Sehr gutes Interview! Ihr habt die richtigen Fragen gestellt und qualifizierte, konstruktive Antworten bekommen. Wirkt realistisch und pragmatisch.
Was ich mich frage: Hätten sich die Antworten (leicht) geändert, wenn das Interview etwas später vor dem Hintergrund der aktuellen Hitzewellen/Waldbrände/Überschwemmungen geführt worden wären? Wahrscheinlich nicht, da die wissenschaftliche Auswertung auf Beobachtungen über einen langen Zeitraum beruht. Trotzdem war das ein Gedanke, der mir beim Hören gekommen ist.
Eine ebenso persönliche Reaktion/Meinung meinerseits: Man sollte „Verzicht“, der so negativ konnotiert ist, nicht so abwerten. Auch wenn Herr Marotzke recht hat, dass das globale Problem nicht durch Verzichtsaufforderungen gelöst werden kann, finde ich es auch wichtig, immer wieder zu betonen, dass manches auch einfach mal ausreicht. Dass Konsum, Ressourcenverbrauch, Verschwendung und auch Mobilität an irgendeiner Stelle eine Grenze haben müssen. Denn letztlich gehen Übertreibungen/ausufernde Nutzungen immer auf Kosten anderer Menschen und der Umwelt im weitesten Sinne.
Ansonsten und insgesamt klasse Interview. Sehr bereichernd und wohltuend nüchtern-wissenschaftlich. Danke!
Hallo liebe LDN,
ich forsche selbst an Negativen Emissionen an der Uni Hamburg und möchte eine kleine Korrektur zur aktuellen Folge beitragen.
Negative Emissionen trifft auf die Treibhausgase zu, die der Atmosphäre entzogen werden, nachdem sie emittiert wurden. CCS (Carbon Capture and Storage) ist aber üblicherweise das Verfahren, um CO2 direkt am Schornstein von Industrien abzufangen und zu verpressen (Sandstein) bzw mit dem Gestein mineralisieren zu lassen (Basalt). Dadurch werden Emissionen vermieden bzw die Industrie dekarbonisiert. Die Folge ist, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre dadurch unverändert bleibt. Von negativen Emissionen (carbon dioxide removal, CDR) spricht man nur, wenn das ehemals emittierte CO2 aktiv aus der Atmoshpäre entfernt wird. Dies geschieht durch Photosynthese, Gesteinsverwitterung und Aminowäsche (Direct Air Capture, DAC, vom „CO2-Staubsauger“ auf Island). In der Folge sinkt der CO2-Gehalt der Atmosphäre.
Die Unterscheidung von CCS und CDR ist wichtig, da es unterschiedliche wirtschaftliche, ökologische und politische Dimensionen hat. In Szenarien zur Lösung der Klimakrise müssen sowohl Emissionsreduktion (auch durch CCS in der Industrie) als auch CO2-Entnahme aka negative Emissionen getrennt voneinander betrachtet werden.
Noch etwas zur CO2-Müllabfuhr: CO2 als Müll zu behandeln setzt die lineare Ökonomie fort, in der wir einen Rohstoff verbrauchen ihn aber nicht mehr zurück in den Kreislauf speisen. Eines Tages sitzen wir auf einem Haufen Müll und uns fehlen die Rohstoffe. Da jedes CO2-Molekül als Teil einer Wertschöpfung in die Atmosphäre gekommen ist (Kohleverbrennung, Kalkbrennung etc.) sollte die Rückholung ebenfalls eine Wertschöpfung beinhalten und den Kreislauf schließen. Anstatt CO2 einfach nur im Gestein zu verpressen kann es, wie ich es gerade erforsche, in Form von Gesteinsverwitterung und Pflanzenkohle als Bodenverbesserer dienen, Böden gegen Dürre, Nährstoffverlust und Überdüngung schützen und konventionelle Düngemittel reduzieren während die Landwirtschaft normal fortgesetzt werden kann. Es gibt sogar erste Anzeichen, dass sogar N2O Emissionen leicht zurückgehen. Das ist mal ein Mehrwert! (Mehr zum Projekt PyMiCCS - CDRterra)
Dann herzlichen Dank für den schönen Podcast, hat mich gefreut ihn zu hören.
Maria-Elena Vorrath
PS: Wenn man CO2 aus Direct Air Capture mit CCS geologisch speichert (DACCS) sind das trotzdem negative Emissionen, da das CO2 aus der Atmosphäre entnommen wurde. Ja, hier wird’s frickelig.
Vielen Dank für dieses informative Interview, was viele Aspekte gut beleuchtet und Fragen stellt an die Wissenschaft, die ich moralisch stelle. Ich würde mir mehr solcher Erklärungen wünschen. Es hilft, da für mich ein völlig fachfremdes Thema, Erkenntnisse besser zu verstehen und in dieser komplexen Situation einzuordnen.
Ich würde mir wünschen, dass in der breiten Öffentlichkeit mehr solcher Informationen ankommen.
Vielen Dank für dieses Gespräch.
Ich bin weiter Team Lage der Nation!!!
Ich denke, dass es uns beim Klimaschutz nicht weiter bringt, Verzichtsaufforderungen immer wieder zu wiederholen.
Der Punkt ist doch dein letzter Satz, in einer verallgemeinerten Form: Das Problem ist, wenn Handlungen auf Kosten anderer Menschen oder der Umwelt geschehen.
Wenn diese Externalitäten aber internalisiert sind (also man für Schäden aufkommen muss) und dieser Mechanismus auch funktioniert, gibt es keinen Grund zusätzlich beispielsweise „übermäßige Mobilität“ einzuschränken.
Wir sollten denke ich positiv über Verzicht sprechen, zum Beispiel über jenen, der letztendlich glücklicher macht (z.B. kann viel Mobilität ja auch stressig sein).
Nur wie man diese Nutzung einschränkt oder ganz verhindert, ist mir noch nicht klar.
Über den Preis wird es bei der Klientel der Nutzer kaum gehen. Geld ist da weniger der Hebel
Danke für das sachliche Interview. Es hat mir ein bisschen Hoffnung gegeben, dass Menschen mit Sachverstand und langer Erfahrung an diesen wichtigen Themen arbeiten. Alleine diese Tatsache kann meine Klimapanik etwas besänftigen, auch wenn wir als Menschheit noch viel Arbeit vor uns haben.
Auch solche Aussagen hat Marotzke angesprochen. Wenn ich mich richtig erinnere hat er gesagt, dass es zu Niederschlag keine klare Gewissheit gibt ( so ungefähr).
Ehrlich gesagt sehe ich das Interview deshalb etwas kritisch. Bei aller Liebe zur wissenschaftlichen Exaktheit.
Denn nur wenn die Menschen es fühlen oder sehen glauben sie es auch.
Auch beim Permafrost ist es etwas untergegangen, welche Katastrophe es für die Region wäre. Statt dessen wird auch im Forum darauf abgehoben, dass es gar keinen relevanten Einfluss aufs Klima hätte.
Damit will ich die Untergangsscenarien der LG nicht komplett gutheißen. Aber so Aussagen wie „wir haben keine Ahnung wie die Meeresströmungen funktionieren“ wird niemanden motivieren weniger fossile Brennstoffe zu nutzen
Eine Generation wird mit 30 Jahren definiert, so würde ich das dann auch werten. Wenn also in den nächsten 30 Jahren nicht die nötigen Schalter umgelegt werden, wäre es demnach vorbei.
Und meiner Meinung nach schließt sich das Fenster jedes Jahr mehr.
Wir sind jetzt schon so weit, dass die nötigen Maßnahmen auf Widerstand stoßen, da die Menschen langsamere Schritte möchten als nötig. Da die nötigen Schritte aber mit steigender Wartezeit noch größer werden wird der Widerstand auch größer werden.
„Trotzdem sollten wir nicht verzweifeln, wenn die Welt die 1,5 Grad überschreitet.“ Die Welt werde dann nicht untergehen. „Es wird jedoch eine gefährlichere Welt sein. Die Länder werden mit vielen Problemen kämpfen, es wird soziale Spannungen geben.“
Ist das in irgendeiner Weise beruhigend? Wollen wir das?
Individueller Verzicht sei gut, werde aber den großen Wandel nicht herbeiführen. Damit man klimabewusster leben könne, bräuchte es eine ganz neue Infrastruktur.
Genau so ist es. Deshalb brauchen wir politische Lösungen statt Appelle.
„Engagiert euch!“, sagte Skea an die Adresse aller Erdenbürger. „Sitzt nicht auf dem Sofa und schaut den Debatten über den Klimawandel zu. Jeder Einzelne kann etwas tun.“
Gerade der einzelne kann eben nichts tun. Man kann eine Wahlstimme abgeben für eine grüne Partei, die dann auch nichts voran bringt. Man kann demonstrieren, was dann mit viel Glück auf der Lokalseite mit einem Foto honoriert wird. Man kann sich auf Straßen kleben, beschimpfen, überfahren und wegsperren lassen. Im Heimatland von Herrn Skea bekam ein Aktivist gerade 2 Jahre und 7 Monate Haft.
immer Wert darauf gelegt, den „Silberstreif am Horizont“ zu sehen
Hoffentlich meint er damit nicht die Smogwolke der nächsten Großstadt.
Hier habe ich eine deutlich andere Meinung! Ich empfand das Interview und die sehr differenzierte Positionierungen zu Themen, die wissenschaftlich bewiesen sind und solchen, wo man (noch) keine eindeutige Schlüsse ziehen kann sehr wohltuend.
Leugner des menschengemachten Klimawandels würden sich genau auf die Themen stürzen, wo eben keine eindeutigen Beweise vorliegen, diese aber als belegt dargestellt wurden. Ich glaube, dass die Hysterie (benutze das Wort bewusst), welche zB durch die Letzte Generation erzeugt wird massiv kontraproduktiv ist. Die Menschen haben meiner Meinung nach ein sehr feineres Gespür für maßvolles Argumentieren und Handeln und wenn man sie nicht vernünftig mitnimmt, wie zB beim Heizungsgesetz oder sie auf dem Weg zur Arbeit blockiert, wehren sie sich… Ich befürchte, das werden wir (leider) bei den nächsten Wahlen massiv erleben und es wird den Wandel leider weiter verzögern…
Klasse Interview. Ich war nur überrascht, wie unaufgeregt es war im Vergleich zu der Panikmache im TV, durch wenige junge Menschen, die das Ende von allem regelmäßig an die wand malen.
Permafrostböden = Effekt rund 5%
Was ich gelernt habe: wir werden das Ruder eh nicht rumreißen können, die 2 grad sind wohl nicht zu verhindern. Die Risiken, dass es Veränderungen gibt, die dramatisch sind (bspw Golf Strom), werden wir bzw Menschen in ferner Zukunft tragen müssen.
Am Ende wird der Mensch sich wohl anpassen müssen, und in armen Regionen wird das ein Problem.
Wir brauchen super viel Energie, um CO2 in ausreichenden Mengen aus der Atmosphäre zu bekommen…
Warum wir bei dem wissenschaftlichen Stand in DE unsere Politik vollkommen dem Umweltschutz unterordnen müssen, sogar mit schrumpfender Wirtschaft, ist mir nicht klar.
Wenn ich Herrn Marotzke richtig verstanden habe, sprach er in dem Zusammenhang über Starkregenereignisse, Überschwemmungen etc. , jedoch nicht von den langen Dürrephasen.
Das lustige ist, dass wir ja die 1,5° noch schaffen könnten, wenn man dem Klimaschutz alles unterordnen würde.
Physikalisch könne man es noch erreichen, „aber dazu müsste man es eben anpacken, wie, wenn man in einer Kriegssituation ist“, so Rahmstorf, der auch am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung arbeitet
Nur politisch können wir es halt nicht mehr erreichen.
Also lassen wir es lieber, weil kein Bock.
Schönes Interview! Der Effekt der Permafrostböden beträgt nur etwa 5%, das hat mich überrascht.
Kleiner Fauxpas seitens der Fragesteller bei Minute 52 auf die Überlegung, dass aus der Atmosphäre geholtes CO2 ja auch als Rohstoff verwendet werden könnte: Bei E-Fuels würde das mühsam gesammelte CO2 ja sofort wieder in die Atmosphäre abgegeben werden. Ist also keine Lösung.
Ich würde sogar behaupten, die Taten des Einzelnen sind die entscheidenden. Wir hatten dazu ja bereits mehrere Threads – z.B. diesen hier [1].
Die wichtigste Aufgabe für eine gelungene Transformation ist es schließlich, Mehrheiten für echten Klimaschutz zu gewinnen. Theoretisch könnte die Politik auch Klimaschutz gegen die Mehrheit der Bevölkerung machen und sich dabei auf die Verfassung berufen. Praktisch wird das aber aufgrund der Größe der Aufgabe unmöglich sein. Entscheidende Mission des Einzelnen wäre es also sein Umfeld von der Wichtigkeit und Alternativlosigkeit von Klimaschutz zu überzeugen. Das ist oft keine angenehme Aufgabe – insbesondere wenn es in die konservative Bubble hinein geht – aber die kann uns die Politik nur bedingt abnehmen.
Ja, das ist allerdings auch richtig.
Der Einzelne kann auf das Klima nur marginal Einfluss nehmen, sehr wohl aber auf die Stimmung in der Bevölkerung.
Insofern hat Herr Skea eigentlich richtiges gesagt. Nur wird es ihm falsch ausgelegt.