Bernd? Ich dachte, das Meme hätte sich totgelaufen ^^
Zum Thema:
Die Grundrechtsverwirkung ist generelle ein sehr scharfes Schwert und man muss sich wirklich fragen, ob man dieses Schwert schwingen will. Es wäre ein historisches Novum und birgt natürlich auch Gefahren - auch wenn Dammbruchargumente generell schwierig sind ist es dennoch fraglich, ob wir dieses Instrument wirklich etablieren wollen. Hätte das BVerfG z.B. den Anträgen auf Grundrechtsverwirkung 1960 zugestimmt, wäre es durchaus denkbar, dass man dieses Mittel dann auch im Rahmen der Notstandsgesetze gegen die 68er eingesetzt hätte.
Im konkreten Fall wird man sich ähnlich wie beim letzten NPD-Verbotsverfahren, welches ja an der geringen Bedeutung der NPD gescheitert ist, auch fragen müssen, ob der Einsatz einer so scharfen Maßnahme für Fälle wie Höcke wirklich notwendig ist, also sehen wir wirklich die realistische Gefahr, dass Höckes Kampf gegen die FDGO auch nur im Ansatz erfolgreich sein könnte?
Also in den (gescheiterten) Anträgen gegen Nazis 1960 und 1972 wurde von der Bundesregierung auch versucht, den Betroffenen das Wahlrecht abzuerkennen. 1960 ging man sogar so weit, dem Betroffenen nicht nur das passive Wahlrecht (also die Wählbarkeit) entziehen zu wollen, sondern sogar das aktive Wahlrecht. 1972 war man da etwas vernünftiger und hat es auf das passive Wahlrecht begrenzt, was auch Sinn macht.
Bei Höcke würde man wohl auch nur das passive Wahlrecht, also das Recht, sich selbst wählen zu lassen, angreifen. Der Entzug des aktiven Wahlrechts ist einfach nicht logisch zu erklären, selbstverständlich hat auch der übelste Neonazi das Recht, zu wählen, davon geht bei ihm schließlich keine größere Gefahr aus als von jedem anderen rechtsextrem-wählenden Bürger auch…
Generell haben wir es - gerade was die Frage nach der Notwendigkeit betrifft - wieder mit dem typischen Prophylaxe-Paradoxon zu tun. Wenn wir Höcke jetzt die Grundrechte entziehen erscheint es u.U. übertrieben, aber wenn wir zu lange warten ist es u.U. nicht mehr möglich. Den richtigen Zeitpunkt für diesen Schritt zu wählen ist daher von enormer Bedeutung.
Gegen die Grundrechtsverwirkung spricht zudem, dass wir Höcke damit zum politischen Märtyrer machen und die AfD natürlich sagen wird „sie konnten uns politisch nicht besiegen, deshalb mussten sie unsere Spitzenkandidaten verbieten!“.
Ich hoffe einfach, dass es nicht dazu kommen muss, dass wir tatsächlich eine Grundrechtsverwirkung aussprechen müssen. Denn faktisch würde die Notwendigkeit einer Grundrechtsverwirkung bedeuten, dass unsere Demokratie auf tönernen Füßen steht. Eine Grundrechtsverwirkung darf daher nur das letzte Mittel sein, wenn alles andere versagt.