Interessanter Vergleich. Letztlich würde ich aber davon ausgehen, dass Verzicht ein weniger als der Status Quo beschreibt, unabhängig davon, ob ein mehr oder weniger gesund, wünschenswert oder anders positiv ist. Diese Bewertung macht den Verzicht nur leichter.
Damit will ich aber nicht die Notwendigkeit des Verzichts in Frage stellen. Ich bin nur ein Freund davon, Sachen klar zu benennen und z. B. Probleme als solche zu bezeichnen, statt von Herausforderungen zu sprechen.
Auch hier sollte man darauf hinweisen, dass es langfristig keine Notwendigkeit gibt den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Es stehen nahezu endlos viele (anorganische) Ressourcen und (Solar-)Energie zur Verfügung. Die Verfügbarkeit von organischen Ressourcen ist zur Zeit noch überwiegend an die Biologie geknüpft, aber auch hier bereiten die aktuellen Entwicklungen bei der künstlichen Photosynthese den Weg hin zu nahe endlosen Kapazitäten.
Die Menschheit könnten aufhören (biogenes) Fleisch zu essen. Dadurch würden wir schlagartig wieder ein Großteil der planetarischen Grenzen einhalten.
Ein guter Punkt! Kreislaufwirtschaft und regenerative Landwirtschaft sind hier die wesentlichen Ansätze. Es ist halt kein Naturgesetz, dass unsere Produkte als Müll enden und Landwirtschaft die Natur zerstört.
Wenn wir in Kreisläufen leben, ist die Grenze des Wachstums nur das Tempolimit des Kreislaufs!
Aber eben auch über den Kreislauf hinaus: wir können ruhig weiter beispielsweise zusätzliches Eisen aus der Erde holen um unsere Raumschiffflotte auszubauen. Wichtig ist eben nur, dass sich die Umweltbelastung unserer Bergbautätigkeiten innerhalb der planetaren Selbstheilungsgrenzen hält.
Hallo. Gerade habe ich das Buch „Ende des Kapitalismus“ von Ulrike Hermann ausgelesen.
Mich würde wahnsinnig eure Einschätzung interessieren. Auch wäre sie ein sehr gut passender Gast, um die Diskussion der Ebenen Ökonomie, Ökologie und Konzept des Zusammenlebens in der Zukunft zu diskutieren. Und auch, wie man ein solches Konzept mehrheitsfähig macht.
Ich kenne das Buch nicht, habe Frau Herman aber kürzlich bei Lanz gesehen.
Wenn ich das recht verstehe, geht Ihre These so: Weil eine Marktwirtschaft unausweichlich nur mit quantitativem Wachstum funktionieren und wir daher auf einem begrenzten Planet immer Mehr Ressourcen verbrauchen wird, müssen wir verzichten und schrumpfen, bis wir das Niveau von 1978 erreicht haben. Damals habe man auch gut gelebt und die Lebensqualität sei seit dem auch nicht mehr gestiegen. Wir hätten keine Zeit mehr, herauszufinden, ob wir uns mit Technik aus diesem Teufelskreis entwinden können.
Kannst Du mir erklären, wie Frau Hermann argumentiert, das Marktwirtschaft / Kapitalismus unausweichlich nur mit quantitativem Wachstum funktioniere? Da wird oft über Kredit und Zinsen argumentiert (bei Lanz sagte sie so was wi im Kapitalismus müsse wir wachsen, allein schon, um Kredite tilgen zu können — auch ohne Zins) — das verstehe ich als Volkswirt nicht.
Mir hat noch keiner überzeugend widerlegen können, warum wir, wenn wir sämtlich externe Kosten internalisierten, nicht einen rein qualitativen Wachstum erreichen können?
Und: Wenn wir keine Zweit mehr haben (s.o.), dann auch nicht dazu, ein wie auch immer geartetes postkapitalistisches Wirtschaftssystem zu etablieren.
Vereinfachtes Beispiel mit komplett ausgedachten zahlen:
Wir reden hier ja über BIP Wachstum.
Gehen wir davon aus das sich unser BIP heute zu 60% aus Industrie und 40% aus Dienstleistung zusammensetzt und das die Industrie eine Recyclingquote (definiert als Anteil an recycelten Ressourcen an genutzten Ressourcen) von 20% hat.
Zusätzlich gehen wir davon aus, das Industrie pro Geldeinheit Faktor 50 mehr Ressourcen verbraucht als Dienstleistung.
Wenn nun die Industrie um 10% schrumpft, der verbleibende Teil der Industrie seine Recyclingquote auf 30% erhöht und der Dienstleistungssektor um 20% steigt haben wir:
Ein BIP Wachstum von 2%
Einen Resoucenverbrauchsrückgang von 20%
Ich habe keine Einschätzung dazu, fand es aber bemerkenswert, dass die Thesen von Ulrike Herrmann (Doppel-r und Doppel-n) innerhalb der taz nicht unumstritten sind. Malte Kreutzfeldt hat dort gegen die These von Herrmann argumentiert, dass kapitalistisches Wachstum zwangsläufig so viel Energie benötigt, dass sich Klimaschutzziele nicht mehr realistisch erreichen lassen:
Ich sehe es nämlich tatsächlich auch eher so wie Hr. Prof. Gropp
Ich habe mit der grundsätzlichen Kapitalismus-Kritik immer schon Probleme gehabt. Ich störe mich am Raubtier- Turbo-Kapitalismus und an den Spekulanten.
Meine Auffassungen und Positionen zu dem Thema stimmen am ehesten überein mit denen des Ökonomen Prof. Gropp (Ökonom).
Ich sehe es wie er: Wir brauchen die Innovationskraft des Kapitalismus und zwar jetzt, denn nur das schafft Anreize die großen Probleme zu lösen. Ein zentral dirigierter Staat schafft das m.E. eher nicht…
Ulrike Herrmanns Aussage, wir könnten nicht genügend grüne Energie haben, finde ich fachlich zweifelhaft.
Wenn Frau Herrmann als Hauptthese verwendet, dass der grüne Strom nicht reicht, dabei den Endenergieverbrauch als (fixe) Referenzgröße nimmt, Wärmepumpen als „bringt nicht viel“ abtut, E-Autos als Ineffizient weil zu schwer abtut, dann steht ihre These auf so hanebüchen schlechtem Fundament, dass ich keine Lust habe, überhaupt das Buch zu lesen.
Was mir auch überhaupt nicht in den Kopf will, wie das Gejammer, dass die Energiewende so unendlich viel kosten wird, aber gleichzeitig das BIP nicht größer werden soll, zusammenpasst.