Hallo zusammen,
ich habe gerade erst die letzte Folge gehört und vor einer Weile in diesem thread das Thema schon gestreift
Als ich nun eben den Beitrag hörte, war mir nicht klar, ob ein Bewusstsein vorliegt, von den Einschränkungen, die unter dem Begriff Solidarität von einigen Gesellschaftsgruppen abgeforderte werden insbesondere im Angesicht der aktuellen Entwicklungen von Lockerungen und Öffnungen.
Kurzes Beispiel: Ich bin mit meinem Partner jeweils erstgeimpft und wir erhalten bis Ende Juni die zweite Impfung. Fein - hat ja lange genug gedauert, bis die Politik das mal auf die Reihe bekommen hat. Unsere Kinder (1 Jahr und 5 Jahre) können nicht geimpft werden. Kein zugelassener Impfstoff da. Nun das Problem: Jegliche Möglichkeit mal raus zu kommen und auch die Kids in ein Abenteuer zu stecken (Tierpark, Erlebniswelt, etc.) nach so einer langen Zeit der Heimbespaßung ist geknüpft an Freitesten. Das ist im ländlichen Raum leider nicht so einfach möglich, wie in Berlin, wo man aller Nase lange
ein walk-in-Testzentrum vor einer Shopping Mall hat.
Insofern haben wir uns auf eine Woche Urlaub in MV im Juni gefreut, um einfach mal raus zu kommen. Ferienhaus ist seit letztem Jahr gebucht, weil das ja nicht so einfach zu bekommen ist an der Ostsee in der Hauptsaison. (An andere Länder - Schweden z.B. - denken wir gerade gar nicht - wer weiß, wie sich das mit den Fallzahlen bis dahin entwickelt.)
Nun können wir aufgrund der Mecklenburgischen Reiseverordnung dort nicht hin. Langzeitcamper und Wohnungsbesitzer schon. Tendenziell sind das ja eher nicht junge Familien. Also können die durchgeimpften Rentner fröhlich in den Urlaub fahren.
Will ich hier mit den Kids was unternehmen, dann muss ich sie am Freitag für Samstag frei testen. Über Sonntag reden wir mal gar nicht, da das Testzentrum Samstag nicht geöffnet hat. Das kann ich also für ein kommendes Wochenende gar nicht gewährleisten, da die Testzentren weit im Voraus ausgebucht sind und ich am Freitag früh (wenn mal ein Termin noch als Lücke da ist) naturgemäß arbeiten muss. Nicht mehr erwerbstätige hätten da natürlich Zeit. Testzentren vor Ort auch nur nach Voranmeldung.
Um auf das Argument zu kommen, dass alle was davon haben, wenn Solidarität gelebt wird:
Faktisch sehe ich es nicht, dass seit Beginn der Pandemie meine Kinder oder wir als Eltern irgendwas davon haben bzw. Solidarität von den Gruppen auch gelebt wird, die nunmal schon geimpft sind.
Ich finde die Darstellung in der Sendung zu kurz gesprungen und sie bezieht nicht die Gruppen ein, die hier wirklich zur Dauersolidarität genötigt werden, weil sie keine Lobby haben und auf Erwachsene angewiesen sind.
Warum kann man noch nicht mal spontan in ein Freilufttheater mit den Kindern ohne Test? Warum kann ich nicht in eine Ferienwohnung fahren, wenn meine Kinder nicht geimpft sind/sein können?
Das Solidaritäts-Argument der Krankenhausbetten ist obsolet. Die waren vor der Pandemie schon knapp bzw. nicht ausreichend Personal da. Da liegt ein anderes strukturelles Problem drunter. Es sollte nur sichergestellt werden, dass es nicht ausufert durch die Covid-Erkrankten.
Persönlich kann ich das kaum ertragen, was da in der letzten Folge so dargestellt wurde. Es ist nicht die ganze Facette des Problems. Es liegt eine manifeste Ungleichbehandlung der Gruppen vor, die vermeintlich ein geringeres Risiko tragen und deren stillschweigende Zustimmung zu den Maßnahmen wird eingefordert während vor ihren Augen die Freiheiten für die geimpften Alten ad hoc wieder da sind. (Schön - wenn Opa jetzt wieder zu Besuch kommen kann, kann er auch bloß nichts mit den Kids unternehmen.)
Das sollen sie auch wieder haben, jedoch dürfen die, die hier dafür die ganze Strecke vom Marathon gehen müssen, dann auch nicht vergessen werden. Das ist aber der Fall. Faktisch können wir seit Monaten nichts mit den Kids machen und Urlaub fällt nun auch aus. Im eigenen Bundesland was zu bekommen ist unmöglich. Geht uns anscheinend nicht allein so.
Wenn man sich jetzt freut, dass Kunst und Kultur und Gastro wieder zur Verfügung stehen, dann frage ich nur: Für wen denn? Mit Kindern ins Restaurant - nur nach Schnelltest mit Zertifikat. Keine Chance - auch vor Ort nicht bei min. einer Woche Vorlaufzeit.
Museum? Theater? Ja. Sollen die Rentner ruhig gehen, doch hilft das meinen Kindern nicht weiter.
Was wäre denn, wenn man dann mal vorschlägt, die Rentenerhöhung aufgrund der gezeigten Solidarität einfach mal fünf Jahre auszusetzen, um Erzieher ausreichend zu bezahlen, Schulen zeitgemäß auszustatten und Pädagogen/Therapeuten für die Behebung der Pandemieschäden bei den Kindern zu finanzieren? Da wäre die Solidarität aber ganz schnell einseitig beendet. Ist ja auch klar - die Vorteile haben die entsprechenden Gruppen ja nun schon alle bekommen. Warum noch solidarisch sein mit zukünftigen Generationen? Womit wir wieder bei Klimapolitik und Rentenmodell etc. wären.
Es ist eine furchtbare Gerontokratie in diesem Land und ganz ehrlich: es k***t mich an.
Wisst ihr, ich könnte seit 15 Jahren entspannt privat krankenversichert sein, doch ich bleibe in der GKV, weil aus meinen Augen das System sonst nicht funktioniert. Mittlerweile denke ich mir: Schön blöd. Besser Behandlungsstandards für etwas, was ich nur einmal habe (Gesundheit) aufzugeben aus Solidarität, wo die, die hier von der Solidarität anderer profitieren (- ihr könnt hier den Egoismusgedanken bringen, meinetwegen, aber objektiv profitieren nunmal jene, die älter waren nun davon, dass sie schon geimpft sind, andernfalls widerlegt das bitte, dass sie profitieren -) in keinem Atemzug über ihre Verantwortung der jüngeren Bevölkerung gegenüber nachdenken…
Verzicht auf Rentenerhöhung bringt leider keine Wählerstimmen… .
Ein armes, rückwärtsgewandtes Land…