Das ist sicherlich eine korrekte Analyse, hat aber kaum Relevanz für die Frage, um die es hier eigentlich geht. Nämlich die der Speicherung.
Was hilft es denn, wenn z. B. nach 18 h „Dunkelflaute“ die Leistung von PV+Wind mal kurz über den magischen 10%-Wert der installierten Leistung hüpft und dann kurze später wieder darunter fällt? Ist dann nach obiger Definition keine Dunkelflaute - macht aber die gleichen Probleme.
Was man eigentlich tun müsste: Die Residuallast, also PV+Wind minus den jeweiligen Strombedarf, aufsummieren über die Zeiträume. Je länger da eine Unterdeckung vorliegt, desto größer wird der „Haufen“ an Energie, den man aus Speichern bereitstellen müsste. Wenn Überproduktion vorliegt, kann man die Speicher wiederum befüllen.
Was man dann sieht: selbst 50% Dunkelfaute wären kein so großes Problem, solange diese nur immer schön brav alle 12 Stunden auftritt und sich mit einer gleich langen Phase der Überproduktion abwechselt. Vereinfacht gesprochen muss man dann nämlich „nur“ noch den landesweiten Energiebedarf über 12 Stunden speichern. Eine solche Situation hat man, im besten Falle, nahe des Äquators, wenn man auf Sonnenenergie setzt. Da sind Kombinationen aus PV und Batteriespeicher schon heute in manchen Fällen wirtschaftlich die sinnvollste Lösung - gerade für Inseln, wo man sonst Brennstoffe erst aufwendig hinschippern muss.
Ganz anders sieht es aus, wenn eine Phase der Unterdeckung auch mal ein paar Wochen anhalten kann. Und das ist leider bei uns der Fall. Völlig unerheblich ist es dabei, ob PV+Wind da nun 9% oder 11% ihrer installierten Leistung liefern. Was allein zählt, ist die Energiemenge, die in der Summe über diesen Zeitraum fehlt.
Wenn man Deutschland als Insel betrachtet, dann kommt man dann bei einem Speicherbedarf von ungefähr 4 bis 6 Wochen aus. Das ist heftig.
Aber leider nicht den Speicherbedarf (TWh für die 4 bis 6 Wochen?) oder Prognosen bis wann wie viel Speicherkapazität möglich ist und wo wir jetzt gerade stehen.
Wenn du ein wenig Zeit investierst, kannst du hier sehr bequem sowohl die Erzeugungsdaten als auch den Strombedarf von einigen europäischen Länder runterladen über zig Jahre: Data Platform – Open Power System Data
Zeitliche Auflösung ist stündlich oder gar viertelstündlich.
Diese Daten kann man dann mit Excel oder einem selbstgeschriebenen Skript verarbeiten. Ist kein Hexenwerk.
Wahrscheinlich kommt es drauf an, in welcher Phase des Energiesystem-Umbaus wir uns befinden. Für einen späten Zeitpunkt, wo wir notwendigerweise eine große Speicherkapazität aufgebaut haben müssen, tritt das Thema kurzfristige Dunkelflaute in den Hintergrund. Im jetzigen Zustand haben wir ja noch kaum Speicher und verbrauchen im Winter entsprechend mehr fossile Energie. Da spielt also das Thema gesicherte Leistung des Kraftwerksparks schon eine Rolle. Statt hier mehr gesicherte Leistung zuzubauen, könnte man alternativ auch auf Langzeitspeicher setzen (sofern verfügbar).
Edit: wobei das ehrlicherweise am Ende auch auf mehr Kraftwerke hinaus läuft …
Das ist richtig, aber es wird impliziert, dass das ein ausschließliches Problem von Wind und Solar ist. Aber auch bei Atomkraftwerken, Kohlekraftwerken und Gaskraftwerken gibt es geplante und außerplanmäßige Ausfallzeiten. Unser Stromnetz ist in der Lage diese zu kompensieren. Ein Kraftwerk mit bis zu 1,5 GW Leistung das spontan runtergefahren wird reist dabei ein wesentlich größeres Loch als die dank Wetterbericht planbaren Wind- und Solarkraftwerke.
Richtig, doch sehen wir momentan auch, dass gerade diese Kraftwerke besonders anfällig sind. Wenn Putin die Speicher leerfährt und den Gashahn zudreht, stehen die Gaskraftwerke und zwar alle! Über diese „Gasflaute“ spricht jedoch niemand.
Nur, dass das in seinen Auswirkungen für ein großes Stromnetz nicht ansatzweise vergleichbar ist mit der hier problematisierten Wirkung einer Dunkelflaute, wie ja schon an anderer Stelle diskutiert. Daher finde ich die (z.T. berechtigte) Kritik an der Störanfälligkeit von Kohle- und Atomkraftwerken in diesem Zusammenhang irritierend.
Was wir ja schon geklärt haben ist, dass die (kurzen, heftigen) Dunkelflauten in einem Netz mit großem Speicher gar nicht so einen entscheidenden Einfluss auf die einzuplanenden Speicherkapazitäten haben.
Ich will mich gar nicht an Spekulationen beteiligen, ob und wann Putin uns den Hahn zudrehen wird – da gibt es diverse Einschätzungen. Jedenfalls gebe ich dir Recht, dass die Devise sein muss, möglichst nicht zu lange in einem Zustand zu verharren, wo wir riesige Gaskraftwerk-Parks fossil betreiben. Die müssen natürlich so schnell es geht mit elektrolysiertem regenerativen Strom befeuert werden. Dann kann Putin mit seinem Gashahn machen, was er möchte. Wenn Power-to-Gas also nicht rechtzeitig hochskaliert, ist das durchaus ein Problem.
Du solltest die Quellen die Du benutzt auch lesen. Da steht nicht dass die Summer ALLER Anlagen fällt, sondern da ist nur von „bestimmten Gebieten“ die Rede…
Das sagt doch alles: Wenn ALLE auf erneuerbare Energien setzen, haben wir kein Problem.
Vielen Dank für den freundlichen Hinweis . Die Kritik verstehe ich allerdings nicht. Ich traue dem DWD schon zu, dass er für seine Aussagen repräsentative Gebiete auswählt. Oder welche Bedenken siehst du hier?
Ich teile die Meinung dass hier eher ein Phantom heraufbeschworen werden soll. Auf absehbare Zeit werden wir auch noch die Kohlekraftwerke in der Reserve haben, wenn es also Probleme gibt wird man auch auf die zurückgreifen können.
Finde es eigentlich spannend, dass das Thema überhaupt so hervorgezerrt werden kann. Es gibt bei den entsprechenden Stellen (Versorgungsnetzbetreiber, Behörden, Kraftwerksbetreiber, etc.) ja durchaus Leute die sich kompetent mit so etwas auseinandersetzen um es eben nicht zu einem Problem werden zu lassen - aber man denkt diese Leute existieren nicht oder sind alle inkompetent?
Ich denke, es gibt eine nicht völlig unbegründete Sorge, dass die Politik es verpennt, rechtzeitig den Bau von ausreichend Backup-Kraftwerken zu fördern. Von allein wird dieser nämlich nicht stattfinden. Und die heute existierenden Kraftwerke haben zum Teil schon Jahrzehnte auf dem Buckel. Ob die, nachdem sie einmal eingemottet sind, im Bedarfsfall wieder problem,os hochfahren kann, ist eine offene Frage.
Woher kommt die Sorge? Sogar unser grüner Energieminister, der nun mal nicht als Freund fossiler Brennstoffe bekannt ist, sieht das Problem. „Das hört sich bei Habeck anders an: „Wir brauchen für den Übergang Gaskraftwerke, das ist völlig unstrittig.“ Auch als Reservekapazität – etwa für windstille und sonnenfreie Zeiten – setzt er zumindest teilweise auf Gas.“ (Quelle: Wie Robert Habeck seine Pläne zum Klimaschutz erreichen will | WEB.DE)
@tlenz hat da völlig recht. Die Leute, die sich professionell mit dem Gelingen der Energiewende beschäftigen, sind ja nicht blöd. Trotzdem ist die Frage von @Richa berechtigt, und es gibt ja durchaus auch praktische Probleme dabei (z.B.: wo speichere ich diese Riesenmenge Wasserstoff oder synthetisches Gas? Wie soll sich Elektrolyse lohnen, wenn sie nur bei Spitzenlast voll ausgelastet wird?). Aber es gibt ja keine wirkliche Alternative dazu, in die Richtung zu gehen. Und da diese Technologien noch nirgendwo im großen Stil stehen, wird sich sicherlich auch noch eine deutliche Kostenreduktion und sehr viel Innovationsdynamik einstellen, eventuell sogar mehr als prognostiziert.
Das habe ich mir lange auch gedacht und dies war für mich auch immer einer der wichtigsten Gründe für die Energiewende. Allerdings fand ich dann auch den Perspektivenwechsel erhellend: Wenn ich im Kreml säße und hörte, dass diese EU-Länder nun ernst machen mit der Energiewende dann würde mir das Sorgen machen. Denn dies bedeutet, dass ich nun Jahr für Jahr 5% weniger Einnahmen aus Gasexporten generiere. Projekte wie Nord Stream 2 werden für meinen wichtigen Steuerzahler Gazprom zur Investitionsruine und ich bin als Gaslieferant auf einmal nicht mehr relevant. Das ist eine existentielle Bedrohung für den Staat Russland in seiner jetzigen Form - vielleicht sogar noch viel größer, als die ganze Russland-NATO-Säbelrasselei. Eine derartige Destabilisierung sehe ich als problematisch.
Das bedeutet nicht, dass eine Energiewende Mist ist, da sie das Funktionsmodell des Staates Russland in Frage stellt, und ich habe keine gute Lösung, aber ich finde, dass eine konsequent zu Ende gedachte Energiewendepolitik diesem Aspekt zumindest Rechnung tragen sollte. Zumal auch alle mir bekannten realistischen Simulationen zur Treibhausgasneutralität 2035, 2045 oder 2050 (Wuppertal Institut, Fraunhofer ISE, Umweltbundesamt) davon ausgehen, dass Klimaneutralität in Deutschland bis zu diesen Zeitpunkten beträchtliche Energieimporte in Form von grün erzeugtem Wasserstof/Windgas bedürfen wird. Vielleicht wäre es ja eine Vision für 2040, dass Russland dann durch die bestehende Pipeline-Infrastruktur Windgas nach Europa exportiert. Platz für WKAs scheint es in Russland ja erst einmal zu geben und eine geeignete Infrastruktur ist auch vorhanden (im Gegensatz z.B. zu den in der Schublade gescheiterten Desertec-Plänen).
Vor allem, weil es keinen business case gibt. Ganz davon abgesehen sind die Regionen politisch extrem instabil, haben für die eigene Versorgung keine Renewables, vermutlich nicht mal genug Energie (die jetzt gerade kein Erdöl fördern - gibt´s die?). Es gibt kein Wasser, keine Infrastruktur vor Ort, keine für den Transport, keinerlei Fachkräfte, . …
Vom Geschäftsführer der Desertec habe ich vor etwa 2 oder 3 Jahren einen Vortrag in Berlin gehört. Der ist natürlich nach wie vor komplett begeistert. Ich meine er wollte Stromleitungen legen nach UK und Europa, bin mir aber nicht mehr ganz sicher. Jedenfalls über weite Strecken durchs Meer und hält das für unproblematisch und profitabel (irgend wann mal). Aber er hat auch gemeint, dass es erst mal darum geht, in den betroffenen Ländern überhaupt eine Energieversorgung herzustellen.
Das hatte ich bisher immer als Haupt-Hinderungsgrund angenommen.
Was ich mich halt frage ist, warum andere dann investieren? Die Kosten für die produzierte kWh müssten ja spottbillig sein. Hört sich also eher nach einer Frage des langfristigen Kommittents an.
Ich kann mir jedenfalls kaum vorstellen, dass diese Potentiale nicht langfristig gehoben werden (müssen), wenn die ganze Welt ernst macht mit Energiewende.
Marokko ist ja genau der Fall. Kein eigenes Öl, baut derzeit massiv Erneuerbare (erstmal für den Eigenbedarf) auf, ist abgesehen von Westsaharakonflikt einigermaßen politisch stabil. Deshalb taucht das dann ja auch immer wieder in der Diskussion auf. Aber zaubern können die auch nicht. 52 % Erneuerbare bis 2030, bringt ihnen immerhin Quasi-Platz 3 hinter Schweden und Dänemark (Weltrangliste beim Klimaschutz | Wissen & Umwelt | DW | 10.12.2019)
Ich glaube nicht, dass das so gerechnet ist. Die Rede ist ja von einer zweitägigen Dunkelflaute in DE mit dieser Wahrscheinlichkeit, im europäischen Energieverbund. Im übrigen muss man sehen, mit was man diese Absicherung erkauft. Glaube die Amerikaner wären froh, bei nur zwei Tagen in 5 Jahren. Und das andere Extrem ist die Absicherung über eine zweijährige Dunkelflaute, wie sich Günther sich wünscht.
Ist halt Statistik. Wenn man sich ansieht, wie Marokko oder Indien sich mit den CO2-Emissionen entwickeln, dann kann einem Angst und Bang werden. Das hat auch nichts damit zu tun, dass ich denen die wirtschaftlichen Entwicklung versagen wollte, auf keinen Fall. Aber halt anders, als wir das so schlecht vorgemacht haben.