Klimaberichterstattung: Warum wird immer "nur" über Klimaschutz gesprochen?

Vorneweg erstmal vielen Dank für das schöne und gute Interview mit Jochem Marotzke. Beim Hören ist mir wie bereits bei anderen Berichten zum Thema Klima aufgefallen, dass mich solche Beiträge inzwischen nerven. Bitte nicht falsch verstehen, das ist überhaupt nicht gegen die Folge oder Philip und Ulf gerichtet, ganz im Gegenteil, ich halte solche Berichte für wichtig! Trotzdem nerven sie mich. Hinweis: Ich vereinfache und verabsolutiere in nachfolgendem Text.

Die Grundbotschaft bei Klimaberichten ist immer gleich: CO2 erwärmt die Erde und das ist ziemlich doof. Das ist für mich nichts neues und das sollte inzwischen „jeder“ mitgekriegt haben. Wieso redet „niemand“ über die eigentlich wichtigen Dinge?. Das Klima ist doch eigentlich völlig egal und es muss auch in keinster Weise geschützt werden. Soweit ich weiß können wir das Klima gar nicht „kaputt“ machen. Genau wie Natur- oder Umweltschutz ist Klimaschutz nur Mittel zum Zweck, denn es geht um den Schutz von Menschen und den Erhalt unseres „Wohlstandes“.
Wenn ich vor diesem Hintergrund höre wie jemand sagt, dass wir uns für den Klimaschutz einschränken müssen, dann stellen sich meine Zehennägel auf. Richtig ist doch, wenn wir uns jetzt nicht einschränken, dann wird es später richtig, richtig teuer. Und bei was genau müssen wir uns denn einschränken?

  • Man muss kein Auto mehr kaufen um mobil zu sein? Kein Geld mehr für Reparaturen oder Tanken ausgeben?
  • Städte ohne Verkehrslärm?
  • Keine Abgase mehr in der Luft? Also weniger Allgerien, Atemwegserkrankungen, Tote?
  • Jedes Jahr 100 Mrd. weniger Ausgaben für Energierohstoffe?
  • usw.

Wieso redet niemand von den drastischen Einschränkungen, die uns momentan durch die Nutzung von fossilen Rohstoffen auferlegt werden? Ja ich weiß, dass wir uns an diese Einschränkungen gewöhnt haben, aber deshalb sind sie immer noch da und behindern uns. Wieso redet „niemand“ davon, dass die Welt ohne fossile Energien so viel besser wird?

Aus meiner Sicht ist das einer der ganz wesentlichen Faktoren, die in der momentanen Debatte dazu führen, dass sich nur wenig bewegt. Es steht „nur“ um das Klima im Fokus und nicht wir Menschen und unser Leben. Oder sehe ich das komplett falsch?

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In der Tat müssten die heutigen Einschränkungen, um den Klimawandel zu stoppen, stärker in den Kontext mit den zukünftigen Einschränkungen gestellt werden, die nötig werden, wenn wir uns heute nicht einschränken. Das war ja letztlich auch die Grundlage für das berühmt gewordene Klimaurteil des BVerfG. welches Einschränkungen heute aus dem Grund der Generationengerechtigkeit gefordert hat, da es sonst in Zukunft zu unverhältnismäßigen Einschränkungen der folgenden Generationen kommen wird.

Tatsächlich wird ja auch immer viel über die Folgen des Klimawandels berichtet, u.a. über dadurch ausgelöste Kriege, Hungersnöte und damit Flüchtlingswellen, außerdem natürlich die immer häufiger werdenden Jahrhundertunwetter.

Das Problem scheint mir zu sein, dass es sehr einfach ist, die potenziellen massiven Folgen für die Zukunft zu verdrängen. Es ist eben das klassische „Aber die Wissenschaft ist sich gar nicht zu 100,000% sicher, sondern nur zu 99,x%… vielleicht wird ja alles gar nicht so schlimm!“. Oder eben „Also für Deutschland sind die Folgen gar nicht so schlimm… und Skandinavien, Kanada und Russland könnten sogar davon profitieren…“. Die weltweiten Zusammenhänge werden dabei dann gerne ignoriert. Es ist und bleibt zu einfach, die Erhaltung des Status Quo zu fordern, weil es „schon gut gehen wird“.

Aber wie kann man die heute nötigen Einschränkungen besser mit den zukünftig nötigen Einschränkungen verknüpfen, sodass es auch wirklich in den Köpfen der Menschen ankommt? Also gerade in den Köpfen der Konservativen, die sich mit sowas grundsätzlich schwerer tun.

Danke für den Post. Der Grundgedanke ist recht simpel, aber Du könntest durchaus einen Punkt darin, dass in der alltäglichen Kommunikation untergeht, wie sehr es um unsere eigenen Lebensgrundlagen geht, nicht um ein abstraktes, unpersönliches Klima (analog dazu andere Arten des Umweltschutzes - wie oft hört man Klagen über den Artenschutz, weil „irgendein Käfer“ eine Baustelle lahmlege).
Der von euch beiden angesprochene Punkt der Opportunitätskosten bei der Nutzung von Fossilen sollte in Diskussionen häufiger deutlich gemacht werden. Framing ist ein machtvolles Instrument und derzeit scheinen bezüglich Klimaschutz v.a. von denjenigen, die ihn verhindern wollen, Framings wie „Verzicht“ und „Deindustrialisierung“ ziemlich vorherrschend und treffen einen Nerv in der allgemeinen Untergangsstimmung (diese wird leider durch misslungenes Framing mancher Aktivisti noch verstärkt). Dazu möchte ich ergänzen, dass ich persönlich auch das Framing der „Krise“ oder des „Notfalls“ schädlich finde. Notfälle und Krisen werden als nicht beherrschbar, überfordernd, v.a. aber als von kurzer Dauer empfunden. Ökologische Probleme, allen voran der Klimawandel, sind aber lösbar und wir kennen viele Instrumente des Klimaschutzes und der Anpassung. Damit kann man Menschen doch viel eher motivieren! Auch wenn anerkennt, dass einige Folgen des Klimawandels auf Dauer bleiben werden, kann das helfen, um zu motivieren, dafür nachhaltige Lösungen/Anpassungen zu finden, statt sich einzuigeln und eine Krise „auszusitzen“.

(P.S.: Natürlich hat Framing auch Grenzen - da der Klimawandel arme Menschen im globalen Süden besonders hart trifft, während er von uns im reichen Norden maßgeblich verursacht worden ist, ist er auch ein Problem der Gerechtigkeit und der Solidarität. Ggf. lässt sich nicht jede Maßnahme, die dazu beiträgt, als Gewinn auch für „uns“ framen. Ähnliche Problematik wie die zwischen Gegenwart und Zukunft.
Außerdem: Arten, die aussterben, sind für immer verloren, sodass es sehr schwierig erscheint, für das globale Massenaussterben ein zum Handeln motivierendes Framing zu finden, ohne unehrlich zu agieren.)

Der Begriff des Notfalls passt bestens. Es ist wie mit einem medizinischen Notfall. Der Patient Erde hat Fieber, das steigt.
Siehe: Stiftung Gesunde Erde gesunde Menschen oder KLUG (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit)

Ich versuche nochmal, meine These mithilfe der von dir gewählten Analogie zu verdeutlichen. Das Notfall-Framing führt die Dringlichkeit des Problems zwar gut vor Augen - wenn nicht zeitnah gehandelt wird, führt dies zu dauerhaften Schäden für den Patienten.
Zugleich hat dieses Framing aber auch Potenzial, sowohl zu verschrecken als auch zur Untätigkeit zu verführen:

  1. Ein Notfall ist akut, geht aber schnell vorüber. Der Klimaschutz, der Klimawandel und damit verbundene Umweltveränderungen sowie die Bewahrung der Lebensgrundlagen insgesamt werden uns aber dauerhaft als Aufgaben des Gemeinwesens begleiten. Wir brauchen kein Pflaster, sondern eine nachhaltige, gesunde Lebensweise. Mit einer Notfallrhetorik kann man kurzfristig Menschen aktivieren (s. Corona), doch ein dauerhafter Notfall führt erst zur Schreckstarre, c dann zu Ermüdung, Trotz und Ablehnung (s. Corona). Das sieht man beim Klimaschutz meines Erachtens jetzt schon. Stattdessen würde ich persönlich dafür plädieren, den seriösen und nachhaltigen Umgang mit Gemeingütern zu betonen, der sicher auch ungwohntes/neues Denken erfordert (zB Klima-Asyl, Klimazölle). Ohne die Problematik kleinzureden.
  2. In einem Notfall sind Expert:innen gefragt. In solchen Momenten tritt die Politik schnell zurück hinter Expertokratie. Der Klimawandel erfordert aber mehr als technische Lösungen auch typisch politische Instrumente, v.a. glaubwürdige Klimadoplomatie und langfristige Vorgaben für die Transformation.

Damit möchte ich nicht abstreiten, dass Ad-hoc-Maßnahmen punktuell sinnvoll sein können und durch eine Notfallrhetorik unterstützt werden können. Aber dauerhaft tragen sie die notwendigen Maßnahmen nicht. Sinnvoller finde ich grundsätzlich deshalb, Verständnis für die Bedeutung von Umweltpolitik im Anthropozän zu fördern, zB durch Vorschläge wie „Erde/Klima vor 8“.

Ich hoffe, die Diskussion nicht zu sehr auf Abwege zu führen, die Verbindung zum ursprünglichen Framing-Problem ist doch eher lose. Ggf. könnte ein neuer Thread sinnvoll werden.

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Was genau für Einschränkungen müssen wir denn heute hinnehmen? Ich sehe keine, ich kenne nur Freiheiten.

Ja, das ist aber nicht das was ich mit meinem Post aussagen wollte. Hier wird immer noch über Klima diskutiert, genau das ist der Punkt den ich nicht verstehe.

Ein kleines Gedankenexperiment. Stellt Euch einmal vor, dass es den Klimawandel nicht gäbe. Was würde sich dann ändern? Könnten wir dann einfach so weitermachen wie bisher? Gibt es dann keinen Notfall mehr?
Ich glaube das ist der entscheidende Unterschied. Die Letzte Generation und viele Klimaaktivisten hätte dann vermutlich keine Existenzgrundlage mehr und würden sich … auflösen? Dabei bin ich der Meinung, dass wir aus gesellschaftlichen Gründen bereits alles machen müssen, was wir für die Klimakrise benötigen. Die Notwendigkeit von Klimaanpassungen sind auch dann nottwendig, wenn es gar keinen Klimanotfall gäbe, nämlich rein aus gesellschaftlichen Gründen. Daher verstehe ich nicht, warum fast nur die schwachen Klimaargumente verwendet werden, aber die aus meiner Sicht wesentlich stärkeren gesellschaftlichen Argumente in den Diskussionen nicht vorkommen.

Ich glaube, da wirst du das Problem haben, dass andere Menschen das ganz anders einordnen werden.

Beispiel Flugreisen. Gäbe es den Klimawandel nicht, gäbe es wenig Grund, Flugreisen zu reduzieren. Im Gegenteil sogar, Flugreisen haben sonst viele - auch gesellschaftliche - Vorteile. Auf Flugreisen zu verzichten oder die Preise anzuheben, damit sie die Klimakosten angemessen berücksichtigen (und damit für weite Bevölkerungsteile unbezahlbar werden) ist eine - auch gesellschaftliche - Einschränkung.

Auch die Individualmobilität wird der Konservative - vor allem im Deutschland - bis in’s Grab verteidigen. Ich stimme dir völlig zu, dass eine Gesellschaft, die größtenteils auf kollektive Mobilität beruht (dh. z.B. flächendeckend Busse im Minutentakt) wünschenswert wäre, aber andere Menschen werden das anders sehen. Die Nachteile - z.B. die Feinstaub-Belastung - werden von diesen Leuten schlicht niedriger gewichtet als von dir oder mir, während der Wert der Individualmobilität höher gewichtet wird. Du machst hier den Fehler, davon auszugehen, dass deine Werte - die ich durchaus teile - die objektive Wahrheit sind, die alle Menschen teilen sollten oder müssten.

Das gleiche gilt für z.B. Unterhaltungselektronik. Für Menschen, deren primäres Hobby auf Unterhaltungselektronik beruht, wird eine neue Hardware alle 2-3 Jahre einfach einen extrem hohen Stellenwert haben, während der Rest der Gesellschaft den Kopf schüttelt ob dieser „Verschwendung“. Gäbe es keinen Klimawandel, wäre diese Verschwendung - gutes Recycling vorausgesetzt - unproblematisch.

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Ich nehme mal als Vergleich einen Raucher. Er weiß, dass es schädlich ist, aber erst wenn der Arzt sagt: „wenn sie so weiter machen, sind sie in zwei Monaten tot“ beginnt er ernsthaft darüber nachzudenken aufzuhören.
Mancher wird vielleicht sagen: „Was solls. Ich kann eh nicht aufhören. Lass ich es drauf ankommen.“
Aber die meisten werden es zumindest versuchen. Und tatsächlich dauerhaft.
Natürlich braucht es eine Erzählung, wie das Unglück abgewendet werden kann. Aber es herunterzuspielen, weil es verschrecken könnte halte ich nicht für den richtigen Weg.
Wie beim Raucher können klare Ansagen, wenn sie glaubhaft wirken, durchaus etwas bewegen.

Ja, mit Flugreisen hast Du einen Punkt. Die Schäden sind hier größtenteils sehr indirekt. Aber auch hier gibt es ganz reale Schäden, die pauschal Alle stören oder möchtest Du in der Flugschneise eines Flughafens leben?

Ja, bei der Feinstaub-Belastung gebe ich Dir recht. Aber glaubst Du, dass der konservative Deutsche gerne zur Tankstelle fährt? Und er sich nicht aufregt, wenn da plötzlich 10 ct mehr an der Leuchttafel stehen? Und auch dem Konservativen wird irgendwann auffallen, dass der Nachbar mit dem 49€ Ticket viel weniger für seine Mobilität bezahlt als er. Und sobald er dann noch merkt, dass der Nachbar mit dem Fahrrad in der Stadt viel schneller ist als er mit dem Auto (Parkplatzsuche mögen auch Konservative nicht) und auch die Öffis dank besserer Tacktung nicht so viel langsamer sind als er mit dem Auto, dann fängt auch der Konservative an zu denken.

Bei gutem Recycling ist es allgemein kein Problem. Ohne das ist Ressourcengewinnung unabhängig vom Klimawandel ein Problem (Klimawandel verschlimmert das Problem lediglich).

Raucher finde ich gar kein so schlechtes Beispiel. Für mich sind die Klimadiskussionen so, also ob man über das Rauchen diskutiert und dabei nur darüber redet, dass man sich ja dem Entzug stellen muss und nicht über die gesundheitlichen Schäden des Rauchens bzw. Vorteile des Nichtrauchens.

Erneuerbare im Aufwind.
Endlich geht’s mal vorwärts https://www.br.de/nachrichten/bayern/trotz-atomausstieg-deutschland-verbrennt-weniger-kohle-und-gas,TmRnSiH

Das ist alles richtig. Aber das Problem bei deiner Utopie ist, dass an vielen Orten in Deutschland der Konservative entweder nicht oder nur sehr umständlich mit dem Öffi zur Arbeit kommt.

Deine Erzählung stimmt für Großstädte und ich bin sehr dafür Großstädtern die Vorzüge des ÖPNV oder des Fahrrads schmackhaft zu machen. Aber man muss in der Erzählung schon so ehrlich sein, dass das nur eine Teilmenge der deutschen Gesellschaft ausmacht. Und selbst bei den Großstädtern ist deine Erzählung schon ansatzweise zu undifferenziert.

Ein Beispiel, ich wohne im erweiterten Umland einer deutschen Großstadt (Abstand von Stadtrand zu Stadtrand ca. 50 km). Aus Gründen muss ich etwa 1x pro Woche von meinem Wohnort in den Norden der Großstadt fahren, per Auto etwa 70 Minuten bei ökologischer Fahrweise. Nutze ich aber den ÖPNV, dann brauche ich min. 2,5h pro Strecke - Verspätungen und Zugausfälle noch nicht berücksichtigt.

Da ich nur 1x pro Woche die Strecke fahren muss, kann ich mir leisten mit der Bahn zu fahren. Aber ein Berufspendler kann sich das beim besten Willen nicht erlauben. Und ich weiß aus dem Freundeskreis, dass ich mit solchen Konstellationen kein Einzelfall bin.

Will sagen, damit wir deine Forderungen ernsthaft umsetzen können, müssen brauchbare Alternativen geschaffen werden. Den Leuten einfach par ordre du mufti zu erklären, dass sie sich umzustellen haben, wird dir nicht viel bringen außer Gespött und Empörung. Bis dahin gilt es mit Angeboten zu Werben und zu Überzeugen.

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Der Pendler könnte zum Hub fahren und ab da die S-Bahn oder U-Bahn nutzen.
Innerhalb der Städte gibt es keinen Grund für Automobile.
Es muss halt der Wille da sein. Dann wären Carsharing-Systeme auch ausgelasteter und damit trotz sinkender Preise rentabel.

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Ja, der Artikel geht in die richtige Richtung. Mir fehlt hier noch die Einordnung, dass Strom bei noch mehr Erneuerbaren noch billiger werden wird und dann der Gesamtkontext zum Klima. Machen wir Klimawandel, kriegen wir billigen Strom.

Das Agrument höre ich immer wieder. Ich übersetze den Inhalt mal so wie ich es sehe: Wir müssen so weitermachen wie bisher, weil es aktuell Scheiße ist!

Das ist bei mir sehr ähnlich und der Grund warum ich noch auf das Auto angewiesen bin. Aber ich nutzte diesen Umstand nicht zur Rechtfertigung, dass ich ein Auto haben muss und am aktuellen Zustand festhalten muss, sondern um aufzuzeigen, dass wir mehr Öffis brauchen. Die 2,5 h kommen bei Dir vermutlich genau wie bei mir dadurch zustande, dass es keine Direktverbindung gibt und sehr lange Umsteigezeiten. Das lässt sich ändern.

Danke; das war auch mein Gedanke, der sich in mir breit gemacht hat als ich dieses Thema las.
Ich finde, auch deshalb sollte der „globale Norden“ den „globalen Süden“ massiv unterstützen und uneigennützig in EE-Anlagen vor Ort investieren. Die Energiesicherheit und die damit wachsende Unabhängigkeit von anderen Staaten wirkt unheimlich stabilisierend.
EE-Anlagen sind die Lösung oder der Anfang von Lösungen für so viele Probleme.

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Nein, das heißt es explizit nicht und das war auch deutlich im Text beschrieben. Es heißt für die Veränderung bei denen zu werben, die sie vernünftig nutzen können (Großstädter), statt in der Sprache immer alle über einen Kamm zu scheren. Ich störe mich da vor allem an

Der Mensch aus der strukturschwachen Region verzichtet ja nicht auf das 49 € Ticket weil er dumm ist, sondern weil dessen Nutzung für ihn nachteilhaft wäre. Ich bin überzeugt davon, dass er sich freut, würde bei ihm der ÖPNV ausgebaut werden und er könne vernünftig auf Alternativen umsteigen.

Ich vermute da sind wir uns einig? Ich würde mich nur freuen wenn der Umstand bei der ÖPNV Thematik immer mitbedacht würde. Es gibt keine one size fits all Lösung.

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Also 70% leben in Städten und diese sind mit Öffis abdeckbar. Dass die restlichen 30% überhaupt nicht abdeckbar sind, glaube ich nicht. Es geht also um ich sage mal mindestens 80% der Menschen, die mit Öffis, Fahrrad und zu Fuß erreichbar sind und für die es eine one size fits all Lösung gibt.

Alle erreicht man nie. Und auch die, die kein Auto haben und haben wollen, brauchen irgendwann mal doch eines. Und es gibt auch Leute die genügend Geld haben und einfach weiter Auto fahren wollen. Es ist auch noch ein weiter Weg, bis wir hier vernünftige Öffis haben, aber ich akzeptiere das nicht als Argument, um an den bestehenden Strukturen festzuhalten.

Dazu möchte ich darauf hinweisen, dass aktuell ich meine etwa 40% der Menschen in Deutschland kein Auto oder keinen Führerschein haben bzw. nicht Auto fahren können. Öffis sind damit das wesentlich bessere Verkehrsmittel, wenn es um eine one size fits all Lösung geht als Autos. Es gibt hier also die „Einschränkung“, dass ca. 10-20% der Bevölkerung durch die Klimaanpassung plötzlich selbständig mobil werden, nämlich junge und alte Menschen (die von anderen durch die Gegend kutschiert werden müssen oder eben zu Hause vereinsamen).

Die Zahlen hängen davon ab, wie man Städte definiert. Die Mitglieder des deutschen Städtebundes sind bspw. sehr inhomogen, da für die Aufnahme vor allem historisch-politische Aspekte entscheidend sind. Für eine Aussage über die tatsächliche Infrastruktur man auf die große schauen. Städte wie Zörbig oder Köthen haben mit brauchbarem ÖPNV nicht viel am Hut.

Sinnvoller ist die Einteilung von Städten nach Anzahl der Einwohner, da das zum Angebot von Infrastruktur korreliert.

Zu dem Thema habe ich hier schonmal eine Auswertung, inklusive interaktivem Notebook, präsentiert. Vielleicht magst du da mal reinschauen?

An anderer [Stelle (Klimakrise, klimaschonendes Bauen, klimaschonende Regionalentwicklung - #58 von pitus) habe ich erst heute einen Link der Bundeszentrale für politische Bildung geteilt, der diese Frage zumindest differenziert beantwortet. Dort heißt es

Weniger als 20 % haben hingegen keinen Zugang zu einem Auto oder besitzen keinen Führerschein.

Deine Zahl passt allerdings gut zu der nachfolgenden Aussage über regelmäßigen Zugriff auf ein Auto (ein Auto im eigenen Haushalt). Da scheinen ca. 40% außen vor zu sein. Sieh den Absatz darüber bitte nicht als Widerspruch, sondern eher als Erweiterung zu deiner Aussage.

Nochmal zur Abhängigkeit von Wohnortgröße und Autoanzahl, denn dazu macht die BPB auch eine Aussage.

Je größer die Gemeinde, desto größer ist der Anteil derjenigen, die nicht ständig über ein Auto verfügen. Die Unterschiede sind erheblich (siehe auch Interner Link:Abbildung 6): In Dörfern und Kleinstädten kamen im Jahr 2017 zwischen 607 und 649 Autos auf 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner, während in Metropolen und Großstädten nur noch zwischen 372 und 455 Autos auf 1.000 Bewohnerinnen und Bewohner zugelassen waren.


Die Grafik zeigt relativ einfach wie sich Wohnortgröße und Ballungsraum auf den Autobestand auswirken. Und ich bin erstaunt wieviele Menschen in Metropolen noch immer auf den PKW setzen.

Das verlange ich ja auch nicht. Ich bitte nur darum, dass wir als Gesellschaft und Individuum für Autoverzicht werben, ihn aber nicht einfordern, als Standard definieren oder Menschen für dumm erklären wenn sie anders denken.

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Schon witzig. Im ersten Post wird gefragt, warum immer nur über Klimaschutz statt Menschenschutz gesprochen wird und nur wenig später geht es nur darum, den CO2-Ausstoß genau dieser Menschheit rechtzufertigen.
Wahrscheinlich genau deswegen: es gibt eben in unserer Welt keine Probleme, sondern nur Chancen. Und wenn es nur die Chance ist unterzugehen. Aber bis dahin soll man uns doch bitte von solchem apokalyptischen Gejammer verschonen.
@pitus lass uns doch über die Städte aus deinen Beispielen reden, wenn die deutschen Millionenstädte autofrei sind.
In München wird derweil um 41 Parkplätze gekämpft, die Spielplätzen, Bänken und Hochbeeten weichen mussten und Berlins Bürgermeister erklärt Radwegen den Krieg.

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Die Lösung des Konservativen ist aber leider nicht, das Verkehrsmittel zu wechseln, sondern die öffentliche Mobilität runter zu sparen. 49€-Ticket heißt für ihn nichts anderes als dass er an den Kosten von etwas beteiligt wird, dass er eh nicht nutzt. Und Radwege heißen weniger Fahrspuren und Parkplätze. Siehe Groko-Berlin.
Konservativismus bedeutet primär Privilegien bewahren. Freiheiten werden da nur geschätzt, wenn sie exklusiv sind.

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Das ist ja genau was ich meine. Lasst uns die Low Hanging Fruits ernten (Autos in Metropolen reduzieren). Und lasst uns bis dahin respektvoll akzeptieren, dass es auch ganz andere Lebensrealitäten als den Großstädter gibt.

Eine generelle Aussage wie

, die suggeriert dass Konservative einfach denkfaul seien und deswegen nicht aufs Auto verzichten, ist mir in diesem Zusammenhang einfach ein bisschen platt.

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