Regression toward the mean: Nach acht Jahren konservativer Regierung ist es gewissermaßen der demokratische default, dass die andere Partei wieder übernimmt.
Generell Zustimmung und kleine Korrektur: Die Regierung aus Sozialisten und Podemos hatte auch vorher keine Mehrheit, sondern hat sich in einer Minderheitsregierung von Regionalparteien stützen lassen. Das linke Lager aus PSOE und Sumar hat demgegenüber lediglich zwei Sitze verloren.
In Dänemark läuft es nur auf den ersten Blick einigermaßen gut. Tatsächlich mischen dort rechtspopulistische bzw. rechtsextreme Parteien und Politiker:innen seit Jahrzehnten entscheidend mit.
Die „Demokraten Dänemarks“ sind ja eine sehr junge Partei. Gegründet hat sie 2022 Inger Støjberg, zuvor jahrelang Toppolitiker:innen der rechtsliberalen Partei „Venstre“, die vor allem für ihre rassistische Politik bekannt war. 2021 wurde sie zu einer Haftstrafe verurteilt, weil sie als „Integrationsministerin“ die Anweisung erteilt hatte, asylsuchende Paare entgegen dem Gesetz voneinander zu trennen.
Ihre Neugründung ging vor allem auf Kosten der „Dänischen Volkspartei“ (DF). Deren Mitbegründerin Pia Kjærsgaard war nochmal eine Ecke radikaler drauf als Støjberg und bezeichnete schon mal gerne den Islam als „Krebsgeschwür“ der dänischen Gesellschaft. Die DF fuhr konsequent die Strategie, sich niemals offiziell an einer Regierung zu beteiligen (und damit nicht verantwortlich gemacht werden zu können), aber im dänischen politischen System der Minderheitenregierungen und wechselnden Mehrheiten für einzelne Gesetze eine entscheidende Rolle zu spielen. Mehrere Regierungen der „Venstre“ hätten ohne die Unterstützung durch die DF nicht regieren können. Noch wichtiger aber: Die DF machte einen extrem rassistischen Diskurs und eine Migrationspolitik, die auf radikale Abschottung setzt, zum politischen Mainstream. Die Sozialdemokratie verdankte ihre Wahlsiege 2011 und 2019 vor allem der Tatsache, dass sie in der Migrations- und Integrationspolitik die Standpunkte der DF mehr oder weniger übernahm.
Und Norwegen ist dank seiner Ölexporte so reich und sein Sozialsystem so gut, dass es auch wenig Protestwähler gibt, die aus einer tatsächlichen oder imaginierten sozialen Abstiegsangst Rechtspopulisten wählen.
Sehe ich auch so. Aber auch diese Wahl hat den Trend der gesellschaftlichen und auch politischen Polarisierung in westlichen Gesellschaften gezeigt: auf der einen Seite Konservative, die nicht nur im Zweifel nach ganz rechts offen sind und auf der anderen Seite eine Linke, die häufig keine parlamentarischen Mehrheiten mehr zusammen bekommt und oft genug untereinander zerstritten ist. Eine linke Volkspartei, die noch regelmäßig über 30% erhält wie die PSOE ist schon selten geworden.
Mal sehen was die wohl zu erwartende Neuwahl in Spanien bringen wird.
Die norwegischen Rechtspopulisten von der Fremskrittspartiet, der Partei von Anders Behring Breivik, waren 2001 und 2005 jeweils zweitstärkste Partei bei den Parlamentswahlen und waren zwischen 2013 und 2020 an den Regierungen Solberg beteiligt, als jeweils mit deutlichem Abstand drittstärkste Partei.
Zu den politischen Besonderheiten Norwegens und der Erklärung für das Abschneiden der Sozialdemokratie gehört auch, dass die Sozialdemokraten dort seit 1945 (bzw. seit 1928) jede einzelne Wahl als stärkste Partei beendet haben.
Ich bin über den Artikel wieder mal erschüttert. Das ein Dulgar nicht mal in Erwägung zieht eine ordentliche Mitschuld mit seinem Populismus, der Verweigerung fairer Löhne und der Gier nach Blutgas aus Russland zeichnet ein übles Bild unserer Industrie.
Die angebliche Möglichkeit, das Klima einfach nicht zu schützen und alles zu lassen, wie es ist, ist für viele Wählerinnen und Wähler offensichtlich ein attraktives politisches Angebot, das so nur die rechtspopulistische AfD formuliert.
Was dagegen helfen könnte:
Während der Pandemie setzte sich die Bundeskanzlerin mehrmals ins Fernsehen, um die Notwendigkeit ihrer Corona-Politik zu erklären. Das half, einen Konsens in der Gesellschaft über die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen herzustellen. Das wäre auch heute nicht verkehrt, und zumindest ein Anfang.
Erfordert allerdings eine Regierung, die zumindest öffentlich mit einer Stimme spricht.
Und vor allem bräuchte es einen Kanzler, der das glaubwürdig rüberbringen kann.
Ich persönlich nehme Scholz den „Klimakanzler“ nicht ab, egal, wie viel er damit plakatieren möchte. Ich habe immer das Gefühl, dass Scholz und die SPD ganz froh darüber sind, dass die FDP alles blockiert… bei der Moderation der Konflikte zwischen FDP und GRÜNEN erscheint mir Scholz und die SPD viel zu oft eher auf der Seite der FDP als auf der Seite der GRÜNEN.
Eine Regierung, die an einem Strang ziehen würde, wäre natürlich noch besser. Bei Corona haben die SPD und die CDU das hinbekommen, aber da gab es eben auch keine ideologischen Differenzen. Beim Thema Umweltschutz hingegen sind die ideologischen Differenzen zwischen FDP und GRÜNEN kaum zu übersehen.
Leider aber auch die Gemeinsamkeit möglichst keinen sozialen Ausgleich anzustoßen. Da scheint die ganze Koalition doch ganz geschlossen zu sein. Und ich bleibe dabei, dass genau dieses Fehlen der AfD nochmal richtig hilft und auch mich beispielsweise dazu bringen wird eine Partei unter der undemokratischen 5% Hürde zu wählen.
Habeck hat allerdings gerade am Anfang sehr klar und offen über die Herausforderungen gesprochen, die das Land und auch sein Ministerium meistern muss. Ziemlich ungeschönt, wie ich fand. Und hat dafür dennoch von medialer Seite ordentlich Kritik bekommen (vermutlich weil unangenehme Folgen nicht ausgespart wurden). Daraus hat er „gelernt“, und hat den direkten Kanal über Youtube/Twitter/etc ziemlich herunter geschraubt.
In letzter Zeit traut er sich jetzt wieder häufiger vor (siehe LdN Interview, er war auch alleine bei Lanz). Und ich finde, er macht das schon ganz gut mit der Kommunikation. Aber er ist für AFD Wähler als Grüner so ein rotes Tuch , dass die ihm sowieso nicht zuhören.
Mittlerweile verstehe ich leider, wieso Menschen (nicht alle, aber ein bestimmter Teil) AfD wählen. Es ist schlicht Verzweiflung und das Gefühl nicht mehr vertreten zu sein. Keine der etablierten Parteien kümmert sich um die unteren Einkommen. Versprechen von sozialen Ausgleich werden regelmäßig gebrochen. Die SPD ist noch die sozialste Partei und das ist schon erbärmlich wenig (zumindest Mindestlohnerhöhung). FDP und Grüne bedienen leider auch lieber hohe Einkommen und Vermögen. Dann werden Gelder gezielt an schlecht geführte Industrien überführt oder eben in Subventionen für die oberen Einkommen.
Ich denke es ist Verzweiflung, welche der AfD Menschen zutreibt. Durch die 5% Hürde sind die Wahlentscheidungen auch künstlich begrenzt. Das entschuldigt es nicht Nazis zu wählen, aber ich kann es teilweise nachvollziehen. Ich werde natürlich keine AfD wählen, aber eine Partei unter der undemokratischen 5% Hürde. Die bestehenden Parteien interessieren sich schlicht nicht für die unteren 40%.
Das ist schon AfD-Framing, was du da machst. Es ist sicher nicht zielführend, das zu übernehmen, denn die ständige Wiederholung extremistischer Erzählungen führt nur dazu, sie in der allgemeinen Wahrnehmung als „normal“ zu verankern. Dabei muss man nicht auch noch helfen…
Moment, jetzt wird es aber bunt. Jetzt darf man etwas nicht mehr sagen, weil es mal irgendein Faschist gesagt hast? Welche der derzeitigen Parteien tut denn explizit etwas für die unteren 40% und sozialen Ausgleich? Die SPD leider nur minimal, der Rest gar nicht.
Ich meine gezielt den Begriff der „etablierten Parteien“. In dieser Bezeichnung stecken zwei Botschaften, die für die AfD zentral sind: Erstens die Abgrenzung „die und wir“, die auch den Parteinamen („Alternative“) prägt. Zweitens ruft diese Unterscheidung zwangsläufig das Gegenteil ins Bewusstsein, und da „etabliert“ oftmals eher negativ konnotiert ist, schwingt automatisch eine Aufwertung mit wenn die AfD als dieses Gegenteil positioniert wird. Die Bezeichnung als „etabliert“ eröffnet eine Projektionsfläche für alle Probleme („die sind schuld“) und bietet eine Lösung an („wir sind nicht die“). Damit ist die Bühne schon hergerichtet, noch bevor man angefangen hat tatsächlich inhaltlich irgendein Stück aufzuführen. Bei Menschen, die sich sowieso nicht großartig für politische Inhalte interessieren, kommt man damit schon ziemlich weit.
Und wie soll man dann bitte diese Parteien nennen? Ich finde es auch schade, dass auf meine eigentliche Argumente nicht eingegangen wurde sondern lieber auf einzelne Worte.
Ich habe schlicht ein Problem damit, mit Wörter verbieten zu lassen nur weil es irgendwann mal von der AfD benutzt wurde. Und ich sehe keinen Unterschied zwischen etabliert und anderen. Für mich sind etablierte Parteien alle Parteien im Bundestag ,auch die AfD.
Das sehe ich komplett gegenteilig. Etabliert ist für mich etwas, das sich bewährt hat. Sozusagen ein Qualitätsmerkmal.
Sorry aber diese Wording- und Framingdiskussionen sind doch blanke Elfenbeintheorie, da Sprache eben nicht universell verstanden wird. Sowas führt, wie auch hier, völlig am eigentlichen Diskussionsthema vorbei. Daher sollte man sowas nicht übertreiben.
Lieber @tris, deinen Ärger in allen Ehren. Aber übertreibst du mit deiner Pauschalkritik nicht langsam? Ich mein, seid Wochen hört man bei dir quasi nur wie schlimm es Menschen mit niedrigem Einkommen, wie auch dir, geht. Und dass Politik hier sofort fördern muss, vor allem bei der aktuellen Transformation.
Aber was machst du proaktiv, um deine Situation zu verbessern? Nutzt du den Bildungsurlaub, der jedem Angestellten zusteht, um dich weiterzubilden oder investierst du die wenigen übrigen € in deine persönliche Transformation?
Oder machst du es wie die AfD Anhänger, einfach nichts tun, aber dann über die - sicher tatsächlich - schlechte Lage schimpfen?
Edit: @tris Zitat vervollständigt, um keinen falschen Eindruck zu erwecken.
Ich habe hier explizit mehr geschrieben als die Passage die du zitierst. So rückst du mein Argument ins falsche Licht.
Ich mache sehr viel proaktiv, aber es wird nun mal nicht leichter wenn Belastungen stetig erhöht werden. Das klingt schon sehr nach FDP, jeder ist selbst schuld.
Und wieso muss der Bürger alles selbst schaffen, aber die Wirtschaft darf stets die Hand auf halten? Wo sind die Forderungen dort Hilfen zu stoppen?
Nach meiner Beobachtung sind AfD-Wähler zum grossen Teil nicht die Leute, die wenig haben oder Mindestlöhner, sondern Mittelständler, die sich bisher wenig um Politik und das Gemeinwohl gekümmert haben, und jetzt Panik haben, dass sie auch nur ein Stückchen ihres Wohlstandes verlieren könnten, ungeachtet der Zustände in der Welt und der Notwendigkeiten für ein zukünftig erträgliches Leben (Klimawandel). Das ist nachvollziehbar, aber schäbig und sagenhaft egoistisch.