Ich würde ja nicht bestreiten, das Menschen mit einem guten Einkommen oder eigenem Vermögen auch wesentlich zum Leistungsvermögen der Gesellschaft beitragen.
Allerdings nehme ich, speziell bei den Aussagen von FDP, auch CDU und CSU, eine gewisse Fokussierung auf genau diese Zielgruppe wahr.
Besonders die Aussagen der Klausurtagung CDU und CSU interpretiere ich eher wie folgt: „Wer durch seine Leistung, die sich nur durch Vermögen und hohe Gehälter ausdrückt, zum Wohlstand Deutschlands beiträgt, muss besonders gepflegt und gefördert werden. Wer kein hohes Gehalt oder kein Vermögen hat, erbringt offenbar nicht ausreichend Leistung und hat daher keine Förderung verdient. Lediglich wer aus unverschuldeten Gründen wie Krankheit etc. keine „Leistung“ erbringen kann, darf mit einer Grundversorgung rechnen aus „sozialen“ Erwägungen.“
Mit dieser Sichtweise forciert man meiner Ansicht nach aber einen sehr einseitigen und „ungerechten“ Leistungsbegriff. Da zum Beispiel Leistung und Entlohnung nicht immer in einer entsprechenden Relation stehen.
Daher finde ich die Diskussion um Leistungsträger immer sehr schwierig.
Wie schafft man es, drei Jahre als Paar mit 150k Jahreseinkommen in einer 65 qm Wohnung kein Vermögen aufzubauen? Sorry aber entweder habt ihr euer Geld mit vollen Händen ausgegeben oder du hast dich in deiner Beschreibung massiv arm gerechnet.
Ich gebe Ihnen recht, den Begriff Leistungsträger, muss man differenziert betrachten. Das Vermögen eines Menschen spielt bei der Frage, ob er Leistungsträger ist oder nicht meiner Ansicht nach keine Rolle.
Die Frage, wie viel jemand verdient, ist in meinen Augen schon relevant. Ich lasse jetzt mal die ganz hohen Gehälter außer Acht. Aber im Bereich bis etwa 300.000 € Jahres-Einkommen sollte das Gehalt und der Wert der Leistung, den derjenige erbringt, schon in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Natürlich kann man diskutieren, welchen Anteil an der Leistung eines Unternehmens der Einzelne hat. Aber ich ordne hier den höheren Gehältern – also dem Management – eine höhere Gewichtung zu. Daher sehe ich Menschen mit hohem Gehalt auch als Leistungsträger – auch wenn das an anderer Stelle von verschiedenen Foren Teilnehmern (@Tris ) infrage gestellt wurde. Natürlich werden diese Gruppen von Parteien wie die FDP oder der CDU eher berücksichtigt und thematisch unterstützt. Sie werfen der SPD oder den Linken hier auch nicht vor, dass sie keine Politik für Wohlhabende betreiben. Das ist nun mal nicht die Zielgruppe der Sozis.
Was die Diskussion schon ganz gut zeigt ist, dass die Höhe des zu versteuernden Einkommens des letzten Steuerjahres kein besonderes guter Indikator ist, ob jemand Elterngeld „verdient“ hat oder nicht.
Es berücksichtigt nicht, ob das Geld in einer 35h oder 80h Woche verdient wurde. Es berücksichtigt auch nicht, ob jemand diesen Verdienst einmalig oder dauerhaft hat. Es gibt ja durchaus Berufe in denen man in sehr kurzer Zeit viel Geld verdient und das dann für eine lange Phase ohne viel Einkommen zurücklegen muss.
Es kann trotzdem sein, dass es der praktikabelste Indikator ist, den wir haben. In den allermeisten Fällen wird ein Paar mit 150k Einkommen im letzten Jahr durch das wegfallende Einkommen nicht arm. Und gegenüber einem Mindestlohn-Verdiener könnte man das auch kaum als „ungerecht“ verkaufen.
Dass ein Paar im 35h Job mit 149k volles Elterngeld bezieht, und eines dass sich im letzten Jahr mit 80h+ und 151k den *rsch aufgerissen hat, um vielleicht ein finanzielles Polster für die kommenden Jahre mit reduziertem Einkommen anzulegen, leer ausgeht, ist dann eher ein Fall von relativer Gerechtigkeit.
Was inzwischen ja auch diskutiert wird, ist, ob die Vorlaufzeit bis 01/24 überhaupt verfassungsgemäß ist.
Ausgangsbasis war doch die Frage, ob Familien mit einem Haushaltseinkommen über 150k € durch eine Kappung des Elterngeldes effektive Nachteile haben, die nicht durch das ohnehin im Vergleich hohe Gehalt kompensiert werden können.
Das es zwangsläufig da zur Frage kommt, was ein hohes Gehalt ist, wie es sich begründet und rechtfertigt, ist logisch, denke ich.
Ob es Obergrenzen geben muss, das widerspricht wohl dem Prinzip von Angebot und Nachfrage.
Allerdings stellt sich bei manchen „Ausreißern nach oben“ die Frage, ob es nur um die Finanzierung einrs gehobenen Lebensstils geht, oder nur ums eigene Ego? Wenn ich mehr Geld verdiene als ich im Leben ausgeben kann, und mitnehmen kann man nicht ins Jenseits, tendiert man schon zum Ego.
Aber zum Elterngeld: soweit ich informiert bin, ist unser Finanzminister gegen die Kappung, schlägt eher vor, den gleichzeitigen Bezug von Elterngeld zu kürzen oder zu stoppen
In meinen Augen sollte man diese ganzen Bedingungen streichen, Elterngeld, wie die meisten anderen Zahlungen auch, pauschal auszahlen aber versteuern. Wir regulieren uns zu Tode.
Das finde ich weiterhin die falsche Frage. Entscheidender fände ich die Frage, ob durch die neue Elterngeldregelung die richtigen Anreize gesetzt werde. Ist ja OK Gutverdiener stärker zu belasten, aber warum belaste ich Gutverdiener mit Kindern stärker, ändere aber nichts bei denen ohne Kinder?
Kritik dazu auch von den Wirtschaftsweisen [1]. Die sprechen sich stattdessen für eine Reform des Ehegattensplittings aus.
Wenn du dir mal die Regelungen um Hartz 4 aus der Nähe ansehen musstest, dann wird das schnell klar. Wir hatten hier mal den ‚Ein-Euro-Job‘ als Zwangsmaßnahme. Man hat, über die Jahre, die Sozialleistungen so wenig mit dem Wirtschaftswachstum (aka ~ Inflation) steigen lassen, dass ein abrutschen da hin einfach den kompletten ab und ausstieg aus der Gesellschaft bedeuten kann (und für viele Bedeutet).
Darum ist die Zurückhaltung derer, mit einem guten bis sehr guten Auskommen (ab Haushalt 130K in Großstadt), wenn es um die Erhöhung des Mindestlohnes oder anderer Sozialleistungen geht auch nur mit erfolgreicher Propaganda oder fehlender Bildung der selbst definierten Mittelschicht zu erklären. Entweder dadurch wird weniger Sozialleistung in Anspruch genommen und/oder das Geld wird sehr schnell in Umlauf gebracht. Das tun die selbst erklärten Mittelschichtler ja nicht mehr so viel (auf dem lokalen Markt).
Aber hey, diese Leute erklären uns dann immer nach Markus Lanz wie die Wirtschaft funktioniert. Es ist - pardon my French - zum Kotzen was da an 4d Schach aufgefahren wird. Was auch zum Kotzen ist: Die entweder oder Rhetorik. Dass es kein Elterngeld bei 300K im Jahr mehr gibt, geschenkt, aber je näher man an die Grenze kommt, desto weniger klar ist das definiert und um so öfter höre ich: Euch kann man es wegnehmen, weil es für die Kinder Grundsicherung gebraucht wird. So weit zu denken um Fragen zu stellen wie z.B. gibt es denn so viele Wohlhabende Pärchen, zwischen 150K und 300K dass sich daraus 240 Millionen (dachte ich hatte das gelesen) Einsparungen ergeben, die wohl dafür benötigt werden?
Was hier passiert ist: man spielt Menschen gegeneinander aus, die eigentlich wirklich sehr viele Interessen hätten miteinander zu agieren statt sich hier von einem offensichtlich fachlich stark überforderten Finanzminister gegeneinander ausspielen zu lassen und das Sommerlich hier mit 389 Posts zu füllen (ja, ich meine mich hiermit auch selber).
Vielen Dank für das Trennen der Therads. Dass wir hier von einer Diskussion ums Elterngeld auf eine Diskussion um gerechte Einkommensverteilung gekommen sind, ist etwas seltsam.
Schließlich ist Elterngeld keine Sozialleistung. Es soll vor allem mehr Gleichberechtigung bringen. Dass dieses Ziel durch die neue Regelung kompromittiert wird, sagen nicht nur die Wirtschaftsweisen, sondern das bestreiten noch nicht mal Grüne und FDP. Sie haben halt nur aktuell keinen besseren Vorschlag, auf den sich beide einigen können.
Sowohl die das „Arm-rechnen“ von Gutverdienern als der Hinweis darauf, dass diese Gutverdiener das Elterngeld ja nicht zum Überleben brauchen geht daher m.E. völlig am Thema vorbei.
Worüber man sich in der Tat streiten kann ist, wie groß der negative Effekt dieser Neuregelung ist. Durchaus möglich, dass er kaum ins Gewicht fällt. Ein geschicktes Gesetz sieht allerdings anders aus.
In der aktuellen Debatte sehe ich aber eher ein Abwägen, an wen die begrenzten Mittel verteilt werden – und Kinder aus der Armutsspirale zu holen, verringert die Folgekosten drastisch und ist auch mit Blick auf die Chancengleichheit aller immens wichtig.
fairerweise muss man sagen, dass Care-Arbeit in den betroffenen Einkommensklassen oft ausgelagert wird, etwa an Haushalthilfe, Babysitterin oder Au-pair. Die Elternzeit selbst wird von entsprechenden Vätern gerne für Urlaub genutzt.
Wie Christian Lindner, der im Interview sagte, dass er natürlich auch zwei Monate Eltern Zeit nehmen würde, da er dann mal Zeit zum angeln hätte.
Dieses Ziel hat es allerdings nie in den hohem Einkommensbereichen erreicht, sondern maximal die 2 Monate Partnerelternzeit. Von daher ist es mit dem Argument sogar überfällig gewesen die Grenze runterzusetzen.
Das hattest du schon mal erwähnt. Gibt es dazu eine Quelle? Die Wirtschaftsweisen scheinen genau in die andere Richtung zu argumentieren (Quelle s.o.):
„Die Wirtschaftsweisen halten eine Senkung der Einkommensgrenze im Elterngeld für kontraproduktiv. Nach Einführung des Elterngelds hätten deutlich mehr Frauen mit höherem Einkommen und höherem Bildungsniveau Kinder bekommen, argumentierten sie. Zudem beteiligten sich die Väter häufiger an der Betreuung.“
Wir gesagt, das Elterngeld wird bei Gutverdienern nicht der entscheidende Faktor sein, dafür ist es dank Deckelung zu gering.
Und Väter in Elternzeit sind immer noch die Ausnahme. Auch da hat das Elterngeld nichts gravierendes geändert.
Ihr habt Recht, dass Väter effektiv praktisch nur max. die 2 Monate Elternzeit nehmen. Sorry @Tris.
Auch wenn das wenig ist, erlebe ich es zumindest im persönlichen Umfeld als Türöffner - sprich je normaler es wird, dass Väter zumindest etwas Elternzeit nehmen, desto mehr Präzedenzfälle gibt es, wo daraus ein halbes Jahr wird. Gerade weil sich in diesen Fällen zeigt, dass keine beruflichen Nachteile entstehen.
Das Argument, dass Väter oft nicht aus finanziellen Gründen die Elternzeit verweigern, sondern wegen Angst im Job ist sicher auch valide. Auch da kenne ich inzwischen allerdings genügend Beispiele - gerade in Städten mit hohen Mieten oder einem Hauskredit - wo das auch bei Gutverdienern anders ist.