Bundestags-Wahlrecht

Okay, als durchgewunken würde ich das nicht bezeichnen. Das saarländische Verf.G hat ja gesagt, dass das für die Zukunft nicht geht. Eine Wahl wiederholen lassen, macht kein Gericht gerne.

Eleganter? Das ist jedesmal ein Riesenaufwand, die Wahlkreise anders zuzuschneiden.
Und ja, das Wahlrecht unterliegt den Interessen der Parteien, die gerade die Mehrheit haben.
Parteien mit vielen Stimmen haben andere Interessen als Parteien mit weniger Stimmen und andere als Regionalparteien und andere, die Listenverbindungen machen und und und …
Grenzen setzt nur Artikel 38, Abs. 1 GG.

200 Wahlkreise, Normgröße 400:
Partei A bekommt 33 % der Zweitstimmen, aber gewinnt alle Wahlkreise. Sie hätte also etwa 133 Mandate nach Zweitstimmen.
Dann hat sie etwa 67 Überhangmandate. Das erzeugt natürlich noch Ausgleichsmandate, sodass man bei bis zu 600 Sitzen kommt.
Oder 450, oder 400, oder 503 etc.
Ist es sinnvoll, dass die Zahl so schwanken kann?

Überhangmandate entstanden wurden soweit ich weiß nach dem alten Wahlrecht auf Länderebene ermittelt. Erhielt eine Partei z. B. 40 Prozent der Direktmandate, aber nur 25 Prozent der Zweitstimmen, musste gab es Überhangmandate, die ausgeglichen werden musste. Das meine ich mit fehlender Zweitstimmenabdeckung.

ich finde das auch bedenklich. Ich fände es spannend das Wahlrecht dahingehend zu ändern, dass man ein Ranking angeben kann. Wenn Deine erste Wahl nicht über die 5% Hürde kommt, geht Deine Stimme an Deine 2. Wahl. Das kann doch nicht zu kompliziert für die Leute 1, 2, 3 statt ein Kreuz zu machen…

Zu der Frage der Repräsentation der kleineren Parteien siehe auch: Kleinparteien als Sonstige im Parlament
(Ersatzstimme o.ä.)

Das kann man ja nicht „objektiv“ entscheiden. Ob nun eine fixe Größe oder ein dynamisches Modell mit Deckelung „sinnvoller“ ist, hängt ja von der politischen Zielsetzung ab: Will ich lieber eine geringere Schwankungsbreite und dafür riskieren, dass es Wahlen ohne Sieger gibt oder will ich vor allem die garantierte Repräsentation durch einen gewählten Direktkandidaten bei gleichzeitiger Dominanz des Verhältniswahlrechts gewährleisten und nehme dafür die möglichen Schwankungen in Kauf.

Meinetwegen auch das, vielleicht hab ich mich auch falsch an die Vorschläge von damals erinnert - aber das wäre ja immer noch weitaus einfacher als das jetzige Modell und das war mein eigentlicher Punkt.

Da fast alle Argumente aus diesem Faden, bekannte Argumente aus der Zeit der Wahlrechtsreform sind, möchte ich mal ein anderes, empirisches Argument bringen. Ich habe meinem Unions-Direktmandatsträger insgesamt drei Mails wegen der Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens und 5-Punkte-Plan geschrieben. Ich habe immer betont, dass ich ihm nicht als Mitglied der Unionsfraktion schreibe, sondern als Vertreter meines Wahlkreises im Bundestag und auch auf die Gegebenheiten vor Ort Bezug genommen. Ich habe immer sehr freundliche, aber in der Sache ernüchternde Antworten bekommen: Er ist mit keinem Wort auf den Wahlkreis und die Menschen, die hier leben, eingegangen, sondern hat nur die Fraktionsposition wiederholt. Er hätte z.B. schreiben können, dass die Kommunen in unserem Wahlkreis besonders finanziell überfordert seien (was nicht stimmt), dass es besonders viele AfD-Wählende gebe, die man wieder einfangen müsse (was nicht stimmt und nicht gelingen wird) – irgendeine Bezugnahme zu unserem Wahlkreis hätte mir schon genügt, um in ihm mehr als einen Partiesoldaten zu sehen. Dass gerade die Union jetzt ein paar Wahlkreise nicht bestücken kann, hat sie sich mit diesem Verhalten ihres Direktmandatsträgers redlich verdient.

Das ist wie gesagt nur ein (vergleichsweise schwaches) Argument aus der Erfahrung. Und leider gibt es wohl keine Korrelation zwischen „sehr hohen Erststimmenanteil“ und „Offenheit für Anliegen aller Menschen aus dem Wahlkreis“. Was aber zutrifft: Die Vorteile einer Repräsentation durch eine:n Direktmandatsträger:in wird meiner Erfahrung nach maßlos überschätzt.

Wer wirklich unbedingt für jeden Wahlkreis einen Direktmandat haben will, sollte wenigstens einmal über ein paar Vorschläge nachdenken in Richtung: Im Bundestag müssen Direktmandatsträger:innen entscheiden, ob sie mit Namen und Wahlkreis oder mit Namen und Fraktion aufgerufen werden wollen. Ähnlich wie bei Regierungsmitgliedern, die, sofern sie auch MdB sind, auch als MdB aufgerufen werden, je nach dem, in welcher Rolle sie sprechen. Am Ende der Legislatur wird ermittelt, wie oft sie für ihre Fraktion und wie oft sie für ihren Wahlkreis gesprochen haben. Ich würde recht viel wetten, dass wir dann mehr Überblick über echte Wahlkreisreden hätten und ähnlich ernüchternde Erfahrungen wie oben beschrieben machen würden.

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Genau das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Man „gewinnt“ Wahlkreise, wenn man die meisten Stimmen hat. Bei 5 Kandidaten kann man allein mit 20,x% einen Wahlkreis „gewinnen“. D.h., 1/5 der Wähler des Wahlreises wollen diesen Kandidaten im Bundestag sehen, die anderen 4/5 einen anderen.

Wenn jemand mit 50%+ Stimmen in seinem Wahlkreis nicht in den Bundestag einzieht, ist das problematisch, weil der „Wählerwille“ nicht umgesetzt wird. Bei Ergebnissen < 50% stimmt dieses Framing einfach nicht!

Wie so oft bei politischen Diskussionen gibt es hier zwei Güter abzuwägen:

  • Verhinderung einen durch Überhang- und Ausgleichsmandate irrwitzig großen, teuren und trägen Bundestag
  • Alle Wahlkreis“gewinner“ müssen in den Bundestag.

Eine der Kröten müssen wir schlucken. Der Gesetzgeber hat sich für die erste Option entschieden. Die Union, die besonders viele Direktkandidaten, die ihren Stimmkreis „gewonnen“ haben, sieht das als Angriff auf sich. Sie hat aber in der Diskussion um die Wahlreform kein Vorschlag vorgelegt, wie man das unmäßige Anwachsen des Bundestags verhindern kann.

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Nö. Das neue Wahlrecht ist pip-einfach zu erklären:

  1. Die Zweitstimme entscheidet über die Sitzverteilung der Parteien.
  2. Die Erststimme entscheidet, ob und welche Abgeordnete in den Bundestag kommen.
    • Zunächst ziehen die Kandidaten mit Direktmandaten aus den jeweiligen Bundesländern ein.
    • Gibt mehr Sitze als direkt gewählte Kandidaten, ziehen als nächstes die Kandidaten von der Landesliste ein.
    • Wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr durch Zweitstimmen zustehen, bleiben die Direktmandate mit den niedrigsten Erststimmenanteilen unbesetzt.

Fertig. Nix mehr mit

  • Übergangmandat
  • Ausgleichsmandat

DAS war kompliziert.

[letzter Absatz durch Autor gestrichen, fehlerhafte Recherche]

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Eine Liste kannst du hier beim ZDF finden:

Im ersten interaktiven Fenster sind auf den ersten 8 Tafeln diejenigen erfolgreichen Direktkandidaten aufgelistet, die kein Mandat bekommen haben.

  • Flensburg – Schleswig Petra Nicolaisen CDU
  • Rostock – Landkreis Rostock II Steffi Burmeister AfD
  • Bremen I Ulrike Hiller SPD
  • Oberhavel – Havelland II Andreas Galau AfD
  • Halle Alexander Raue AfD
  • Leipzig I Christian Kriegel AfD
  • Schwalm-Eder Anna-Maria Bischof CDU
  • Frankfurt am Main I Yannick Schwander CDU
  • Frankfurt am Main II Leopold Born CDU
  • Groß-Gerau Marcus Kretschmann CDU
  • Darmstadt Astrid Mannes CDU
  • Trier Dominik Sienkiewicz CDU
  • Mainz Ursula Groden-Kranich CDU
  • Ludwigshafen/Frankenthal Sertac Bilgin CDU
  • München-Süd Claudia Küng CSU
  • Nürnberg-Nord Sebastian Brehm CSU
  • Augsburg-Stadt Volker Ullrich CSU
  • Stuttgart II Maximilian Mörseburg CDU
  • Heidelberg Alexander Föhr CDU
  • Mannheim Melis Sekmen CDU
  • Rhein-Neckar Moritz Oppelt CDU
  • Lörrach – Müllheim Stefan Glaser CDU
  • Tübingen Christoph Naser CDU
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Ich muss doch sehr bitten, hier keine KI-Halluzinationen zu verbreiten, und solche Aussagen, wenn man sie denn unbedingt posten will, doch mindestens kurz zu factchecken. Die CDU hat weder in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen oder Sachsen-Anhalt überhaupt Direktmandate gewonnen, also können von da natürlich auch keine Kandidierenden betroffen sein.

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23 Wahlkreissieger gehen leer aus
Am häufigsten betrifft es die CDU, aber auch AFD. Nur ein Wahlkreissieger:in der SPD geht leer aus

@TilRq Respekt für deine geschickte Anwendung von Cunningham’s Law :wink:
(Ich beziehe mich da selbst bei den „Besserwissern“ ausdrücklich mit ein :slight_smile: )

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Ich halte für mich fest:

  1. Ein neues Wahlrecht mit Zustimmung der Union konnte vor der Ampelregierung nicht geschaffen werden. Die Union hat sich den Titel einer Verkleinerung verweigert. Die Ampel hat es geschafft.

  2. Das Wahlrecht betont die Bedeutung der Zweitstimme und begrenzt die Größe des Bundestages wirksam.

  3. Damit es perfekt wird, muss die Anzahl der Wahlkreise reduziert werden. Und trotzdem wird es zu Konstellationen kommen, wo es vielleicht nicht funktioniert.

„Optional“
4. Absenkung der 5% Hürde auf 4%, damit nicht zu viele Stimmen nicht berücksichtigt werden.

  1. Aufhebung der Grundmandatsregel durch Schaffung von Regelungen wie Listenverbindungen (das wurde im Urteil meine ich als Alternative genannt)

Die Wahl war erfolgreich - hoffentlich gibt es kein Zurück.

Die Union hat doch schon angekündigt, dass sie das Wahlrecht wieder ändern will, vermutlich zum alten System, mit mehr Angeordneten, zurück (Quelle).

„Wenn 23 Wahlkreise Wahlkreisabgeordnete wählen, die anschließend nicht in den Deutschen Bundestag kommen, dann ist das ein Schaden an unserer Demokratie“ sagte er [Merz] bei einer Pressekonferenz

„Dieses unfaire und undemokratische Wahlrecht“ zu reformieren, sei einer der ersten Punkte, die die Union in der neuen Legislaturperiode angehen wolle, sagte Söder nach einer CSU-Vorstandssitzung in München.

Die AfD dürfte daran auch ein Interesse haben. Es bleibt damit die Frage, was Grüne, SPD oder Linke dazu sagen werden.

Ich habe an verschiedenen Beispielen gezeigt, warum das aus meiner Sicht nicht so ist. Let’s agree to disagree.

Jetzt ist es halt nur noch: Du wählst und meistens gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen, aber manchmal auch gar keine. Und wann das so ist, weißt du erst hinterher. Finde ich nicht einfach.

Neben den schon genannten Quellen gibt es auf der offiziellen Website der Bundeswahlleiterin auch ein 7-seitiges PDF mit allen gewählten und nicht gewählten Erststimmen"gewinnern". Allein die Form zeigt schon, wie „einfach“ das Ganze ist.

Ich erinnere an unsere Diskussion über LLM-generierte Beiträge und fühle mich in meiner Kritik bestätigt.

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Das ist eines der Probleme an CDSU: Das BVerfG stellt fest, dass das geltende Wahlrecht in Ordnung ist und diese Partei behauptet etwas anderes. Stehen die wirklich immer fest auf dem Boden des GG?

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Liebe Mitforist:innen:
Mein eigentliches Thema war: Ist die 5-%-Hürde noch okay oder sollte sie durch etwas anderes ersetzt werden angesichts der vielen nicht berücksichtigten Stimmen?