EU-Taxonomie: „Greenwashing“ für Atomenergie und Gas

Zur Atomenergie ist alles gesagt. Zum Erdgas: ich habe mir jetzt endlich mal die neue Fraunhofer ISE Studie zu 100% erneuerbaren im gesamten Energiesystem (Industrie, Verkehr, Wärme, Strom) aus dem November 2021 angeschaut [1].

Was die meisten vergessen: der Strombedarf wird so massiv ansteigen, dass wir nicht nur erneuerbare, sondern auch konventionelle Kraftwerke zubauen müssen. Nämlich GT und GuD Kraftwerke, die später auf, mit Power-to-Gas erzeugtem Gas laufen und Lastspitzen ausgleichen sollen.

Hier mal die Zubau-Raten bis 2045 für Erneuerbare und konventionelle Kraftwerke:


Zur Erklärung: die Studie rechnet mit vier Szenarien: Referenz, Beharrung, Inakzeptanz und Suffizienz, die jeweils die Bereitschaft der Bevölkerung, ihr Konsumverhalten anzupassen, repräsentieren.

Wir werden also in Zukunft auch jede Menge Gaskraftwerke brauchen. Wie viele genau variiert sicher von Studie zu Studie, aber das hier ist ja ein Institut für Solarsysteme und nicht für Gaskraftwerke – insofern gehe ich davon aus, dass hier keine Lobbyarbeit in diese Richtung gemacht wird. Es scheint mir daher durchaus Sinn zu machen, hier noch Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten. Bessere fossil gefeuerte Gasturbinen helfen uns auch später in einem 100% erneuerbaren Szenario weiter.

Insofern sehe ich die bedingte Einstufung von Erdgas als Grün erstmal relativ entspannt.

[1] https://www.ise.fraunhofer.de/de/veroeffentlichungen/studien/wege-zu-einem-klimaneutralen-energiesystem.html

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Was uns weniger entspannt sein lassen sollte: selbst die im Szenario „Beharrung“ für 2030 angenommenen PV- und Windkraftkapazitäten sind jetzt schon nahezu out of reach. Der Bestand an Windkraftanlagen wäre gegenüber heute fast zu verdoppeln, die PV zu verdreifachen.

Aber das ist ein Thema für einen anderen Diskussionsstrang …

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Ich verstehe nicht, warum man Gas-Kraftwerke nicht als „Transition“ (statt „grün“) labelt…

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Ich habe mir den Draft mal flüchtig angesehen: https://www.euractiv.com/wp-content/uploads/sites/2/2022/01/draft-CDA-31-12-2021.pdf

Da wird sowohl für Erdgas als auch Kernkraft auf Artikel 10(2) in diesem Dokument verwiesen: EUR-Lex - 32020R0852 - EN - EUR-Lex

Und dort geht es sehr allgemein um „Climate Change Mitigation“. Wenn man unbedingt wollte, könnte man auch den Neubau oder die Ertüchtigung eines Kohlekraftwerks darunter fassen, solange dieses effizienter arbeitet (=weniger Emissionen verursacht) als der Status quo.

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Danke für dein Beitrag.
Fand ich sehr interessant den Anstoß, das werde ich mir genauer anschauen :+1:t2:

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Dass wir Gas und Kernenergie für die Energiewende brauchen ist tatsächlich Konsens hier. Aber warum muss das direkt als „grün“ gelabelt werden und nicht so wie @TilRq auch schreibt als „Transition“.

Was @lib angeht, Kohle war auch 1880 keine klimafreundliche Energiequelle.

In diesem Thread geht es nicht darum eine Technologie „grüner“ als eine andere zu beschreiben. Es geht darum „grün“ per se zu definieren. Und nicht „grün“ im Sinne von Klimabilanz und CO2 Ausstoß, sondern im Sinne von ökologischer Nachhaltigkeit (siehe Umweltziele)

Hmm… die „no significant harm“ Regelung aus Artikel 3 (b) sagt aber, dass ein Vorhaben zusätzlich zum eheblichen Beitrag eines Ziels kein anderes Ziel erheblich beeinträchtigen darf. Auch wenn Atomenergie in deinem Beispiel in die Kreislaufwirtschaft passt, so verletzt es m.E. nach weiterhin das Ziel der Umweltverschmutzung.

Hast du dazu eine Quelle? Und was genau sind erneuerbare Gase? Biogas aus Biomasse hat doch eine fürchterliche CO2-Bilanz oder?

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Vielen Dank @Guenter für den Draft. Konnte den ad hoc nirgendwo finden. Ich habe den ebenfalls überflogen und mir scheint es so, als ob der „do no significant harm“-Aspekt dort ebenfalls essentiell ist. Eine kurze Zusammenfassung:

Die Kommission beruft sich auf mehrere Expert*innen Gruppen. Die 2018 aufgestellt Technical Expert Group on Sustainable Finance (TEG) haben in ihrem finalen Bericht die Aufnahme von Kernenergie in die Taxonomie nicht empfohlen. Die Begründung war, dass unklar ist wie Kernenergie mit dem „do no significant harm“-Kriterium zusammenpasst, inbesondere in Bezug auf den Umgang mit radioaktivem Müll. Genauer Wortlaut der Kommission:

„[…] whether nuclear energy does no significant harm to other environmental objectives, considering in particular waste management, impact on biodiversity and water as well as potential pollution aspects.“

Daraufhin wurde eine weitere Expert:innen Gruppe einberufen, welches vom Join Research Centre (JRC) organisiert wurde. In dem Bericht des JRC kommen die Wissenschaftler*innen zu dem Ergebnis, dass, nach heutigem Wissen und Technologiestand, nuklearer Abfall angemessen und sicher von der Welt für sehr lange Zeit isoliert werden kann. Genauer Wortlaut:

„Presently, there is broad scientific and technical consensus that disposal of high-level, long-lived radioactive waste in deep geologic formations is, at the state of today’s knowledge, considered as an appropriate and safe means of isolating it from the biosphere for very long time scales.“ (Seite 7)

Ein weiteres Expert:innen Gremium, das Scientific Comittee on Health, Environmental and Emerging Risks (SCHEER) betrachtet den Bericht des JRC und sieht deren Konklusion eher kritisch. Sie selbst seien zwar, so schreiben sie in ihrem Statement, keine Expert*innen in Management und Lagerung von radioaktivem Abfall. Das SCHEER hat aber doch einige Unstimmigkeiten im JRC aufgedeckt. Z.B. sind entsprechende Endlager größtenteils außerhalb der EU und die Anforderungen sind noch zu erforschen.

„[…] the SCHEER notes that many of the potential suitable geological repositories exist outside the EU […] and that the design and performance of engineered barriers remains an active research area.“ (S. 15)

Außerdem gibt es keine empirischen Daten von Endlagern, die durch alle drei Phasen gegangen sind - (pre-operational, operational and post-closure).

„The SCHEER notes that “there is no empirical evidence generated by a radioactive waste disposal facility that has gone through all the three stages (pre-operational, operational, and post-closure) for the entire timeframe foreseen; none of the existing facilities has completed its entire lifecycle”.“ (S. 16)

Die Kommission schreibt dazu selbst:

"When establishing the technical screening criteria for nuclear energy related activities, the Commission has duly taken into account and addressed the observations of the SCHEER. " (S. 4)

Letztendlich scheint es mir doch eine sehr politische Entscheidung zu sein, zu diesem Zeitpunkt Kernenergie in die Taxonomie aufzunehmen. Aus wissenschaftlicher Sicht bleiben berechtigte Fragen offen, die es zu klären gilt, bevor in den nächsten Jahren Milliarden von Euro in die vermeintlich „grüne“ Technologie Kernenergie fließen.

Quellen zum selber nachlesen:

JRC Report: https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/business_economy_euro/banking_and_finance/documents/210329-jrc-report-nuclear-energy-assessment_en.pdf

SCHEER Bericht:

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Da in unzähligen anderen Diskussionen hier schon duchgekaut. Was die Treibhausgasemissionen angeht ist Kernenergie grün. Im Energiesektor geht es bei grün ja letztlich um die Emissionen. Da wird auch über die Taxonomie nichts zu machen sein.

Wenn du auf einen Gau hinaus willst. Ich glaube der wird einfach nicht eingepreist. Der Teil der Uweltverschmutzung ist also wohl ausgeklammert. Wenn es um den Abbau geht. Da hätten dann die erneuerbaren Energien wohl auch ein Problem. Der Ressourcenbedarf an z.B. seltenen Erden wird ja auch nicht sauber gedeckt. zumindest nicht so wie aktuell Rohstoffe abgebaut werden. Damit will ich letztlich aber einfach nur sagen, dass man es sich sicher so definieren kann, dass es passt und komme daher zu dem Schluss, dass über die Taxonomie wohl am ehesten ein Endlager der Hebel ist, um es Kernenergie schwer zu machen.

Klar. Zum einen hier: EU-Taxonomie: Grünes Etikett für Atomenergie und Erdgas
oder auch in dem Eu- Draft dazu. Auf Seite 34/35 zu fossilem Gas: https://www.euractiv.com/wp-content/uploads/sites/2/2022/01/draft-CDA-31-12-2021.pdf. Der Punkt vi auf Seite 35 gibt da so vor.

Zum Punkt der erneuerbaren Gase. Da zählt auch Biogas dazu. Das wird aktuell ja ohne Emissionen bilanziert und damit kann es auch hier berücksichtigt werden. Ansonsten wäre es noch Wasserstoff. Entweder grün, aber sicherlich auch gelber aus Kernenergie. Wie es da mit blauem oder türkisem auf Methanbasis aussieht kann ich adhoc nicht sagen.

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Naja, weil Gaskraftwerke keine „Transition“ sind, sondern – wie der Fraunhofer Bericht sehr gut zeigt – notwendiger langfristiger Bestandteil einer sinnvoll Sektor-gekoppelten 100% Erneuerbaren Energielandschaft. Daher: wenn ich Technologien entwickle, die Gasturbinen effizienter machen, dann reduziere ich im Gesamtsystem den Bedarf an (aus Elektrolyse gewonnenem) Gas und somit den Bedarf an erneuerbarem Strom.

Die Transitionskompenente im System ist das fossile Erdgas. Es macht daher natürlich Sinn, Power-to-Gas massiv zu fördern, damit das fossile Erdgas möglichst schnell aus dem Markt gedrängt wird. Ich persönlich würde auch Gasturbinen besonders fördern, die Wasserstoff und Methan verbrennen können. Dass das im großen Maßstab geht, demonstriert Kawasaki gerade.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob es fördertechnisch überhaupt Sinn macht, „grün“ und „transition“ so zu trennen. Wenn ich einen neuen Windpark ans Netz gehen lassen will, der ein altes Kohlekraftwerk ersetzt, dann brauche ich zum selben Zeitpunkt eine regelbare Quelle, die die Schwankungen der fluktuierenden Quelle (Windkraft) ausgleicht. Das kann natürlich ein zweiter Windpark und eine gigantische Batterie sein. Im Sinne der Sektorkopplung (hier Wärme + Strom) macht aber das Gaskraftwerk hier langfristig oft mehr Sinn.

Stellen wir uns mal vor, dass Power-to-Gas noch einige Zeit braucht, bis es seinen Raum-Up geschafft hat, was ich für nicht so unwahrscheinlich halte. Dann wäre es ggf. für die Gesamt CO2-Bilanz intelligenter, die Gaskraftwerke schon mal voll auszubauen und in der Zwischenzeit fossil zu befeuern, als massiv Ressourcen in gigantische Batteriespeicher und noch mehr Erneuerbare zu stecken, die später (wenn Power-to-Gas im großen Maßstab da ist) unwirtschaftlich werden. Und falls Power-to-Gas doch schneller ist – dann brauchen wir auch kein fossiles Erdgas mehr.

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Das ist nicht richtig, denn die regelbare Quelle benötigt man für das Kohlekraftwerk auch. Auch dort gibt es geplante und ungeplante Ausfallzeiten. Dazu kommt, dass der Ausfall dort im Normalfall deutlich größer ist (100%) und im Fall von ungeplanten Ausfällen auch nicht vorhersagbar im Gegensatz zum Windpark bei dem der Wind per Wetterbericht 2-3 Tage im voraus geplant werden kann.

Das gilt für das einzelne Kraftwerk, aber nicht für die Gesamtheit der Kraftwerke in einem Versorgungsgebiet. Bei PV und Windkraft ist es ein ganz normaler Betriebszustand, dass sämtliche Anlagen Deutschlands zusammen eine Erzeugungsleistung von null oder nahe null aufweisen. Ist halt gerade Nacht bzw. windstill. Für Wasserkraft oder Kraftwerke mit Brennstoffen gilt dies natürlich nicht. Da kannst du zu jedem beliebigen Zeitpunkt damit rechnen, dass ein Großteil der Anlagen betriebsbereit ist.

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Um das nochmal mit BMWI Zahlen [1] zu untermauern:

Als Netzbetreiber will ich das Szenario eines Blackouts auf eine Wahrscheinlichkeit X reduzieren. Je geringer X, desto besser die Versorgungssicherheit, aber desto mehr Kraftwerkskapazität brauche ich als Sicherheit. Im Bild haben wir mal eine Darstellung für 50% Blackout-Wahrscheinlichkeit (ich hoffe mal die ist in der Realität geringer :slightly_smiling_face:). Wenn ich ein Kohlekraftwerk vom Netz nehme mit 12% Ausfallwahrscheinlichkeit und durch einen Onshore-Windpark mit 78% Ausfallwahrscheinlichkeit der einzelnen Windturbine ersetze, dann steigt die Wahrscheinlichkeit des Blackouts an und ich brauche einen entsprechenden Ausgleich zur Erhöhung der Sicherheit.

@FlorianR: Deine Argumentation wäre richtig, wenn wir (wie @Guenter sagte) in einem geschlossenen Netz nur ein einziges Kohlekraftwerk hätten. Dann könnte ich eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 12% des Kohlekraftwerks nicht akzeptieren und bräuchte ein Reservekraftwerk mit 100% der Kapazität des Kohlekraftwerks. Je mehr ich davon habe, desto verschwindend geringer wird aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie alle gemeinsam ausfallen.

Ich verstehe aber ehrlich gesagt auch nicht, worauf du mit deiner Argumentation hinaus willst. Es ist hoffentlich Konsens, dass wir bei massivem Ausbau von Erneuerbaren im Stromnetz auch massiv mehr Speicher oder regelbare Kraftwerke brauchen, oder?

[1] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/A/ag-1-plattform-strommarkt-praesentation-netze-bw.pdf?__blob=publicationFile&v=3

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Damit hat @Jonabo90 meiner Meinung nach genau den Punkt getroffen.

Über Atomkraft braucht man mMn nicht reden, die gehört besser gestern als heute abgeschaltet.

Was Erdgas-Kraftwerke angeht:
Das ist aktuell nun mal keine Speicher-Technologie und es ist auch nicht sicher, wenn auch möglich, dass sie mal eine wird. Solange wir bei Erdgas also CO2 produzieren, kann das also auch kein nachhaltiges (im Sinne von Klima-freundliches) Investment sein.

Und man könnte ja auch ohne die Taxonomie-Einstufung „Nachhaltig“ in Erdgas-Anlagen investieren. Daher habe ich bei dem ganzen Thema eh das Gefühl, es ist entweder Moral-politisch oder es geht um eine Art Etikettenschwindel, wenn zukünftig Leute dazu gebracht werden sollen, in Erdgas oder KKW zu investieren, die eigentlich grüne Technologien fördern möchten.

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Der aktuelle Politikpodcast des Deutschlandfunks beleuchtet das Thema ganz gut, gerade auch die politischen Dimensionen innerhalb der EU. Für mich waren folgende Punkte interessant, die so in der Berichterstattung nicht vorkommen (oder von mir überhört bzw. überlesen wurden).

  • Es gibt für die einzelnen Länder nichts abzustimmen. Wer dagegen ist, muss 20 Länder mir insgesamt 60 (oder 65?) der EU Bevölkerung auf seine Seite ziehen.

  • Es ist im wesentlichen ein Finanzmarktinstrument. Bisher kann jeder Anbieter seine Produkte als „Green“ bzw. „Nachhaltig“ bezeichnen. Dann müssen die Kriterien der Taxonomie erfüllt sein. Das finde ich grundsätzlich positiv und einen ersten Schritt gegen Greenwashing.

  • Die Atomenergie soll nicht der Stromerzeugung an sich dienen, sondern die Grundlast decken. Das gleiche gilt für Gaskraftwerke. Was ist Grundlast? Diese Definition wird dann wieder spannend.

Ich würde mich freuen, wenn das Thema in der Lage beleuchtet wird, besonders aus rechtlicher Sicht. Wenn das nicht zu aus- und abschweifend ist, fände ich auch eine Darstellung seht interessant, wie EU Recht zu uns kommt. Wer (EU Parlament, Kommission, Rat) bringt wie was ein, wie wird dann abgestimmt (oder auch nicht) und wie wird es nationales Recht (unmittelbar oder durch Umsetzung in nationales Recht).

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Da passt was nicht. Atomenergie ist Grundlast, soweit korrekt. Aber eben damit auch Stromerzeugung. Dazu dann noch eventuell der Punkt, dass im Fall geringer EE Kapazitäten im optimalen Kraftwerkspark einer Region ein höherer Anteil und auch in Summe eine höhere Kapazität an Grundlastkraftwerken notwendig ist. Das trifft beispielsweise mehr oder weniger auf Frankreich zu.

Gaskraftwerke dagegen sind deutlich flexibler. Die kann man zwar auch für die Grundlast einsetzen, aber gerade bei hohen Gaspreisen (nicht nur aktuell sondern auch davor im Vergleich zu anderen Optionen) werden diese eher nicht für die Grundlast eingesetzt. Man greift da eher im Fall der Spitzenlast drauf zurück.

Wenn man auch hier den Bogen zur aktuellen Situation und der Energiewende zieht, dann werden gerade bei höheren Anteilen von EE mehr solche konventionellen, flexiblen Spitzenlastkraftwerke benötigt. Das ist und word auch zunehmend der Fall in Deutschland sein (solange es keine anderen, günstigeren bzw. besseren Flexibilitätsoptionen in ausreichender Menge gibt).

Wenn man nun wieder zum politischen Kompromisswerk der Taxonomie kommt, dann sieht man sehr gut, dass die beiden Schwergewichte der EU das bekommen haben, was sie führ ihre Energiewende wollten. Anstelle, dass beide sagen, dass es wohl nicht die besten bzw. eben einfach keine grünen Optionen sind hat man den Schaden für die Glaubwürdigkeit einfach in Lauf genommen. Scheint also doch nicht unbedingt so ernst mit dem Green Deal und der Energiewende zu sein.

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Da kann sicher niemand widersprechen, denke auch, dass das grundsätzlich Konsens ist. Möglicherweise meint FlorianR eher, dass immer so getan wird, wie wenn Renewables auf jeden Fall ausfallen und es ständig Dunkelflauten gibt, und im Gegensatz dazu fossile Kraftwerke angeblich gar nicht ausfallen. Ich glaube eher, dass Dunkelflauten nicht dazu führen sollten, irrwitzige Kapazitäten aufzubauen. Laut Deutschen Wetterdienst gab es die letzten 30 Jahre gerade mal alle 5 Jahre eine Phase von 48 h Dunkelflaute. Viel häufiger gibt es heute technische Störungen konventioneller Art. Erst neulich ist ein Umspannwerk abgebrannt und die Leute hatten mehrere Tage keinen Strom. Wenn du nach Indien oder in die USA schaust, da fällt ständig der Strom aus. Die Japaner haben nach Fukushima einfach alle Kernkraftwerke über Jahre abgeschaltet - einfach so. Die „Last“ der notwendigen Flexibilisierung wurde z.B. in der Industrie verteilt. Der „Sonntag“ wurde einfach unter die Woche gelegt. In indischen Regionen ist das seit Jahrzehnten so.

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Zumindest nach dieser Studie ist das so. Kennt jemand den Grund, warum es ausgerechnet Gasturbinen sein sollen? Außer Schnellstartfähigkeit haben die glaub ich wenige Vorteile. Die Wirkungsgrade sind eher mäßig bis schlecht. Kennt jemand Anwendungen in der Praxis? Vermutlich gibt es die in der Chemie? Kann mir nicht vorstellen, wo die Sinn machen sollen. In der Studie steht dazu leider nichts drin.

Alle Studien über sinnvoll Sektor-gekoppelte 100% Erneuerbare Energiesysteme, die ich kenne arbeiten mit Power-to-Gas und entsprechenden Gasturbinen (mit Wasserstoff oder Methan als Speichermedium). Siehe z.B. auch Quaschnig [1] und Kemfert [2].

Die erzeugen halt bei hoher Energiedichte Strom und sind dabei (im Gegensatz zu Dampfturbinen) stark teillastfähig, was sie perfekt für den Einsatz im Spitzenlastbereich macht. Und die Schnellstartfähigkeit ist ja wichtig für den Lastausgleich (Dunkelflaute etc.). An welche alternative Technik hast du denn gedacht?

GuD Kraftwerke haben Wirkungsgrade bis knapp 60%. Da kommt kein Dampfturbinenprozess dran.

Verstehe nicht was du meinst. Die fossilen Kraftwerke sind doch der beste verwandte Anwendungsfall. Auch in der Luftfahrt gibt es (Stand heute) praktisch keine Konkurrenzanwendung. Randnotiz: Erfahrungen mit wasserstofffähigen Gasturbinen wären auch für eine emissionsfreie Luftfahrt eine wichtige Grundlage.

[1] Sektorkopplung durch die Energiewende
[2] DIW Berlin: 100 Prozent erneuerbare Energien für Deutschland : Koordinierte Ausbauplanung notwendig

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Dazu zwei Anmerkungen:

  1. Wenn wir nicht wollen, dass ein Ereignis mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 1/100 bis 1/1000 Jahre unserer Zivilisation an den Rand des Untergangs bringt, muss die Stromerzeugung aus Wind und PV zu 100% durch Backup-Kraftwerke abgesichert werden und deren Brennstoffvorrat muss auf wenigstens 1 Jahr ausgelegt sein.
    Ansonsten reicht ein größerer Vulkanausbruch gefolgt von niedriger PV-Ausbeute und veränderten Windverhältnissen für ein paar Monate bis Jahre, um uns in große Not zu bringen.

  2. „Dunkelflaute“ ist ein völlig untaugliches Konzept, das suggeriert, es gäbe bei der Versorung durch Wind und PV einen Normalzustand „irgendwie OK“ und hin und wieder dann mal die Ausnahmeerscheinung „irgendwie sehr wenig“. Dabei ist der Normalzustand die ständige Fluktuation.

Was man sich also anschauen sollte, das sind solche Plots: Energy-Charts
Da sehen wir mit einer Zeitauflösung von 15 Minuten die Produktion von PV und Windkraft in Deutschland im letzten Jahr. Also entspricht jeder der roten Punkte einem 15-Minuten-Intervall. Die installierte Leistung PV+Windkraft lag über das Jahr bei ungefähr 115 GW. Die diagonalen Linien im Plot entsprechen der addierten Erzeugungsleistung vo PV und Windkraft. Alles, was unter der 10 GW Linie liegt, entspricht also Zeiträumen, in denen PV+Windkraft weniger als 10% ihrer installierten Leistung liefern. Selbst wenn wir die installierte Leistung verfünfachen würden, wird es während dieser Zeiträume deutlich zuwenig sein, um den jeweils aktuellen Bedarf an Strom zu decken.

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Geld ist ein Vorteil. Solche Kraftwerke sind relativ billig zu errichten. Also ideal für Anlagen, von denen man erwartet, dass sie selten laufen. Der Wirkungsgradvorteil von GuD-Kraftwerken reduziert sich auch, sobald man sie außerhalb ihres optimalen Arbeitspunktes betriebt.

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