Eine Krankenversicherung für alle/Bürgerversicherung

Im Presseclub hieß es hierzu, dass dem Gesetzgeber schlicht die Möglichkeiten fehlen. Die privaten Krankenversicherungen sind Unternehmen. Die kann man nicht einfach zu einer Abgabe zu Infrastruktur zwingen, für die die Länder per Gesetz zuständig sind. Der Ampel ist vermutlich klar, dass sie mit einer Einbeziehung der PKV einen langen Prozess in Karlsruhe auslösen würde.

Dass private Krankenkassen nicht berücksichtigt werden mag formale Gründe haben - ich finde die Folgebetrachtung dennoch unheimlich.
Gesetzlich Versicherte zahlen mehr > Anreiz für eine private Versicherung steigt.
Und wäre es nicht auch denkbar, dass private Versicherer die Krankenhäuser, die pleite gehen, aufkaufen und so zunehmend Einfluss auf das Gesundheitsystem gewinnen?

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Dann müsste halt bspw. der Bund die 25 Mrd Euro zahlen. Woher auch immer, aber nicht die GKV’s.

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Dann darf man aber auch nicht die GKV schröpfen und somit wieder mal die Ärmeren für Leistungen an besser Verdienende und Vermögende zahlen lassen. Umverteilung in die falsche Richtung wie es im Buche steht.

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Was ich bei der ganzen Situation nicht verstehe, die Krankenhäuser und auch niedergelassene Ärzte berechnen doch für Privatpatienten eh schon einen viel höheren Satz, oder?
Die sorgen doch dafür, dass wie bei der Business-Klasse beim Fliegen die andern Nutzer niedriger bleiben.

Das ist die Sichtweise, die von den Privatversicherern gerne vertreten wird, einer kritischen Betrachtung aber nicht standhält. Ja, Privatversicherte zahlen höhere Sätze für die Behandlung (und bekommen deshalb, ähnlich wie Buisess-Class-Flieger, einen besseren Service). Der Unterschied ist nur, dass wir bei Krankenkassen von solidarischen Systemen sprechen.

Der Grund, warum die PKV höhere Sätze zahlen kann, ist, weil sie sich ihre Versicherten „aussuchen“ kann. Wer zu krank ist (oder andere Risikofaktoren wie hohes Alter hat), zahlt so einen hohen Satz, dass sich die PKV nicht lohnt und landet in der GKV, die alle diese teuren Fälle auffangen muss und deshalb keinen höheren Satz zahlen kann. Wer hingegen gesund ist und viel verdient, bekommt bei der PKV deutlich günstigere Tarife als bei der GKV. Aus diesem Faktum alleine wird doch schon deutlich, wo das Problem im System steckt. Dass die GKV höhere Sätze an die Krankenhäuser zahlen kann und trotzdem ihren gut verdienenden, jungen und gesunden Versicherten einen niedrigeren Tarif und bessere Leistungen anbieten kann, zeigt schon, dass die „höheren Sätze“ nicht ausreichend sind, um den massiven Vorteil der „Auswahl der Versicherten“ auszugleichen.

Man muss sich dabei immer vor Augen führen, dass ein chronisch Schwerstkranker, der nie in die PKV kommen würde und von der GKV-Solidarität getragen werden muss, schnell Kosten im sechsstelligen Bereich pro Jahr erzeugen kann. Die Möglichkeit der PKV, sich der Solidarität gerade mit jenen zu entziehen, die mit Abstand die höchsten Kosten erzeugen mit Almosen („höherer Satz“) ausgleichen zu wollen, funktioniert einfach nicht.

In einem fairen System könnten die PKVs ihren (priviligierten!) Versicherten keine besseren Leistungen zu niedrigeren Preisen anbieten (nein, nur durch eine effizientere Struktur lässt sich dieses Ziel nicht in relevantem Ausmaß erreichen!). Der schiere Fakt, dass sie es können, beweist, dass das System nicht gerecht ist. Und wäre es gerecht, gäbe es keine Existenzgrundlage für die PKV mehr, weshalb die PKV natürlich mit Händen und Füßen gegen jede Maßnahme kämpfen werden, die das System gerecht machen. Der einzig sinnvolle Weg ist und bleibt die Abschaffung dieses zweigliedrigen Systems, da es in einem gerechten System keinen Sinn machen könnte.

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Mir geht es gerade nicht um das Solidarprinzip und ob das gerecht oder ungerecht ist.
Die Welt ist halt nicht gerecht.

Es geht mir um die Finanzierung von Ärzten und Krankenhäusern und wie da die prozentuale Verteilung aussieht.

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Ich empfehle hierzu: https://www.bundestag.de/resource/blob/543314/9718c94eab41a8406e645cd6d5457caf/wd-9-058-17-pdf-data.pdf

Insbesondere die rechtlichen Bedenken einer Bürgerversicherung, wie z.B. den Eingriff in Art. 12 und 14 und die daraus abgeleiteten Rechte für Private Krankenversicherungsunternehmen. Vermutlich wäre eine Bürgerversicherung rechtssicher nur möglich, wenn man privat Versicherten ein Wahlrecht einräumt, da sowohl eine Stichtagsregelung als auch ein hartes Verbot nicht darstellbar sind.

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Lösung: Lange Übergangsfristen.
Der Staat muss doch politisch gestalten können.
Die Punkte in dem Papier sind übrigens keinesfalls eindeutig.

Das ist in diesem Thread aber nicht Thema. Möchtet ihr das auslagern?

Gerne.

Der Staat kann ja im Rahmen des GG gestalten. Das Papier ist ja auch nur eine Zusammenfassung verschiedener Einschätzungen und Gutachten. Dennoch finde ich es als Startpunkt ganz gut. Sollte eine Bürgerversicherung jemals kommen (wonach es derzeit politisch ja nicht aussieht), dann wird es eh Karlsruhe klären müssen.

Dieser Vergleich würde allerhöchstens funktionieren, wenn jeder Arzt auch gesetzlich Versicherte behandeln müsste. Das ist nicht der Fall.
Auch wenn ich nicht sicher bin, ob der Vergleich mit dem Fliegen überhaupt passt: Privatjets senken nicht die Preise.

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Ich glaub der Diskussionsansatz hinkt, weil Privatversicherte ja eine Gegenleistung für eventuell höhere Zahlungen bekommen. Und Einzelzimmer, Chefarztbehandlung, besseres Essen usw. verursacht den Krankenhäusern auch höhere Kosten. Sicherlich bleibt da ein wenig Geld hängen, aber bis mir das jemand plausibel vorrechnet würde ich der Argumentation, dass es eine Querfinanzierung der Krankenhausleistungen für gesetzlich Versicherte durch Privatversicherte gibt extrem skeptisch gegenüberstehen.

Aber natürlich könnte man so ein Konzept explizit machen: Krankenhäuser werden nur dann aus dem Topf der GKV und der Bundesregierung unterstützt, wenn sie gleichzeitig bestimmte Mindestpreise für die Durchführung von Behandlungen bei Privatversicherten abrechnen. So könnte man vielleicht durch die Hintertür eine Beteiligung der PKV an der Krankenhausreform erzwingen.

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Aber natürlich könnte man so ein Konzept explizit machen: Krankenhäuser werden nur dann aus dem Topf der GKV und der Bundesregierung unterstützt, wenn sie gleichzeitig bestimmte Mindestpreise für die Durchführung von Behandlungen bei Privatversicherten abrechnen. So könnte man vielleicht durch die Hintertür eine Beteiligung der PKV an der Krankenhausreform erzwingen.

Minimal- und Maximalpreise gibt es ja heute bereits.

Bei der GKV gibt es festgelegte Höchstpreise für medizinische Leistungen. Diese Preise sind im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) geregelt, der die Vergütung für ambulante ärztliche Leistungen bestimmt. Ärzte dürfen für gesetzlich Versicherte nicht mehr als die im EBM festgelegten Gebühren abrechnen.

Hingegen wird bei der PKV die Vergütung der Ärzte durch die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) geregelt. Die GOÄ legt Grundgebühren für medizinische Leistungen fest, erlaubt aber Ärzten, diese Gebühren mit einem Faktor zu multiplizieren. Üblicherweise können Ärzte den Gebührensatz bis zum 2,3-fachen erhöhen. In besonderen Fällen und mit entsprechender Begründung kann der Faktor sogar bis zum 3,5-fachen gesteigert werden. Dies führt dazu, dass Privatpatienten oft höhere Rechnungen erhalten als gesetzlich Versicherte, oder?

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In 2023 hatten wir einen Anteil von 10,49% PKV-Versicherten in der Gesamtbevölkerung. (Quelle: GKV und PKV - Mitglieder- und Versichertenzahl im Vergleich bis 2024 | Statista)

Dem gegenüber stelle ich die von den verschiedenen Versicherungen getragenen Kosten im Gesundheitssystem, entnommen von hier: Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern - Statistisches Bundesamt

Da in der Tabelle aber auch einige weitere Kostenträger, die nicht die Versicherungen sind, genannt sind, müssen wir erst mal unsere eigene vergleichsrelevante Gesamtsumme bilden aus den Ausgaben, die entweder die PKV oder die GKV trägt. Da im PKV-Betrag die private Pflegeversicherung mit inkludiert ist, müssen wir auf der gesetzlichen Seite auch die Pflegeversicherung einrechnen, damit es vergleichbar bleibt. Dann komme ich auf 279079 (GKV) + 58142 (ges. Pflege) + 41831 (PKV & priv. Pflege) = 379052 Mio. Euro.

Anteil der PKV daran: 11,03%.

Die 10,49% PKV-Versicherten tragen also 11,03% der versicherungsseitig erstatteten Kosten im Gesundheitssystem. Die 89,51% GKV-Versicherten tragen also 88,97% der Kosten.

Also für mein Verständnis heißt das, dass die Anteilsverteilung der Finanzierung beinahe identisch mit der Verteilung der Versicherten ist. Sprich: pro durchschnittlichem Versicherten zahlt die PKV ungefähr genauso viel wie die GKV. Ja, strenggenommen sind da 0,54% Unterschied, aber das ist näher an einem statistischen Rundungsfehler als dass du daraus eine Krankenhausreform finanzieren könntest. (edit) und außerdem weist @der_Matti unten korrekterweise darauf hin, dass in der PKV-Summe auch GKV-Mitglieder mit privaten Zusatzversicherungen drin sind, also ein in seiner exakten Größe unbekannter Teil der PKV-Gelder eigentlich von primär in der GKV Versicherten stammen

Warum die PKV trotzdem signifikant höhere Sätze zahlen kann, ist einfach, und @Daniel_K hat es schon sehr detailliert dargestellt: die PKV sucht sich ihre Risiken genau aus und überlässt die offensichtlich „teuren“ Risiken der GKV, so dass der durchschnittliche PKV-Kunde entweder seltener teure Behandlungen benötigt oder generell seltener behandelt werden muss (was davon eher der Fall ist, müsste man anhand einschlägiger Daten gesondert untersuchen, spielt aber hier auch keine Rolle). Der durchschnittliche GKV-Kunde wäre bei gleich hoher Vergütung teurer, aber weil man für ihn weniger bezahlt, kann für jede einzelne Behandlung eines durchschnittlichen PKV-Kunden, der theoretisch günstiger wäre, mehr bezahlt werden. In Summe wird für beide so ziemlich dasselbe bezahlt. Nur dass im GKV-Fall ein deutlich höheres Gesundheitsrisiko „gestemmt“ wird als im PKV-Fall (was auch der Grund ist, warum im PKV-System für heilerfolgstechnisch irrelevanten Komfort-Firlefanz wie Chefarztbehandlung und Einzelzimmer Geld da ist).

Dass „die PKV die Ärzte finanziert“ ist also statistisch nicht belegbarer Schmarrn vom Stammtisch. Wahr ist: die PKV ergaunert ihren Mitgliedern Extraleistungen fürs gleiche Geld auf Kosten der GKV-Versicherten, insbesondere denen an der Beitragsbemessungsgrenze.

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Die Privatversicherung führt zu schlechterer Versorgung der gesetzlich Versicherten. Der Staat ist aber für eine gute Mindestversorgung aller Patienten verantwortlich.

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Inklusive dessen, was auf gesetzlich Versicherte mit Zusatzversicherung entfällt.

Aber das gilt nicht für Krankenhäuser.
Das wurde in der Lage schön herausgearbeitet, dass das eine neue Situation wäre, wenn angestellte Krankenhausärzte direkt mit den Patienten abrechnen dürften, denn dann hätten wir die Situation, dass sie dann auch im Krankenhaus höhere Sätze abrechnen dürften.
Momentan muss man das über die Zusatzleistungen lösen

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Das kommt aber auch auf den Tarif an. Nicht jeder privatversicherte bekommt diese Leistungen auch.

Und selbst wenn ja gerade beim besseren Essen dann ja auch die Frage gestellt werden muss wie viel mehr wird abgerechnet und wie viel höher sind die tatsächlichen Kosten für dieses vermeintlich höherwertige essen.

Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Leistungen der privaten Versicherungen der Durchschnittsversicherten gerne deutlich überschätzt werden. Ich z.B. sehe in meiner Versorgung als gesetzlich versicherte Person kaum einen Unterschied zu meiner privat versicherten Partnerin.

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Ich glaube der größte Unmut kommt berechtigerterweise daher, dass man als Gesetzlicher ewig auf Termine warten muss, auch für seine Kinder, während Privatversicherte sofort bedient werden. Meine Tochter ist 1 Jahr alt und sollte laut Kinderarzt doch zeitnah untersucht werden. Wartezeit 4-6 Monate. Durch eine befreundete Ärztin konnten wir diese Zeit auf knapp 2,5 Monate drücken. Ein uns bekanntes Paar musste als Privatversicherte nicht mal 2 Wochen warten. Das weckt schon eine große Ablehnung gegegen diese 2 Klassengesellschaft.

Betrifft natürlich nicht zwingend Krankenhäuser, sondern Fachärzte, aber passt halt ins Bild. Die PKV ist und bleibt eins der größte Instrumente der gesellschaftlichen Spaltung, die der Neoliberalismus uns angetan hat.

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Es ist ja sogar umgekehrt: https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Gesundheitswesen/Datensammlung/PDF-Dateien/abbVI20.pdf
Die Verwaltungskosten und Werbung führen dazu, dass in der PKV weniger Geld für Behandlungen zur Verfügung steht.

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Die PKVs existierten teilweise schon vor 100 Jahren. Damals gab es noch gar keine Neoliberale Lehre. Es ist zwar einfach, dieser alles in die Schuhe zu schieben, aber dieses Mal ist es historisch leider Unsinn.

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