Verstehe ich das richtig, sie sind Geschäftsführer eines KMUs und wollen wegen der Strompreise aus Deutschland ins Ausland abwandern?
Zumindest den energieintensiven Teil habe ich nun umgezogen - ja.
Damit bin ich aber nicht alleine - der Spiegel berichtet einen Rückgang um 10 Milliarden (oder 13,8%) an Investitionen durch die Industrie in 2020 in Deutschland.
Und eh jetzt jemand sagt das würde an Corona liegen - der Rückgang in UK lag bei gerade mal 0,2 Milliarden Pfund.
Aber es gibt natürlich mehr Gründe, Deutschland mit seinem Unternehmen zu verlassen.
Die Weltbank gibt ein verständliches Ranking heraus - den „Ease of doing Business“ report.
https://www.doingbusiness.org/en/rankings
Und da wird einem wirklich bewusst wie sehr Deutschland eigentlich unternehmensfeindlich ist. Zumindest kleinunternehmensfeindlich.
Ich kenne die Studienlage für China nicht. Auch den chinesischen Markt und die Ausgangslage nicht gut genug. Von daher kann ich zu China nicht sagen, was die Regierung dort bewegt und was an Subventionen und co. dahinter steht.
Für Deutschland sind aber die schon angemerkten Studien ziemlich klar. Da würde das System mit Atomenergie teurer werden. Was teurer wird, muss dann am Ende auch von den Konsumentinnen bezahlt werden. Ergo, die Preise sind dann auch höher.
Zu den Preisen allgemein. Da ist der reine Strompreis in der deutschen Preiszone und der französischen eigentlich gleich oder nur geringfügig abweichend. Die großen Unterschiede bei den Endkundinnenpreisen sind durch die Steuern, Abgaben und Umlagen verursacht (https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=File:Electricity_prices_for_non-household_consumers,_first_half_2021_v5.png). Es liegt also nicht am Atomstrom, um auf das Thema der Diskussion einzugehen, sondern eigentlich darum, wie der Rest besser gestaltet werden kann. Was das angeht können wir uns sehr gerne unterhalten und austauschen. Da sehe ich es nämlich auch so, dass dort etwas getan werden muss. Das dann aber bitte in einer dafür vorgesehenen Diskussion.
Hab mir nochmal ein bischen was dazu angesehen. Es gibt einen Artikel der Klima-Reporter:
von 2018 allerdings, der mal die De-Karbonisierung für Deutschlands Strombedarf bis ins Jahr 2050 durchrechnet. Sie gehen da von einem Jahres-Bedarf von 700 TWh in 2050 aus (aktuell haben wir wohl um 500 TWh Strombedarf in Deutschland pro Jahr).
Die zusammensetzung der 700 TMh sieht da so aus:
- 90 TWh aus Frei-Flächen-Photovoltaik
- 200 TWh aus Dach-Photovoltaik
- 240 aus Onshore-Windanlagen
- 210 aus Offshore Windanlagen
Das Problem ist, damit ist nach aktuellen Regelungen die Windkraft-Fläche zumindest am Land voll ausgesnutzt. Auch das Solar-Dach-Potential ist hierbei wohl weitesgehend ausgeschöpft.
Leider habe ich noch nichts vergleichbares für den gesamten Energiebedarf von Deutschland gesehen. Der liegt aktuell (Quelle) bei 3238 TWh, also ein Vielfaches des Strombedarfes. Um das zu Erreichen muss man also scheinbar mindestens Flächen für Photovoltaik umwidmen und die Abstandsregeln für Windräder überarbeiten.
Hat jemand dazu mal Studien o.Ä. gesehen?
Hast du da jeweils Links zu?
Wieviele Arbeitsplätze sind den da mitgezogen? Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht ist, erst mal ohne die langjährig eingearbeiteten Fachkräfte klar zu kommen. In welcher Branche arbeitet ihr Unternehmen denn, wenn ich fragen darf?
klar - das ist eine kleine Unit. Aber alles sehr gut bezahlte Menschen, die größtenteils gerne mitgezogen sind. Insbesondere die hier so viel höhere Impfquote der Bevölkerung verstärkt bei den MitarbeiterInnen das Gefühl aktuell lieber ausserhalb von Deutschland zu sein. Die Lebensqualität ist einfach höher in Ländern ohne Lockdown-Maßnahmen wie sie in Deutschland und Österreich demnächst voraussichtlich wieder gelten werden. Das ist zwar ein anderes Thema, aber ein weiterer Aspekt für die Wahl des Standorts eines Unternehmens.
Na, na. Es gibt ja auch PR-Unternehmen die nicht nur Konsum befeuern.
Ich vermute Sie hätten sich auch eine erfolgreichere Kampagne der Regierung für die Corona-Impfung gewünscht. Da hatte ich aber keine Finger im Spiel.
Klar, ein steuerlich sehr rentables Modell.
Ich hoffe, dass die neue Regierung ernst macht und all die falschen Anreize nach 50 Jahren Union auf den Prüfstand stellt.
Letztendlich ist es ja nicht eine Frage des Könnens den nötigen Strom klimaneutral zur Verfügung zu stellen, sondern des Wollens.
Und dementsprechend hat der Abgang ja nichts mit dem Nein der letzten Regierung zur Atomkraft zu tun, sondern dem dauerhaften Verhindern zur Umstellung auf regenerative Energien.
Dass diese nun, genauso wie die Kohl-Regierung, nach 16 Jahren abgewählt wurde, hat Gründe.
Und dass jetzt eine Klima-, Freiheits- und Sozialregierung gewählt wurde, zeigt, was von der neuen Regierung erwartet wird.
Genau jetzt, wo der Aufbruch bevorsteht, zu gehen, halte ich für äußerst kurzsichtig.
Aber es zeigt auch, wieso die deutsche Wirtschaft dort steht, wo sie steht.
Es fehlt ihr an Tatendrang, Dinge rechtzeitig anzugehen (dann dann wärest Du bereits 2008 gegangen) und die Risikofreude, sich auf neue Abenteuer und die damit verbundenen Chancen einzulassen, die in diesem Fall eine neue, gerade eine zukunftsgerichtete Regierung, ermöglichen.
Wir kommen gern zurück sobald der Aufbruch sich wirklich bemerkbar macht.
2008 gab es die Company noch nicht - aber grundsätzlich würde ich zustimmen, dass Deutschland schon lange ein unattraktiver Standort ist - ich würde nur behaupten der Standort wird immer unattraktiver. Und es ist natürlich ein aufwändiger und auch zu scheuender Schritt ins Ausland abzuwandern. Da muss der Leidensdruck schon zeitlich groß sein - und das ist er.
Aber nennen Sie mir gerne Fakten, die für eine Rücksiedelung sprechen.
Ich habe nur erlebt, wie hier in der Region panisch die Koffer gepackt wurden und ins benachbarte Tschechien und in die Slowakei gezogen wurde, als 1998 rot-grün an die Regierung kam.
Die acht Jahre waren noch gar nicht vorbei, da waren einige bereits wieder hier mit vielen blauen Flecken und hohen Investitionen hinter sich. Je größer ein Unternehmen, desto eher funktioniert so etwas und je kleiner, desto mehr taten die Investitionen danach weh.
Mein Englisch-Lehrer in der Schule war gerade frisch aus Südafrika zurück, da hatte er 10 Jahre lang im Auftrag von Daimler Unterricht gegeben.
Auch die hatten sich das ganz anders vorgestellt.
Ich weiß nicht, wo Du hin gehst. Ein Bekannter, der seit Jahren in einem Deutsch-Schweizer Joint Venture arbeitet, ist sehr glücklich. Hier ist die Mentalität halt auch ähnlicher.
Grundsätzlich halte ich niemanden, jeder trägt ja für sich selbst Verantwortung.
Und Du wirst Dir das ja bereits ausgiebig überlegt haben, wie soll ich Dich da mit 1000 Zeichen umstimmen?
Zunächst mal entschuldige ich mich für die verkürzte und etwas polemische Art der Antwort. Ich habe den Beitrag schon gelöscht aber scheinbar waren sie schneller. Und um Sinn und Zukunftsfähigkeit bestimmter Geschäftsmodelle soll es hier ja auch nicht gehen.
Ich frage mich aber wie sie es geschafft haben, dass ihre Mitarbeiter mitgekommen sind? Haben die keine Familien in Deutschland? Sind die jetzt Wochenendpendler?
Im Grunde ganz einfach: Ich schütte einfach die durch den Umzug verringerten Stromkosten an die Mitarbeiter aus. Das war Anreiz genug. Bei einem derart energieintensiven Unternehmen macht das einen großen Unterschied. Zudem haben die Mitarbeiter jetzt geringere Steuerlasten bzw. Abgaben. Aber ich brauche auch nicht alle Mitarbeiter immer hier - einige behalten auch einen Hausstand in Deutschland.
Interessant, ich hätte bei einer PR-Argument mit 10 bis 15 Mitgliedern nicht gedacht, dass soviel Stromverbrauch zusammen kommt. Darf man fragen wieviel Strom Energie in kw/h pro Monat zusammen gekommen ist?
Ein Gas-Blockheizkraftwerk? Dann bin ich ja weiter abhängig von teuren GasImporten - so denn Gas überhaupt fliesst, was ja wohl noch unklar bleibt.
Aber im Grunde gilt doch nur eins: Ich will nicht zum Stromerzeuger werden, ich will einfach nur mein Unternehmen führen - aber dafür brauche ich die angesprochenen 1,5MW. Wenn mir die keiner zu jeder Zeit garantieren oder nur sehr teuer in Deutschland anbieten kann - dann ist doch klar dass ein solches Unternehmen in Deutschland nicht überleben kann oder will.
Du beziehst jede Diskussion auf dich, dabei geht es gar nicht um dich.
Hier geht es um “Atomkraft ist kokolores“ und die Frage, die im Raum steht: könnte der Strom, der (meinetwegen von deiner Firma) benötigt wird, ohne Atomkraft erzeugt werden?
Ja, könnte er.
Könnte er, wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht trotzdem zur Verfügung gestellt werden?
Ja, mit Speicher (hier habe ich mitterweile auch eine Zahl: bei Größenordnungen von 1MWh kann man mit ca.700.000€/MWh rechnen).
Aber um zum BHKW zurück zu kommen: man muss das nicht mit Gas betreiben.
Biogasanlagen tun genau das Gleiche.
Aus Scheiße wird Strom.
klar - wird ab nächstem jahr in Deutschland ja auch so sein. Wird nur sehr teuer dann.
Die Speicherlösung erscheint mir auch nicht gerade günstig. Wenn ich an einem Tag 15MWh aus einem Speicher abrufen muss, weil an diesem Tag weder Sonne noch Wind verfügbar, dann hat dieser Speicher ja schon etwa 10 Mio€ gekostet. Und voll ist er ja auch nur, wenn am Vortag Wind oder Sonne den Speicher gefüllt haben.
Biogasanlagen sind auch nur klein. 50MWh hat die größte in Güstrow. Das ist weniger als 5% eines üblichen AKW. Den Strombedarf Deutschlands zu einem erheblichen Teil mit Biogas zu bestreiten - das ist nun wirklich Kokolores. Es bräuchte alleine 30 Biogasparks in Güstrow-Größenordnung um den noch aktiven Reaktor Neckarwestheim zu ersetzen.
Wie oft denn noch: Das liegt aber nicht an der Atomkraft. Da habe ich dann auch keine Lust mehr zu diskutieren. Wie gesagt über die weiteren Strompreisbestandteile sehr gerne. Aber der reine Preis wird in Deutschland nicht günstiger werden wenn wir wieder Atomenergie nutzen würden (siehe dazu die obigen Punkte).
Wir werden ja sehen wie sich die Preise in den nächsten Jahren entwickeln. Frankreichs Atomstrom zu deutschem Wind+Speicherstrom. Dass Deutschland ohnehin bei Steuern massiv zulangt macht die Betrachtung schwieriger - aber zum Glück kann man ja auch die reinen Erzeugerpreise sehen.
Selbst wenn einige Unternehmen wieder zurückkommen - in der Zwischenzeit werden woanders Brötchen verdient und Steuern gezahlt.
Das mit der Agrar PV müsste aus dem Podcast „Das ist eine gute Frage“ vom Februar 2021 stammen (Wieviel PV und Wind brauchen wir). Da gab es später auch Folgen zu „kann Kernenergie das Klima retten“ und „wieviel Energieimporte brauchen wir“ . Passt alles thematisch zu unserer Diskussion. Der Hinweis mit den höheren Erträgen müsste in der Zeitschrift Ökotest vom Oktober gewesen sein. Die habe ich leider nicht mehr, die geht „zur Mehrfachnutzung“ and interessierte Freunde.