheitserreger enthaltende oder -bildende, gasbildende oder penetrant riechende Stoffe

Für die anderen Anlagen wird das genauso sein, denn andernfalls wären sie ja Endlager für radioaktive Stoffe.

Und das unterirdische Lagern, funktioniert hier genauso unzureichend, wie zumindest ich, es auch erwarten würde:

Dort steht dann:

„Wir vermuten, dass es sich um feste Abfälle handelt, die Magnesium enthalten und aus irgendeinem Grund mit Wasser in Verbindung gekommen sind. Das führt in manchen Fällen zu Verpuffungen oder Bränden.“

Unkontrolliertes Waser-Eindringen? Klingt für mich schon ein bisschen wie die katastrophalen Zustände bei der Asse (Link)

Solche Brände kommen da auch öfter vor:

Alles in allem erscheinen mir solche Deponien also jetzt nicht als großes Pro-Atomkraft-Argument.

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Dem kann ich nur voll zustimmen. Ich war selber schon in den Anlagen von Sondershausen und Heilbronn. Die Stoffe die dort eingelagert werden durchlaufen vorher eine Intertisierung. Da kannst du vielleicht mit einer Säure oder Lauge noch eine Giftstoff rausholen, aber nicht mit Wasser. Herfa-Neurode ist ein Sonderfall. Denke das gibt es schon seit den 70ziger Jahren oder länger.
Aber alle haben gemeinsam, dass die mit Atommüll nix zu tun haben.

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Als Wiederholungstäter nichts dazu gelernt, oder immer die gleiche Masche!

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Naja, mit dieser Einordnung ist der Fakt, den @FlorianR nennt, schon wieder deutlich nachvollziehbarer. Allerdings hat er diese Erläuterung in diesem Thread oben zunächst nicht gemacht, daher mein Vorwurf eine Nebelkerze zu werfen, denn ich hiermit auch ein Stück weit revidieren möchte.

Ich würde aber mit dieser Tatsache dennoch andersherum argumentieren:

Wenn wir schon 4 „konventionelle“ Endlager haben, die nicht 100% zuverlässig zu sein scheinen, dann sollten wir die Notwendigkeit für radioaktive Endlagerung so klein wie irgend möglich machen und daher schnellstmöglich aus der Atomenergie aussteigen.

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Three down, three to go. :grinning:

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Da hast Du mich falsch verstanden. Ich argumentiere hier in diesem Thema und auch in anderen nicht Pro Atomkraft, ich versuche lediglich Aussagen, die die Atomenergie falsch darstellen zu korrigieren. Denn die Atomenergie wird in Deutschland von vielen verteufelt und das hat negative Folgen.

[quote=„Schlossermeister, post:73, topic:10940“]

Ja, das ich richtig, ich fühle mich hier bereits wie ein Papagei. Die Diskussion war in diesem Punkt auch bereits schon mal weiter, aber anscheinend hast Du die letzten Male nicht daraus gelernt, als ich das „Wir haben noch kein Endlager“ Argument gegen Kernkraft zerlegt habe. Daher nochmal:

  1. Eigentlich ist es üblich, dass Dinge auf den Markt geworfen werden, ohne die Entsorgung vorher zu klären. Das ändert sich jetzt hoffentlich mit Recyclingquoten.
  2. Das Argument müsste analog auch auf andere Technologien angewendet werden, bei denen Atommüll anfällt, z. B. Nuklearmedizin, ein paar Messmethoden, Grundlagenforschung und auch die Produktion von Seltenen Erden. Spätestens letzteres tut weh, da hier Windräder betroffen sind.

Eine weitere Folge des Argumentes ist, dass der Giftmüll durch die Verteuflung des Atommülls deutlich zu harmlos dargestellt wird, sehr schönes Beispiel hier:

Bei Atommüll der in Castoren eingeschlossen ist und diese Behälter in einem Grunbenraum in Zement eingegossen werden, da wird ein Risiko eines Austretens gesehen. Bei Arsen, Cyanid und Quecksilber reicht es dagegen wenn man inertiesiert und schon ist es sicher? Ja die Inertisierung ist toll und verringert die Zugänglichkeit zu den Gefahrstoffen, aber Wasser löst auch aus Feststoffen andere Stoffe heraus.
Dass die Endlager mit Atommüll nix gemeinsam haben sehe ich nicht so. Es sollte eigentlich egal sein, was in ein Endlager eingelagert wird. Ich möchte keine Verseuchung durch radioaktive Stoffe und genauso wenig möchte ich so Dinge wie Cyanid im Grundwasser haben.

Zunächst vielen Dank für die obige Zusammenfassung zu den „konventionellen“ Endlagern. Sorry, dass ich nicht immer ins Detail gehe, ich habe alle Argumente so oft geschildert. Das mit der Million Jahren ist auch so ein Scheinargument, wenn man bedenkt, dass das eigentlich eine positive Eigenschaft von Atommüll ist, die anderer Müll i. d. R. nicht hat.
Meine Argumentation ist, dass wir die unzuverlässigen Endlager haben, weil der Fokus komplett auf dem Endlager für radioaktive Stoffe liegt und daher niemand auf die anderen Endlager guckt. Der Großteil der Bevölkerung weiß nicht einmal, dass es die Dinger gibt und hat nur das eine Endlager im Kopf. Deshalb mache ich hier den Papagei (Lernhinweis an @Schlossermeister).
Den Atommüll gering zu halten, ist grundsätzlich ein sinnvolles Ziel. Wenn man aber bedenkt, dass die Brennstäbe so 3-4 Jahre halten, macht das nicht wirklich einen nennenswerten Unterschied, ob die Dinger ein paar Jahre länger laufen oder nicht. Auch hier nochmal der Hinweis, dass die Energiedichte um Größenordnungen höher ist, als bei allen chemischen Brennstoffen.

Ich kann die Freude nachvollziehen, aber so lange wir noch die wesentlich schlimmere Kohle am Netz haben, hält sich meine Freunde darüber sehr in Grenzen. Auch hier nochmal ein Hinweis: Kohlekraftwerke erzeugen auch Radioaktivität (man ist sich nicht sicher, ob mehr oder weniger als Atomkraft, da Studien dazu fehlen). Und sie erzeugen auch Material das in Endlagern entsorgt werden muss, z. B. Filterstäube (und das sind ganz andere Mengen, als bei den Brennstäben).

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Ich lese gerade deinen Beitrag und habe mir die Quellen angeschaut. Vielen Dank für den Verweis auf den IPCC-Bericht.
ABER:
Die von dir angegebenen CO2-Bilanzen kann ich aus dem Bericht nicht rauslesen. Vielmehr scheint mir als ob du nur den Median genommen und verglichen hast. Wirft das ein falsches Licht auf die Sache? - Ja! Die Range und auch eine grobe Analyse dieser bietet ein genaueres Bild:

Min/Median/Max

Nuclear: 3,7/12/110
Wind onshore: 7/11/56
Wind offshore: 8/12/35

In Chapter 7 geben sie noch den Zusatz, dass der obere Teil der Range bei Windenergie auf kleinere Turbinen zurückzuführen ist. (Ergo: größere Turbinen, bessere Bilanz)

Bei Atomkraft ist die weite Range für mich doch sehr überraschend. M.E. lässt sich das mit Sicherheitsanforderungen erklären (?). Mit zunehmenden Sicherheitsanforderungen, verschlechtert sich die Bilanz (?) Mutmaßungen. Wo sich die Atomkraftwerke in D und Europa in der Range einzuordnen sind bleibt fraglich.

Das ist jetzt alles nur Hobbystatistik und hat nicht den Anspruch absolut korrekt zu sein. Es zeigt aber, dass dein Bild des „wissenschaftlichen Konsens“ auch laut IPCC bröckelt, weil die Sache doch ein wenig komplexer ist.

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Dazu sollte auch folgende Übersicht über die Lobby Verhinderer nicht fehlen…

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Wenn sie das Thema über konventionelle Endlager so diskussionswürdig finden dann machen sie doch dafür eine eigene Kategorie auf. Bei dem Thema ATOMKRAFT ist es aber nichts als Whataboutism – Wikipedia

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Sry, aber so wie du argumentierst, kann ich mir das kaum vorstellen. Spielt aber auch keine große Rolle mit welcher Motivation man diskutiert, die Tatsachen bleiben ja die gleichen.

Stimmt leider und das sollte nicht so sein.
Allerdings ist Atommüll ein Sonderfall, denn wir haben alternative Wege Strom zu produzieren. Und Strom aus reg. Quellen ist 100 % identisch und daher ist Atomstrom qualitativ voll ersetzbar. Das ist in der Technik ein sehr seltener Fall. Viele andere problematische Stoffe lassen sich nicht 1:1 ersetzen.

Solche Entscheidungen können Schneeball Effekte haben. Eine zuverlässige Politik ist wichtig, damit sich wirtschaftliche Akteure verlässlich darauf einstellen können.
Soll heißen, wenn wir jetzt zum Beispiel die KKW länger laufen ließen, würde das u.U. auch die politischen Aussagen z.B. zum Aus für die Verbrennungsmotoren in Zweifel ziehen.

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Danke, dass ihr euch der Desinformationslobby hier so widersetzt und ihr hier schön aufklärt!
Das ist nämlich schon wieder sehr deutlich wie die Atomtrolle im Hintergrund, kurz vor der Abschaltung, an allen Ecken und Enden im Netz wüten.
Wenn diese Energie und das Geld mal für sinnvollere Dinge außer Desinformationsarbeit eingesetzt werden würde wäre die Energiewende schon vollzogen!
Danke für den Hinweis mit dem YouTube Kanal „mein Leben mit der Energiewende“; Da wird ja seit zehn Jahren schön aufgeklärt

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zur Frau Wendland noch, ich zerlege ihr Paper auch noch zusätzlich…

Was Frau Wendland den S4F vorwirft betreibt sie in ihrem Paper auch, es fehlen viele Informationen!

Ich weiss das hat jetzt weniger mit dem CO2 Abdruck der Atomkraft zu tun, aber es haben wohl mal ein paar Versicherer versucht zu errechnen, wie hoch die Versicherungssumme für ein Atomkraftwerk sein müsste:

Auszug:
„Die Kernenergie ist aber letztlich nicht versicherbar“, sagte der Versicherungsexperte Markus Rosenbaum am Mittwoch in Berlin. Wollte eine Versicherung für ein AKW ausreichende Prämien innerhalb von 50 Jahren, beispielsweise der Restlaufzeit eines Meilers, aufbauen, müsse sie pro Jahr 72 Milliarden Euro für die Haftpflicht verlangen.

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Danke für die Anmerkung. Gemäß dem Konzept von Moltex Energy (Reduces waste - Moltex Energy) soll der Brennstoff aus alten Brennstäben (konkret: zunächst soll mit alten Brennstäben kanadischer CANDU-Reaktoren gearbeitet werden) getrennt werden: davon ist über 98% wenig gefährliches Uran (im kanadischen Falle nicht höher in U235 angereichert als natürliches Uran). Die Spaltprodukte (<1%) werden ebenfalls getrennt. Der Rest (Plutonium, Lanthanoide, Aktinide) geht in Chloridsalzform als Brennstoff in den Reaktor. Da dieser ein unmoderierter Reaktor mit Flüssigsalz-Brennstoff ist und gasförmige Spaltprodukte wie Xenon-135 schnell aus dem Reaktorkern entweichen, haben die o.g. Bestandteile keinen negativen Einfluss auf die Reaktorstabilität.

Weitere Fragen natürlich gern.

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