An anderer Stelle erwuchs reges Interesse an Friedenslösungen im Rahmen des Ukraine-Krieges.
Ich stelle die bisherigen Beiträge zur Fortführung der Diskussion mal geballt hier hinein.
(Ursprung was das Interview mit Frau Barley).
Kernfrage wäre, was sind konkrete (!) Ideen oder annehmbare Kompromisse, um beide Parteien an den Verhandlungstisch zu bekommen.
Sofern wir das einschätzen können.
Was mir schon bei dem Thema"lahmende Hilfen für die Ukraine" unangenehm aufgefallen ist, so auch hier in dem Interview mit Frau Barley: die Sicht auf Krieg und Aufrüstung ist unkritisch, inseitig und wird als alternativlos dargestellt. Mehr noch als in den Interviews wird in der Diskussion hier fast vollständig so argumentiert: es gebe keinerlei Chance für Diplomatie, Putin wolle nach der Ukraine ganz Europe überrollen - mindestens Polen und die baltischen Staaten ( obwohl die alle in der NATO sind!) und vor allem keinesfalls verhandeln und/oder Kompromisse machen. Und Europa müsse daher nicht nur 2%, sondern besser bald 3, 4, unendlich %e in Aufrüstung stecken. Jedwede Friedenspolitik sei 100 % obsolet.Das ist nach nicht nur meiner Meinung grundfalsch und führt in den Ruin, nicht nur durch die Kriegslogik sondern auch finanziell, gesellschaftlich, sozial und ökologisch. Es darf nicht wahr sein, dass das nach 2 Jahren Krieg und unendlich vielen Toten immer noch so dargestellt wird. Ich erwarte jetzt mal dringend die ausführliche Darstellung von Sichtweisen aus der Friedensbewegung. Das Interview mit Rolf Mützenich war ja mal ein guter Anfang, aber noch lange nicht genug
Da würden mich konkrete Friedenslösungen auch mal interessieren.
Also deutlich konkreter als dieses „einfach keine Waffen an die Ukraine liefern (AfD, Wagenknecht)“ oder „einfach Waffenstillstand machen und dann Verhandlungen“ (Orban, et al).
Die bisherigen Vorschläge waren mir tatsächlich alle zu unkonkret und „idealistisch“, also von der Annahme ausgehend, das alle Beteiligten primär und ausschließlich nur Frieden wollen.
Da würde mich interessieren: siehst du denn irgendwelche Hinweise dafür, dass diese Analyse nicht zutreffend ist? Putin hat wiederholt und nachdrücklich in seinen pseudo-historischen Darlegungen behauptet, dass das Baltikum historisch zu Russland gehört. Das ist die selbe Argumentation, mit der er auch die Invasion erst der Krim, dann der restlichen Ukraine gerechtfertigt hat. Außerdem verfolgt Russland schon seit Jahren sehr offen eine Außenpolitik, die davon ausgeht das Osteuropa, der Kaukasus und der Balkan Teil einer von Russland militärisch und politisch dominierten Einflusssphäre sein sollte.
Und wo sind denn die Kompromissvorschläge von Putin? Es hindert ihn ja niemand daran, sich zum Beispiel aus der Ostukraine zurückzuziehen und den Status Quo Ante wiederherzustellen und nur auf eine Einbehaltung der Krim zu bestehen. Da würden die meisten europäischen Staaten vermutlich mitziehen und die Ukraine wohl auch, wenn das dauerhaften Frieden bringen würde.
Was mich wirklich interessiert sind umsetzbare Lösungsvorschläge. Die Waffenlieferungen und sonstige politische und militärische Unterstützung der Ukraine hat den Charme, dass es zumindest einen theoretischen (aus Sicht Europas) positiven Endzustand gibt: die Ukraine besiegt Russland, stellt die eigene Souveränität wieder her und schiebt damit der weiteren kriegerischen Expansion Russlands innerhalb Europas einen Riegel vor. Dafür braucht es dann eben auch keine Kooperation und kein Vertrauen in die Zuverlässigkeit Russlands.
Eine angestrebte diplomatische/friedliche Lösung muss erklären, wie man von der (absolut löblichen) Theorie der friedlichen Mittel zum tatsächlichen Ziel kommt (stabiler Frieden in Europa), ohne Russland dabei nur einen neuen Anreiz zur Eskalation zu geben (weil Putin in einem Friedensschluss im Prinzip alles bekommt, was er will und dieses Prinzip dann auf den nächsten Konflikt überträgt).
@ped: …haben den Charme, dass es zumindest.?..
Diesen Charme gibt es doch nur in vollkommen unrealistischen Wunschvorstellungen, die immer weiter in die Eskalation führen. Ich sage nur : Bodentruppen (E. Macron)
Es gibt sowohl in der Zeitschrift der Friedensbewegung gute und konkrete Ideen als auch andernorts, z. B. einem amerikanischen Thinktank. Es geht dabei tatsächlich erst mal um ein „Einfrieren“, um Luft für Verhandlungen zu schaffen. Dann - wie übrigens schon beim beidseitig boykottieren Minsk II - perspektivisch - um keine NATO-Mitgliedschaft, Sicherheitsgarantien (glaubwürdige!) für die Ukraine, Verzicht auf die Krim, freieWahlen in den besetzten Gebieten, stop - der NATO-Osterweiterung. Wahrscheinlich müsste es dann noch sehr viel weiter gehen mit neuen Verträgen im Rüstungsbereich, das müsste die Zukunft zeigen. So jedenfalls sehen die Vorschläge aus, von denen ich gehört habe.Ähnlich weit waren wir bereits im März 2022, nur dass es jetzt noch zigtausende weitere Tote und Zerstörungen gibt t, weil keine Seite bereit ist, von ihren Maximalforderungen abzugehen
Aber auch da fehlt mir die konkrete und realistische Persoektive.
Wenn man den Wunsch der Ukraine nach Wiederherstellung des Status Quo sowie nach einer verlässlichen Garantie auf Sicherheit und Frieden als Maximalforderung bezeichnet, heißt das im Umkehrschluss ja auch, das man um des „Friedens“ Willen international das Recht des Stärkeren akzeptiert.
Also das der angegriffene Schwächere einiges hinnehmen muss, weil er schwächer ist.
Klingt für mich nicht nach einem Konzept, das nachhaltigen Frieden und Abrüstung garantiert.
Wenn die Ukraine nicht in die NATO soll, wer gibt die Sicherheitsgarantien? Und welchen Einfluss hat Russland auf diese Garantien?
Verzicht auf die Krim…was ist mit den aktuell besetzten Gebieten? Die kann Putin nicht ohne herben Gesichtsverlust hergeben, was massiv an seiner Macht rütteln würde.
Freie Wahlen in den besetzten Gebieten? Die bleiben dann in russischer Besetzung? Sind da freie Wahlen möglich? Wenn die Wahl pro Ukraine ausfällt, lässt Putin das zu? Kann sich Putin eine funktionierende Demokratie vor der Haustür überhaupt erlauben?
Stop der NATO Osterweiterung? Was heißt das? Müssen alle ehemaligen Ostblockstaaten der Sowjetunion die NATO verlassen? Diese sind ja aus einem gewissen Sicherheitsbedürfnis der NATO beigetreten. Wer garantiert dann deren Sicherheit?
Oder dürfen nur keine neuen Mitglieder dazukommen? Reicht das Putin aus?
Finde da gibt es viele offene Fragen, über die man auf jeden Fall verhandeln sollte, aber ich sehe da grad wenig Bereitschaft noch wirkliche Lösungsperspektiven. Das werden sehr lange Verhandlungen, wenn es nicht (!) um die bedingungslose Kapitulation der Ukraine um des Friedens Willen gehen soll (was dann kein Frieden wäre)
Europäische Bodentruppen zu entsenden ist nur dann eine Eskalation, wenn man die jahrelange direkte Intervention russischer Truppen zur Unterstützung ukrainischer Separatisten ignoriert. Von einer Eskalation zu sprechen ist schon deshalb komisch, weil Putin selbst sagt, dass aus seiner Perspektive die NATO längst Konfliktpartei ist.
Wenn wir es wirklich damit ernst meinen, dass die Ukraine auch europäische Werte und Sicherheit verteidigt, dann wäre diese Entsendung übrigens nur konsequent. Aber es wäre in den NATO-Staaten politisch so unpopulär (und zum Beispiel in Deutschland durch den Parlamentsvorbehalt de facto unmöglich), dass es extrem unwahrscheinlich ist, dass es dazu kommt.
Dann verlinkt doch bitte mal konkret zu diesen Vorschlägen und Ideen. Es würde mich echt interessieren! Ich hatte in einem ähnlichen Thread vor ein paar Wochen mal recherchiert und ehrlich gesagt nichts entlang der oben von mir skizzierten Linien gefunden.
Wobei niemand so richtig erklären kann, wie dieses Einfrieren nicht explizit zu einer weiteren Eskalation führt, genauso wie es das lauwarme einfrieren unter Minsk II getan hat. Wen du da konkrete Vorschläge teilen kannst, gerne teilen.
Ich persönlich hätte nichts gegen ein einfrieren – weniger Tote sind ja erstmal immer besser – aber das müsste (um ukrainische Akzeptanz herzustellen) zum Beispiel mit einem Commitment zur schrittweisen Demilitarisierung der umkämpften Gebiete (also der besetzten Ostukraine) einhergehen, damit Russland nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt einfach eine Invasion 2.0 durchführen kann.
Wer solche oder ähnliche Zugeständnisse von der russischen Seite herstellen kann, hat meine volle Aufmerksamkeit. Wer einfach nur fordert, die Ukraine solle aufhören sich zu wehren, der hat das Problem nicht verstanden.
Das hätte Putin alles schon vor der Invasion genauso haben können und auch jetzt würden vermutlich ein paar Anrufe in diversen westlichen Hauptstädten mit genau diesem Vorschlag reichen, um da einen Prozess einzuleiten. Der Witz ist aber doch, dass Russland das alles nicht will. Russland will keine glaubwürdigen Sicherheitsgarantien für die Ukraine, sie wollen nicht auf die Krim verzichten und schon gar keine freien Wahlen irgendwo.
Die NATO ist nach Osten soweit erweitert wie es geht. Russland hat selbst dafür gesorgt, dass mit Finnland und Schweden die letzten beiden Staaten dem Bündnis beigetreten sind. Davon abgesehen kann ein Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland kaum die souveränen Rechte anderer Staaten einschränken, sich zum Zweck der Verteidigung zusammenzuschließen.
Dieses Narrativ der Bedrohung Russlands durch die NATO ist doch eine Fiktion und weder historisch, noch diskursiv belegbar. Es geht da vor allem um ein Minderwertigkeitsgefühl russischer Eliten, die aus dem (zum großen Teil selbst verschuldeten) Bedeutungsniedergang des „Mutterlands“ eine Verschwörung finsterer Mächte machen.
Hab mich schon gewundert, dass es nach dem Interview so viel Diskussionsbedarf gibt.
Aber dann doch nur wieder Russland/Ukraine oder Israel/Palästina
Ja, ich bin auch unzufrieden mit der Situation. Die Rüstungsfirmen verdienen sich gerade dumm und dämlich und können genauso wie das Militär ihren Ruf aufbessern. Waffen schaffen keinen Frieden, das ist nun mal so. Auf der anderen Seite gibt es aber keinen Grund, warum man einen Schulhofschläger einfach gewähren lassen sollte. Die Friedensaktivisten stürzen sich auf die Falschen. Ich habe weder von Wagenknecht noch von der AFD oder Mützenich Kritik gelesen, dass Putin in der Öffentlichkeit nur Mist erzählt und auch nicht daran, dass er seine Teilnahme am zweiten Friedensgipfel absagte, bevor die Einladung offiziell verschickt wurde. Dabei wollte die Schweiz diesen extra mit Saudi-Arabien in Saudi-Arabien ausrichten, damit auch niemand in die Verlegenheit kommen würde, den IGH zu brüskieren. Da Saudi-Arabien diesen nicht anerkennt, muss es Putin auch nicht ausliefern.
Also kurz: man lässt Russland seinen Willen und opfert die Ukraine, damit man mit ruhigem Gewissen wieder ins Bett gehen kann - es ist ja dann schließlich Frieden.
Kann man so machen, das fördert aber lediglich den Standpunkt, dass „die Großen“ machen können was sie wollen und das Europa bzw die EU eigentlich auch nur eine Veranstaltung ist, um sich selbst zu Tode zu verwalten.
Ja, da gibt es viele viele Fragen. Und es wäre dringend nötig, an deren Beantwortung zu arbeiten, aus den Maximalforderungen beiderseits heraus zu kommen und Wege zu finden. Statt unentwegt einseitig auf Krieg, Eskalation und maximale Anhäufung weiterer Waffen zu setzen. Sicherheit UND Diplomatie hiess es jahrzehntelang. Jetzt: Rechthaberei und Verweigerung.
Glsuben Sie eigentlich, dass sich die Europäer schon dersrt der Kriegslogik ergeben haben, dass Sie - wie Frau Major - 3, 4 oder mehr Prozent Geld in die (Aufrüstung stecken?) Erg. durch Mod
Ach, mit dem Glauben ist so eine ambivalente Sache….
Aber bei allem Verhandlungswillen:
Was wären denn realistische und akzeptable Verhandlungsoptionen, um beide Parteien (Ukraine und Russland) an den Verhandlungstisch zu bringen?
Zudem, auf eine „Aufrüstung“ bezogen: wie real ist eine aktuelle und künftige Bedrohung durch Russland (und andere)?
Wenn wir zu dem Schluss kommen, es gibt keine Bedrohungen für uns, warum dann überhaupt Geld für Verteidigung ausgeben?
Und was wenn wir uns irren?
Jede Abweichung von der ukrainischen Maximalforderung macht Russland aber zum Profiteur dieses Kriegs. Die Ukraine bleibt selbst bei diesen Maximalforderungen das Opfer und ist in keinem Fall Profiteur. Ich finde das muss man sich einfach bewusst machen.
Sorry, aber das ist ja unerträglich. Putins Russland führt einen babarischen Krieg, entführt, tötet und vergewaltigt Kinder! Er lehnt jede sinnvolle Diplomatie seit Jahren ab. Die Friedensbewegung tritt an dieser Stelle wie die deutsche Werbeagentur von Putin auf und sollte mal bitte die eigene Moral hinterfragen. Niemand will Krieg, aber manche Menschen können nicht weiter als bis zu Egoismus denken.
Total dafür! Nochmal: teile gerne konstruktive Beiträge zur Debatte, ich bin da ehrlich dran interessiert.
Ich habe im Master Friedens- und Konfliktforschung studiert und bin gegenüber Militarismus extrem kritisch eingestellt und jeder Euro, den wir an einen Rüstungskonzern zahlen, ist einer zu viel. Aber ich selber komme auch mit meinem fachlichen Hintergrund momentan nicht auf die Antwort, wie ohne eine starke militärische Unterstützung der Ukraine die Sicherheit Europas und am Ende Deutschlands gegenüber russischer (!) Aggression gewährleistet werden kann. Und ich habe keinen Beitrag der „pro Frieden“ Fraktion gelesen, der hier einen schlüssigen Pfad aufzeigen kann.
Nicht falsch verstehen: Das ist nicht Schuld der Menschen, die an einer friedlichen Lösung von Konflikten interessiert sind. Aber es gehört zu den Kernprinzipien der Konfliktlösung, dass alle beteiligten Parteien an einer Lösung interessiert sein müssen. Und während ich diese grundsätzliche Bereitschaft auf Seiten der Ukraine und Europas definitiv sehe (nichts wäre z.B. Scholz lieber als ein Waffenstillstand in der Ukraine), fehlt sie auf Seiten von Putin vollständig. Dieses Grundproblem kann auch noch so viel Diplomatie nicht auflösen.
@Mike: jaja, was wäre, wenn…! Wollen wir darauf eine Zukunft aufbauen? Was ich vorhin noch sagen wollte (bevor ich auf den falschen Knopf kam), die Menschen machen das mit mit der von Frau Major gedachten Wahnsinnsaufrüstung auf Kosten alker anderen sozialen und ökologischen Zukunftsaufgaben?
Ja, das tun sie. Aber die Rechnung könnte aufgehen. Denn wenn ich jetzt einem Aggressor klar mache, dass die Nato und die EU fest zusammen stehen und notfalls Geld in die Hand nehmen, könnte das dem nächsten Aggressor zu denken geben.
Und du verschweigst, dass Russland das in einem völlig anderen Ausmaß gerade tut. Militärausgaben von Russland bis 2023 | Statista.
Nun, ich finde ein bisschen „was wäre wenn“ politisch schon wichtig, als Vorbereitung. Alles andere würde bedeuten, wir lassen alles mal auf uns zukommen und entscheiden spontan.
Ob ich so einer Regierung vertrauen könnte?
Und zu den Ausgaben für Rüstung statt für Soziales:
Ich würde auch lieber viel Geld eher in Bildung und Kinderbetreuung stecken als in Kriminalitätsbekämpfung oder Verkehrsüberwachung.
Aber was sagt uns das?
Das wir Unangenehmes einfach ignorieren, dann findet es nicht statt und wir müssen uns nicht damit befassen?
Hat was von diesem Federvieh in kristallinem Bodensatz…
Das ist doch die Vorgabe der Friedensbewegung um die Putingetreue Wagenknecht und die AfD. Es wäre schön, wenn du endlich mal konkrete Vorschläge zu einem für die Ukraine (die sind immer noch das Opfer, auch wenn das die Friedensbewegung nicht begreift) akzeptablen und dauerhaft gewährleisteten Frieden teilen würdest.