EU-Taxonomie: „Greenwashing“ für Atomenergie und Gas

Also Gasturbinen gelten eigentlich als ein eher effizienteres Verbrenngsverfahren und nähernd meines Wissens mit am besten den Canot-Prozess an und erreichen ein eta von 40 % mit Leichtigkeit. Das ist eigentlich recht gut.
(Mit einer Wasserdampf Kopplung lässt es sich noch etwas verbessern, ob dies unter schnelles anspringen und Teillastbetrieb passt ist ein anderes Frage).
Allg. Verbrennung ist ja generell nicht die effizienteste Energieunwandlung da viel Energie in Wärme dissipiert, diese lässt sich mit Wasser nutzen. Somit erzeugt man Strom in Gasturbinenkraftwerke durch die Wellenleistung (und der Abwärme). Andere Kraftwerkstypen (Kohle) nutzen meist auschliesslich die Abwärme zur Energieerzeugung. Im Prinzip wie große Wasserkocher, bei dem man den Dampf durch eine dampfturbine jagt.
By the way, in der Luftfahrt sind Gasturbinen noch alternativlos. Man arbeitet intensiv an Wasserstoff-Gasturbinen aber durch schwere Integrierbarkeit der Drucktanks ist es bis jetzt nicht realisiert worden.
An was für ein Verfahren hast du eigentlich gedacht, mir fällt wirklich keine effizientere Verbrennung ein. :thinking:

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Vorweg: Das hier ist eine Meinungsäußerung, die sehr subjektiv gefärbt ist. Ich habe langsam das Gefühl, dass in der Lage dieser Streit um Atomkraft und Gaskraftwerker (auch hier im Forum) einfach weiter angeheizt werden soll. Und ich glaube inzwischen nicht mehr, dass das Ziel dabei eine sinnvolle Debatte ist.

Es wird hier im Forum wirklich heftig aber generell auf Basis von Fakten diskutiert. Dabei werden sehr unterschiedliche Meinungen und Quellen angeführt. Wie glaubwürdig jede Einzelne ist, darüber lässt sich sehr gut streiten (Beweis sind die diversen heiß diskutierten Themen dazu). Segmente in der Lage zur Energiewende beginnen jedoch meist damit, dass etwas (zum x-ten mal) differenziert beleuchtet werden soll. Im Anschluss werden dann jedoch relativ extreme Enden des Meinungsspektrums wiedergegeben. Wir kennen die Meinung der Lage zu Dingen wie der Atomkraft sehr gut und es ist legitim und respektabel diese Meinung zu vertreten.

Was jedoch wirklich zum Verzweifeln ist, ist dass dabei Techniken wie das selektive Cherrypicking von Quellen, übermäßige Vereinfachungen und Immunität gegen Debunking und Beweisen zum Einsatzkommen. Das ist einfach in jedem Kontext und jeder Debatte hochproblematisch. Man stelle sich so etwas im angrenzenden Segment über Corona vor, wenn einach Daten und Erkenntnisse ignoriert würden. Das wäre in der Lage niemals akzeptabel und wurde auch in der letzten Lage wieder scharf kritisiert.

Wenn die Lage den Anspruch hat, eine Debatte zu führen, die tatsächlich beide Seiten bereichert, könnte vielleicht einmal eine Meinung von seriösen Wissenschaftler*innen, Expert*innen und Publikationen eingeholt werden die eine Gegenposition zur eigenen Meinung vertreten. Dazu habe ich nämlich fast noch überhaupt nichts gehört und diese Argumente gibt es - auch hier im Forum zu Hauf. Auch wenn man am Ende nicht überzeugt ist, gibt es nämlich Expert*innen die die Kernenergie befürworten in großer Zahl. Das Argument, dass alle diese Forschenden von der Industrie abhängig sind ist ebenso inakzeptabel wie die Erzählung Wissenschafter*innen zu Corona seien alle von der Pharmaindustrie bezahlt. Es stimmt einfach nicht, dass wir vollkommen objektiv sind während Frankreich vollkommen ideologisch getrieben agiert.

Alternativ kann sich das wiederholte Aufrollen dieses Themas auch einfach sparen denn das Wiederholte Bestätigen der eigenen Meinung bereichert nicht die Diskussion und führt zu keinen neuen Erkenntnissen.

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Aus LdN 272 21:46:

Schon heute steckt kein privates Unternehmen Geld in Atomkraftwerke ohne staatliche Bürgschaften, weil das Risiko nahezu unkalkulierbar ist

Da bin ich ein bisschen ratlos zurückgelassen, wie ihr darauf kommt.
Mein Unternehmen ist overweight in Atomkraftwerke und Uran-minen investiert - gerade weil auf der ganzen Welt mehr AKWs gebaut werden.
Der BusinessCase ist doch gerade, dass man mit Atom- und Kohlestromanlagen dann seine hergestellte Energie besonders teuer verkaufen kann, wenn die Erneuerbaren nichts bringen.
Die Renditen aus dem Bereich sind deshalb ja auch besonders hoch.
Gestern war es tagsüber zwar ein wenig sonnig aber nicht windig - perfekte Zeit also um polnischen Kohlestrom nach Deutschland zu verkaufen. Das wird sich auch nicht ändern wenn noch 10mal mehr Windräder sich irgendwo nicht drehen.


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https://www.iaea.org/sites/default/files/styles/basic_page_section_original_ratio/public/regional_nuclear_power_capacity_over_time-02-02.png?itok=fPmrEZJH

Hm.

Von 1960 bis 2020 gab es jedes einzelne Jahr einen Anstieg installierter Leistung der AKWs .
Und mit der EU-Taxonomie sowie den geplanten Bauten wird dies auch in den nächsten 60 Jahren so weitergehen.

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Also ich fand in der aktuellen Lage wurde das Thema wieder gut dargestellt. Und um es entsprechend zu bereichern könntest du dich ja einfach mal auf die Suche nach den ernst zu nehmenden Wissenschaftlern machen.

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Du hast sicher am Ende deines Beitrags bemerkt, dass du deine Bewertung die wären doch so toll dann doch relativierten musst, weil Verbrennungsverfahren halt generell nicht zu den effizientesten Verfahren gehören (deine Worte). Und H. Carnot ist halt die physikalische Randbedingung. Wenn ein GuD 60% schafft, dann sind das doch 50% Unterschied. Da würde ich eher sagen, Gasturbinen sind komplett untauglich. Möglicherweise liegt es an den geringeren Invest-Kosten, wie es Günther anspricht.
Aber da ihr nach den Alternativen fragt: Die Brennstoffzellen wird schon mit 60% elektrischen Wirkungsgrad gehandelt. Da könnten schon auch 70% drin sein. Da kann ich auf jeden Fall Wasserstoff für einsetzen. Und ja, die gibt es heuten möglicherweise noch nicht in allen Dimensionen.

Ich meine eben den Unterschied, zwischen der „stand alone“ Gasturbine und dem GuD Kraftwerk. Die werden beide separat in der Studie dargestellt. Mal abgesehen von der Stromerzeugung im großindustriellen Maßstab gibt es nach meiner Kenntnis vor allem BHKW, und jetzt vermehrt die Brennstofzelle.

Dann Rate ich dir den Forumsbeitrag „Atomkraft ist Kokolores“ durchzulesen. Dort ist von Seiten der Atomkraft Rationalisten einiges an Quellen geliefert worden - leider sind auch damals weder die Atomkraftgegner im Forum noch die Lage selber darauf eingegangen.

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Ist doch schon mehrfach gesammelt worden in diesem Forum. Aber ok, einmal spiele ich mit.

Anders als beim Agora Thinktank, gibt es allerdings kein einziges IPCC-Scenario, mit dem das 1.5 °C Ziel ohne Nuklearenergie erreicht werden kann. Ich glaube da arbeiten Leute die sich damit auskennen.

Mal eine Pressemeinung aus der Washington Post:
https://www.washingtonpost.com/opinions/if-germany-wants-to-achieve-climate-neutrality-it-needs-nuclear-power/2019/06/03/1c1219a8-8612-11e9-a491-25df61c78dc4_story.html

Dann von einer Organisation der vereinten Nationen:
https://unece.org/climate-change/press/international-climate-objectives-will-not-be-met-if-nuclear-power-excluded

Und eine wie ich finde schöne Zusammenfassung der in der Lage besprochenen Problematik das tatsächlich Pros und Cons abwägt:

Andere haben hier im Forum bereits deutlich detaillierter argumentiert als ich mit diesen recht breiten Quellen. Der Punkt ist der: Man findet schon recht seriöse Quellen - welche Meinung man sich am Ende daraus bildet ist mir egal, aber so zu tun als wäre sich die gesamte Welt und alle Experten einig, ist eine Verzerrung der Realität und das ist in der Lage unüblich.

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Das hatte ich in meinem Beitrag tatsächlich schlecht beschrieben. Natürlich muss man die (bedingt Teillast geeigneten) GuD Kraftwerke verstärkt im Mittellast-Bereich und die (gut Teillast geeigneten) Gasturbinen im Spitzenlast-Bereich betreiben (sieht man auch im Fraunhofer-Bericht). Dann bekommt man im Mittel einen sehr guten Wirkungsgrad.

Jep. Die moderne stand alone GT hat nur einen Wirkungsgrad bis ~40%. Da gibt es sicher was Effizienteres. Der Einfluss auf die CO2-Bilanz ist vorhanden aber überschaubar, wie man bei der erzeugten Strommenge sieht (Fraunhofer Bericht Abbildung 17). Wenn man diese jetzt mal mit der installierten Kapazität vergleicht (Fraunhofer Bericht Abbildung 4, Szenario Referenz) dann versteht man spätestens, warum bei der Spitzenlast die Investitionskosten so wichtig sind. Um die Abbildungen zu interpretieren bietet sich vor allem der direkte Vergleich mit GuD an.

Geringe Investitionskosten und gute Teillast-Fähigkeit wären also für eine alternative Technologie wichtig. Ich könnte mir bei einem Brennstoffzellen-Kraftwerk schon vorstellen, dass es einen besseren Wirkungsgrad als die GT schafft. Die 60% scheinen mir allerdings für Kopplung mit einer GT gerechnet zu sein (womit sich der Kreis schließt :slightly_smiling_face:). Wo die 70% Potential herkommen kann ich noch nicht sehen. Bzgl. Teillast-Fähigkeit habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung. Investitionskosten sind heute noch viel zu hoch. Die werden sicher noch sinken. Das würde mich auch interessieren, wo da die Reise hingeht und ob das wirklich eine Alternative wäre.

Ich fand den Beitrag in der aktuellen Lage ehrlich gesagt gar nicht so schlecht. Ein für unsere Diskussion hier interessanter Aspekt war m.E. vor allem die politische Dimension. Nämlich, dass sich das „Label“ nicht nur für private Investoren, sondern in der Praxis auch für staatliche Gelder als richtungsweisend entpuppt.
Wenn in der Lage die Zeit für sowas da ist, würde ich mich natürlich auch über ein entsprechendes Experteninterview freuen.

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Anzumerken wäre noch, dass der Wärmebedarf im Winter so hoch ist, dass man die Abwärme der Elektrizitätserzeugung zu einem Gutteil in Fernwärmenetzen verklappen können. Dazu muss natürlich ein Anschluss vorhanden sein (und das Fernwärmenetz sollte über größere Speicher verfügen). Kraftwerksstandorte auf der Grünen Wiese kommen somit nicht in Frage.

Aber wenn die Abwärme genutzt werden kann, dann tut der nicht so dolle Wirkungsgrad nicht weiter weh.

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in der Praxis ist für renditeninteressierte private Investoren wichtig, ob staatliche Gelder auch investieren, da diese den Preis hoch treiben. Es gibt aber vermutlich nur geringes Volumen an privaten Investoren, die nur aufgrund eines ESG-Labels (oder grüner Taxonomie-Einordnung) seine Investitionen ändert.
Wer nachhaltig investieren will, tut dies hauptsächlich nach eigenen Kriterien. Sprich ein Berliner Podcaster mit Atomkraftablehnungshaltung wird nicht auf einmal in Atomkraft investieren, nur weil die EU Atomkraft als grün einstuft.
Ich möchte zwar nicht ausschliessen dass einige „blind“ investierende Fonds da anders handeln, aber so groß ist der Reibach da nicht.

Darf ich zur Auflockerung der Diskussion hier noch eine schön veranschaulichte Facette hinzufügen mit Blick auf die Wirkung der Investitionen im Bereich Atomkraft - kann nicht einschätzen, wie es bei Gas wäre. Bin mir nicht sicher, wie repräsentativ das Beispiel ist, aber ich fand es schön auf den Kern geschmolzen:

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Ich kann mir nicht vorstellen, wen du da meinst. :slightly_smiling_face:

Aber im Ernst: es gibt doch inzwischen eine stark steigende Nachfrage bei nachhaltigen ETFs und die wenigsten privaten Kleinanleger werden die einzelnen Firmen im Index alle im Detail recherchieren. Da könnte ich mir schon vorstellen, dass die Fondgesellschaften verstärkt auf dieses Label gucken und das als Qualitätskriterium fungiert.

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Worauf möchtest du hinaus. :thinking:
Reden wir noch von Nachhaltigkeit oder Physik.

Das folgende hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun und dient eher zum allgemein technischen Verständnis und der Motivation hinter Entscheidungen.
Die Energien die in chemischen Speichern stecken sind immens, wodurch trotz geringer Wirkungsgrade hohe Absolutenergien freigesetzt werden. Brauchst du power, verbrennst du etwas. Traurig aber leider wahr…
(By the way, die komplexesten Systeme, die ich kenne sind Raketentriebwerke. Bei Raketen rechnet man mit dreistellige oder mehr Kg/s, das kann man sich fast nicht vorstellen. Ca 230t in etwas über 200s, bei Ariane 4)
Am Ende des Tages geht es im Engineering immer um das erfüllen des Missionsziels. Dieses „Ziel“ lässt sich mit chemischen Speichern relativ leicht erreichen, halt in der Regel auf Kosten der Umwelt. Das erklärt auch in gewisser Weise den Branchenübergreifenden Erfolg der Wärmekraftmaschinen. Fortschritt und Wachstum waren lange Zeit wichtigster Antreiber in der Industrie und ein Umdenken findet sehr langsam statt.

Zur Brennstoffzelle
Ein Wirkungsgrad alleine sagt nicht viel aus, man muss wissen auf was sich dieser bezieht. Bei der Brennstoffzelle, meinst du den gesamten Wirkungsgrad mit 70%? Dann verwechselt du etwas. Üblich sind meist niedertemperatur Proton Exchange Menbrane Fuel Cell kurz PEM.
Kleiner Überblick: Der faradaysche Wirkungsgrad liegt über 90%, der energetische zwischen 10-70%, der ideale Thermische Wert bei etwa 83% oder der Spannungswirkungsgrad meist um die 60-75%.
Der gesamt Wirkungsgrad errechnet sich aus den Produkt von ideal, Spannung, energetischer und weitere Betriebs- und Einbauverluste.

Ich hoffe etwas Licht in das Begriffs-Wirrwarr hier zu bringen :+1:t2:

Verstehe die Diskussion nicht. AKWs und Kohle haben in Deutschland keine Zukunft.

Ich freue mich aber immer wieder, wenn wir Deutsche, allen anderen Ländern unsere moralische Überlegenheit aufzwingen wollen ohne zu merken, dass wir oft damit alleine stehen.

Meine lessons learned: In einer Debatte, in der idiologische Argumente über Allem stehen, kann nichts vernünftiges raus kommen. Zudem bin ich gespannt, ob wir in 10 Jahren lieber das Land still stehen lassen, oder den Strom doch aus Frankreich beziehen.

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Tja, die Menschen legen eben bisher eben gern renditenarm an. Bisher.
Sobald die Menschen merken, dass die ESG-Fonds schlechter performen als die Emerging Market-abbildenden ETFs werden sie Umschwingen. Der Finnische Rentenfond Ilmarinen hat beispielsweise schon 600.000.000€ aus dem ESG ETF abgezogen.

Niemand hat Geld zu verschenken - erst recht nicht Staatsfonds. Wenn da auf grünere aber renditenarme Pferde gesetzt wird heisst es umschichten.
Oder Assets grüner umlabeln damit sie in ESG-Fonds reindürfen.

Das ist interessant, dass du meinst Nachhaltigkeit und Physik könne man voneinander getrennt betrachten :slight_smile:
Die Aufgabenstellung ist doch aus 1 kWh Wasserstoff x kWh Strom zu erzeugen. Man könnte jetzt noch den Carbon Footprint des Produkts „Gasturbine“ oder „GuD-Kraftwerk“ vergleichen, aber ich glaube ziemlich sicher das ist irrelevant. Möglicherweise zielt dein Hinweis auf die chemischen Speicher dorthin. Hat das schon mal jemand durchgerechnet?
Auch bei der Brennstoffzellen ist das reichlich trivial. Dort geht auch vorne 1 kWh Wasserstoff rein und hinten kommen x kWh Strom raus. In allen Fällen spielt es natürlich eine Rolle, ob mir die dabei entstehende Wärme nützlich ist oder nicht (wie auch Günther richtig beschreiben hat).