Anekdotische Evidenz: Der Gedankengang scheint teils folgender zu sein: Wenn die AfD reichlich Ausländer rauswirft, die bisher Arbeitsplätze „weggenommen“ haben, bekommt man selber eine der dann freigewordenen Stellen und verdient ordentlich, während der Mindestlohn nur noch für ggfs. verbleibende Ausländer und sonstige niederen Menschengruppen ist, die gefälligst keine so hohen Ansprüche stellen sollen.
Schon etwas zynisch.
Wie die Antwort:„Wenn jemand, der unsere Sprache kaum spricht, dir einen Arbeitsplatz wegnehmen kann, würde ich mir mal Gedanken machen!“
Da wären wir dann aber beim Thema Bildung. In diesem Zusammenhang offenbar entscheidend
Ich finde da differenzieren das DIW und auch Nils Markwardt, auf dessen Konzept der „Verblendungszusammenhänge“ es sich bezieht nicht ausreichend. Die Grundthese des Papiers ist ja, dass AfD-Wähler:innen sozusagen gegen ihre objektiven Interessen handeln. Das klingt für mich etwas hilflos. Und das liegt an der m. E. mangelnden Differenzierung zwischen den wirtschaftspolitischen Vorstellungen der AfD und den gesellschaftspolitischen. In dem DIW-Papier heißt es:
Nicht wenige AfD-Wähler*innen sind überzeugt, dass eine Rückabwicklung der Globalisierung, ein erstarkender Nationalismus sowie eine neoliberale Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik ihnen persönlich bessere Arbeitsplätze, mehr Sicherheit und bessere Chancen verschaffen würden. Dabei würde genau das Gegenteil passieren.
Den ersten Teil bis zum Nationalismus würde ich sofort unterschreiben und noch den Verzicht auf Energie- und Verkehrswende, Klimaschutzmaßnahmen und die Beschränkung von Minderheitenrechten hinzufügen. Dahinter steckt m. E. bei vielen AfD-Wähler:innen der Gedanke: Wenn es das alles nicht gäbe, ginge es mir (oder auch „uns“) besser.
Der Rest ist egal - d. h. ich vermute sehr stark, dass nur wenige Menschen sich damit auseinandersetzen, wie das denn praktisch funktionieren soll und ob das überhaupt realistisch ist. Ein Beispiel: In den frühen 1990ern machten rechte Parteien im Wahlkampf in Brandenburg „die Ausländer“ für die hohe Arbeitslosigkeit verantwortlich. Zwar können 0,5 Prozent der Bevölkerung logisch nicht 25% Arbeitslosigkeit verursachen, aber bei vielen hat das Argument trotzdem gezogen - und zwar auf der ideologischen Ebene. Und genau so ist es auch heute. Die AfD tut alles, um genau diese affektiven und emotionalen Aspekte bei (potenziellen) Wähler:innen anzusprechen, und das macht sie ziemlich erfolgreich. Vielleicht der Unterschied zu damals: Eine tatächliche Umsetzung von Politik im Sinne ihrer Interessen dürften nur die Wenigsten überhaupt erwarten.
Dennoch ist es eine politische (wenn auch nicht unbedingt bewusste) Entscheidung, AfD zu wählen. Ampelfrust haben sehr viele. Und ebenfalls sehr viele sehen in der CDU keine wirkliche Alternative und wissen eigentlich gerade gar nicht, wen sie wählen sollen. Aber nur ein Teil dieser Menschen wählt dann auch AfD - und ich würde behaupten, dass darunter nur extrem wenige sind, die mit dem beschriebenen „Zurück in die Vergangenheit“-Mindset wirkliche Probleme haben.
Ich finde das gut dargestellt. Ich möchte mich auch nicht wirklich streiten wegen der Frage, ob das alles „politisch“ ist, denn irgendwie ist am Ende alles „politisch“.
Es ist dieses Gefühl hier- ist das Resignation?
Es geht genau um das, was du beschreibst: es geht um die
Und ich stehe immer völlig erstaunt da und frage mich, wieso das funktioniert. Daher die Kärrnerarbeit.
Eine Wahlentscheidung sollte prinzipiell in eine andere Kategorie fallen als einen Like- Button zu klicken.
Ich glaube was noch stark dazukommt, ist diese Self fulfilling prophecy des ,Deutschen Niedergangs,.
Gepusht von den rechten den konservativen Blättern und den Rechten Influencern aus Politik und sozialen Netzwerken, wird alles nur noch negativ gesehen. Ein Strudel aus Negativität.
Ich glaube viele sind aktuell überhaupt nicht mehr in der Lage positive Veränderungen zu sehen.
Und so ist es kein Wunder, dass man Fundamentalopposition wählt.
Bitte nenne doch mal ein Beispiel für sich positiv entwickelnde KPIs. Alle KPIs die die Wirtschaft betreffen, das Thema, das nach dem neuesten Deutschlandtrend der Bevölkerung am wichtigsten ist, entwickeln sich erschreckend negativ. Oder bei welchem Benchmark mit unseren europäischen Partnern oder im Vergleich mit den USA oder Japan liegen wir noch vorne? Sorry, aber die Ampel macht einfach eine verdammt schlechte Politik und der Unmut der Bevölkerung meiner Meinung nach mehr als berechtigt!
Politische Stabilität
Beispiel Russland, Beispiel China, was wird aus den USA, wenn Trump wieder regiert?
Dazu kommt: In Europa und Deutschland stehen, ganz im Gegensatz etwa zu den USA, gut ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung, die Mitarbeiter müssen nicht, wie in vielen anderen Regionen, erst aufwendig geschult werden. Die Rahmenbedingungen sind gut, was etwa den Schutz von Daten und von geistigem Eigentum angeht. Die Infrastruktur funktioniert weitgehend
Apple und Google gehen nach München
Intel, AMD und Tesla vertrauen auf den Standort Deutschland.
Wir stehen nicht so schlecht da. Aber man muss immer wieder daran arbeiten dass das auch so bleibt.
Die Frage ist, können die Oppositionsparteien es besser? Haben die toplösungen im Köcher, mit denen es sofort aufwärts geht? Mehr als Kritik hab ich da auch nicht gehört
Die Ampel macht schlicht Politik, etwas was wir 16 Jahre nicht hatten. Die hat auch einige sehr gute Dinge in Bewegung gesetzt und jetzt schon mehr getan als Merkel in 16 Jahren. Das Problem ist eine FDP die keinen Respekt hat und leider so gut wie keine Politiker mit Interesse an Sozialpolitik. Zuletzt bewiesen durch Lisa Paus, als die völlig allein gelassen wurde, besonders von der eigenen Partei und im besonderen von Habeck.
Dem möchte ich hinzufügen:
Wir haben auch wieder Diskurs über den richtigen Weg in der Republik. In der großen Koalition wurde alles im stillen Kämmerlein vorbesprochen, abweichende Meinung mussten nicht gehört werden, da die Mehrheit komfortabel war. Jetzt erlebt der Bürger und die Bürgerin, das es tatsächlich Einzelmeinungen in der Politik gibt (leider auch unappetitliche). Wir sind nicht daran gewöhnt.
Allerdings haben wir auch das Pech, dass sich die Opposition auf dem Pfad des Populismus bewegt (zumindest der Teil, den man hört - Hauptgegner, etc.) und Teile der Regierung lieber Opposition sein würden.
In diesem Thread kam noch nicht allzu viel zusammen
Ich stimme @Ratios nicht vollkommen zu, aber es hat schon einen Grund, warum die Ampel-Parteien in aktuellen Umfragen so schlecht da stehen (SPD und Grüne zusammen nur 30% lt. aktuellem Deutschlandtrend) und warum die Zufriedenheit erneut einen neuen Tiefstand erreicht. Dabei nur zu sagen, dass die FDP Schuld ist, ist da vielleicht etwas zu kurz gegriffen.
Insbesondere bei den Grünen denke ich gibt es da etwas Resignation bei manchen Wählern (passend dazu im Deutschlandtrend „Vor allem die Grünen büßen an Wählerpotenzial ein“), weil es da so manche harte & schlechte Entscheidungen gab (Asylkompromiss, Waffenlieferungen, Aufweichung Klimaschutzgesetz, Kindergrundsicherung, …).
Das verstehe ich aber auch nicht so ganz. Der Diskurs über den richtigen Weg sollte in den Koalitionsverhandlungen stattfinden, dort soll gestritten werden, bis sich die Balken biegen und danach ein Koalitionsvertrag rauskommen, der für alle i.O. ist und dann abgearbeitet wird. In der Ampel wird aber so gut wie bei jedem Thema gestritten und oftmals über ganz grundlegende Sachen & weniger Detailfragen. Das kommt einfach nicht an und da haben ebenfalls alle Parteien ihren Anteil daran.
Ob das alles der Grund für das Erstarken der AfD ist, denke ich persönlich nicht, aber geholfen hat es definitiv auch nicht.
Ja, aber wenn sich der Koalitionsvertrag schon nach ein paar Wochen überholt hat (Russlands Angriff auf die Ukraine) und viele Dinge im Koalitionsvertrag nur Überschriften waren, kommt eine Diskussion zustande. Die finde ich nicht schlimm.
Es muss allerdings ein gewisses politisches Vertrauen übereinander geben können, dass das was besprochen ist, auch gehalten wird. Und da ist vor allem aus meiner Sicht, die FDP nicht besonders zuverlässig und sehr auf die eigene Profilierung bedacht.
Ich denke es ist auch einiges positives erreicht worden, auch nach Beginn des Krieges oder beim EE Ausbau. Aber es wird zuwenig davon kommuniziert, eher nur populistisch in offenen Baustellen gebohrt.
Mir fehlt grad einfach der gemeinsame Wille in Deutschland, akute Herausforderungen anzupacken.
Zu viel egoistische Gezerre
Also das begreife ich nicht.
Egal wie politisch interessiert oder eben nicht ich in meinem Leben bisher war, war mir immer mindestens klar:
Nazi = schlecht.
Zu sehr rechts = Nazi = schlecht.
Und wenn ich nicht will, dass solche Zeiten wieder kommen, gehe ich wählen, und zwar demokratisch gesinnte Parteien.
Wem das in der Schule nicht vermittelt wurde, dem glaube ich kein weiteres Wort.
Und ja, diese beiden „Gleichungen“ da oben sind starke Vereinfachungen.
Aber nichts anderes ist „Ich wähle AfD aus Protest!“ auch.
Nicht zu wissen, wofür die AfD steht, ist quasi unmöglich.
Mindestens in der Wahlkampfzeit kann man politischen Themen nicht ausweichen und da wird der Abgrund solcher Parteien ersichtlich.
Wer sich dann dennoch ein Kreuz bei genanntem entscheidet, verdient keine verteidigenden Worte zu dieser Tat.
Ich stimme zu. Nur so einfach ist es nicht.
Es gibt einige dieser Parteien: autoritär, national, völkisch.
Die anderen kennt man nicht. Also muss man der AfD schon mal gutes Marketing zugestehen.
Wie geht man nun damit um?
Variante eins: das sind Nazis. Also schlecht. Die zu wählen geht nicht. - Leider hat das nicht geholfen. Oder es hat geholfen, aber nicht genug.
Inzwischen muss man die Gegenfrage beantworten: 20% - das sollen alles Nazis sein? Unglaubwürdig, da eine Partei wie die NDP hierzulande keine Chance hat. Ich meine mich zu erinnern, dass es 7% rechtsradikales Potential in Deutschland gibt. Nicht 20%.
Variante zwei: Aufklärung. Nachfragen. Zu Ende denken, was passiert, wenn das Programm der AfD umgesetzt würde. Sachlich. Schafft das Aushöhlen der EU Arbeitsplätze in Deutschland? Wie reagieren die USA auf den Vertrag zwischen Deutschland und Russland zur Reparatur von North Stream 2?
Variante drei: einen linken Populismus entgegensetzen. Was auch immer das sein soll. Sagen wir eine Wagenknecht Linke. Das scheint ein probates Mittel, wenn ich manche Prognose sehe.
Mehr fällt gerade nicht ein. Doch: Ampelfrust minimieren durch gute Politik, gute Kommunikation und respektvollen Umgang zwischen der demokratischen Opposition und der Regierung- ja sogar innerhalb der Regierung- auch, wenn es kühn erscheint.
Das mit den Protestwählern ist ziemlich einfach: genauso wie die in Deutschland lebenden Menschen mit türkischen Wurzeln Erdogan wählen, nur um „den Deutschen“ eines auszuwischen geht es denen darum, es nicht nur den Politikern der Altparteien zu zeigen, sondern auch „denen da oben“, also damit allen, die mehr Geld verdienen, bessere Bildung genossen haben etc. Also eigentlich den restlichen 80% der Bevölkerung.
Ja, und die Fussballerinnen haben die WM vergeigt und die Fussballer werden das auch noch tun. Ernsthaft, warum sollen wir denn überall „vorne“ dabeisein? Gibt doch gar nicht genug Platz. Die anderen wollen auch. Wirtschaftsnationalismus ist zuvorderst negativ (ich denke immer an Altmaier…). Ausserdem, wie steht es mit dem Überdenken unseres Lebensstils, der uns andernfalls in den Abgrund führt? Vergiss die Benchmarks. Traurig, wenn dass den Deutschen das Wichtigste ist.
Ich glaube viele hier machen den Trugschluss von sich und ihrer Lebensrealität auf einen breiten Teil der Bevölkerung zu schließen.
Die Gründe für das Erstarken der AFD sind vielfältig, da gibt es
Strukturelle Gründe
weniger Verbindendes/Berührungspunkte verschiedener Gruppen
Blasenbildung vor allem durch soziale Medien, Algorithmen fördern Polarisierung und führt zu ideologischen Grabenkämpfen
Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander, viele haben das Gefühl das Wohlstandsversprechen gilt nicht mehr
Migration
Wenn selbst grüne Landräte bei Lanz sitzen berichten wie verzweifelt teils die Lage Kommunen ist, dann muss eigentlich jedem klar sein, dass das so nicht weiter gehen kann. Wenn dann in der medialen Debatte aber schnell der Rassismus Vorwurf kommt nur weil man Tatsachen beschreibt, fühlen sich viele Menschen vor den Kopf gestoßen und werden leider geradezu in die Arme der AFD getrieben. Hier muss sich die Debattenkultur verändern, tut sie auch schon etwas.
Sehr viele Menschen sind nicht per se gegen Migration, aber spüren die Überlastung.
Wirtschaft & Verwaltung
Die öffentliche Verwaltung ist vielerorts massiv überlastet, die Menschen merken, dass selbst ein einfacher Verwaltungsakt zum Problem wird. Wenn man für eine Kfz Zulassung in einer Landeshauptstadt sich stundenlang Zeit nehmen muss, läuft etwas schief.
Unnötige Bürokratie und fehlende Digitalisierung können dazu. Deutschland als einziges OECD Land schon in der Rezession, Inflation frisst sich fest und führt zu Abstiegsängsten. Wenn dann Bürgergeld um 12% netto erhöht wird während viele Arbeitnehmer mit Glück +10% Brutto bekommen, ist das Wasser auf die Mühlen der AFD.
Manche Wähler schwenken zur CDU, aber einige sehen die Afd als einzige Protestpartei. Leider war die bisherige Strategie, die Afd auszugrenzen und alle ihre Themen verächtlich zu machen nicht erfolgreich. Einigen wird es zunehmends egal „gebrandmarkt“ zu sein oder sind gar stolz darauf. Sicher gibt es auch einen klar rechtsextremen Kern, diese kann man auch nicht erreichen. Aber finde es schade, dass medial nicht mehr differenziert wird. Ich denke mit den richtigen Ansätzen und einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage kann man viele Protestwähler wieder ins demokratische Lager holen. Dafür muss man ihre Sorgen aber auch ernst nehmen und gute Lösungen anbieten.
Tatsächlich ist das für eine Protestpartei ein Vorteil.
Ich wähle sie ja nicht, damit sie nach der Wahl regiert, sondern damit die anderen aufwachen.
Das war auch das Spannungsfeld, das die Linke beschäftigte, bevor sie abstürzte. Die einen sahen die Chance für RRG und wollten ein regierungsfähiges Programm, die anderen Protestpartei bleiben. Der Wähler war ratlos, was er bekommt. Die SPD entschied sich nach der Wahl fürdie große Koalition und die Linke war ab da weder Fisch noch Fleisch.