Gibt es Chancengleichheit in Deutschland?

Sorry @Margarete, aber wenn du so harte Statements abgibst wirst du nicht umhin kommen sie zu begründen. Chancengleichheit bedeutet nicht, dass jeder Vorstand bei seinem Lieblingsunternehmen werden kann. Chancengleichheit ist für mich wenn jeder die Chance auf Teilhabe und ein gutes Leben im Bereich der Mittelschicht oder sogar unter den oberen 10% hat. Und dass das zumindest möglich ist, dafür gibt es etliche Beispiele.

Gäbe es keinerlei Chancengleichheit dürften solche Beispiele gar nicht möglich sein. Nur weil du dir mehr Gleichheit wünscht - was nachvollziehbar ist - heißt das nicht, dass es keinerlei Chancengleichheit bzw. Ausgleich gibt.

Ich finde meine Haltung nicht als hart, sondern sls menschenfreundlich und empathisch :wink:

Mit hart ist keine sprachlich-kämpferische Härte gemeint, sondern eher eine gewisse Undifferenziert. Wer Null sagt meint ja schließlich nicht, dass es im Grunde schon ganz okay, aber ausbaufähig ist. Er meint eher die „totale Bankrotterklärung“.

Ich finde aber toll, dass du einen neuen Thread aufgemacht hast. Tatsächlich wollte ich das nachher selbst machen und damit zur Diskussion einladen was in Deutschland für deine Position und was dagegen spricht. Mir scheint nämlich, dass zwischen den Foristen nicht einmal Einigkeit darüber herrscht was zur Chancengleichheit gehört und was der Staat dafür tun muss und wo die Eigenverantwortung des Individuums anfängt.

Hier gibt es eine Auswertung zum Thema:
https://www.stifterverband.org/download/file/fid/10426

Wenn wir das Verhältnis der Studienanfänger aus Akademiker und Nichtakademikerfamilien anschauen dann gibt es da zweifelsohne ein Ungleichgewicht.

Das allein sagt aber nichts über die Gründe aus. Dass dass solche Hochschulabsolventen aus Nichtakademikerfamilien ähnlich erfolgreich sind wie solche aus Akademikerfamilien legt nahe, dass erstere keine deutlich schlechtere Bildung genießen.

Hier werden diverse Gründe benannt warum so wenige Nichtakademikerkinder beginnen zu studieren.

Nur einige Gründe sind hier staatlich zu beeinflussen. Und ich denke vor allem der Punkt der Vorbilder wirkt in beide Richtungen. Wenn das ganze Umfeld studiert, muss ich auch studieren. Das führte in meinem Umfeld sogar dazu, dass junge Menschen studierten, obwohl sie viel lieber praktisch handwerklich arbeiteten. Sie wollten vor allem ihr Umfeld nicht enttäuschen.

Wenn ich hingegen nur Menschen kenne, die handwerklich arbeiten, dann ist auch das für mich das Normal, vor allem wenn ich Papas oder Mamas Arbeit gar nicht so doof finde oder sogar ein kleiner Familienbetrieb in Aussicht ist (sicher nicht die Mehrzahl der Fälle).

Klar, das Verhältnis der Absolventen oder Promotionen sagt nichts darüber aus ob ich der neue Herr Winterkorn oder eine Frau Scheffler werde. Aber seien wir ehrlich, das ist auch für 99,9% der übrigen Deutschen unerreichbar ohne dass darüber jemand enttäuscht wäre.

Das ist eine fragwürdige Interpretation. Ich weiß nicht genau, auf welche Zahlen du hier Bezug nimmst, aber nehmen wir die Bachelorabsolvent:innen. Laut der Grafik erreichen 20% der Nicht-Akademiker:innenkinder (NAK) diesen Abschluss gegen 64% der Akademiker:innenkinder (AK).

Wenn diese beiden Gruppen jetzt im weiteren Verlauf „ähnlich erfolgreich“ sind, heißt das übersetzt: Die besten 20% der NAK sind in etwa so gut wie die besten 64% der AK. Da kann man ja wohl nicht davon sprechen, dass der Bildungsstand von NAK und AK ähnlich ist.

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Ich würde mal unterscheiden wollen, inwiefern Menschen die gleiche Chance haben und wie sie genutzt werden.

Grundsätzlich hat jedes Kind in Deutschland zunächst mal die Chance auf eine kostenfreie Schule + Uni zu gehen und sich zu bilden - da beneiden uns sehr viele drum. Ja, es gibt auch teure Privatschulen und Unis, die sind für eine gute Ausbildung aber nicht notwendig. Wenn man sicherstellt, dass alle zu Beginn in der Lage sind das zu nutzen (bspw. fliesend Deutsch).

Eine wichtige Frage ist dann, was aus diesem zunächst mal bestehenden Angebot gemacht wird. Ich würde mal die These wagen, dass es insbesondere außerschulische Rahmenbedingungen sind, warum diese Chance von weniger gebildeten Menschen weniger genutzt wird. Dann muss da mehr passieren, bspw. Nachmittagsbetreuung für Kinder aus Familien, in denen sich keiner kümmert, kostenlose Nachhilfe.

Unterm Strich braucht es also gar nicht so viel, um die theoretisch existierende Chancengleichheit auch praktisch wirksam zu machen, oder?

Was ist denn Chancengleichheit, gibt es dafür eine Definition?

  • Ich kenne zum Beispiel den Gini-Koeffizient, aber der sagt nur wie weit die reale Verteilung der Gehälter von einer totalen Gleichverteilung weg ist. Das ist denke ich keine gute Metrik.
  • Dann die bereits angesprochen Bildung. Diese Grafik der BPB zeigt das bekannte Bild in Deutschland: Arbeiterkinder haben schlechtere Chancen auf eine Akademiker-Karriere:

    Man kann zwar auch als Handwerker gutes Geld verdienen, aber chancengleich ist das meiner Ansicht nach nicht.
  • Dann gibt es noch die Definition der BPB für Chancengleichheit, aber die ist ziemlich dünn:
    • Gleichheit vor dem Gesetz
      Da gab es mal was in der Lage: durch die Art und Weise, wie hier die Pflichtverteidiger bestellt werden ist Gleichheit vor dem Gesetz wohl nicht gegeben.
    • Für alle die gleichen Chancen
      Neben der Schulbildung kann man noch den „zweiten“ Arbeitsmarkt betrachten. Von dem was ich so höre ist es in Deutschland jenseits der 50 unmöglich den Job zu wechseln.

Ich habe mal ein YouTube Video gesehen, in dem „Soziale Mobilität“ vorgestellt wurde, aber leider finde ich es nicht mehr.

Das Prinzip war in etwa so: in einer perfekt sozial mobilen Gesellschaft verteilen sich Einkommen und Vermögen in der Folgegeneration komplett unabhängig von der Elterngeneration. Also:

  • 10% der Kinder der reichsten gehören wieder zu den reichsten, aber 10% der Kinder der reichsten gehören auch zu den ärmsten.
  • Genauso umgekehrt: 10% der Kinder der ärmsten gehören wieder zu den ärmsten, aber 10% der Kinder der ärmsten gehören zu den reichsten.

Auch hier sehe ich keine „Chancengleichheit“. Für mich sieht es eher so aus, dass man ab einer gewissen Erbschaftssumme ausgesorgt hat und nie wieder arm werden kann.

Ein Punkt dazu: auch wenn es Angebote in Deutschland gibt, die jeder im Sinne der Chancengleichheit nutzen kann, muss man auch davon wissen und es nutzen können.

Das „Akademiker-Kind“ hat sicher aufgrund der Eltern einen anderen Zugang zum BaFöG oder ähnlichen staatlichen Leistungen als ein „Arbeiterkind“, deren Eltern dazu keinerlei Bezug haben und auch kein Amtsdeutsch sprechen.

Ja, man kann dann auch Lehrer fragen oder ähnliches, aber die Hürde ist immer einen Schritt höher.

Wo der eine nur einen Schritt mit Unterstützung machen braucht, muss der andere drei Schritte alleine machen.

Da würde ich mehr Information und Beratung wünschen, kostenfrei und kompetent für alle.

Vielleicht kann man sich der Frage auch ganz plump nähern:

  • gibt es (totale) Chancengleichheit in Deutschland? Nein.

  • Was sind die Felder in Deutschland wo es eklatant ungerecht zugeht?

    • Bildung
    • Erbschaft
    • Religion? Als christliche Karteileiche schwer zu beurteilen, aber wenn man sieht, dass Moscheen meistens in heruntergekommenen Industriegebieten sind und Synagogen von der Polizei bewacht werden, dann kann man schon auf oberste Ebene erkennen, dass wir hier ein Problem haben.
  • gibt es Länder in denen das Gesamtpaket besser ist? Nicht das ich wüsste.

    • Schweiz? Wenn man kein Moslem ist vermutlich schon
    • Polen? Vielleicht auch, aber wenn Du queer bist oder ungewollt schwanger, dann hast Du halt verkackt.
    • England? Für die geht es zwar gerade bergab aber zumindest gemeinsam.
    • Kanada? Vermutlich ja, von denen habe ich noch nichts schlechtes gehört.
    • :man_shrugging:t3:

Das ist hanebüchener Unsinn. Nur weil auch bei Menschen mit schlechten Startbedingungen in Deutschland die Chancen auf ein Erwachsenenleben in der Mittelschicht oder darüber nicht absolut bei 0% liegen, sind sie noch lange nicht gleich gut wie bei irgendeinem Professoren- oder KMU-Sprössling. p=q für alle p,q > 0 wäre jedenfalls eine spannende mathematische Aussage.

Hinzu kommt, dass unser ganzes Wirtschaftssystem in weiten Teilen falsche Anreize setzt. „Erfolg“ bedeutet doch bei uns im Wesentlichen, sich egoistisch durchzusetzen und mit möglichst wenig Aufwand andere maximal auszunutzen. Wer dagegen täglich etwas sinnvolles für die Gesellschaft tut, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit verhältnismäßig mies bezahlt und gilt deswegen auch nicht als „erfolgreich“.

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Also ich kann dir versichern, weder habe ich mich in Studium oder Promotion egoistisch ehrgeizig verhalten, im Gegenteil ich habe immer gern Informationen mit anderen geteilt und geholfen, noch für meine Stelle in der Wirtschaft. Im Gegenteil, ich musste beweisen, dass ich selbst unter Druck kollegial im Team arbeiten kann. Menschen, die versucht haben sich über andere zu stellen flogen als erste aus dem Assessment.

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Ich halte den Absatz für zu verallgemeinernd aber würde dir ein Stück weit recht geben aus der Erfahrung von Leuten aus meinem Freundeskreis die in Konzernen arbeiten.
Sehr schnell haben die gelernt, dass es karrieretechnisch hinderlich ist am Ende Teil eines gescheiterten Projekts zu sein. Dagegen ist es förderlich am Ende Teil eines erfolgreichen Projekts zu sein.
Was man vor dem Ende des Projekts zu dem Projekt aber selbst beigetragen hat ist oft untergeordnet. Da kommt man positiver weg wenn man das eine Projekt selbst in den Sand gesetzt hat und dann erst kurz vor Ende zum erfolgreichen gewechselt hat als wenn man die treibende Kraft für das erfolgreiche Projekt war aber dann gewechselt ist um bei einem schlecht laufenden Projekt noch was zu retten.

Der direkte Vorgesetzte mag die tatsächliche Leistung beurteilen können, aber der ist nicht dafür verantwortlich einen in eine höhere Position zu befördern. Eher im Gegenteil möchte er die Leistungsträger gerne im Team behalten.
Vielleicht gibt er sogar für den schlechteren eine Empfehlung ab, weil dessen Referenz ja nach außen gut aussieht und er auf den gut verzichten kann.

Karriere im Konzern ist aber ja nur ein Teil von Erfolg. Bzw. man muss in Frage stellen ob man es als Erfolg verbuchen kann wenn man hochgelobt wird weil man eigentlich verzichtbar ist. Das ist wie die Frage ob es eher ein Erfolg ist als Fußballer Leistungsträger bei einem Drittligisten zu sein oder bei einem Bundesligisten im Kader zu stehen aber sich die Spiele von der Tribüne aus anzusehen. Letzteres mag einem etwas höheres Gehalt bringen, aber ist das Gehalt das Einzige was Erfolg ausmacht?

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Immer wieder interessant, dass im Forum auf wissenschaftliche Belege verwiesen wird und bei einigen Thesen es passiert, dass Studienergebnisse im eigenen Sinne verbogen werden.

Definition Chancengleichheit:
Aus meiner Sicht lautet diese, unabhängig von dem Startpunkt die Möglichkeit das Gleiche zu erreichen.
Übersetzt auf Bildungschancen:
Die beiden Trichter, die @turmfalke weiter oben dargestellt hat, nähern sich an. Im besten Falle sind sie nicht zu unterscheiden.

Alle Studien deuten darauf hin, dass dies in Deutschland nicht gegeben ist. Können wir uns darauf erst einmal verständigen?

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Definitiv, ist so.

Können wir uns aber auch darauf verständigen, dass es nie eine totale 100%ige Chancengleichheit geben wird?
Kann es m.E. schon deshalb nicht, da dann neben allen externen Faktoren auch alle Eltern gleich erziehen müssten in Qualität und Quantität. Aber auch genügend andere Faktoren, angefangen von persönlichen Eigenschaften.

Frage wäre also, wie man dies möglichst objektiv messen kann und was in anderen Ländern besser läuft, um Chancengleichheit anzunähern. Und damit meine ich dann nicht nur Geld vom Staat, sondern auch das Nutzen gleicher Chancen durch die Menschen selber.

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Ich verstehe nicht ganz was du sagen möchtest. Aber ich vermute, du willst die Aussagen meiner verlinkten Untersuchung kritisch hinterfragen.

Dabei sagt die gar nicht, dass der Startpunkt gleich ist und ich ebenfalls nicht. Sie legt aber nahe, dass junge Menschen aus Nichtakademikerfamilien, die es erstmal ins Studium schaffen, ähnlich erfolgreich durchs (frühe) Bildungsleben gehen wie Akademikerkinder.

Das sieht man daran, dass die Zahlen beim Trichter nach dem Übergang zum Studium sich ziemlich ähnlich im Verhältnis entwickeln. Noch deutlicher zu sehen ist das in der zweiten Grafik.

Ich stimme nicht ganz zu. Bei NAK gibt es ja zweifellos vielfältige Gründe für einen nichtakademischen Bildungsweg (siehe Grafik 3 und meine weiteren Erklärungen zum Einfluss von Role Models oder der Aussicht auf Mitarbeit im Familienbetrieb).

Das heißt, während man ziemlich sicher davon ausgehen kann, dass bei den AK tatsächlich die Besten studieren, entscheiden bei NAK viel öfter andere Faktoren, so dass dort vermutlich viel häufiger die Besten eben nicht studieren, sondern die bei denen die anderen Faktoren positiver wirken. Dadurch könnte der Bildungserfolg in höheren Bildungsstufen sogar noch verringert werden. Dass er trotzdem im Vergleich zu AK nicht stark abfällt deutet auf weitere Aspekte hin, wie mehr Ehrgeiz und Willen sich durchzukämpfen. Letztlich ist das aber Spekulation.

Das deutet natürlich trotzdem auf eine gewisse Chancenungleichheit hin. Aber hier muss man nun unterschieden auf welche Faktoren ein Staat Einfluss hat. Fehlende Role Models oder Ermutigung der Eltern kann er nicht ersetzen, dafür aber sicher arme Familien unterstützen, so dass die Kinder sich nicht gezwungen sehen, schnell zu arbeiten, um die Familie zu unterstützen.

Kann ich direkt zustimmen.

Diese Frage dürfte durch die Studien doch bereits erledigt sein.

Gehen wir von einer Gleichverteilung der persönlichen Eigenschaft über den Bevölkerung aus dürfte dies nur einen geringen Einfluss haben. Dies ist natürlich nicht der Fall, da eine Person ohne Geldprobleme nie diese Unsicherheit spüren wird, am Ende des Monats noch genug Geld zu haben. Dies prägt eine Person ihr Leben lang. Grundsätzlich dürften also persönliche Eigenschaften sich aus dem sozialen Umfeld

Ich will deine Anmerkungen nicht in Frage stellen. Ich unterstütze sogar deine verlinkte Untersuchung. Was ich sagen wollte ist, dass am Ende des Trichters bei nicht Akademikerkindern auch sechs Prozent bei Promotion stehen müssten und nicht nur 2. Wenn es am Ende vier sind, hätte man sich schon etwas angenähert. Ich will nicht, dass man die sechs bei Akademikerkindern reduziert. Also eine Gleichmachung nach unten.

Tatsächlich wäre das aber wohl gar nicht mal etwas so problematisches. Eine Promotion die nur aus der Erwartungshaltung der Familie heraus gemacht wird wäre z.B. keineswegs etwas was man als Gesellschaft unterstützen muss.
In vielen Bereichen ist eine Promotion auch gar nicht nötig um beruflich erfolgreich sein zu können, sondern ist nur für bestimmte Bereiche von Nutzen, und senkt die Chance auf bestimmte Jobs sogar eher.

Ich hoffe wir können uns darauf einigen, dass das Ziel sein sollte, möglichst nah an die 100% heranzukommen - das sehe ich jedenfalls als geboten an, wenn man das Grundgesetz und das Prinzip der Demokratie wirklich ernst nimmt.
Und ich hoffe auch, dass wir uns darauf einigen können, dass wir - als Gesellschaft, als demokratisches Gemeinwesen, als Wähler - sehr viel mehr dafür tun könnten, näher an diese 100 % zu kommen.

Ein konkretes Maß ist die Abhängigkeit der Bildungsschancen einer Person von ihrer sozialen Herkunft (sprich vom Elternhaus). Hier belegt Deutschland unter den OECD-Ländern konstant einen der hinteren Plätze.

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Mein Gott, wir brauchen doch jetzt nicht über die Sinnhaftigkeit einer Promotion zu diskutieren. Es ist mir doch egal, wer seinen Doktor macht.
Es geht darum, dass jede Gesellschaftsschicht ungefähr die gleichen Bildungschancen hat, also sich jeder aus jeder Bildungsschicht sich dieses Ziel vorstellen und erreichen könnte - und zwar gleichmäßig verteilt und unabhängig der Herkunft.

Und dazu muss man nicht die Promotionen aller auf 6% anheben, wenn doch schon die Sinnhaftigkeit vieler Promotionen der Akademikerkinder fragwürdig ist. Vielleicht war „Erwartungshaltung der Familie“ zu spezifisch formuliert, aber Erwartungshaltung der Gesellschaft mit der man sich umgibt bzw. umgeben will trifft das was ich sagen will dann schon gut.

Die Diskussion ist ja auch nicht neu, sondern ob die Vielzahl an Promotionen überhaupt einen Sinn macht wird schon seit den Plagiatsaffären diskutiert.

Auch eine „Gleichmachung nach Unten“ ist sinnvoll, nicht nur bei Promotionen. Dass nahezu jedes Akademikerkind Abitur machen soll, nur weil die Eltern das unbedingt wollen ist doch kein erhaltenswerter Zustand.

Edit: Meine Frau als Mittelschullehrerin berichtet z.B. davon wie Eltern ihre Kinder die solide bis gute Schüler auf der Mittelschule sind als „ihr Problemkind“ bezeichnen, weil sie es nicht auf höhere Schulen geschafft haben.

Ich stelle mir wirklich die Frage ob wir in diesem Trichter wirklich wollen, dass am Ende auch Nichtakademikerkinder zu 79% ein Studium anfangen etc.

Wie soll so eine Gesellschaft funktionieren? Oder soll es dann für alles ein Studium geben?

Wir müssen uns grundsätzlich auch die Frage stellen, wie sinnvoll ein Konzept wie Chancengleichheit eigentlich ist. Ich möchte zwei Argumente anführen, warum wir „Chancengleichheit“ als Ziel aufgeben sollten.

Es kommt ja oft (und auch in diesem Thread) das Argument, dass Kinder reicher Eltern bessere Bildungschancen (und allgemein bessere Chancen im Leben) haben, und Chancengleichheit wird ins Feld geführt, um zu sagen, dass das nicht so sein sollte. So weit, so gut.

Aber gleichzeitig kommen Menschen auch mit unterschiedlich gutem Aussehen auf die Welt. Und es gibt genügend Studien, die belegen, dass gutaussehende Menschen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Heißt das, dass wir Schönheits-OPs für alle staatlich finanzieren sollten? Ich denke, das ist hier keine mehrheitsfähige Position. Aber wo genau ist der Unterschied zur „reiche Eltern“-Situation?

Nun zum zweiten Argument: Im Moment halten die reichsten 10% der Bevölkerung den Großteil des Vermögens, das ist ja ausreichend dokumentiert. Chancengleichheit sagt: Es ist nicht in Ordnung, dass nicht alle die gleichen Chancen haben, Teil der 10% zu werden.

Dagegen würde ich anführen: Selbst wenn wir eine Gesellschaft hätten, in der alle dieselben Aufstiegschancen hätten und damit perfekte Chancengleichheit, würde ich nicht wollen, dass 10% der Bevölkerung (die dafür komplett „chancengleich“ ausgewählt wurden) die Geschicke für den ganzen Rest betimmen.

tl;dr: Chancengleichheit ist nicht klar definiert und führt alleine nicht zu einer gerechten Gesellschaft. Wir sollten uns andere Ziele setzen.

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