kürzlich kam in einer Diskussion (mal wieder) der Vorwurf, dass der Staat ja eigentlich gar nicht richtig mit (Steuer-)Geld umgehen könne und dass man daher aktuell keine Steuern erhöhen sollte.
Bei solchen Gelegenheiten werden dann immer so Projekte wie:
der BER (Mehrkosten von ca. 4 - 5 Milliarden Euro)
Stuttgart 21 (Mehrkosten ca. 3 Milliarden) oder
die Elbphilharmonie (Mehrkosten: ca. 600 Mill.)
genannt. Das sind natürlich unbestreitbar öffentliche Projekte, bei denen einiges schief gelaufen ist.
Aber um das mal ins Verhältnis zu setzen, habe ich mal eine kleine Liste von Fehlinvestitionen und Fehlentscheidungen aus dem privaten Sektor aufgelistet. Dabei habe ich natürlich nur Unternehmen aus Deutschland genommen, einige sind sogar im DAX vertreten.
Ich habe dabei Corona und den Ukraine-Krieg komplett ausgeklammert und auch alles rausgenommen, was unmittelbar mit der Weltwirtschaftskrise 2008 zusammen hing, außerdem noch alles, was auf eindeutig kriminelles Vorgehen ohne Rücksicht auf die eigene Firma, zurück ging.
Das Bild, das nur die öffentliche Hand nicht mit Geld umgehen kann, ist also definitiv falsch. Auch in der Privatwirtschaft wird durch Missmanagement und ähnliches kräftig Geld verbraten.
Dem ist doch auch gar nicht so, das Problem ist eher in unseren Köpfen zu suchen und im Journalismus und seiner Aufmerksamkeitsökonomie.
Schlechte Nachrichten verkaufen sich besser und wir neigen dazu und wurden auch so erzogen, immer den schwarzen Punkt auf dem Blatt Papier zu beschreiben anstatt die 99% weiße Fläche vom Papier. Wir konzentieren uns immer zu sehr auf die Schandflecken anstatt mal die positiven Entwicklungen zu suchen und zu sehen.
Ich suche seit Monaten primär nach positiven kleinen Verbesserungen (da muss man aber sehr genau hinsehen) und ich suche nach Lösungen!
Ja, es wird selten so direkt gesagt, aber Vereine wie der Bund der Steuerzahler befeuern dieses Narrativ dennoch immer wieder.
Das ist auf jeden Fall ein guter Ansatz. Es gibt ja auch in der Privatwirtschaft viel, das Richtig läuft genau so wie beim Staat ja auch, aber in beiden Bereichen eben nicht Alles.
Ich finde den Ansatz sehr spannend. Natürlich gibt es auch inder Privatwirtschaft massive Fehlinvestitionen.
Ohne selbst viel Ahnung von einer der beiden Seiten zu haben würde ich hier aber in den Raum werfen, ob der Vergleich von drei Projekten auf der einen und zehn Projekten auf der anderen Seite leider nur anekdotisch sind. Grundsätzliche bräuchte man für eine echte Aussage auf welcher Seite „besser“ investiert wird ja viel mehr Fälle für eine statistische Auswertung. Dass wäre natürlich tierisch aufwendig, aber für eine echte Aussage leider nötig.
Trotzdem eine gute Idee einseitige Kritik in Frage zu stellen!
Auch so eine Auswertung könnte immer nur die Umstände der Vergangenheit betrachten. Von meinem Eindruck her würde ich sagen, dass der legendäre „Amtsschimmel“ in öffentlichen Versorgungseinrichtungen bis etwa in die 80er / Anfang der 90er tatsächlich an vielen Stellen so ineffizient und über den eigentlichen Bedarf mit Beamten ausgefüllt war, wie die Verfechter der Privatisierung das immer so schön polemisch darstellen. Seither hat sich da aber in eigentlch allen Bereichen grundlegend was geändert.
Hinzu kommt, dass privatwirtschaftliche Unternehmen immer auch noch einen gewissen Gewinn abschöpfen, in Mono- oder Oligopolsituationen tendenziell gerne auch ein bisschen (oder viel) mehr. Und wenn dieser Gewinn die vermeintlich höhere Ineffizienz staatlicher Organisationen übersteigt, dann ist in Wahrheit der privatwirtschaftliche Weg kostspieliger. Und diesen Punkt haben wir meiner Meinung nach an vielen Stellen längst überschritten. Bestes Beispiel PPP-Projekte beim Autobahnbau.
Da hast du absolut recht. Allerdings ist das ja ein generelles Problem von Auswertung. Eine 100 % funktionierende Glaskugel wird es so schnell nicht geben.
Deine weiteren Überlegungen finde ich ebenfalls spannend, aber an der Stelle spekulieren wir ja leider nur.
Wir haben vor ein paar Tagen Balkonkraftwerke in der Nähe von München gekauft.
Dort habe ich mit einer etwas älteren Dame, gebürtig aus Honkong unterhalten. Dabei hat sie mich mal lächelnd kurz angeblickt und schelmisch gefragt:
„Haben Sie in Europa die letzten zwanzig Jahre gut geschlafen?“
In China fahren viel mehr E Autos als hier, sie kosten weniger, fahren weiter und sind schöner.
In China gibt es auf Anordnung des Staates Export Begrenzungen für spezielle Elektronische Bauteille z.B. Microwechselrichter, weil sie im Land selbst benötigt werden für die Energiewende.
In China ist die Bevölkerung trotz Social Scoring etc zufriedener, weil sie Wohlstand und ein gutes Leben haben…
Ich sags ja nur ungern, aber wir haben gerade eigentlich ganz anderer Baustellen als diese o.a. Punkte… wir sind dabei, technologisch den Anschluss an die Weltmärkte zu verlieren, sitzen in unseren SUVs bräsig beim Tanken, weil wir können es uns „ja leisten“…
Ich bin gespannt, wie das die nächsten paar Jahre weitergeht; aber hören wir auf zurück zu blicken, suchen wir nach Lösungen und richten wir den Blick nach vorne.
…
Wir brauchen hier in der EU mal wieder ein paar richtige Blockbuster… die Zeiten des deutschen Wohlstands, basierend auf Verbrenner Automobilen, ist nun mal langsam vorbei…
Wir haben ein paar gute Dinge, ist mir auch klar, aber wir müssen mal wieder etwas mehr strampeln und weniger jammern und lamentieren. Die Vergangenheit ist was für Historiker.
1856 hat Eunice Foote den Treibhauseffekt im Zusammenhang mit CO2 entdeckt. 1896 gab es die erste Hypothese von Svante Arrhenius, dass menschlicher CO2 Ausstoß das Weltklima verändern könnte. 1960 wurde der ansteigende CO2 Anteil in der Atmosphäre erstmals gemessen. 1968 wurde das American Petroleum Institute von Wissenschaftlern vor dem Klimawandel gewarnt.
ALLE privatwirtschsftlichen Investitionen in fossile Energien, Verbennungsmotoren, Individualmobilität etc. seit 1968 waren wissentlich getätigte Fehlinvestitionen.
Interessant ist doch - warum bekommt dieser Verein diese Aufmerksamkeit?
Wem ist etwas daran gelegen oder welchen Gedanke steht in den Redaktionen dahinter?
Vielleicht dieser:
Der Staat macht Murks mit meinem Geld!
Es wird immer Fehlinvestitionen geben. Von beiden Seiten. Allerdings gibt es eine deutlich andere Ausgangssitution. Sollte es zumindest geben. In der Regel würden Unternehmen bei zu großen Fehlkalkulationen pleitegehen. Der Staat hat aber den großen Unternehmen angeboten, deren Risiko zu tragen, indem er sagt „too big to fail“. Und jetzt seien wir doch mal ehrlich, das würde hier doch jeder machen. Machen im Übrigen ja auch die Privathaushalte, siehe Hochwasser 2021. Das Steuergelder für Fehlinvestitionen „verschwendet“ werden, ist in beiden Fällen primär dem Staat zuzurechnen.
Ich halte das für eine eindimensionale Betrachtung des Themas. „Der Staat“ - das sind wir alle. Hunderte oder gar tausende durch Fehlinvestitionen gefährdete Arbeitsplätze belasten uns alle. Der Staat verschenkt keine Gelder ohne intensive Prüfungen und Kosten/Nutzen-Rechnungen.
Das wird in Medien wie Springer oder Ippen gerne mal pauschal so dargestellt; ernsthafte Diskussionen, wie sie (meistens hier im Forum geführt werden, sollten allerdings differenzieren können.
Überbrückungshilfen oder Hilfszahlungen werden an Auflagen gebunden und sind zurückzuzahlen, oder der Staat hat am Ende Anteile an den Unternehmen. Es gibt zahlreiche Varianten, die überall dort falsch oder verkürzt dargestellt werden, wo der neoliberalen Ruf nach dem „schlanken Staat“ gar nicht laut genug sein kann.
Das hat der Staat den Unternehmen nicht angeboten, sondern die Unternehmen nehmen ihre Angestellten als politisches Druckmittel und erzwingen so ihre Rettung. Und nutzen natürlich auch ihre Lobby-Kontakte in die Politik.
Kleine und Mittelständische Unternehmen kommen nämlich i.d.R. nicht in den Genuss dieses Fallschirmes.
Das soll jawohl ein Witz sein.
Man sollte lieber die Haftung von Spitzenmanagern erhöhen und denen nicht, so wie heute teilweise Praxis, die Boni für die gesamte Vertragslaufzeit schon am Anfang auf Konkurs-sichere Konten überweisen.
Das stimmt. Aber eigentlich ist das praktizieren vom „too big to fail“ ja noch schlimmer als nur davon zu reden. Und das wird ja offensichtlich seit Ewigkeiten gemacht.
verständlich, wenn das Unternehmen oder Haushalte machen. Wenn der Staat darauf reinfällt/sich erpressen lässt, ist das dann Staatsversagen?
und
ja wie gesagt. Wenn der Staat den großen Unternehmen anbietet, das Risiko zu übernehmen…warum auch nicht.
hahah, dann schließe ich Verträge nur noch 100% Garantien ab.
Ich verstehe eh nicht:
Als Autofahrer muss ich eine Haftpflicht abschließen
Als Angestellter muss ich mich gegen Arbeitslosigkeit versichern
Dann sollen doch alle Unternehmen in einen Fonds einzahlen und wenn eines in Schieflage gerät, kann es daraus gerettet werden. Und wie bei der Autoversicherung müssen Unternehmen in Branchen (dort Marke/Region) häufiger Schadensfälle mehr zahlen und werden bei guter Führung in der Schadensklasse herunter gestuft. Jedes Jahr kann der Fonds dann den Kontostand und Bedarf prüfen und neue Beträge festsetzen.