Ich war schwer enttäuscht von dem Abschnitt über das Solidaritätsargument in der Lage, für einen Podcast, der sonst die Probleme versuchen eher ganzheitlich zu betrachten, war das eine sehr beschränkte Sicht auf die Dinge.
Fakt ist, Corona ist deutlich tötlicher für Menschen über 60 Jahren (Coronavirus - Todesfälle in Deutschland nach Alter | Statista hier leider nicht prozentual also hier noch • Coronavirus (COVID-19) cases Germany 2021, by age group and gender | Statista) und die Maßnahmen haben sich zu einem großen Teil über die Todesraten und das Risiko für einen schweren Verlauf legitimiert.
Ich wage zu bezeifeln, dass die Pandemie genauso strikt bekämpft worden wäre, wenn alle so betroffen wären, wie die 0-40 Jährigen (insgesamt, also auch mit Risikopatienten).
Es ist also eben nicht vermessen zu sagen, dass wir uns für die Altersgruppe 40+ eingeschränkt haben.
War das falsch? Natürlich nicht, es war die einzig humane, gangbare, wissenschaftlich begründete Entscheidung. Mir gingen über weite Teile die Maßnahmen nicht weit genug. Auch das ist Fakt.
Auch die Impfpriorisierung ist sinnvoll, wahrscheinlich die beste Möglichkeit ein knappes Gut zu verteilen.
Und natürlich müssen Eingriffe in Grundrechte gut begründet werden und sobald sie keine Begründung mehr haben aufgehoben werden. Lockerungen wären eingeklagt worden und das ist auch richtig so.
Weswegen bin ich allso wütend?
Ich bin wütend, weil ich seit Jahren das Gefühl habe, das „Solidarität“ eine Einbahnstraße ist.
Solidarität ist laut Lage/Wikepedia: " ein Gefühl von Individuen und Gruppen, zusammenzugehören. Dies äußert sich in gegenseitiger Hilfe und dem Eintreten füreinander." Lustigerweise wurde in der Lage nur der erste Teil vorgelesen, was den wichtigen zweiten Teil unterschlägt.
Deutschland ist ein solidarisches Land oder tut immer gerne so, und es hat eine Vielzahl von Institutionen aufgebaut, die eben diese Solidarität verkörpern. Das fing an mit der Kranken- und Unfallversicherung und dem Rentensystem ging weiter mit der Sozialverischerung und endete mit der Pflegeversicherung 1996. Und jede einzelne dieser Institutionen mit Ausnahme der Sozialversicherung ist meiner Meinung nach zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Solidarisch, sondern parasitär. Die Alten werden von den Jungen bezahlt.
Das ist natürlich bei Renten so, aber auch Krankenversicherung ist für alle teurer, weil alte Menschen öfter krank werden. Die Pflegeversicherung funktioniert genauso, also junge Menschen zahlen ein, alte Menschen bekommen Pflege.
In den letzten 100 Jahren war das Solidarisch, weil die jetzt zahlende Generation darauf bauen kann, dass die Generation nach Ihnen die Kosten für ihre Rente, Pflege und Krankheiten schultert. Leider kann ich darauf nicht vertrauen, der Demografische Wandel wird dieses System früher oder später zerschlagen. Schon jetzt werden Teile der Rente aus Steuermitteln finanziert.
Ich rechne fest damit, dass ich zwar noch lange einzahlen werde, aber bevor ich die Vorteile genieße, wird sich das System ändern. Kranken- und Pflegeversicherung ebenfalls.
Wenn das alles wäre, würde ich einfach weiter meinen ETF Sparplan als altersvorsorge besparen, in renten einzahlen, die ich nie bekommen werde auf Pflegeroboter hoffen und meine Klappe halten.
Aber leider kommt auch zusätzlich der Klimawandel dazu, der größte Akt von Unsolidarität überhaupt. Ich werde nie den Regenwald sehen. Ich werde nie das Polareis sehen. Ich werde das Great Barrier Reef nicht mehr sehen können, bevor es stirbt. Und das ist ja nur das Reisen. Ich würde gerne Kinder haben, aber alleine der Gedanke macht mir schon ein schlechtes Gewissen.
Jahrzehntelang haben wir über unsere Verhältnisse gelebt und wir sage ich aus Höflichkeit.
Die Entscheidung des BVerfG zum Klimaschutzgesetz war die beste Nachricht dieses Jahrzehnts, aber letztendlich war es die Bescheinigung, das das Verhalten der Politik, der Regierung und jedes ihrer Wählers unsolidarisch war.
Und das schlimmste ist: ich habe diese Regierung nie gewählt. Und meine Altersgenossen auch nicht.
Zusammenfassend ist die Impfdebatte nur ein Funken der für mich persönlich das Fass zum überlaufen gebracht hat. Der buchstäbliche Tropfen im Pulverfass. Wo ist die „gegenseitige[] Hilfe und d[as] Eintreten füreinander“ ? Ich glaube sonst fühle ich mich nicht mehr zugehörig.