Bestrafung für Arbeit?

in der LdN 224 vom 14.01.2020 wird behauptet, dass die große Koalition daran interessiert ist, dass die Wirtschaft brummt.

Dem möchte ich mit folgendem Beispiel widersprechen:

Ich führe ein PR-Unternehmen mit (je nach Rechenweise) 10-15 Personen, welches aktuell hauptsächlich für Regierungen und Industriekunden in Deutschland tätig ist. Einigen Unternehmen und auch einer Regierungsanfrage musste ich nun absagen, da durch die Mehreinnahmen der Anspruch auf Corona-Hilfszahlungen wegfallen würde. Das mehr an Umsatz würde dazu führen, dass das Unternehmen am Ende des Monats weniger auf dem Konto hätte. Dieser negative Anreiz zu mehr Umsatz ist natürlich absurd und hat mit Kapitalismus nichts mehr zu tuen.

Anstatt die Impfkampagne als Dienstleister zu unterstützen werde ich nun also die Corona-Hilfszahlungen dazu verwenden die Mitarbeiter mit ihren Familien ins Ausland auszufliegen, wo sie die Corona-Impfungen erhalten und von dort aus weiterarbeiten - andere Länder sind ja was die Verfügbarkeit (insbesondere des in Deutschland entwickelten) Impfstoffes schliesslich deutlich weiter.

Sobald Deutschland wieder Anreize setzt hier als Unternehmer nicht nur ansässig zu sein sondern auch Umsatz zu generieren kommen wir gerne zurück.

Was du beschreibst ist allenfalls ein Design-Fehler bei dieser einen Subvention, stellt aber unsere Aussage nicht infrage: Wie lässt sich denn sonst erklären, dass so gut wie alle Lebensbereiche massiv von Einschränkungen betroffen sind, nur das Arbeitsleben nicht - und das, obwohl dort ganz offensichtlich inzwischen die überwiegende Zahl der Kontakte stattfindet, weil eben fast alle anderen Kontakte verboten sind.

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Ob Design-Fehler oder Design-Wunsch ist irrelevant, es zählt ja was die Anreizstruktur ist.
Was ein Gesetz bewirken soll oder nicht ist nicht so relevant wie das, was es bewirkt.
Ihr behauptet in der Lage, dass mit dem offenhalten des Wirtschaftslebens und dem subventionieren von Unternehmen die Wirtschaft „am brummen“ gehalten wird.
Ich sehe die Subventionen als Anreiz, weniger Umsatz in Deutschland zu machen und ziehe entsprechend Mitarbeiter ins Ausland ab- also das genaue Gegenteil von „Brummen“.

klar, ich verstehe schon, dass es in deinem konkreten Fall so wirken kann, aber das gilt eben nur, wenn man sich ganz knapp unter einer bestimmten Schwelle bewegt. Und mal ehrlich: Mit dem Thema Home Office hat das nun wirklich nichts zu tun. Insofern glaube ich trägt das jetzt auch nicht so richtig viel zur Diskussion über die Prioritätensetzung der Bundesregierung bei.

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exakt, deshalb bin ich ja auch kein Freund dieser Schwellenpolitik. Ich würde mir wünschen, dass man sich sicher sein kann, dass mehr Umsatz auch immer besser für einen Unternehmer ist.
Allein schon durchrechnen zu müssen, ob sich die Annahme eines Auftrags lohnt oder man am Ende weniger Geld hat ist doch absurd.

Den Kommentar zu HomeOffice verstehe ich nicht, darüber geht es in diesem Thread bisher nicht.

Da du die Prioritätensetzung ansprichst:
Ich lese die Zahlen des RKI so, dass sich die Menschen am häufigsten im privaten Umfeld anstecken ODER auf der Arbeit. Also: entweder man bleibt konsequent zuhause (gerne auch in Verbindung mit HomeOffice) oder man bleibt konsequent bei der Arbeitsstätte. Um das zweite zu ermöglichen wäre jedoch eine Aufweichung der Höchstarbeitszeit nötig, würde aber zu einem massiven Brummen führen, wenn auf einmal 100h/Woche gearbeitet werden kann. Ist natürlich eher weniger was für Familienmenschen, aber das von allen geforderte Einigeln muss nach meinem Verständnis nicht zwingend zuhause passieren.
Aber dieses Pendeln muss aufhören.

Ich muss hier @vieuxrenard ganz klar recht geben. Die Subventionen wie du die Hilfen nennst haben an vielen Punkten Fehler bei den Anträgen und der Höhe sowie der Art der Hilfe oder der Bewertungsgrundlage. Die Interessenverbände einige Branchen kämpfen viel dafür das die Politik nachvollziehen kann warum ein nicht Tarifgebundenes Unternehmen Probleme mit den aktuellen Hilfen hat. Es besteht tatsächlich an vielen Stellen in der Politik ein falsches Bild was den Zugriff auf die Hilfen betrifft. Ob es teilweise gewollt ist das nicht alle Branchen und Firmen gleichermaßen zugriff haben sollen, lass ich jetzt mal offen.

Klar ist dafür ein anderer Punkt. Die Politik hat gerade in einem Wahljahr Angst vor zu Hohen Insolvenzen und Arbeitslosenzahlen um den Rechten Rand nicht noch mehr zu stärken. Dadurch wird versucht alles was zum BIP beiträgt und Arbeitsplätze erhält oder Neu aufbaut zu erhalten.

Schade dabei ist nur das die Ganze Krise eine ziemliche Phantasielosigkeit bei der Umsetzung von Lösungen aufzeigt. Es geht immer nur um Status Quo und Geld um diesen so gut wie möglich zu erhalten und das ist unrealistisch auf einen Zeitraum wie wir ihn nun erleben.

rofl, lol warum nimmt hier keiner Bezug darauf das die Mitarbeiter zum impfen ausgeflogen werden ?
Ich wusste gar nicht dass sowas geht, da sind meine steuergelder ja gut investiert in deinem impfkolonialismus ^^

Sag mir mal wo ich dafür hin muss und was ich für dokumente dafür brauche.
Dann kann ich wenn es hier losgeht mit der geimpften zweiklassengesellschaft, wieder in die Clubs gehen.

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Weil schon der Ursprungsbeitrag wild zwischen den Themen „Politik hält Wirtschaft am laufen“ und „die Corona-Hilfen sind schlecht designt“ hin und her springt.
Was das damit zu tun hat, ob und wann die Mitarbeiter in Deutschland oder im Ausland ihre Impfung kriegen, erschließt sich mir nicht.

Aber ja, sowas kann natürlich nur in Gegenden funktionieren, wo jeder der vorbei kommt einfach die Impfung kriegt und es keinerlei „Einladungen“ oder Prüfungen auf Berechtigung gibt. Das ist aktuell nicht mal in Israel der Fall.

Das eigentlich ärgerliche ist, dass wir seit Monaten nicht feiern dürfen, kein Kino, keine Konzerte, keine Kunstausstellungen, keine Stadiumbesuche, keine Weihnachtsmärkte, kein Theater und so weiter und so fort. Künstler*innen können teilweise seit Monaten nichts mehr machen, Festivals und Parties werden mittlerweile von Jahr zu Jahr verschoben.

Gleichzeitig sitzen viele Leute jeden Tag im Büro und hocken gemeinsam im Sitzungszimmer und schmieren ihre Viren fleissig in der Belegschaft herum (ich übertreibe natürlich bewusst, bei mir im Betrieb habe ich das so erlebt).

Ich habe den Beitrag so verstanden, dass wir auf der einen Seite unser Privatleben und unsere Hobbies praktisch ganz einschränken sollen, während man seitens Politik mindestens etwas zögerlich zusätzliche Einschränkungen für die Arbeitgeber (also die Büros in diesem Fall) beschlossen hat.

Dann kommen wir auch wieder zum in der Folge erwähnten Dilemma: Wenn ich als Regierung so weit gehe, dass ich Grundrechte einschränken muss, um die Bevölkerung / das Gesundheitssystem zu schützen, muss ich doch auch B sagen und eine Homeoffice-Pflicht, wo möglich umsetzen, oder? Das ist doch irgendwie sonst nicht wirklich ernstzunehmen, dass ich als Musiker keine Konzerte mehr spielen kann/soll (respektive sich diese wegen Teilnehmerbeschränkungen nicht rentieren) und auf der anderen Seite gibt es keinerleit Massnahmen…

Beispiel: Kontaktreduzierung privat = 60-70%, im Büro = 0-20%? Wo ist da die Fairness?

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Ist mir auch so aufgefallen.
Nach dem wasan so mitbekommt werden überall gerade mal die ersten Prio-Gruppen geimpft.

Dass man da nebenbei noch „Impftourismus“ zulässt klingt da doch reichlich unglaubwürdig, zumal ich auch glaube, dass die Impfwilligen im jeweiligen Land lautstark protestieren würden, wenn plötzlich Ausländer bevorzugt werden.

ich finde den begriff „Kolonialismus“ übertrieben, es werden ja nicht lokale Ressourcen entwendet.
die prio Gruppen sind ja je nach Land unterschiedlich, beispielsweise in Indonesien wird zuerst die junge, arbeitende Bevölkerung geimpft, das erforderliche Dokument lautet B211A.
In Deutschland kann man davon ausgehen, dass man frühestens im Sommer ein Impfangebot bekommt.
Besser sieht es da in Gibraltar, Bahrain oder den VAE aus. Klar, da muss man sich als Ausländer hinten hinter die Bevölkerung anstellen - aber schneller als in Deutschland geht es dort auf jeden fall. Lohnt sich also.

Hier noch ein Beispiel für Impftourismus von einem Südafrikaner in die Schweiz:

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:rofl: Klar, weil knapper Impfstoff gegen eine pandemische Krankheit keine Ressource ist?

Wenn du und deine Firma sich hinter die lokale Bevölkerung einreihen, wird es erstmal schwierig für euch. Selbst Israel wird ja noch etwas Zeit brauchen, bis sie durch sind.

Andere Frage: Verrätst du uns etwas über die Branche deiner Firma? Ihr könnt es euch scheinbar leisten, Angestellte und Familien durch die Gegend zu fliegen (potentiell sogar aus der EU raus), und sie dort leben zu lassen. Dabei können sie auch noch arbeiten - also remote, nehme ich an?
Und das alles bezahlt ihr, während ihr Aufträge ablehnt und Corona-Hilfen bekommt, die ja immernoch unter dem normalen Umsatz liegen?
Und das alles „nur“, um Mitarbeiter und Familien zu impfen, die ja scheinbar auch aus dem Homeoffice arbeiten können?

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Asoziale Unternehmen, die eigentlich genug Umsatz machen könnten um keine Hilfen zu benötigen, aber diese dann durch mutwillig schlechtes Wirtschaften doch erschleichen, sollen von mir aus gerne komplett ins Ausland gehen. Sowas brauchen wir hier definitiv nicht. (Über den allgemeinen Sinn der Existenz von PR-Unternehmen generell können wir uns vielleicht ein anderes Mal unterhalten.)

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von den aktuellen 200.000 Impfungen/Tag ausgehend ist Isreal nach ca. 90 Tagen komplett durchgeimpft (18 Mio Dosen für 9 Mio Personen).
„Der vielleicht entscheidende Faktor für Israels Schnelligkeit ist der Impfstoff. Aktuell ist vor allem das Produkt von Biontech und Pfizer einsetzbar. Von diesem Impfstoff wird Israel laut Medienberichten bis Ende Januar vier bis 5,6 Millionen Dosen bekommen. Deutschland kommt nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums im gleichen Zeitraum nur auf drei bis vier Millionen. Im Klartext: Im kleinen Israel ist in den kommenden Wochen mehr Impfstoff von Pfizer/Biontech verfügbar als in Deutschland.“ - Tagesschau.de

Man kann also davon ausgehen, dass in Israel ab März/April sich im Land befindliche Ausländer ebenso ein Impfangebot bekommen, vorausgesetzt die Lieferungen kommen wie versprochen an.

Zur Frage mit den Mitarbeitern: Ich bin als Unternehmer daran interessiert, den Umsatz (und Gewinn) des Unternehmens zu maximieren. Hierfür ist eine wichtige Stellschraube, zufriedene und gesunde Mitarbeiter möglichst produktiv zu halten. Wenn ich den Mitarbeitern ein solches Angebot machen kann, steigt die Zufriedenheit und auch die Produktivität. Dass meine Mitarbeiter somit Mitarbeitern anderer Unternehmen in Deutschland hiermit etwas voraus haben, könnte man als asozial verstehen.
Ich bin Mitarbeitern anderer Unternehmen oder den Bürgern Deutschlands allgemein aber zu nichts verpflichtet.
Wie du richtig sagst: Sie könnten hier arbeiten. Das Design der Hilfen und die höhere gesundheitliche Gefahr für meine Mitarbeiter in Deutschland birgt jedoch den Anreiz, nicht in Deutschland zu arbeiten, sondern dort, wo früher immunisiert wird und mehr Arbeit auch mit mehr Einkommen einhergeht.

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da haben wir absolut Konsens. Ein Unterbinden solchen Handelns ist jedoch Aufgabe der Politik. Solange es in Deutschland einen Anreiz zu möglichst wenig Umsatz gibt, da Fixkosten und Umsatz ohnehin ersetzt werden, werden Unternehmen ihre Produktivität steigernden Ressourcen (wie zB Mitarbeiter) ins Ausland verlagern. Am optimalsten in ein Ausland, in dem die Mitarbeiter (und Familien) schneller geimpft werden als in Deutschland. Das ist einfach konsequentes Unternehmertum und der Grund für diesen Thread: Die bisherigen Maßnahmen wie Hilfszahlungen führen eben nicht zu einer brummenden Wirtschaft in Deutschland, sondern zu einem abwandern von Fachkräften, insbesondere gut bezahlten Fachkräften, da die diese Personen anstellenden Unternehmen am ehesten eine Unternehmensverlagerung finanzieren können.