Konkrete Fälle - Wärmewende im Mehrfamilienhaus

Moin,

ich will dich darauf natürlich nicht festnageln: 8 Parteien Haus, Altbau, Gasetagenheizungen, ca. 8000kWh pro Einheit pro Jahr also zusammen ca. 64000kWh/Jahr. Wenn das auf Zentralwärmebereitung umgestellt werden soll, was ist da ein Wert aus dem Bauch heraus piXDaumen für eine zentrale WP?

Grob rechnet man mit 2000 Betriebsstunden pro Jahr, eigentlich weniger, aber eine gut ausgelegte WP taktet wenig, ist dafür leicht unterdimensioniert. 64000kWh : 2000 = 32kW

Entweder zwei, drei in Kaskade. Das ist reglungstechnisch anspruchsvoller, macht deshalb auch der Techniker, aber insgesamt läuft die Anlage besser. Weil eine 32kW WP in Übergangstemperaturen taktet sich doof. Gas/Öl btw. auch.
Dann wird mittels Übergabestationen verteilt. PEWO baut so Sachen (gehört auch zu Viessmann :wink:)

Jede Wohnung mit einer 4er Split Klimaanlage nachzurüsten wird wegen Lärm nicht genehmigt werden. Die TA Lärm ist die entsprechende Norm hierzu. Ist auch zu teuer, weil der COP von Klimaanlagen beim Heizen sehr schlecht ist, die sind ja aufs kühlen ausgelegt.

Die WP als Ersatz für Gasetagenheizung sind in der Forschung. Alle arbeiten mit Hochdruck dran. Die Version - fette WP oder WP-Kaskade da wo sie keinen Stört, auch einhausen ggf. und die Wärme geräuschlos in die Wohnungen :+1::+1:

2 „Gefällt mir“

Vielen Dank erstmal für die Antwort,

Das wäre die erforderliche Wärmeleistung, bei einer Jahreszahl von z.B. 3 würde das ca. 21300kWh Strom verbrauchen, richtig?

1 „Gefällt mir“

Korrekt

64000kWh : 3 COP = 21333,34 kWh

Bei zB. 28 Cent = 5974€

64000kWh in Öl ca. 6400 liter.

Bei derzeit ca. 85 Cent/liter = 5440€.

Also heute schon preislich gleichauf! Wobei wir kaum Anlagen projektieren mit einem COP von 3.
3,5-3,7 ist gängig. Bei Optimierungen ist 3,9-4,2 Standard. Bei Sole-WP kommen wir an die 5 ran.

Und: Mit PV bis zu 30% vom Jahresstrombedarf deckbar. Bei Gas/Öl alles nicht möglich, solange es keine privaten Gasblasen oder Ölquellen auf dem Grundstück gibt :wink:
Außerdem steigt der Ölpreis seit 30 Jahren kontinuierlich, der Strompreis ist stets gefallen, bis zum Angriffskrieg Putins.

4 „Gefällt mir“

Intetessamter Artikel dazu in der Westfalenpost vom 5.5.23:

Der Wohnungskonzern Vonovia hat bisher bundesweit 115 Wärmepumpen in seine Objekte installieren lassen, Schwerpunkt Dortmund.
Davon seien allerdings 70 noch nicht im Betrieb, weil sonst die örtlichen Stromnetze zusammenbrechen würden.
Ist da doch noch was im Argen mit unserem Strom? EAutos mal dazu gedacht

Ich kann mir das sehr gut vorstellen. Ich musste mir beim Hausbau einen neuen Hausstromanschluss herstellen lassen. Mein Elektriker meinte ich solle mir unbedingt 40 kW, besser 45 kW legen lassen, damit Wärmepumpe und Wallbox gleichzeitig auf Volllast laufen können und noch ein wenig Reserve fur Gartenwasserpumpe und ähnliches ist (ich vermute er rechnete hier eher konservativ).

Auch der Netzbetreiber meinte, dass das sinnvoll sei. Über meine Wärmepumpe und Wallbox war er aber sichtlich nicht erfreut und er meinte auch nur noch das gesetzliche Minimum (30 kW) realisieren zu können. Sonst sei die Netzstabilität im Wohngebiet gefährdet (und das bei unter 10% Häusern mit Wärmepumpe in der gesamten Nachbarschaft). Wenn ich mehr bräuchte, müsste das Netz ausgebaut werden. Planung und der Verwaltungsakt dauerten dann aber mindestens 1 Jahr, so dass ich absehbar min. 1 1/2 Jahre keinen Strom bekäme. Reden half nichts, ich musste das so akzeptieren und warte nun gespannt auf das Geschrei wenn mehr Nachbarn den Fossilien den Rücken kehren.

3 „Gefällt mir“

Heute ein Interview mit dem Dortmunder Stadtwerke-Chef Guntram Pehlke. Als Antwort auf den Vonovia Artikel.
Zitat:" Wenn wir überall Wärmepumpen einbauen wollen, was übrigens in vielen Altbauten gar nicht geht, und gleichzeitig überall Ladestationen für Elektroautos haben wollen, dann muss man Stand heute sagen: Dafür reichen unsere Verteilnetze einfach nicht aus."

Ist man von Seiten der Bundesregierung, speziell Robert Habeck, etwas zu optimistisch bis blauäugig an die Wärme- und Mobilitätswende herangegangen, ohne erst die Energiewende umzusetzen?

1 „Gefällt mir“

Natürlich müssen die Verteilnetze ausgebaut werden, wenn möglichst viel elektrifiziert werden soll. Ist doch eine Binsenweisheit, die bei den Verteilnetzbetreibern angekommen sein sollte.

„Unsere Telefonnetze sind nicht für dieses Internet mit VDSL ausgelegt!“ hätten sie vor 25 Jahren auch gejammert.

1 „Gefällt mir“

Ich denke dass der dezentrale Ausbau von PV ein wichtiger Eckpunkt ist. Zusammen mit einem Pufferspeicher kann dann die WP diesen bei Überschuss aufheizen.

Edit.
Als Hausbesitzer würde ich diese Aspekte immer zusammen denken.

Das solche überlegungen über den Tellerrand nötig sind, keine Frage. Und das msn lieber erstmal anfängt und auf dem Weg Probleme löst als vorher langwowrig sich totdiskutiert, auch klar.
Aber die Frage ist ob man in den Ministerien immer von realen Daten ausgeht?

Ich gebe dir vollkommen recht, eine PV Anlage auf dem Dach sollte Pflicht sein und ein Speicher ist immerhin energetisch nachvollziehbar (nur leider ein Renditegrab). Denn jede kWh aus dem eigenen Haushalt muss nicht durchs Stromnetz der Gemeinde, geschweigedenn über die Stromautobahnen.

Fakt ist aber, dass die Erzeugung einer PV Anlage über das Jahr schwankt. Im Winter, wo die Wärmepumpe und das E-Auto die höchsten Verbräuche haben, produziert auch die PV nur noch ca. ein Drittel ihres Jahresmittels.

Das Stromnetz muss aber ganzjährige stabil sein. Daher wird dezentrale PV mit Pufferspeicher den schlecht ausgebauten Verteilnetzen nicht übermäßig helfen.

Daher leuchtet mir auch nicht wirklich ein wenn einige (z. B. @TilRq) immer über die Machbarkeit von WP im Altbau schreiben. Klar kann ich einen semi-gedämmten Altbau ohne Fußbodenheizung mit einer Wärmepumpe heizen (schlechte JAZ inklusive). Das erzeugt aber im Winter eine solche zusätzliche Last im Stromnetz, dass man das zumindest kurzfristig kritisch hinterfragen muss und es verantwortlicher wäre lieber gleich die ohnehin irgendwann anstehende Vollsanierung durchzuführen.

Jaein, ich denke man ist sich dieser potenziellen Probleme durchaus bewusst. Aber sie sind ja nicht unlösbar und so werden in den Ministerien (oder in der Forschung) halt Simulationen durchgeführt, die die potenzielle Machbarkeit der Lösung einer Einzelmaßnahne anhand von Annahmen belegen.

Das Problem daran ist, dass das meist isolierte Simulationen und Berechnungen sind, da die simulierten Prozesse sonst sehr komplex werden können. Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht manchmal den Blick verstellt.

Anyway es hilft ja nichts. Wenn wir bis 2045 klimaneutral werden wollen müssen wir da durch. Es stellt sich dann nur die Frage, ob man Maßnahmen dann nicht besser priorisieren sollte. Aktuell dämmen und sanieren vor allem Idealisten mit Geld dss Energieeffizienz 70 Eigenheim, obwohl der Hebel beim alten teilsanierten Mehrfamilienhaus (Altbau) weit größer wäre.

Ich fände daher einen kommunalen Sanierungsplan für Immobilien analog der Impfstoffpriorisierung nicht verkehrt.

Ja, denke auch das man da eher die kommunalen Strukturen nutzen sollte, die näher an den realen Bedarfen dran sind als zentral von Berlin.
Da ist der ferne Blick meist sehr theoretisch und auf Schättungen beruhend, die lokal völlig abweichen können.

Ich schreibe darüber, um dem Narrativ derjenigen, die die Wärmewende und die Reform des Gebäudeeneergiegesetz populisatisch mit Fake und falschem Framing niederschreiben, und sehr weitverbreiteten Missverständnissen und Verunsicherungen Fakten entgegen zu setzen.

Die vorherrschende, aber falsche Vorstellung, dass man erst einen hohen 5- bis sogar 6-stelligen Betrag in eine Bestandsimmobilie investieren muss, damit man im Winter nicht friert, könnte die Wärmewende ebenso wie Robert Habeck erfolgreich torpedieren.

Gleichwohl ist es unter Energiegesichtspunkte natürlich sinnvoll, unsere Bestandsgebäude möglichst gut energetisch zu sanieren. Nur: Notfalls haben wir dafür mehr Zeit wie für die Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft (solange das Stromnetz mitmacht).

2 „Gefällt mir“

Was für ein Gebäude ist das denn? Eine typische Wärmepumpe für ein EFH zieht ein paar kW. Das war’s. Unsere kommt gerade so auf 2 kW.

Und was sind die Anforderungen an die Wallbox? Komplett leeren Akku in weniger als drei Stunden wieder voll machen? Bist du Taxifahrer? Mit typischen 11 kW kriegt man von Mitternacht bis sechs Uhr morgens jedes Elektroauto voll.

Ich bin wirklich ratlos, was da für Leute unterwegs sind …

1 „Gefällt mir“

Na ja die schauen halt auf die maximale Nennleistung, nicht auf den Durchschnittsverbrauch. Die Sicherung im Hausanschluss soll ja nicht rausfliegen.

Wallbox 22 kW. Vermutlich ist das nicht nötig, aber quasi Standard und der Aufpreis ist kaum existent. Und seltene(!) Use Cases in denen man die 22 kW brauchen kann, gibt es ganz sicher. Zum Beispiel eine weitere Dienstreise mit PKW bis Freitag. Heimkehr Freitag Nachmittag und Abfahrt in den Urlaub am Abend.

Die Wärmepumpe macht in der Spitze 6 kW und der optional zuschaltbare Heizstab noch einmal 8 kW oder so (±2 kW Unsicherheit bei den Werten, da ich jetzt nicht in die Specs reinschauen kann).

Zusammen sind WP und Wallbox damit bei 36 kW.

@TilRq und @Guenter: wenn ihr hier Beispielrechnungen oder Untersuchungen kennt, fände ich es super, wenn wir sie in unsere Quellensammlung aufnehmen würden. Hilft sicher auch für zukünftige Diskussionen, da das Thema ja sehr aktuell und nicht unwichtig ist

1 „Gefällt mir“

Um Gottes Willen - wir leben doch nicht mehr im Jahre 1980! Warum soll die Wallbox die Ladeleistung nicht an den übrigen Stromverbrauch im Gebäude anpassen? Die Technik, um diesen sekundengenau zu messen, kostet fast nichts.

Es ist doch verrückt, alle Leitungen und Sicherungen ohne Not auf den absurden Fall auszulegen, dass die Wärmepumpe inklusive Heizstab auf voller Leistung läuft und man genau zu diesem Zeitpunkt auch noch mit 22 kW das Auto laden will.

P.S. Wenn man jetzt einmal weiterdenkt, von dem einzelnen Haus hin zu einer ganzen Straße mit ~100 Haushalten, dann sollte klar sein, dass es niemals klappen kann, da jeden mit 22 kW laden zu lassen, wann er will.

2 „Gefällt mir“

Klar kann man das. Aber im seltenen Einzelfall (lange Dienstreise + direkter Aufbruch zum Besuch der weit entfernt wohnenden Familie) will man das ja nicht, sofern es nicht unbedingt notwendig ist.

Der typische Autofahrer fährt in Deutschland durchschnittlich 37 km am Tag. Die lädt eine 22 kW Wallbox in unter einer halben Stunde. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass alle gleichzeitig das Auto an die Steckdose hängen. Für die Netzplanung gibt es daher Gleichzeitigkeitsfaktoren. Das funktioniert in der Siedlung super, beim Individuum dagegen eher schlecht (Stichwort Gesetz der großen Zahlen).

Ansonsten plädiere ich persönlich für eine Wallboxfunktion, mit der man schnelles Aufladen triggern kann. Der Strom sollte dafür gerne mit einer Strafsteuer signifikant teurer gemacht (Faktor 2-3?, mindestens auf Höhe des Preises von Autobahnschnellladern) und von den Einnahmen die Netze ausgebaut oder sozial entlastet werden. Damit sichert man den Nutzern die Option schnell vollzuladen, während diese davon aber wohl nur im echten Bedarfsfall Gebrauch machen werden.

Aber auch dafür muss die Wallbox überhaupt erstmal die Leistung bringen können. Und dafür muss der Hausanschluss entsprechend abgesichert sein.

P. s.: Mich irritiert deine zur Schau getragene Selbstgewissheit. Findest es wirklich besser Menschen Flexibilität ohne Not zu verbieten? Stattdessen könnte man doch besser Netzplanung verbessern, Netze intelligent ausbauen, Strombezug flexibilisieren, Häuser bedarfsgerecht und zielgenau modernisieren und vieles mehr. Sorry, aber mit so eindimensionalen Denken werden wir die Energiewende ganz sicher gegen die Wand fahren.

1 „Gefällt mir“