Die unfassbare Situation des Kriegs in Europa zwingt uns zum Handeln – und birgt u.a. eine große Chance für einen Durchbruch in der Energiewende.
Die Kernidee dabei ist, die Abhängigkeit vom russischen Gas in eine Chance umzudrehen.
Das könnte so gehen:
Wir kaufen ab sofort kein russisches Gas mehr
Wir ziehen alle Hebel zur Energieeinsparung und zur Substitution von russischem Gas
Private Energieeinsparung: Jeder kann helfen. Ich habe die Heizung und die Wassertemperatur deutlich heruntergedreht und einen zweiten Pulli angezogen. Ich habe Energiesparlampen bestellt und werde sie schnellstens einbauen.
Öffentliche Energieeinsparung: Hier wäre ein starkes Signal z.B. die Straßenbeleuchtung zwischen 22 und 5 Uhr auszuschalten
Substitution: Eingesparter Strom kann z.B. zur Erzeugung von Wasserstoff genutzt werden, der ins Gasnetz eingespeist werden könnte. Das versteht jeder.
Wir erklären den Aufbruch und zeigen den Fortschritt
Aufbruch: Der Krieg zwingt uns zum Handeln gegenüber Russland. Wir müssen uns aus der Abhängigkeit befreien. Durch klare Entscheidungen (Stop Gaskäufe aus Russland) und sichtbare Maßnahmen (Reduktion Straßenbeleuchtung) wird jedem klar: Wir sind in einer Krise und treffen auch unbequeme Maßnahmen, um voranzukommen. Wir nutzen die Chancen in der Krise. No more German Angst – sondern Aufbruch und Energiewende jetzt.
Fortschritt: Wir zeigen, wie wir vorankommen. Die Einsparungen/Substitution umzusetzen wird Tage/Wochen/Monate dauern und soll zum nächsten Winter ausreichend umgesetzt sein. Wir steuern die Maßnahmenintensität so, dass unsere Gasspeicher ausreichen. Wir könnten Gasverbrauchskurven und Restspeichermengen in der Tagesschau zeigen, ggf. sogar anstelle von Corona-Inzidenzen. Dabei ist das Ziel immer klar: ohne russisches Gas auskommen und den Krieg nicht mitfinanzieren.
Ich denke, die meisten Deutschen würden mitziehen. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Der eh dringend notwendige Umbruch könnte einen Schub bekommen von der Einsicht der Leute her.
Da man aber gleichzeitig die Militärausgaben erhöht hat , den Krieg verwalten muss und geänderte Vorraussetzungen und erhöhten Zeitdruck hat, könnte ich mir vorstellen dass es schwerer wird als wenn wir uns ohne Krieg darum gekümmert hätten.
So schnell bekommt man jahrzehntelange Versäumnisse nicht korrigiert und wenn selbst Robert Habeck noch LNG und Kohle mit berücksichtigt dass wir 2023/2024 nich frieren, mach ich mir Sorgen ob des Zeitplans.
Ich hoffe ja auf den Osterplan den er eh vorstellen wollte.
Der Punkt den meine Familie immer vorbringt ist: Das wird ja nie wirtschaftlich bevor wir hier sterben und das Haus eh für riesige Wohnblöcke platt gemacht wird.
Da muss auch in Forschung investiert werden damit die Kosten sinken und gleichzeitig vernünftige Preise gezahlt werden für Einspeisung von etwaigen Überschüssen und nich deutlich unter dem Marktpreis.
Ich würde ja auch mit einer Pflicht für Bestandsbauten zu Solarzellen liebäugeln und einem sofortigen Verbot des Einbaus von Gas und Ölheizungen.
Dazu ein Sondervermögen Sanierung damit die Leute nicht beim Umbau von Bestandsbauten arm werden.
Dimmbare Straßenlaternen mit LED wäre cool. Allerdings könnte das totale Abschalten zu einem Gefühl der Unsicherheit führen. Manche Leute fühlen sich nachts in einigen Gegenden eh wie Freiwild.
Wird vermutlich durch laufende Verträge nicht so einfach, aber da werden sich die Anwälte schon durchfuchsen. Und wenn es jetzt Frühling wird kann das sogar heiztechnisch klappen. Nur kommt der nächste Winter bestimmt, und in 8 Monaten umzustellen was seit Jahrzehnten nicht richtig voran kommt, dürfte schwierig werden
Wenn dann aber bitte auch alle hebel, und nicht nur die Privathaushalte, die Sie hier gelistet haben. Das Kapital darf dann gerne auch anteilig seinen Teil dazu beitragen, und nicht nur der brave Bürger.
Man hat ja die Industrie, die besonders viel Energie braucht bisher immer geschont. Das darf hier nicht passieren.
Laufende Verträge sind natürlich auch zur kurz und mittelfristigen Versorgung ist wichtig. Aber kann sein, dass uns Russland zuvorkommt und den Hahn zu dreht?
Interessanter Themenvorschlag!
Ich sehe das auch so ähnlich wie ihr.
Die meisten Menschen in DE sind im Kontext der Energiewende leider nicht so vernünftig und stützen ihre Meinung nicht auf Fakten, so wie es angebracht wäre.
Entweder weil sie es nicht verstehen (nicht deren Schuld ) oder weil es sie einfach nicht interessiert. Was sie interessiert ist der Preis, wie Markus sagt. Aber Menschen mit viel Geld ist auch das nicht mehr so wichtig. Ich kenne leider genug Leute, die über Stunden mit gekippten Fenster über der eingeschalteten Heizung im Winter lüften oder der Fernseher laufen lassen, auch wenn sie (mehrere Stunden) das Haus verlassen.
Wären die Menschen alle vernünftig wären wir schon viel weiter, als wir es jetzt sind.
Und da sehe ich auch Parallelen zur (Eindämmung der) Corona-Pandemie.
Fakten sind allen zugänglich und sprechen in eine eindeutige Richtung (Impfung und Maßnahmen sind notwendig). Trotzdem hat man damit natürlich nicht alle erreicht und viele auch über eine emotionale Ebene: Solidarität, Schutz anderer etc.
Wenn man aus dem Thema Gasverbrauch, im konkreten Heizen, ein emotionales Thema macht und Informationskampagnen ähnlich zur Impfung fährt oder auch sowas:
Dann könnte ich mir vorstellen, dass man damit was bewegen und erreichen kann.
Die Menschen sehen dann den Erfolg und tragen vielleicht ihren Teil dazu bei, dass wir auf den nächsten Winter mit 100 % gefüllten Gasspeichern zugehen und keine russischen Importe benötigen, um ihn zu überstehen.
Warum sollten wir auf nachhaltige Energie verzichten?
Ich glaube, dass dies ein kleiner Bruchteil vom Gesamtverbrauch ist und somit kein nennenswerter Faktor.
Ich danke, dass wir hier von Dekaden und nicht vonTagen sprechen, um uns darauf einzustellen.
Natürlich. Nur wird es extrem schwer, die Unternehmen im Land zu behalten. Und eine realistische Lösung, wie wir mit Produkten aus dem Ausland umgehen, habe ich auch noch nicht gesehen (außer einer totalen Abschottung)
Nicht alle Räume auf 22 Grad heizen, nur 2 mal in der Woche duschen (Gibt ja noch Waschbecken), unnötige Autofahrten unterlassen, das wäre doch ein hübsches Einsparpotenzial. Die Leute sind gerade emotionalisiert, die Krise und sogar die Angst vor einem Krieg hier ist schon in den Köpfen. Da könnte die Regierung doch einen Appell rauslassen. Das hilft zwar der Ukraine nicht direkt, aber der Welt im Allgemenen schon. Wenn die Menschen in der Ukraine in der U-Bahn übernachten, dann können die Leute hier doch wenigstens ihre Verschwendung ein wenig einschränken, und dann mit Gefühl etwas zu tun zur Solidaritätsdemo gehen.
Habe ich alles nichts dagegen, aber am Ende sind es dann doch nur die wirtschaftlichen Zwänge, die ein solches Umdenken auslösen, und das trifft eben wieder die, die sich ein Heizen der ganzen Wohnung nicht leisten können etc. Die Anderen machen weiter und mehr als zuvor. Und über die Betriebe wird auch wieder das Mäntelchen des Schweigens gelegt,
Die Armen werden einsparen, der rest macht weiter wie zuvor. Dabei sind es die Ärmeren, die ohnehin den kleinsten Anteil an der Klimakrise haben.
Ich denke auch, dass Suffizienz als Nachhaltigkeitsstrategie in der Debatte um Energiesicherheit stärker thematisiert werden sollte. Es wird sehr viel darüber diskutiert, wie wir unsere Energieversorgung durch Erneuerbare sicherstellen können. Allerdings wird m.E. sehr selten darüber geredet, dass das ein Stück weit einfacher zu lösen wäre, wenn der gesamtgesellschaftliche Energiebedarf sinkt anstatt stetig weiter zu steigen. Suffizienz kann auf allen möglichen Ebenen Anwendung finden, vom Individuum bis zur Industrie. Leider wird diese dritte Strategie sehr selten als Option neben Konsistenz und Effizienz mitbedacht.
Der Krieg in der Ukraine könnte bedingen, dass Suffizienz größere Anerkennung erfährt und letzteres als Potential für die Energiewende und die Erreichung der Klimaziele erkannt wird. In diesem Fall wäre weniger wirklich mehr.
Ich dagegen finde diesen Pragmatismus richtig und in der Deutlichkeit auch überraschend. Bin gespannt, ob sich diese Haltung in ihrer Partei durchsetzen kann.
Jeder weiß doch, dass wir nicht in der Lage sein werden kurzfristig nur mit erneuerbaren Energien Versorgungssicherheit und (halbwegs) Preisstabilität zu erreichen. Und Russland ist weder verlässlich noch sollte es durch unsere Gasimporte weiter so stark finanziert werden.
Und was glaubst Du wie in diesem Jahr die Landtagswahlen ausgehen werden, wenn sich die Preissspirale immer weiter dreht aber mögliche Alternativen wie eben eine längere Laufzeit von Kohlekraftwerken von der Regierung abgelehnt werden? Daran muss eine Annalena Baerbock als Politikerin auch denken.
Die Abhängigkeit von russischem Gas ist in den letzten Jahren größer geworden, nicht kleiner.
In 2016, 30 percent of the natural gas consumed by the European Union came from Russia. In 2018, that figure jumped to 40 percent. By 2020, it was nearly 44 percent, and by early 2021, it was nearly 47 percent.
Mit dem Atomausstieg und Ablehnung von Frackinggas hat sich die EU abhängiger von Russland gemacht. Darauf von Trump angesprochen hat Merkel 2018 nur entgegnet „wir können unsere eigenen Entscheidungen treffen.“ Merkel: We Can ‘Make Our Own Decisions’ - The New York Times
Im Nachhinein eine verheerende Entscheidung, die Gasabhängikeit innerhalb von 5 Jahren von 30% auf 47% zu erhöhen.
Prüfung ohne “Denktabus” hört sich vor dem Hintergrund der aktuellen Krise erstmal sinnvoll an. Ich warne aber vor zu viel Hoffnung. Habe den Effekt mal mit folgendem Datensatz überschlagen:
In Deutschland: 87 Mrd m³ Gasverbrauch pro Jahr mit 11,1 kWh/m³ Brennwert; 550GWh Stromverbrauch pro Jahr, davon 3% von den AKWs, deren Laufzeitverlängerung im Gespräch ist. Wirkungsgrad eines Erdgaskraftwerks von 35%.
Gerechnet habe ich jetzt: wie viel Erdgas könnten wir uns sparen, wenn man die drei AKWs weiter betreibt und dafür zu 100% Gaskraftwerke einsparen würde. Wie man hier sieht kann das Ziel wie immer nur eine Größenordnung sein. Man kommt dann auf ca. 1000 TWh Erdgas, die Deutschland im Jahr verbraucht, wovon wir durch die drei AKWs etwa 50 TWh (also 5%) einsparen würden. Retten würde uns das also auch nicht.
Ich sehe das ähnlich. Ich glaube es ist klar, dass ich selbst nichts von Atomkraft halte, aber vielleicht ist es gut, hier von Seiten des Wirtschaftsministeriums sauber zu prüfen und die Fakten auf den Tisch zu legen.
Ich kann mir vorstellen, dass ein Referent im Wirtschaftsministerium gerade einen Bericht schreibt und die Prüfung etwa wie folgt ausfallen kann:
Neubauten wären viel zu teuer und kämen (sowohl in der aktuellen Krise als auch im Kontext der Dekarbonisierung) zu spät.
Laufzeitverlängerungen der laufenden drei Kraftwerke sind technisch denkbar, aber nur, wenn an den laufenden Reaktoren jetzt umfangreiche Wartungsarbeiten stattfinden und Brennelemente-Nachschub beschafft wird.
Das bedeutet, dass die drei verbleibenden Reaktoren schon im Sommer/Herbst 2022 zu Wartungen abgeschaltet werden und erst wieder (mit viel Glück) im Winter 2022/23 zur Verfügung stehen. Wir hätten also im Falle der Laufzeitverlängerung in der aktuellen Krise weniger Kraftwerke online.
Neue Brennelemente müssten spätestens ab Frühjahr 2023 verfügbar sein (das hängt davon ab, inwieweit die alten Brennelemente nach den Wartungen weiterverwendet werden könnten). Auf dem Markt beträgt die normale Vorlaufzeit zwei Jahre; die Betreiberfirmen bräuchten also eine staatliche Intervention. Habecks Staatssekretäre müssten persönlich in Frankreich Brennelemente einkaufen gehen.
Angesichts der voranschreitenden Energiewende müssten die AKWs, um ausfallende Gaslieferungen zu kompensieren, auch Regelenergie liefern und damit womöglich in einem Betriebsmodus gefahren werden, mit denen man in Deutschland wenig Erfahrung hat. Frankreich fährt seine Reaktorflotte wohl teilweise flexibel, aber in Deutschland ist das noch nicht geschehen. Habeck müsste also Techniker*innen aus Frankreich einfliegen lassen und das Personal in den deutschen AKWs schulen lassen.
Es wird mehr als 4GW Regelenergie benötigt, also wird man im Zweifelsfall immer noch Gaskraftwerke brauchen. Die AKWs werden zunehmend nicht mehr ihre volle Leistung ausspielen können.
Überhaupt müsste schnell neues Personal in den AKWs eingestellt oder davon abgehalten werden, in die geplante (Früh-)Rente zu gehen.
Die Betreiberfirmen bräuchten viel Geld und logistische Unterstützung durch Politik und Verwaltung.
Die Frage nach der Übernahme der Entsorgungskosten müsste neu aufgebohrt werden. An der Debatte müssten dann auch die Firmen, die keine AKWs mehr betreiben, beteiligt werden.
Der gesellschaftliche Widerstand wird gigantisch sein.
Insgesamt wären Laufzeitverlängerungen also eine große logistische Herausforderung und die Betreiberfirmen bräuchten eine Menge Geld und politisch-logistische Ressourcen, die dann nicht für andere Dinge, wie Ausbau der Erneuerbaren zur Verfügung stünden. Die Vorteile einer Laufzeitverlängerung sind zweifelhaft, denn kurz- bis mittelfristig müsste man sogar Reaktoren zu Wartungen abschalten und würde ungeplante Energieengpässe erzeugen. Mittel- bis langfristig werden die AKWs nicht benötigt (die erzeugte jährliche Strommenge der drei verbleibenden AKWs wird nach den Absichten der Bundesregierung über den Daumen gepeilrt bis spätestend Mitte 2023 durch Zubau Erneuerbarer ersetzt sein). Zudem macht Gas derzeit nur 10% der Stromerzzeugung aus; die eigentlichen Probleme bestehen bei Heizung und Industrieprozessen, für die derzeit sowieso für 2022 und 2023 Gas eingekauft werden muss.
Also kann eine Laufzeitverlängerung der AKWs weder kurz- noch langfristig bestehende Probleme lösen, aber sie schafft viele neue Probleme und bindet wertvolle Ressourcen.
Da ist dann aber zusätzlich zu erwähnen, dass auch die verhinderte Energiewende der GroKo ein Teil des Problems ist. Wäre da mehr ausgebaut worden, dann wäre ebenfalls weniger Erdgas notwendig gewesen.
Ich würde die Zahlen in Frage stellen bzw. vermute, dass der Brexit da als statistischer Effekt eine Rolle spielt. Die Exporte aus Russland in die EU sind seit 2016 nicht deutlich gestiegen. Wenn man aber UK nicht mehr in der EU hat fällt ein großer Gaskonsument weg, der zugleich wenig bis kein Gas aus Russland bezogen hat. Ich habe dafür die BP Statisitcal Reviews von 2021, 2020 und 2017 angeschaut und verglichen.
Die Abhängigkeit ist immer noch zu groß. Aber dann doch nicht so dramatisch angestiegen wie in dem zitierten Artikel genannt.