Können wir uns auf die Eigenverantwortung verlassen?

In dem Thread zu LdN298 (Interview mit Marie Agnes Strack Zimmermann, FDP) habe ich das Wort Eigenverantwortung in zwei Dimensionen aufgeteilt.

  1. Die eigene Verantwortung sich selbst gegenüber.
  2. Die eigene Verantwortung der Gesellschaft und der Umwelt gegenüber.

Doch wie weit ist es denn mit der Eigenverantwortung her?

Schon mit der Verantwortung sich selbst gegenüber funktioniert das nicht durchgehend zuverlässig. Würde es das, gäbe es keine Raucher, keine Spielsüchtigen, keine Schnellfahrer, keine Impfskeptiker, usw. Aber auf die Verantwortung sich selbst gegenüber ist zumindest zu einem hohen Prozentsatz ganz gut Verlass.

Doch wie sieht es mit der eigenen Verantwortung der Gesellschaft und der Umwelt gegenüber aus? Persönlich bin ich hier über die Maßen skeptisch. Die Erfahrung lehrt mich das.

Während der Corona-Krise war das Konzept der Eigenverantwortung ja omnipräsent. Aber hat das denn funktioniert? Nein, das hat es meiner Meinung nach nicht. Spätestens mit der zweiten Welle wurde uns doch allen Klar, dass wir Corona mit der ersten Welle und dem ersten Lockdown nicht losgeworden sind und dass uns Corona ganz so, wie es die Virologen prognostiziert haben, einige Jahre im Griff haben wird. Und wie haben wir dabei reagiert? Wir haben uns zu keinem Zeitpunkt wirklich darauf vorbereitet. Weder auf persönlicher Ebene noch auf politischer/gesellschaftlicher Ebene. Wir haben stets die nächste Welle auf uns zukommen lassen, ohne was zu tun, obwohl alle wussten, dass die nächste Welle kommen wird.

Mit Situation mit dem Gas ist hier doch analog. Seit dem Kriegsausbruch ist uns eigentlich bewusst, dass diese Situation auf uns zukommen könnte. Und wieder tun wir so, als ob es nicht eintreten würde und versuchen es zu schieben. Und von dem Winter 23/24 redet erst niemand. Doch während wir mit Ach und Krach noch durch den Winter 22/23 kommen werden, werden dann in 2023 die Gasspeicher völlig leer sein. Womit werden wir sie auffüllen, um durch den Winter 23/24 zu kommen? Niemand redet darüber.

Vom dem Klima will ich erst garnicht anfangen, herrscht hierbei doch ein kollektives Stecken des Kopfes in den Sand vor.

Es scheint mir so zu sein, als ob wir nur dann handeln, wenn das Kind erst im Brunnen ist. Wie weit ist es also mit der Eigenverantwortung her? Was ist eure Meinung hierzu?

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Eigenverantwortung bedeutet ja, dass die Menschen von sich aus Handeln ohne, dass sie von außen dazu gezwungen zu werden.

Ich hab Precht neulich mal sagen hören, Erkenntnisgewinn führt nicht zu Verhaltensänderung. Seit 1995 findet die UN-Klimakonferenz statt. Spätestens seit sich 2007 Merkel in Grönland als Klimakanzlerin hat bezeichnen lassen, wissen in Deutschland alle von der Klimakrise bescheid. Trotzdem hat sich das Verhalten des Großteils der Bevölkerung nicht verändert. Es fliegen immer noch alle in den Urlaub, der Fleischkonsum insbesondere von älteren nimmt nur sehr wenig ab, es werden immer noch dicke Verbrenner SUVs in massen verkauft.

Jetzt zur Eigenverantworung und der FDP. Ich glaube die meisten Leute, die im Bezug auf Klimawandel Eigenverantwortung zeigen, und sich bemühen ihren CO2 Abdruck zu reduzieren, sind keine FDP Wähler. Oder anders ausgedrückt, Greta Thunberg würde vermutlich nicht die FDP wählen.

Außerdem, wenn man so sehr auf Eigenverantwortung zum Kamp gegen den Klimawandel setzen würde, wie Strack Zimmermann das sagt, dann dürfte die FDP nicht mehr aufhören von Energiesparmaßnahmen, dem Verzicht auf Fliegen, dem Veganismus etc. zu reden. Noch viel mehr als selbst die Grünen es tun. Stattdessen kommen von Herrn Kubicki aussagen, dass er so lange duscht wie er will.

Dann kam von der FDP noch der Vorschlag die Menge an CO2, die wir noch übrig haben in Form von Zertifikaten zu verkaufen. An sich ja eine gute Idee, da es uns auf den richtigen Zielfahrt zwingen würde, nur denke ich, würde man das wirklich durchziehen, würde man unsere Wirtschaft sofort in die Knie zwingen. Wir sind soweit vom richtigen Zielpfad aktuell entfernt, das ein sofortiges zwingen auf diesen Zielpfad nicht machbar ist. Außerdem hab ich seit der Wahl nichts mehr von dieser Forderung von der FDP gehört.

Außerdem schafft die FDP mit den 1000m Abstand Regeln für Windräder, die sie teilweise vorrantragen oder zumindest mittragen sogar negative Rahmenbedingungen.

Ich denke wir sollten aufhören, es ernst zu nehmen, wenn Union und FDP sagen, sie sind für Klimaschutz. Das sind sie offensichtlich nicht, sie setzen sich nie wirklich dafür ein, und blockieren überall da, wo versucht wird sich für Klimaschutz einzusetzen. Ich denke diese Parteien sagen nur, dass sie für Klimaschutz sind, um nicht aus der Wählergunst zu fallen.

Und um nochmal auf Eigenverantwortung zurück zukommen, da kommt dann vor allem auch die im anderen Thread erwähnte Tragik der Allmende hinzu. Wenn alle um mich herum 2 mal im Jahr in den Urlaub fliegen, dann ist es doch wohl ok, wenn ich einmal im Jahr in den Urlaub fliege. Warum soll ich auf der Autobahn langsamer fahren, sollen doch erst mal die anderen das machen, etc…

Das heißt jetzt aber nicht, dass ich denke Eigenverantwortung ist sinnlos und alle können so viel SUV fahren und fliegen wie sie wollen. Mit unserem Verhalten können wir Wirtschaft und Politik beeinflussen, und da spielt jeder eine Rolle. Das ist wie beim Wählen, deine Stimme macht keinen Unterschied, aber das es mehr Leute gibt die so denken wie du macht den Unterschied.

Also Fazit: Können wir uns auf die Eigenverantwortung verlassen? Wir können uns definitiv nicht auf Eigenverantwortung allein verlassen. Wir brauchen die Politik, die die richtigen Maßstäbe setzt. Aber wir sollten trotzdem Eigenverantwortung nutzen um im Kampf gegen AFD/Union/FDP besser voran zu kommen.

P.S.

Das ist mir auch schn aufgefallen…

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Der Mensch ist von Natur aus erstmal ein sehr bequemes Wesen. Befindet er sich in einem angenehmen IST-Zustand, kostet er diesen bis zum letzten aus und ignoriert gern kommende Gefahren oder Veränderungen.
Eine „Stärke“ der Menschheit war es ja meist, in konkreten Bedrohungssituationen über sich hinaus zu wachsen und dann zu adäquaten, existenzbewahrenden Lösungen zu kommen.
Muss allerdings nicht immer funktionieren.

Ob Eigenverantwortung des Einzelnen ausnahmslos funktioniert? Wenn ich mir den täglichen Strassenverkehr so ansehe…es gibt Ausnahmen, definitiv!

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Die Frage in der Überschrift ist interessant. Denn sie fragt nicht nach Verantwortung (für die Gesellschaft), sondern letztlich, ob die Gesellschaft = der Staat Rahmenbedingungen schaffen kann, unter denen egoistisches Verhalten (also Verantwortung für den eigenen Vorteil) zu gesellschaftlich gewünschten Ergebnissen führt.

Das geht m.E. überall dort, wo der Markt nicht gesellschaftlich gewünschte Ergebnisse erzeugt, weil er versagt. Also überall, wo es externe Kosten gibt (d.h., nicht der Handelnde trägt die Kosten, sondern ein unbeteiligter Dritter). Oder das Allmendeproblem für Ressourcen, die nicht im Privateigentum sind: Wird „übernutzt“ (zu viel genutzt). Wenn hier der Staat eingreift und die Kosten internalisiert (was oft sehr schwierig ist) bzw. das Gemeinschaftsgut verstaatlicht und z.B. an einen Einzelnen verpachtet, haben wir plötzlich geänderte Rahmenbedingungen, unter denen jeder Einzelne seinen eigenen Vorteil anstreben kann, ohne dass gesellschaftlich unerwünschte Ergebnisse dabei rauskommen.

Oft führt das dann dazu, dass diejenigen, die sich das leisten können, weiter gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten an den Tag legen. Gleichzeitig wird Verhalten, das man nur durch persönlichen Invest ändern kann, so teuer, dass Arme einfach noch ärmer werden. Diese müssen dann von der Gesellschaft unterstützt werden (idealer Weise wird der Invest, um das Verhalten abzustellen, von der Gesellschaft übernommen).

Leider gibt es viele Bereiche, in denen uns dafür bislang keine solchen „marktwirtschaftlichen“ Lösungen eingefallen sind. Genau für diese Gereiche gibt es Regeln (Gesetze), in denen der Staat gewünschtes Verhalten vorschreibt und unerwünschtes Verhalten verbietet (Parteien, die solche Lösungen vorschlagen, werden von Pseudoliberalen dann als „Verbotsparteien“ geframet). Beispiele sind Rechtsfahrgebot, Maskenpflicht, Impfpflicht, etc.

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Witzig vor dem Hintergrund, dass ja auch in der FDP reichlich Juristen vertreten sind.
Nach deren öffentlichem Framing des Freiheitsbegriffs, können wir alle Gesetzbücher wegschmeissen, um die Eigenverantwortung zu stärken. Wenn die FDP dagegen ist, können wir sie ja auch Verbotspartei nennen, da sie die ganzen Verbote in den Gesetzen unterstützt.
Spaß beiseite. Die Wahrheit ist leider, dass dieses Argument immer nur genutzt wird, um das eigentliche Klientel vor Einschränkungen zu schützen. „Arbeitsunwillige“ zu nötigen, um diese aus der Sozialleistung zu bekommen, finden die nicht so schlimm. Da hält sich der Anspruch an die Eigenverantwortung doch eher zurück. Die gehören halt nicht zu deren Klientel.

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Das kann man so nicht gleichsetzen. Nur weil der Markt etwas liefert, was so nicht intendiert war, ist das kein Marktversagen, sondern eher Staatsversagen nach Stiglitz.
Beispiel: In Reaktion auf eine Rattenplage wurde in Hanoi ein Kopfgeld auf Ratten vom Staat ausgesetzt. Daraufhin züchteten viele Vietnamesen Ratten und brachten diese dem Staat - die Plage wurde noch verschärft. Hier von einem Marktversagen zu sprechen ist schlicht falsch - der Markt reagierte nur auf eine neue Nachfrage nach toten Ratten.
Selbiges lässt sich auf Hybrid-PKWs mit eingeschweissten Ladekabeln, CoronaTests in jedem Kiosk oder der Maskenbeschaffung im Open-House-Verfahren übertragen: Anstatt klare Rahmenbedingungen sauber zu setzen wird immer wieder fälschlich von einem Marktversagen gesprochen. Tatsächlich ist es jedoch häufig eher Staatsversagen in Kombination mit Unternehmen ohne hermeneutisch wohlwollende Grundhaltung.

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Klingt für mich eher nach kriminellen Handlungen des Marktes.

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Stimmt, aber so lange es keine Gesetze gibt die es verbieten halt auch nicht strafbar. Genau solche „Grauzonen“ werden ausgenutzt bei Maskenaffäre und CumEx bzw. CumCumEx.

Das Vergaberecht wird zu oft umgangen ohne dass der Missbrauch Konsequenzen hat.
In diesem Zusammenhang wäre auch die Eigenverantwortung von Politikern (z.B Scheuer und Maut) interessant.

Interessante Sichtweise. In meiner Wahrnehmung ist das Vergaberecht der Hauptgrund für am Ende überteuerte und qualitativ katastrophale Investitionen der öffentlichen Hand. Aber wenn, dann wäre das jetzt ein komplett neues Thema.

Ich möchte zum Thema Eigenverantwortung ein Beispiel machen, das mir in den letzten Jahren wirklich den Kopf gewaschen hat und eines, das vermutlich jede/r nachvollziehen kann.

Mein Beispiel ist bewusst etwas plakativ und etwas überspitzt, ich möchte ja aber einen Punkt in diesem Beispiel rüberbringen.

Also, ich habe vor 2.5 Jahren meinen Job gewechselt und arbeite jetzt in einer führenden Softwarefirma in der Schweiz. Früher musste ich dergleichen nicht erleben, jetzt ärgere ich mich regelmässig.

Wir gehen mal zu mir ins Büro und stellen uns vor, dass rund 70 hochqualifizierte Overperformer-Mitarbeitende mit fast durchwegs akademischem Hintergrund sich zwei Toilettenkabinen teilen. Jede/r weiss hier im Büro (alles auf einer Fläche in einer modern ausgebauten ehemaligen Industrieloft), wo der Nachschub liegt. Dennoch werden die Rollen von Toilettenpapier regelmässig nicht ersetzt, im Zweifel liegt noch eine leere Kartonrolle auf dem Boden. Regelmässig findet man „Bremsspuren“ auf WC Brille und dem „Porzellanthron“ vor. Auch mal eine komplett vollurinierte Brille kommt mal vor. Die Papierhandtücher wechseln sich natürlich ebenfalls von selbst. Gleiches gilt bei der Kaffeemaschine. Milch ist leer? Ist ja nicht mein Problem, macht der nächste. Kaffesatzbehälter voll? Na klar, der nächste muss.

In dieser Firma ist das Management-Team während der Corona-Pandemie (habe ja genau pünktlich dafür angefangen) ganz „vorbildlich“ vorgegangen. In einer Zeit, in der Überall Masken-, Test- und Impfpflicht oder jedenfalls -empfehlungen vorherrschten, entschied sich unsere freiheitsliebende Führungsebene, die Eigenverantwortung hoch zu halten. Das Ende vom Lied: 90 Mitarbeitende trotz geltender Homeoffice-Empfehlung auf einem Haufen bei einer internen Veranstaltung. Natürlich ohne Maske. Ebenfalls hat sich unsere GL dazu entschieden, sich „mutwillig“ mit Corona zu infizieren, damit sie ohne Impfung zum Zertifikat kommen. Und ich schreibe hier bewusst im Plural, weil hier mindestens 2 Personen betroffen waren.

Wir haben also eine unfassbar gut gebildete Personallandschaft, die aber in wesentlichen Themen (wie auch natürlich nur in Banalitäten) vollkommen disfunktional sind.

Mein persönliches Learning daraus ist vielleicht das Interessante daran:

Jeder einzelne kann gute und richtige Entscheidungen oder aber eben falsche Entscheidungen treffen. Wenn man will, dass etwas richtig funktioniert und es um eine wichtige Sache geht (so bspw. im Klimathema), kann man nicht einer vermeintlichen Eigenverantwortung nachgeben. Insbesondere, wenn der politische Diskurs eigentlich von alten Menschen noch zum Nachteil derer, die noch >20 Jahre auf dieser Welt verbringen müssen (und hoffentlich auch wollen) verschiebt.

Solange Bernd (sorry an alle Bernds) seinen M7 fahren darf und dann mit gefühlt 500 PS und 17L/100km durch den Innenstadt-Stau blubbert, muss man sich halt auch einfach nicht wundern, wenn gewisse Dinge in dieser Hinsicht nicht funktionieren. Ja, es gibt in einer „freien“ Gesellschaft die Menschen, die mit gutem Vorbild voranschreiten, auch, wenn es ihnen im ersten Moment keinen unmittelbaren Vorteil bringt, es gibt aber eben auch diejenigen, denen alles egal ist, ausser der eigene Vorteil. Und ich finde genau diese Prämisse muss man in gewichtigen Entscheidungen unbedingt ausschalten. Es darf kein Nachteil sein, ein gutes Vorbild zu sein und das ist es eben faktisch leider manchmal. Wenn es ein Vorteil ist, nur die eigenen Vorteile zu sehen, dann sind es immer alle anderen, die darunter leiden (wenn sie bspw. erst die Kaffemaschine oder die Toilette putzen müssen).

Ich denke, an dieser Stelle muss man ansetzen und den Menschen klar zeigen, dass es einfach gewisse Grundparameter gibt, die nicht (mehr) verhandelbar sind. Dazu gehört beispielsweise, dass man seinen Dreck hinter sich aufräumt.

Ja, man hat sich selbst eine Verantwortung gegenüber, diese sollte sich aber nicht nachteilig auf alle anderen auswirken (dürfen). Und ja, natürlich hat jeder eine Verantwortung der Gesellschaft und der Umwelt gegenüber. Natürlich gibt es Menschen, die diese auch wahrnehmen - aber halt eben auch die krassen Antis. Und an diesen muss man ansetzen.

Sorry für diesen vielleicht etwas merkwürdigen Beitrag, ich hoffe mein Punkt ist dennoch rübergekommen.

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Absolut, gerade im Büro hängt viel vom Umgang unter den Mitarbeitern ab und von den Hierarchien bzw. wie stark patriarchisches Verhalten ausgeprägt ist.
Meine Erfahrung bzgl. diesen Bürothemen geht in die Richtung, dass gerade MA in höheren Position sich für solche Aufgaben zu fein sind, plakativ dafür gibt es doch den Mindestlöhner der nur 20h in der Woche da ist. Und patriarchisch deswegen weil zumindest immer mal zwischen den Zeilen raus zu hören ist, dass macht „Sie“ ja zu Hause auch.

Können wir aus einem anderen Bereich anführen, dass es in der Masse nicht mal im kleinen funktioniert. Wir sind viel Wandern und auf Radtouren, aber egal wo wir hin kommen, der Müll der vorherigen Besucher ist immer schon da.
Alles was wir auf Ausflüge mitnehmen bringen wir wieder mit nach Hause weil wir es da trennen können, an markanten Ausflugszielen gibt es wenn überhaupt nur einfache Restmülleimer.

Genauso wie im Büro gibt es auch sicher genug, die es wie wir handhaben, aber dank derer denen diese minimal Eigenverantwortung zu viel ist, sieht es an nicht wenigen Orten wo man Natur erwartet, überspitzt aus wie auf einer Müllhalde.

Gerade was das Thema Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und den folgenden Generationen angeht, äußerte sich in einem anderen Thema hier im Forum ein User ziemlich klar, dass es kein Gesetzt gibt, das ihn dazu verpflichtet verantwortungsbewusst und respektvoll zu handeln.

Wie massiv den Schaden sein kann, den einer anrichtet, sieht man ja in der Ukraine und den globalen Folgen für die Menschen, die Umwelt und die Wirtschaft.
Es gibt unzweifelhaft viele Menschen die viel Gutes tun, die rücksichtvoll und verantwortungsvoll handeln, aber leider reichen wenige um das im negativen Sinn zu überbieten.

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Ich meine eher, das Vergaberecht wird leider nicht genutzt, wie es die Behörden nutzen könnten. Das geschieht aber nicht mit böser Absicht, sondern aus Überforderung.
Es kann auch richtig genutzt und einiges damit erreicht werden, nur eine Einzelerfahrung, die ich persönlich gemacht habe.

Das ist Gruppendynamik, die so oder ganz anders laufen kann, je nach dem, wie begonnen wurde und wieviel Energie von, in diesem Fall der Firma und den einzelnen Teammitgliedern, darauf verwendet wurde, ggf. die schon im Gang befindliche schlechte Dynamik positiv umzuleiten. In der Anfangsphase ist es noch möglich, dass z.B. 3 von 10 Leuten eine neue Rolle einlgegen, und die restlichen 7 irgendwie schnallen, dass da tatsächlich jemand für die nachfolgende Person „vorgesorgt“ hat, und diese Erkenntnis wirkt verhaltensverändernd. Die selbe Person käme nach einer längst eingefahrenen Schlamperroutine nicht mehr auf diese Idee.

Ein und die selbe Person kann natürlicherweise sich gemeinschaftsdienlich verhalten, aber eben in einer anderen Dynamik gegesätzlich egoistisch verhalten. Das kannst du jeden Tag in den unterschiedlichsten Lebensbereichen beobachten. Berücksichtigen muss man die Stärke der Persönlichkeit. Das gilt glaube ich für 80% der Leute. Starke Egoisten kümmern sich weniger um die gerade herrschende „Kultur“, starke Gemeinschaftsmenschen verhalten sich auch in einer verschlampten Umgebung ordentlich (in der Hoffnung, damit andere zu beeinflussen, aber auch einfach aus Prinzip und zur Wahrung des inneren Friedens).

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Zum thema

Nach meinem Empfinden ist das Framing falsch. Es geht nicht um Eigenverantwortung, sondern um sozial verträgliches, bzw. gruppendienliches Verhalten. Somit ist das Beispiel des WC-Papiers passend. Mal meine Gedanken:

Eigenverantwortung: Ich heize mit Gas und ich überlege mir eigenverantwortlich, ob ich ein Problem habe. Solange Gas aus der Leitung kommt nein, kommt kein Gas aus der Leitung könnte ich über meine Klimaanlage auch 1/3 des Hauses heizen. → Eigenverantwortlich also alles richtig gemacht.

Sozial verträglich? Da ich ein gedämmtes Haus hab und wir auf wenig Fläche wohnen, dürfte ich selbst dann noch im Warmen sitzen wenn viele schon ihren Verbrauch stark drosseln. Meine Preiselastizität ist geringer als die von anderen. D.h. mit hoher Wahrscheinlichkeit werde ich, so lange ein Preissignal existiert, zwar sparen aber weniger als manch andere.

Und jetzt stellt sich mir die Frage, was bedeutet „sich auf Eigenverantwortung verlassen“ ?
Geht es darum, dass ich das gleiche einsparen soll wie jemand, der eine höhere Preiselastizität hat? Denn das wird nicht passieren und zwar aus mehreren Gründen.

1.) Ich habe ein relativ gutes Einkommen.
2.) Wir verbrauchen pro Person aktuell 2300kWh für WW und Heizung.

zu 1. ich habe eigenverantwortlich im zweiten Bildungsweg lange nichts verdient, bin nicht in den Urlaub gefahren, um einen guten Abschluss zu bekommen. Hab mein Studium nicht nach „was würde ich denn gerne töpfern“ sondern nach „was bezahlt der Arbeitsmarkt“ ausgesucht.

zu 2. nach dem ich einen Job hatte, habe ich nahe an der Arbeitsstätte ein Haus gebaut. Ich bin wieder nicht in Urlaub, fahre auch bei Regen mit dem Fahrrad in die Arbeit und hab mein Haus gut gedämmt. Pro Person haben wir uns 35m² geleistet.

Ich denke, ich verhalte mich eigenverantwortlich und habe für mich und meine Familie vorgesorgt.
Auch bin ich bereit, denen zu helfen, die dazu nicht die Möglichkeit haben.

Mein Vorschlag wäre ein unbürokratischer Kredit für Strom und Gas, so kann man dann kurzfristige Spitzen abfedern, ohne im Kalten zu sitzen. Dann kann man die Urlaubskasse 2023 und 24 nutzen, um die Rechnungen zu bezahlen. Stellt man fest, dass sich die 150m² pro Person längerfristig nicht leisten kann, sollte man den Leuten frühzeitig erklären, dass 150m² pro Person ggf. auch kein Menschenrecht ist. Auch eine Wohnung / Haus genau in der Stadt oder Straße, wo man wil,l ist kein Menschenrecht.

Wenn ich das jetzt lese, hört sich das sehr kalt an, ob es das ist will ich nicht beurteilen oder entschuldigen. Was ich schon etwas doof finde ist, dass man staatlicherseits weit in die Mittelschicht, weit weg von der Bedürftigkeit entlastet.

Am Wochenende hatte ich jetzt zwei Gespräche:
1 ) Rentnerin 180 m² eigenbewohntes EFH Bj. 1975, 1 Person. Die letzten Dekaden immer 2x im Urlaub, keine energetische Sanierung, gute Lage Wert über 1 Mio. Aussage „Wie soll ich mir das Heizen noch leisten? Du hast es gut“ - nicht ausgesprochen aber im Unterton zu erkennen,ich sollte über Steuern oder Abgaben Ihre Heizkosten subventionieren. Das Argument, dass mein Einkommen oder meine Dämmung auf einen Konsumverzicht (Urlaub) beruht, den sie auch hätte leisten können, überzeugt sie nicht. Die Rentnerin ist überzeugte FDP- Wählerin und Eigenverantwortung ist ihr wichtig…

2.) Ein früherer Schulkammerrat, welcher auch heute noch in der Nähe arbeitet. Er hat direkt nach der Schule die Arbeit begonnen und damit schon etliche Jahre Einkommen bezogen, wo ich noch in Schule und Studium war. Urlaube, Auto… ich war immer die „Lachnummer“, die nicht mithalten konnte. Er hat ein EFH und mir immer erklärt, wie blöd ich bin und die hohen Grundstückspreise in der Stadt bezahle, er zahlt viel weniger und wohnt im Grünen. Die Pendlerpauschale war sein Argument, denn er wird bei den Fahrten in die Arbeit ja subventioniert und danach ist es ökonomisch, weit zu pendeln und bei Miete und Kauf zu sparen. Ich bin der Ökospinner, der mit dem Fahrrad fahren muss, weil die Kreditraten Ihm die Haare vom Kopf fressen. Das gesparte Geld hat der Freund dann in m² investiert und so wohnen die auf etwas über 70m² pro Person. Was war das Thema des letzten Gesprächs? Richtig - man soll Ihn beim Heizen und Tanken entlasten… das kann sich ja keiner mehr leisten. Wenn das so weitergeht kann er sich den nächsten Urlaub nicht mehr leisten… Er verdient heute weniger als ich, aber in Summe ist er immer noch vorn dran - einfach weil er schon länger arbeitet.

Beide Bekannte würden sich nie und nimmer als bedürftig bezeichnen. Beide erwarten aber wie selbstverständlich, dass Ihnen geholfen wird. Ich helfe gerne aus, aber nicht als Geschenk, sondern als Kredit für die Mitte der Gesellschaft. Mit der Rückzahlung werde dann meine Kinder und ich in den Urlaub fahren und die Bekannten ggf. auf einen Urlaub verzichten.
Denn oft ist es Egoismus und Kurzsichtigkeit, wenn Leute über Eigenverantwortung reden.

Grüße

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Insbesondere wenn die FDP über Eigenverantwortung redet, geht es immer um Egoismus und Kurzsichtigkeit.

Wenn FDP-Politiker bzgl. Corona-Maßnahmen bspw. erklären würden, sie möchten den Leuten nichts vorschreiben, aber sie appellieren an vernünftiges Verhalten, bei hohen Inzidenzen Masken aufsetzen, sich regelmäßig testen, sich freiwillig isolieren, etc., könnte man das zumindest nachvollziehen. Aber stattdessen schreien sie Freiheit und Eigenverantwortung und propagieren gleichzeitig maximal unverantwortliches Verhalten und titulieren die wirklich eigenverantwortlich Handelnden als „Angsthasen“ o.ä.

Dasselbe Bild, wenn es um Klimaschutzmaßnahmen wie Tempolimit o.ä. geht.

Wundert mich absolut nicht. Gewinne (in der Vergangenheit) privatisieren, damit auf dicke Hose machen, und jetzt aufkommende Verluste sozialisieren. Genau das ist FDP-Ideologie.

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Ich glaube es geht genau nicht darum. Auch, wenn ich Ihre Ausführungen verstehen kann und Ihre vorausschauende Planung mit Ihrem Haus natürlich löblich ist, geht das aber meines Erachtens am Thema vorbei. Ihre Eigenverantwortung hat etwas mit Ihrer persönlichen Energiebilanz zu tun.

Wir müssen aber aus meiner Perspektive eben den Massstab erweitern und es als gesamtgesellschaftliches Phänomen betrachten. Und da gibt es natürlich Menschen, die positiv hervorstechen, aber es gibt eben auch die „Bernds“ (ich referenziere mich hier auf meinen Beitrag weiter oben):

Wir müssen uns nicht an den positivsten Beispielen orientieren, denn die machen ja schon vieles richtig. Wir müssen uns an denjenigen Menschen orientieren, deren Fehlverhalten allen schadet. Das ist ja die Quintessenz an der Bekämpfung des Klimawandels. Wenn wir einfach sagen: „Hey guck mal, die Marie hat hier einen kleinen Selbstversorgergarten und eine PV Anlage auf dem Dach und fährt nur Lastenrad, was können wir denn da noch verbessern“ geht es genau keinen Schritt vorwärts. Denn ja, es gibt eigenverantwortliche Menschen und solche, die selbst Initiative ergreifen. Wirklich flächendeckend sinnvoll wird es aber erst, wenn die negativen Ausreisser und im besten Fall die „Mitte“ der Statistik weiter in eine positive Richtung gebracht werden.

Betrachtet man die Corona-Situation wie im Eröffnungspost ist es daher nur korrekt, wenn man eine Maskenpflicht für alle verhängt. Hätten wir uns darauf verlassen, dass es jeder für sich selbst entscheiden kann, Weltweit sind 6.5 Millionen Menschen an Corona verstorben. Hätten wir einfach laufen lassen, wäre der Kollaps im Gesundheitswesen eingetreten und die Sterblichkeit nochmals überproportional angestiegen (siehe Italien in der 1. Welle 2020).

Gleiches gilt für die Klimakrise. Wenn wir hoffen, dass Hinz und Kunz jetzt einfach E-Auto fahren und alles ist wieder heil haben wir uns geschnitten. Wir müssen umdenken und radikalere Massnahmen ergreifen, weil es sonst noch viel schlimmer wird.

Eigenverantwortung ist m. E. gescheitert.

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Genau diese Gespräche hatte ich auch mehrfach - (Südbayern südlich München)

Diese Leute haben alles genommen, jede Subvention, trugen nur das Minimalste zum gesamtgesellschaftlichen Wohlergehen bei und nun jammern sie nach der Hilfe vom Staat.

Ich bin genau in solchen Fällen auch der Meinung, Menschen mit diesem sozialen Standard und mit dieser egoistischen Haltung sollen jetzt selbst für ihr vergangenes Tun und Handeln die Verantwortung tragen. Leider wird das in unserem solidarischen System wohl so genau nicht laufen, sondern diese sehr vermögende Schicht wird wieder gepampert, wird wieder nichts für klimafreundliches Verhalten tun, außer auf das (subventionierte) Wasserstoff Auto warten…

Mein Fazit in einer offenen liberalen demokratischen Gesellschaft, wir können uns nicht drauf verlassen, aber wir werden uns verlassen müssen. Am besten wirkt Aufklärung und der Angriff auf den Geldbeutel… Gaspresie für fossiles Gas steigen ins unermesssliche
:sunflower: :sunny: :sunny:

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Die Frage ist: Was können wir an unseren politischen und gesellschaftlichen Systemen ändern, um unsere Bürger zu verantwortungsvollen Handeln im Sinne der Gemeinschaft zu bringen.

Das aktuelle politische demokratische System, in dem Politiker alle 4-5 Jahre erneut gewählt werden wollen, hilft hier offensichtlich nicht: Die Politiker meinen, gelernt zu haben, dass sie den Wählern „Zumutungen“ besser ersparen, weil die es mit Wahlenthalten oder Wahl anderer goutieren.

Und als solche „Zumutungen“ gelten offenbar

  • die Einschränkung einer oft falsch verstandenen „Freiheit“
  • finanzielle Belastungen = Steuern oder Abschaffung von Subventionen - oder sonstige Verschlechterungen des (meist rein ökonomisch verstandenen) „Lebensstandard“
  • sonstige als nachteilig empfundene Wahrheiten.

Deshalb hören wir von den meisten Politikern auch niemals

  • so was wie „Leute, das ist jetzt halt mal so, da müssen wir alle durch und die Privilegierten müssen jetzt die weniger Privilegierten solidarisch unterstützen!“ oder der Hinweis, dass es immer noch so etwas wie ein unabwendbares Schicksal gibt, das kein Staat, kein Politiker verhindern kann
  • klare Erwartung an jeden Einzelnen in Bezug auf gesellschaftsdienliches Verhalten
  • oder ein „Wir haben aktuell einfach noch keine Lösung“ (statt das „Wir haben alles im Griff“-Narrativ) oder
  • ein „Das ist ein Kompromiss. Kompromisse zeichnen sich dadurch aus, dass alle nicht sonderlich glücklich darüber sind“
  • „dieses oder jenes System ist einfach total kaputt (Steuern, Alterssicherung, Verwaltung, Bildung, …). Wir müssen es durch ein neues, besseres ersetzen“
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Ich denke nur, die Lösung ist nicht mehr Staat, sondern weniger. Mich stört an dem Bernd halt, dass das wohl ein Diesel ist mit dem der herumfährt und weniger Steuern zahlt als ein Benziner. Die Folge ist ja einfach, dass die Autos nicht weniger verbrauchen, sondern das die fetten Kisten heute alle mit Diesel fahren. Morgen werden die alle mit Strom fahren und wir stehen vor dem selben Problem.

Mich stört, dass man Pendeln bezuschusst, die Folge aber einfach große Gebäude sind und viel Wohnfläche auf dem Land. Ja da ist dann auch Neid dabei, mein Grundstück wurde nicht bezuschusst.

Und ja, wir müssen die Politik auf die positiven Beispiele ausrichten. Denn wenn wir das nicht tun hat keiner einen Anreiz so zu handeln. Im Gegenteil man ist der Blöde und wird von den anderen schräg angeschaut. Und da verstehe ich, dass man im Zweifel einfach dann nichts macht und sich auf den Staat verlässt.

Hilfe nur für Bedürftige, Subventionen (Anreize) nicht über Steuerentlastung, sondern direkt über Geldfluss (Trennung von Einnahme und Ausgabenseite des Staates), Staatsquote runter. Hilfen zielgerichtet. So würde sich Leistung mehr lohnen, Schlupflochnutzung erschwert und über Subventionen klarer diskutiert (gerade ob hier die Ziele erreicht werden)