Israel & Nahost-Konflikt - Folgen in und für Deutschland - Demonstrationen

Sehe, wie du es meinst, würde aber die Meinung vertreten, dass sich das nicht so klar voneinander trennen lässt.

Allein durch die Verallgemeinerung „die Juden“ ist die Aussage hochproblematisch und wird vermutlich auch nicht in der von dargelegten Differenziertheit isoliert getätigt werden, sondern Teil eines Weltbildes sein, in das sich die Aussage „die Juden haben zu viel Einfluss“ kohärent einhegen lässt. Es ist relativ wahrscheinlich, dass dieses Weltbild dann antisemitisch geprägt ist.

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Um Antisemitismus zu bekämpfen, braucht es eine möglichst gute Analyse der Ursprünge. Und hier ist es notwendig sich auch den migrantisch-muslimischen Antisemitismus anzuschauen. Der Unterschied zu dem genuin-deutschen Antisemitismus liegt nämlich darin, dass der muslimische institutionell massiv angeheizt wird.
Ich gebe ein Beispiel: in Deutschland gibt es rund 1000 Imame, die eigentlich türkische Beamte sind und direkt Erdogan unterstellt sind. Erdogan hat am Wochenende eine Rede gehalten, in der er die Hamas als Freiheitsbewegung bezeichnet und dem Westen die Schuld am Massaker von 1400 Juden gegeben hat. Etwa gleichzeitig gab es eine Predigt, in der Israel als „der rostige Nagel im Herz der arabischen Welt“ bezeichnet wurde. Genau diese Narrative tauchen dann in den Predigten dieser 1000 Imame auf. Es werden so 100 Tausende von Muslime erreicht. Das ist hochgradig gefährlich.

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Jüdische Siedlungen wurden geräumt im Sinai und im Gazastreifen. Auch für das Westjordanland sahen die Verhandlungsangebote in den 1990er und 2000er Jahren eine Aufgabe zahlreicher Siedlungen vor, andere sollten bestehen bleiben, dafür sollte es dann zum Ausgleich palästinensische Kontrolle über andere Gebiete geben. Zudem stellt sich für mich schon die Frage, warum so viele stillschweigend davon ausgehen, dass es quasi eine Grundbedingungen für einen palästinensischen Staat sein soll, dass dort keine Jüd:innen wohnen.

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Ich gehe davon aus, dass Bürger, die sich über 70 Jahre alles mögliche an den Kopf geworfen haben, nicht in einem Staat oder gar als Nachbarn Tür an Tür wohnen sollten.
Ansonsten ist es ja in den 90ern und 2000ern so gewesen, dass es beiderseits gute Gespräche gab. Damals wäre der Frieden in greifbarer Nähe gewesen wenn sich nicht abwechselnd auf beiden Seiten immer wieder radikale Kräfte durchgesetzt hätten. (was dann letztendlich den Eindruck erweckte, dass so richtig doch keiner überzeugt ist von einer Lösung).
Das beruht aber auf beiden Seiten.

Ich finde die Aussage problematisch, da sie einseitig auf die Religionszugehörigkeit abstellt. Wenn man hier auf der einen Seite vom palästinensischen Staat (nicht etwa mehrheitlich Muslime)spricht, dann sollte es auf der anderen Seite der israelische Staat sein (und nicht Juden). Knapp 1/4 der israelischen Bevölkerung hat eine andere oder keine Religionszugehörigkeit.

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In Israel leben Palästinenser:innen (wie sich viele von ihnen selber nennen oder „arabische Israelis“, wie sie offiziell genannt werden) seit 75 Jahren mit Jüd:innen in einem Staat zusammen - zum Teil wortwörtlich Tür an Tür. Selbst wenn es irgendwann mal einen palästinensischen Staat geben sollte, dürften die wenigsten von ihnen Lust haben, ihre israelische Staatsangehörigkeit abzugeben um in ein ethnisch homogenes Palästina zu ziehen. Daher finde ich das Argument nicht sehr stichhaltig.

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Ich denke nicht, dass die sich noch als Palästinenser sehen. Der Eigentümer des TSV1860München ist Jordanier - dachte ich immer. Nein, er ist eigentlich Palästinenser. Seine Eltern sind aber, als er klein war, nach Jordanien geflüchtet. Natürlich verfolgt er, was dort passiert. Aber er wird nie mehr dorthin zurückkehren und wie wir ist er letztendlich nur noch Zuschauer dieses Krieges wie wir auch.
Die Palästinenser, die dort wohnen und auch die Israelis, die dort wohnen, jeder kennt jemanden, der von einer Rakete getötet wurde. „Wir sind ein kleines Land“, sagte ein israelischer Schriftsteller nach dem unsäglichen Terrorakt der Hamas und meinte damit, jeder kennt hier jeden. Die Wunden müssen heilen, wer das ignoriert, hat den nächsten Krieg schon bereitet.

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Dann wäre ja alles klar. Die israelischen Siedlungen bleiben bestehen, werden aber dem zu schaffenden palästinensischen Staat zugeschlagen. Damit wäre dann wohl der Konflikt um die Zweistaatenlösung gelöst. :wink:

Meine Güte @Veche, wach auf. Der Nahostkonflikt ist so kompliziert weil beide Seiten unheimlich viele Bürger beheimaten, denen hierzulande selbst unsere rechtsextremsten Parteien zu seicht wären.

Das ZDF hat heute Abend im Heute Update darüber berichtet, dass drei bewaffnete Siedler mal wieder (solche Fälle gibt es ja häufiger) einen palästinensischen Familienvater in der Westbank erschossen haben sollen. Das wird auch an den arabischen Israelis nicht spurlos vorbeigehen und zu weiteren Spannungen führen, ebenso wie bei den gemäßigten Palästinensern in der Westbank.

Wozu diese Polemik? Ich habe niemals auch nur angedeutet, dass bei einer Zweistaatenlösung alle jüdischen Siedlungen im Westjordanland bestehen bleiben sollen. Ich habe lediglich die implizite Prämisse hinterfragt, dass es in einem zukünftigen palästinensischen Staat keine einzige jüdische Siedlung mehr geben darf/soll/wird. Darauf entgegnete Matti, dass jüdische Israelis und Palästinenser:innen nach 70 Jahren Konflikt schlicht nicht „Tür an Tür“ miteinander wohnen könnten - Darauf habe ich dann wiederum entgegnet, dass sie das im Staat Israel teilweise seit 75 Jahren tun - und zwar ohne dass es überall täglich zu Gewalt kommt. Ja, der Konflikt ist komplex, aber zu dieser Komplexität gehört eben auch, dass weder jüdische Israelis, noch Palästinenser:innen eine homogene Gruppe sind. Es gibt eben trotz aller Spannungen auch viele Beispiele eines friedlichen Zusammenlebens zwischen beiden.

Natürlich nehmen die Spannungen gerade enorm zu, aber auch in die andere Richtung. Ich glaube wir machen uns keine Vorstellung davon, wie viel Angst gerade unter jüdischen Israelis herrscht - und zwar auch unter jenen, die Netanjahu, seine rechtsextremen politischen Alliierten und die Siedlungspolitik schon immer verachtet haben. Tausende sind traumatisiert und/oder auf der Flucht vor dem Terror von Hamas & Co und selbst eingefleischte Linke, die jahrzehntelang für den Frieden engagiert haben, besorgen sich in ihrer Hilflosigkeit nun Waffen, weil sie so etwas wie am 7. Oktober niemals selber erleben müssen wollen .

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Dabei muss man allerdings beachten, dass die Palästinenser, die in Israel bleiben durften, die glücklichen sind, die nicht im Rahmen der Nakba vertrieben wurden, während die im Westjordanland zu einem großen Teil gerade diejenigen mit Vertreibungserfahrung sind. Dazu kommt, dass die Israelis, die in Israel „Tür an Tür“ mit Palästinensern leben, wohl auch eher die „progressiven“ sind, während die Israelis, die gezielt illegale Siedlungen im Westjordanland gegründet haben, in der Regel (nicht: ausnahmslos!) eher Hardliner sind. Die Voraussetzungen sind in beiden Fällen jedenfalls denkbar unterschiedlich.

Solche absoluten Aussagen sind natürlich immer schwierig, aber grundsätzlich gehe ich davon aus, dass es ähnlich ausgehen würde, wie in Bergkarabach: Fast niemand wird sich der neuen, historisch feindlich gesinnten Staatsmacht unterwerfen wollen, einige werden aktiv (para)militärisch dagegen kämpfen wollen (dh. auch nicht friedlich abziehen) und wenn dieser Kampf aussichtslos wird, werden die allermeisten wohl fliehen.

Ich glaube, wir reden hier von einer wirklich kleinen Minderheit, die realistisch verbleiben könnte. Und deren Sicherheit hinge stark von der Stabilität des palästinensischen Staates ab, denn sonst würde es leider wohl zu antisemitischen Ausschreitungen kommen.

Wir sollten daher schon realisieren, dass eine Zwei-Staaten-Lösung mit der Räumung von fast 700.000 Menschen einhergehen würde, weshalb nachvollziehbar ist, warum aus pro-israelischer Sicht eine Zwei-Staaten-Lösung größtenteils tot ist, weil der Preis dafür aus pro-israelischer Sicht zu hoch ist. Dabei darf man natürlich aber auch nicht vergessen, dass Israel durch den immer wieder - mit Recht - kritisierten und dennoch fortgesetzten Siedlungsbau dieses Preis selbst in die Höhe getrieben hat. Die größten Opfer einer solchen Räumung wären wohl die Kinder, die in den älteren Siedlungen geboren wurden und sich folglich nicht freiwillig für dieses „Risiko“ entschieden haben - und die nichts anderes kennen, als das Leben in diesen Siedlungen. Die mit einer Räumung verbundene Entwurzelung ist eine Härte, die man jedenfalls bedenken muss.

Ganz so einfach ist es auch hier wieder nicht. Dazu mal eine Anekdote: Ich habe mal eine Reisegruppe von internationalen Studierenden durch Berlin begleitet. Darunter war ein arabischer Israeli. In einem Berliner Museum traf der auf eine Palästinenserin, deren Familie aus dem Libanon nach Berlin gekommen war. Sie kamen relativ schnell drauf, dass ihre Großeltern im selben Dorf im heutigen Israel gelebt hatten. Die Großeltern des Studis sind zurückgekehrt, die der Frau nicht. Bei der Bewertung der Besatzung waren sich beide übrigens ziemlich einig, aber über die Bewertung Israels haben sich die beiden richtig in die Flocken gekriegt.

Auch hier ist es deutlich komplexer. Auch innerhalb Israels ist es nicht immer gleich und es sind nicht immer nur „Progressive“, die mit- oder zumindest nebeneinaneder leben, ohne sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Und die Menschen die in den Siedlungen leben sind mitnichten alle religiöse und/oder nationalistische Fanatiker:innen. Gerade um Jerusalem gibt es jede Vororte (mit der für Vorstädte typischen Bevölkerung), die jenseits der 1967er-Grenze liegen und daher offiziell „Siedlungen“ sind.

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Daniel hat zu deinem Vorschlag des Zusammenlebens sicher alles wichtige gesagt. Mir ist nur noch wichtig hierauf Bezug zu nehmen.

Die Israelis müssen nicht zwangsläufig nun aus Hilfslosigkeit Waffen kaufen.Tatsächlich lässt die israelische Regierung aktuell Waffen austeilen, damit die Israelis in der Westbank sich „wehren“ können.

Das sieht dann halt teils so aus, dass Rechtsextreme, die in der Debatte über unsere Position zu Israel stets (und auch vor dem 07.10.2023) eine viel zu geringe Rolle spielen, in ein palästinensisches Dorf fahren und dort Menschen umbringen oder Eigentum vernichten.

Und begründet wird das nun mit Furcht vor Terror. Ganz mein Humor. Die aufrechten Deutschen von Freital und Rostock waren sicher auch nur verängstigt.

Dabei haben die Israelis in illegalen Siedlungen das Privileg, dass ihre Siedlungen durch Militär oder Polizei aktiv beschützt werden. Palästinenser haben dieses Glück nicht. Du betreibst hier aus meinen Augen eine klassische Täter-Opfer Umkehr.

Ich weiß nicht, auf wen oder was du dich mit dieser Aussage beziehst, aber ich habe es sicherlich nicht „begründet“, und schon gar nicht gut geheißen, dass irgendwer loszieht um andere Menschen zu ermorden.

Wenn Du mir erklärst, wo ich mich in meiner Aussage angeblich auf „Täter“ bezogen habe, setze ich mich mit diesem Vorwurf gerne auseinander. Da ich das aber nicht getan habe, ist er einfach nur Unsinn. Die Bemerkung mit dem Waffenkauf bezog sich ganz eindeutig weder auf „illegale Siedlungen“, noch auf Leute, die losziehen, um Unschuldige zu töten.
Scheinbar ist es für manche Menschen nur schwer möglich, sich auch nur mal für ein paar Minuten empathisch mit der Angst und Trauer Zigtausender Israelis zu sein, ohne sofort dem Drang nachgeben zu müssen, diese durch Verweise auf das kriminelle Handeln eines bestimmten Milieus oder auf das Leid anderer zu relativieren. Das finde ich gelinde gesagt schade.

Bitte diskutiert wieder sachlicher @Barnabas @Veche

Ich beziehe mich auf den von mir zitierten Abschnitt:

Ich frage mich einfach wie hilflos die Westbank-Siedler tatsächlich sind, dass sie Waffen zum Schutz benötigen. Die Realität sieht anders aus, Teile der israelischen Siedler und des Militärs machen gemeinsame Sache bei Mord und Vertreibung der Palästinenser aus dem Westjordanland.
Ganz frisch gibt es dazu einen Kurzbeitrag der Tagesschau.

Darin geht es um herzensgute (meine ich wirklich so) israelische Siedler, die Palästinensern bei der Ernte helfen, damit diese sicher vor rassistischen Übergriffen radikaler israelischer Siedler sind. Unter den Augen des Militär kommen dann tatsächlich Siedler und vertreiben die Palästinenser. Die Aktivistin ruft die Polizei, doch statt die Palästinenser zu schützen, wird diese, die Aktivistin und das Kamerateam festgenommen.

Für mich klingt das nicht so als bräuchten Israelis in der Westbank verstärkten Schutz. Traumatisiert sollten eher die Palästinenser sein, die von solchen und anderen Übergriffen (siehe hierzu auch [2]) betroffen sind.

[1] Gefährliche Ernte im Westjordanland: Gewalt durch radikale Siedler | tagesschau.de
[2] Israel. Auf dem Weg in den Gottesstaat? | Weltspiegel Doku | ARD Mediathek

Bezogen auf diese Menschen liest sich deine Einlassung für mich wie eine klassische Täter-Opfer Umkehr. Auf mich wirkt das wie eine Argumentation á la „Die Siedler im Westjordanland können kaum anders als ihre Gated Communities mit Armeeschutz zuverlassen, zu den benachbarten Palästinensern zu fahren und vor lauter Angst diese zu vertreiben oder zu erschießen.“

Das finde ich höchst problematisch.

Und unabhängig davon gilt natürlich trotzdem der übliche Disclaimer. Was die Hamas am 07.10. getan hat war ein ungeheuerliches Verbrechen. Für jeden dieser Menschen habe ich nur Verachtung übrig.

Nur gebietet unsere Geschichte nicht nur die Existenz des Staates Israels und jüdisches Leben zu schützen. Nein, es gebietet auch staatliche Diskriminierung, Unterdrückung und willkürliche Gewalt gegenüber von Minderheiten uneingeschränkt zu verurteilen. Ganz ehrlich, ich habe nicht den Eindruck, dass du diese Lektion aus unserer Geschichte gezogen hast, denn deine Sympatien stellen sich mir sehr einseitig dar.

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Genauso ist es! Dass die Aussage „Juden haben zu viel Einfluss“ antisemitisch ist, hatte ja nicht ich mir ausgedacht. Es ist doch offensichtlich, dass z.B. rechtsextremer Antisemitismus sich auf ganz andere Weise äußert als muslimischer. Letzterem liegen ja nicht primär rassistische Fantasien von der Überlegenheit einzelner Ethnien zugrunde, sondern primär politische und israelbezogene Ressentiments. Und weil unterschiedliche Arten von Antisemitismus unterschiedliche Ursachen und Folgen haben, macht es keinen Sinn, alle in einen Topf zu werfen.
Ich bin überzeugt, dass es von der Rhetorik der Sprecher:innen abhängt, ob die Debatte um muslimischen Antisemitismus zu sinnvollen Erkenntnissen führt oder sich in plumpen populistischen Parolen ergeht (darin besteht für mich „Othering“, nicht im sachlichen Ansprechen eines vorhandenen Problems).
Dass antisemitische Tendenzen in der Binnenlogik etwa eines geflüchteten Palästinensers durchaus nachvollziehbar sein mögen, heißt im Übrigen nicht, dass wir diese Haltung hier dulden müssen oder sollten!

Das ist ein wirklich gutes Interview (aus meiner bescheidenen Sicht):

Der Titel ist etwas irreführend.
Was mir besonders gut gefällt, ist die Kritik an unserer Sprache und unseren Sprachbildern.

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@headcheat hat in einem Beitrag in einer anderen Diskussion (Link) hier im Forum bereits auf die aktuelle Folge Jung und Naiv hingewiesen.

Darin heißt es, die ARD hätte ein 54-seitiges Dokument mit „Sprachregelungen“ zum Thema Nahost-Konflikt an seine Redaktionen ausgegeben, die weit über alles hinaus gehen, was sonst so üblich ist um z.B. Organisationen korrekt zu betiteln.

Als ich das hörte, dachte ich, dass kann wirklich wahr sein. Überall laufen Leute herum, schreien „Lügenpresse“, „Staatsmedien“ und so weiter. Und was macht die ARD? Sie gibt all diesen Leuten neue Argumente. Einfach so. Wer immer das bei der ARD zu verantworten hatte, hat sehr vielen Menschen, die die öffentlich-rechtlichen Medien verteidigen, einen großen Bärendienst erwiesen.
Von dem Futter, den solche Aktionen, den Verbreitern von anti-semitischen Verschwörungstheorien liefern, will ich gar nicht erst anfangen.

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Ist diese Behauptung von Thilo Jung irgendwo belegt?

Hier ist der Youtube-Link mit Timecode:

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