Ich bin ja nun wirklich kein Fan der Union, aber sie in dieser Weise als monolithischen Block zu behandeln, geht m. E. an der Realität vorbei. Ich weiß leider die Quelle nicht mehr, aber jemand, der die CDU wesentlich besser kennt und einschätzen kann, hat kürzlich in einem Podcast vermutet, dass bis zu einem Drittel ihrer Bundestagsabgeordneten bei einer Koalition mit der AfD Merz die Gefolgschaft verweigern würden und dass eine Spaltung der Union in diesem Fall nicht unwahrscheinlich wäre - für die AfD ein Traumszenario, ist doch ihr vorrangiges Ziel derzeit die „Zerstörung der CDU 2.0“ - um sich selbst als die größte politische Kraft rechts der Mitte zu etablieren. Eine Minderheitsregierung mit Tolerierung schließe ich aus Gründen der Stabilität aus. Falls das BSW es also in den Bundestag schafft, kann sich die AfD schon mal über den Etappensieg freuen, die Union in ein Bündnis gezwungen zu haben, das noch instabiler sein dürfte als die Ampel. Wenn die auch scheitert - vielleicht sogar wieder vor Ablauf der Wahlperiode, dürfte die AfD ziemlich sicher nochmal kräftig zulegen. Also warum sollte sie so doof sein, sich der Union jetzt als Juniorpartner anzudienen - und damit womöglich ihre Chancen bei künftigen Wahlen zu schmälern - wenn sie 2029 (oder vielleicht schon vorher) die stärkste Partei werden kann?
TL/DR: Sowohl aus Sicht der Union als auch aus Sicht der AfD spricht m. E. einiges gegen eine Koalition nach der heutigen Wahl.
Wir werden es bald erfahren. Ich habe allerdings schon die Erfahrung, dass es zumindest in der Lokalpolitik auch integre Menschen in der CDU gibt. Ob die sich dann durchsetzen, werden wir sehen. Ich habe noch die Hoffnung, dass du in diesem Punkt falsch liegst, @JohanneSAC .
Schau dir an, wie gestern beim Wahlkampfabschluss Merz mit seinen Lügen zur Reaktion auf die Ermordung Lübckes im Grunde auf offener Bühne den Mord politisch instrumentalisierte, um gegen alle, die links von ihm stehen, zu hetzen und ihm seine Partei dabei zujubelte.Ich hab die nach den Eindrücken aufgegeben. Da gibts kein wirksames Korrektiv mehr.
Dass Merz mit üblem Populismus u. a. gegen Bürgergeldempfänger, Linke und Migranten hetzt, ist aber kein Beleg dafür, dass er mit der AfD koalieren will und erst recht nicht dafür, dass die Union ihm bei diesem Vorhaben geschlossen folgen würde.
Er hat im November sein Wort gegeben, er hat es im Januar offen für einen billigen Wahlkampf-Stunt gebrochen, ohne, dass irgendeine relevante Figur dazu irgendeinen Mucks gemacht hätte. Danach nicht der Ansatz von Einsicht oder gar Reue. Ganz im Gegenteil. Ich sehe keinen Grund mehr, der Union irgendwelche Grenzen zuzutrauen, bevor ich nicht irgendeinen handfesten Hinweis sehe, dass irgendwer dort bereit wäre, irgendwas zu risikieren, um Merz davon abzuhalten. Dem glaube ich sogar, dass er das eigentlich nicht will, aber der ist sich selbst der größte Feind und stolpert am Ende da rein.
Korrekt, aber eine Koalition mit der AfD einzugehen, ist eben noch mal ein ganz anderes Kaliber. Und wie schon gesagt: Ich sehe neben ethischen Bedenken - die es bei einem Teil der CDU-Abgeordneten sehr wohl geben dürfte vor allem machtstrategische Gründe, die dagegen sprechen.
Ich glaube auch eher, dass da Leute wie Spahn und Linnemann die treibenden Kräfte sind und nicht Merz.
Klar. Nur konnte man im Januar schon genau die Argumentationslinie hören, die auch eine Minderheitsregierung ermöglichen würde. Und einen Mangel an Flexiblität bei der Interpretation von „Koalition“ „Zusammenarbeit“ etc. kann man der Union nun wirklich nicht unterstellen. Wenn es soweit ist und machtstrategisch opportun erscheint, ist die von dir skizzierte Linie schneller verschwunden, als man „Brandmauer“ sagen kann. Dass es ethische Bedenken gibt, spielt keine Rolle, wenn die nicht handlungsleitend werden.
Selbst wenn du bezogen auf die Union Recht hättest: Warum sollte die AfD das Spiel zum jetzigen Zeitpunkt mitspielen? Die haben es ja nun wahrlich nicht eilig.
Ich denke die Worte, die alle Politiker bei den kommenden Koalitionsverhandlungen und in der Regierungszeit im Kopf haben sollten, sind die von Alice Weidel heute Abend in der Berliner Runde: „aber ich kann Ihnen eins prophezeihen, wenn das hier mit den Roten und mit den Grünen zusammengeht, wird das eine instabile Regierung werden, die keine 4 Jahre hält. Es wird ein interimistischer Kanzler Friedrich Merz werden und wir werden in den nächsten Jahren die Union überholen“ (https://youtu.be/hsmkyrEbh1k?si=3FH8ZfV8J5yO9egJ&t=402). Ich hoffe, das haben die Parteien im Hinterkopf und arbeiten konstruktiv zusammen.
Was passiert eigentlich, wenn es zu keiner Koalition zwischen CDU/CSU und SPD kommt?
Die SPD sich erneuern muss und dazu ihr sozialpolitisches Profil schärfen will, also wenig Kompromisse Richtung CDU eingehen will, und die CDU sehr starr auf ihren Standpunkten beharrt?
Die SPD sich also auch strategisch lieber in einer Opposition neu finden will?
FDP und BSW sind raus. Zur Linken existiert ein Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU.
Nur mal hypothetisch…
Eine Minderheitsregierung ist genau das Szenario auf das sie hinspielen.
Und wenn die Verhandlungen mit SPD und Grünen scheitern, was auch schon passieren könnte, weil Merz so viele rote Linien zieht, dass die anderen gar nicht anders können, dann bleibt nur eine Minderheitsregierung von AFDs Gnaden. Und dann können sie ihn vor sich her treiben wie sie wollen.
Wobei ich fürchte, dass auch in einer Regierung mit rot oder grün das passiert. Denn Merz wird sich immer wieder hinreißen lassen, zu sagen, wie schädlich er die Ideen des Partners eigentlich hält und wie schwer ihm das zustimmen fällt. Und die AFD wird genüsslich seine Wähler darauf hinweisen, dass es mit ihnen solche faulen Eier nicht gegeben hätte.
Die Autorin bringt es mit weniger Wut und mehr Sorge als ich auf den Punkt. Klar hoffen wir alle, dass Merz den Irrsinn der letzten 4 Wochen nicht so meinte, dass die Partei, die ihn bruchlos darin unterstützt hat, einfach im Wahlkampfrausch war. Aber diese Hoffnungen waren vor 4 Wochen deutlich größer und begründeter, als jetzt, würde ich sagen.
Was passiert denn, wenn in 8 Wochen die SPD sagt, unter Merz, in all den roten Linie seiner rechtsradikalen Migrationspolitik regieren wir nicht? Wenn er und seine trumpeske Boygroup mit ihrem grund-unehrlichen, rechts offenen Agieren nicht bekommen, was sie scheinbar um jeden Preis wollen und im Januar schon versuchten? Abseits aller Inhalte hatte die SPD ja ihre Erfahrungen mit der FDP. Die waren schwächste Kraft und verglichen mit einer Union und Ministern wie Dobrindt, Spahn, Klöckner etc. Pfadfinder, was Kompromissbereitschaft, Loyalität, Ehrlichkeit, Anstand angeht.
Trauen wir dann Merz zu, dass er sagt, "dann wählen wir eher neu, als dass ich mich von der AfD in einer Minderheitsregierung zur Marionette machen lasse? Ich mache lieber „Kompromisse " indem ich zumindest die Forderungen, die klar rechtswidrig sind, fallen lasse? Ich verzichte auf die dauernden Lügen und die Hetze? Ich hab mich 4 Jahre im Griff?“ Dafür ist er viel zu schwach. Mit dem -angesichts der Umstände jämmerlichen Ergebnis- wäre er fast nie in der Geschichte der Union Kanzler geworden. Fast immer wäre das eher ein Grund gewesen, sich aus der Politik sang- und klanglos als Gescheiterter zu verabschieden. Er hat bei der Wahl nich abgeliefert, sondern sich grade so ins Ziel geschleppt, er muss jetzt liefern und ist diesbezüglich direkt vorher noch etwas weiter hoch und rechts raus auf den obersten Ast seines rechtspopulistischen Wahlkampfs geklettert. Wie geschickt war er bisher, wenn es darum ging, von solchen Orten unfallfrei wieder runter zu kommen?
Klar. Gleichzeitig wäre irgendwann nach Ostern eine wenigstens indirekte Regierungsbeteiligung die beste Absicherung, falls die Union doch noch rechtzeitig zur Besinnung und zum Parteiverbot kommen sollte. Dass der Verfassungsschutz sein nächstes Gutachten und die Hochstufung aufgibt, könnte eine wichtige Forderung sein.
Ich glaube damit ist Herr Merz ohnehin gefühlt überfordert. Für die Durchsetzung der Transformation in einer Minderheitenregierung fehlt ihm politisches Handwerk (und das Händchen für Personalwahl). Er hat es ja nicht wirklich geschafft aus seiner desaströsen Meinung über die SPD und einer sündhaft teuren Kampagne gegen Habeck und die Grünen Kapital zu schlagen.
Ich hoffe, dass Deutschland das nochmal korrigieren kann in vier Jahren, bevor wir in einem Krieg mit Russland feststecken weil unsere westliche politische Führung bestenfalls Mittelmaß ist.
Ich finde wir sollten auch mal das Positive dieser Wahl festhalten: Das Verkehrsministerium ist endlich wieder da, wo es hingehört: In den Händen der CSU. Ich erwarte mindestens 3 neue Autobahnen für Bayern.
Wow 1/3, dann heißt das ja dass 2/3 eine Koalition mit der AfD eingehen würden. Ich denke die erste Koalition aus AfD und CDU sehen wir in einem der Ost Deutschen Bundesländer.
Die CSU hat schon im Vorfeld erklärt, dass sie kein Interesse am Verkehrsministerium hat. Verkehrswende ist nicht so ihr Ding.
Wir konzentrieren uns hier auf die Regierungsbildung, und die Aussichten sind bedrückend.
Ich möchte mal aus einer anderen Perspektive auf die Wahlergebnisse gucken. Dabei gibt es für mich persönlich auch ein paar positive Punkte:
- Die Bevölkerung hat die FDP rausgewählt.
- Die Bevölkerung hat das BSW rausgewählt.
- Die Bevölkerung hat die LINKE reingewählt.
- Die Bevölkerung hat die Freien Wähler und Aiwanger rausgewählt.
- Lindner wird in der Politik keinen Schaden mehr anrichten.
- Scholz wird in der Politik voraussichtlich keinen Schaden mehr anrichten.
(7. Für mich persönlich ein kleines Trostpflaster: In meiner Gemeinde sieht es im Vergleich nicht ganz so düster aus wie im Rest der Republik: Grüne bei 22,5 %, CDU, SPD und LINKE alle bei 19,0 %, AfD bei 10,0 %, BSW 3,9 %, FDP 3,6 %)
Damit sind die offensichtlich positiven Punkte auch schon zu Ende.
Was muss die Politik tun, um der Bevölkerung bezüglich der AfD die Augen zu öffnen? Ganz grob sehe ich drei Ansätze:
- Bessere Politik machen (speziell auch keine AfD-Inhalte übernehmen) und dies geschickt kommunizieren.
- Die jeweils anderen demokratischen Parteien nicht unfair bekämpfen.
- Die Dominanz der AfD in den Social Media brechen.
- Die Medien dazu bringen, ihren Job vernünftig zu erledigen. (edit)
Wichtig wäre noch das AfD-Verbot. Aber es ist entsetzlich, dass jede*r Fünfte AfD gewählt hat, und selbst bei einem geglückten AfD-Verbot: Die Leute, die die AfD gewählt haben, müssten immer noch zur Besinnung kommen; das ist ein langer Weg.
Das schöne an konsequenter Härte gegen rechtsextreme Parteien: Deren Wähler müssen nicht zur Besinnung kommen, die müssen nur wieder politisch neutralisiert werden. Verteilt auf die Ränder demokratischer Parteien und in der Mehrheit an Wahlsonntagen da, wo sie hingehören: Nichtwählend und frustriert auf die heimische Couch.
Verteilt auf die Ränder demokratischer Parteien – ok.
An den Wahlsonntagen nichtwählend und frustriert auf die heimische Couch – das schreibst du nur aus Verbitterung, oder? Ich bin da ja auch nicht optimistisch, aber gleich so …? Es gibt noch Ansätze:
(Hatte schon jemand unlängst zitiert, finde es grad nicht.)
Dem möchte ich vehement mit dem Wort Medienkritik widersprechen.
Ich sehe eine schlechte Aufarbeitung des Hauptstadtjournalismus.
Nehmen wir das Thema des sog. „Heizungsgesetz“. Was hier an Falschmeldungen seitens der FDP und CDU rausgehauen wurde, von den Medien als Quotenfang genutzt, statt aufklärend darüber zu berichten. Vor lauter Neutralitätspflichtbewusstsein blieb die Wahrheit auf der Strecke. Klar gebe ich hier auch Habeck und den Grünen, die in allen Talkshows saßen und diesem „Technologieoffenheits“-Geschwätz nichts entgegengesetzt haben. Weil sie wohl selbst nicht das Papier kannten, in dem alle Alternativen drinnen standen. Das ist mehr als dumm von deren Seite aus und hat nachhaltig geschadet.
Trotzdem sehe ich dann diese quotengeilen Medien im ÖRR (sorry für die Wortwahl) in der Schuld, nicht selbst diese Aufklärung gebracht zu haben.
Oder wozu gibt es die noch, wenn nicht dem arbeitenden oder familienversorgenden Bürger, der sich nicht den halben Tag (geschweige denn ein paar Stunden in der Woche) mit Politik beschäftigen kann, solche Details mal klar zu stellen, statt nur die immer gleichen Wortfetzen zu vermelden, die uns die Rechtskonservativen hin schmeißen.
Anderes Thema, die ganzen Anschläge und Attentate der letzen Monate.
Da vermelden die Medien auch in jedem Beitrag den staatsbürgerlichen Status (Flüchtling,Migrationshintergrund,Ausländer). Danach kommt keinerlei Einordnung zum Thema, wie sehr ist denn der tatsächliche Anteil, der von nicht deutschen begangenen Straftaten. Nichts außer schnell am puls der Zeit mitmachen, koste es was es wolle. Klar wird dann spät am Abend wieder korrigiert, aber das Thema hatte ich schon in einem anderen Thread angesprochen.
Wieso nur kommen dann so viele Wählende zu dem Schluss, Deutschland ist nicht mehr sicher, obwohl die tatsächliche Kriminalsatistik das nicht wiedergibt. Ja es ist Gefühlt so, weil dauernd diese schlimmen Taten in den Vordergrund gehoben werden, um die Raktion der Politiker zu sehen. Das frustriert mich wie man sicherlich merkt zunemend. Aber auch da sitzen ja mittlererweile die CDU-Influencer in den Gremien und ich erwarte keine Besserung.
Also wie löst man das dann auf? Statt einer ehem. Regierung (und da sehe ich die Hauptschuld in der sogar selbst zugegeben Behinderungsarbeit der FDP) die Verantwortung zu geben. Ich sehe mittlererweile einen Großteil der Verantwortung im schlechten Journalismus, durch die Angst nichts vom Aufmerksamkeitskuchen abzubekommen.