Angriff Irans – Strategischer Sieg Israels

Ich denke nicht, dass der Konlikt zwischen Israel und Iran weiter eskalieren wird. Israel hat das meiner Ansicht nach gewonnen, indem sie das iranische Botschaftsgelände in Damaskus angegriffen und wichtige militärische Führungspersönlichkeiten der Iraner eliminiert haben. Es war klar, dass der Iran das nicht auf sich sitzen lassen kann und Vergeltungsschläge initiiert, aber wenn man ehrlich ist, waren diese echt harm- und wirkungslos, und alleine darauf gezielt, innenpolitisch Stärke zu zeigen. Der Grund ist, dass Israel Atomwaffen besitzt, und der Iran (bisher) nicht. (Nur) Deswegen wird der Iran keine weiteren, größeren angelegten Angriffe starten.

Der eigentliche Hintergrund ist, dass Israel (mit dem Angriff auf die Revolutionsgarden) absichtlich den Iran dazu gezwungen hat, direkt militärisch zu agieren, weil es sich selber in die Ecke gedrängt fühlt. Sie wurden am 7.10. von den Palästinensern angegriffen und dabei wurden extreme Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Normalerweise würde jeder ihnen jegliches Recht auf Verteidigung zugestehen und insbesondere würden alle westlichen Staaten sie unterstützen. Das ist aber derzeit nicht der Fall, was aber nichts mit irgendwelchen angeblichen Verletzungen des Völkerrechts zu tun hat, sondern mit den anstehenden Wahlen in den USA. Biden ist auf Stimmen angewiesen von Leuten, die ziemlich durchgeknallt sind was die Unterstützung der Hamas-Verbrecher angeht, und deswegen möchte er diesen Konflikt bis zur Wahl auf jeden Fall abräumen, egal zu welchem Preis, und sei es auch, wie in Medien zuletzt berichtet, dass Israel für die Freilassung von 40 Geiseln die Verfolgung der Hamas einstellt und bis zu 900 verurteilte Mörder, Vergewaltiger und Terroristen freilässt.

Das ist aber eine Situation, die Israel nicht hinnehmen kann. Denen sind ihre eigen Bürger dann am Ende doch wichtiger als die Wahlen in den USA. Und den Iran in den Konflikt hineinzuziehen war dann eben die letzte verbliebene Option. Einerseits, weil westliche Demokratien offensichtlich bereit sind, Terrororganisationen wie Hamas politisch gegen Israel zu unterstützen, aber die Hoffnung besteht beim Iran würde das nicht der Fall sein.

Und zweitens, um das unmissverständliche Zeichen zu setzen: Wir wären bereit für einen Krieg (gegen Iran), der uns dazu zwingen könnte Atomwaffen einzusetzen, und wir würden das tun, wenn ihr weiterhin unseren Feinden von der Hamas politisch den Rücken stärkt.

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Bitte hier nicht die Kriegsverbrechen der teils faschistischen israelischen Regierung verharmlosen oder leugnen.

Ansonsten, was willst du uns mit deinem Beitrag sagen?

Dass der Iran und seine Proxies nur minimal reagiert haben, um den Konflikt nicht zu eskalieren, liegt ja auf der Hand. Mit Nuklearwaffen hat das mMn wenig zutun, Israel und USA brauchen keine Nuklearwaffen, um Iran oder Libanon massiv zu schaden und Israel würde sie mit ziemlicher Sicherheit auch nicht einsetzen, so lange es nicht vor einer Niederlage steht.

Ob das nun ein großer strategischer Sieg war, daran würde ich auch mal ein Fragezeichen setzen. Das hängt vom Blickwinkel ab. Es wurde wieder haufenweise teure Flugabwehr im dreistelligen Millionenbereich für billig Drohnen aufgebraucht, die jetzt ersetzt werden muss.
Das sind Waffen die auch im Ukrainekrieg fehlen, Putin lässt die Korken knallen.

Wenn das weiter so geht, würde USA und Europa noch mehr Waffen an Netanyahu liefern und es bleibt weniger um die russischen Faschisten in der Ukraine abzuwehren. Im Zweifelsfall entscheidet sich USA für Israel und die Ukraine hat das Nachsehen. Ich sehe bisher keinen großen, strategischen Sieg.

Wenn Iran und seine Proxies es drauf ankommen lassen, würde die israelische Flugabwehr leider nicht standhalten.

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Die Motivation der Israelis, All-In zu gehen und so die Hosen der Iraner unten sehen zu wollen, mag ich ja noch teilen können.

Deinen strategischen Sieg kann ich aber beim besten Willen nicht erkennen. Denn erneut ist Israel in eine mediale Falle getappt.

Bei Caren Miosga wurde gerade darauf verwiesen, Iran hätte seine Alliierten, die USA und Israel Tage vorher gewarnt, so dass diese sich vorbereiten könnten. Das bestätigt auch der obligatorische Nahost-Experte Guido Steinberg und verweist darauf, dass der Iran offensichtlich nur symbolisch attackieren wollte und aber deutlich mache, die große Konfrontation gar nicht zu suchen.

Wenn das stimmt, dann hat der Iran alle möglichen Länder tagelang im Voraus über Ausmaß und Zeitpunkt des Vergeltungsschlags gewarnt hat damit kein Risiko einer Eskalation besteht. Demgegenüber hat Israel vermutlich rechtswidrig und mit seinen Alliierten unabgesprochen, Botschaftsgelände eines Staates in einem dritten Staat angegriffen (ich verweise dazu auf @Daniel_K Ausführungen).

Über einen solchen riskanten Alleingang Israels können die Allierten Israels doch nur den Kopf schütteln, während im Hinterzimmer dem Iran für die besonnene Reaktion gedankt werden muss (und sicher auch wird).

Dass Biden zwar heute Nacht Israel die volle Unterstützung in der Verteidigung gegen Angriffe des Irans zugesprochen hat, gleichzeitig aber jegliche Unterstützung für Offensivaktionen verweigerte, spricht Bände darüber, wie zerrüttet das Verhältnis ist.

https://www.axios.com/2024/04/14/biden-netanyahu-iran-israel-us-wont-support

Die Machtspielchen unter Provokation eines regional bis kontinental ausbrechenden Kriegs, die du beschreibst, habe ich sonst eher mit Erdogan, Putin oder sogar unserer dunklen Vergangenheit verbunden. Macht Israel weiter so, dann isoliert es sich in der westlichen Welt selbst und gefährdet seine Sicherheit damit selbst.

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Woher kommt diese Wahrnehmung? Hast Du irgendeinen Beleg oder auch nur ein Argument dafür, dass westliche Demokratien die Hamas unterstützen? Scheint mir doch arg weit hergeholt zu sein.

Niemand hat gewonnen. Ein „Sieg“ Israels hat es schon deshalb nicht gegeben, weil für den Iran der Verlust von zwei Generälen und einer Handvoll Offiziere keine „Niederlage“ ist – davon haben die hunderte. So denkt da auch weder die eine, noch die andere Seite.

Atomwaffen haben mit dieser konkreten Situation rein gar nichts zu tun. Israel hätte auch dann keine Atomwaffen eingesetzt, wenn der Iran die doppelte Menge Geschosse abgefeuert hätte und alle ihr Ziel getroffen hätten. Atomwaffen sind ein Drohpotenzial, um eine vollständige Vernichtung eines Landes abzuwenden. Der Iran hat derzeit auch mit seinen Verbündeten nicht die militärische Kapazität, um Israel zu vernichten.

Das sind ziemlich absurde Behauptungen. Was eher der Realität entspricht ist das viele Menschen und Regierungen in westlichen Demokratien keine Angesichts der offensichtlichen Kriegsverbrechen Israels im Gaza-Streifen nicht zu einer bedingungslosen Unterstützung der israelischen Regierung bereit sind.

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Ich würde jetzt nicht behaupten, dass ich als Mensch der nicht dem jüdischen Glauben angehört verstehen würde, was in Menschen nach 2000 Jahren der Verfolgung vorgeht. Aber das es ein wehrhaftes Land gibt, in dem es zwar primär eine Bedrohung von Außen gibt, es aber zumindest keine systemische Verfolgung der jüdischen Bürgerinnen und Bürger im Innern, ist für sich genommen jeder weitere Tag ein Sieg über den Antisemitismus. Daraus dürfte sich auch das militärische und geheimdienstliche Handeln herleiten lassen. Der Staat Israel ist für Menschen jüdischen Glaubens alternativlos. Natürlich braucht Israel verbündete. Aber nicht um jeden Preis. Das hat die Geschichte gezeigt. Darum wird Israel das tun, was zur Sicherung seiner Existenz für notwendig hält.

Das ist doch genau mein Punkt. Sowohl Israel, als auch der Iran spielen das „long game“. Natürlich immer beeinflusst von der Tagespolitik und persönlichen Eitelkeiten, aber für die Eliten beider Länder gibt es ein übergeordnetes Ziel, das weit über den einen getöteten General hier oder den anderen Terroranschlag dort hinausgeht. Weder das israelische Militär/Geheimdienst, noch die Al-Quds-Brigaden werden dem Angriff auf das Botschaftsgebäude oder der iranischen Antwort darauf eine existenzielle Bedeutung zuweisen.

Gerade vor diesem Hintergrund finde ich es erstaunlich, wie katastrophal Israels Antwort auf die Anschläge vom 7. Oktober ausgefallen ist. Erstmal, dass diese Anschläge überhaupt in dieser Form stattfinden konnten. Und dann, dass die israelische Regierung Ziele für die (grundsätzlich alternativlose) Militäraktion ausgegeben hat, die niemals zu erfüllen sind (vollständige Zerstörung der Hamas ohne Ermächtigung irgendeiner anderen palästinensischen Fraktion) und mit Methoden, die Israel zunehmend international isolieren.

Netanyahu wird als schlechtester Staatsführer Israels in die Geschichte eingehen, vielleicht sogar als schlechtester politischer Akteur des Judentums insgesamt. Die Hamas, die Hisbollah und der Iran können Israelis töten und absurden Hass gegen das Judentum pflegen, den Staat Israels existenziell gefährdet haben in den letzten Jahrzehnten aber nur Netanyahu und die Extremisten, denen er an die Macht geholfen hat.

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Es macht vermutlich Sinn, bei Kritik an israelischer Politik andere Maßstäbe anzusetzen. Auch ohne derartige Intention ist ein Faschismusvorwurf an dieser Stelle schnell Wasser auf die Mühlen des Antisemitismus, bei dem so ein Sprachgebrauch der Täter-Opfer-Umkehr dient.
Faschismus bezeichnet ja nicht nur einen abstrakten Sachverhalt sondern auch eine konkrete Epoche. Und da waren nun mal wir Täter und Juden Opfer.
Ich denke unsere Sprache bietet genügend Spielraum Politik zu kritisieren ohne in diese Gefilde zu steigen.

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Im Internet wird aus israelischer Sicht argumentiert, es wäre nur das Konsolargebäude in Damaskus zerstört worden und das sei ja gar nicht die Botschaft. Dem entgegen wird behauptet das Gebäude sei Teil der Botschaft bzw. des dazugehörigen Grundes gewesen. Gleichzeitig gibt es Fotos die zwischen weiterhin stehenden Botschaftsgebäuden und dem zerstörten einen Zaun zeigen.
Ich bin verwirrt. Was ist nun korrekt?

Zudem frage ich mich immer, welchen Mehrwert das F-Wort eigentlich hat, außer eine sehr starke emotionale Ablehnung auszudrücken. Gerade in der Linken ist (und war es schon früher) teilweise üblich, alle Politiker, die irgendwie autokratisch oder rechts sind, so zu nennen. Aber was sagt der Begriff eigentlich noch aus, wenn er beliebig auf revisionistische Nationalisten, autokratische und kleptokratische Herrscher, Antisemiten, Demaogen, Islamisten sowie tatsächliche Anhänger des historischen Faschismus anwendbar ist.

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Die Unterscheidung zwischen Konsulat und Botschaft ist unerheblich, beide werden durch internationales Recht auf gleiche Weise geschützt: The inviolability of diplomatic and consular premises | The Law Gazette

Die „Unverletzlichkeit“ von Botschaften und Konsulaten wird im internationalen Recht allerdings sowieso nur gegenüber dem Gastgeberland festgeschrieben. Ich bin mir also gar nicht sicher, ob Israel formal gegen z.B. die Wiener Konvention verstoßen hat, da es sich ja nicht um eine iranische Botschaft in Israel gehandelt hat. Vermutlich ist der Luftangriff aber so oder so ein Verstoß gegen das Völkerrecht, weil Israel ohne Zustimmung Syriens gehandelt hat und sich weder mit Syrien, noch dem Iran offiziell im Krieg befindet und bisher auch nicht nachgewiesen hat, dass mit dem Luftschlag ein konkreter, drohender Angriff auf israelische Interessen abgewendet wurde. Auf der anderen Seite wurde Israels Beteiligung bisher auch gar nicht offiziell bestätigt.

Was aber unstrittig sein dürfte, ist das Israel für den Angriff verantwortlich gemacht wird und es sich dabei um einen Bruch internationaler Normen gehandelt hat. Und das kann u.U. sehr viel folgenreicher sein, als ein zweifelsfreier Nachweis des Bruchs internationalen Rechts.

Richtig angewendet beschreibt „Faschismus“ eine reale politische Bewegung. Warum sollte es keinen Mehrwert haben, diese Bewegung auch mit einem Begriff beschreiben zu können?

Aus der Wikipedia:

Robert O. Paxton beschreibt Faschismus als „Form des politischen Verhaltens“. Dies sei gekennzeichnet „durch eine obsessive Beschäftigung mit dem Niedergang, der Demütigung oder der Opferrolle einer Gemeinschaft sowie durch einen kompensatorischen Kult um Einheit, Stärke und Reinheit.“ Hinzu kommen eine „Massenpartei entschlossener militanter Nationalisten“, die mit traditionellen Eliten zusammenarbeitet und demokratische Freiheiten abschafft. Innere Säuberung und äußere Expansion sollen „mit einer als erlösend verklärten Gewalt erreicht werden“

Natürlich wir dem den Begriff (wie um alle politischen Begriffe) intensiv gestritten. Das ist an sich aber noch kein Grund, ihn grundsätzlich abzulehnen oder ihm alle Nützlichkeit abzustreiten.

Zur Sachfrage: Ich kann tatsächlich nicht erkennen, warum Netanyahu und seine radikalen Verbündeten in Israel „Faschisten“ sein sollten. Das passt zu keiner der allgemein anerkannten Definitionen und auch nicht zu historischen Beispielen. Da gibt es andere, passendere (und auch nicht schmeichelhafte) Begriffe.

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Meine Frage bezog sich auf den tatsächlichen, m. E. sehr inflationären Gebrauch des Wortes. Dass es reale politische Bewegungen gab (und vielleicht auch gibt), die mit dem Begriff treffend beschrieben werden können, würde ich nicht bestreiten. Zumindest meiner Erfahrung nach trifft diese Definition aber auf 95% aller, die „Faschisten“ genannt werden, nicht zu.

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Laut Daniel-Erasmus Kahn, Professor für Völkerrecht, ist „im konkreten Fall unklar ist, ob das Gebäude überhaupt auf dem Botschaftsgelände stand, oder ob es nur angemietet war und damit ohnehin nicht dem diplomatischen Schutz unterliegt.“

Außerdem sagt Kahn: „Der Angriff Irans auf Israel war eine durch nichts gerechtfertigte militärische Aggression. […] Israel wäre jetzt – im Rahmen seines Selbstverteidigungsrechts – zum Gegenschlag berechtigt“

Quelle (paywalled): Iran-Israel-Konflikt: »Israel wäre jetzt zum Gegenschlag berechtigt«, sagt Völkerrechtler Daniel-Erasmus Khan - DER SPIEGEL

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Unabhängig davon scheint für Syrien, zumeist Großraum Damaskus, ein free-for-all zu gelten. Bombardierung durch ausländische Jets und Drohnen schaffen es hier zumeist nicht mal in die Nachrichten. Bei Rückfragen wedelt man mit „Verbindungen-zum-Iran“, was als Legitimationsnachweis genügt.

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Ja, allerdings hat sich das syrische Regime ja auch alle Mühe gegeben, dieses Free 4 All herbeizuführen. Bürgerkrieg gegen die eigene Bevölkerung vom Zaun gebrochen und jede ausländische Macht (Russland, Iran, Hisbollah) zur Intervention eingeladen, die gerade Zeit hatte und Assad nicht direkt dem IStgH ausliefern wollte. Insofern wird da sicher jede Menge internationales Recht gebrochen. Aber juristisch dürfte es oft durchaus ein wirksamen Argument sein zu behaupten (und im Idealfall auch belegen zu können), dass das syrische Regime das Territorium des Landes nicht vollständig kontrolliert und/oder terroristische Gruppen auf dem eigenen Territorium explizit akzeptiert und/oder die eigene Bevölkerung angreift bzw. diese Angriffe hinnimmt.

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Faschist ist ein gängiges Wort, was von allen politischen Lagern verwendet wird.

Politiker der aktuellen israelischen Regierung bezeichnen sich selbst als Faschisten. Haaretz berichtet → https://archive.is/ySthS
Aussagen zur gewünschten Zerstörung der Palästinenser unterstreichen das.

Auch die israelische Opposition nennt die israelische Regierung faschistisch.

Haaretz → https://archive.is/NXekK

Es ist ein Fehler, dass Deutsche glauben, sie müssten aus einer historischen Schuld heraus eine rechtsradikale israelische Regierung unterstützen, die einen Völkermord in Gaza durchführt. Das kritisiert auch die israelische Opposition, die man vielleicht besser unterstützen sollte, statt die Netanyahu-Regierung.
@Friedolino
Es ist keine Täter-Opfer-Umekhr, wenn man sich dazu entschließt, Menschen wie Netanyahu bei ihren Verbrechen nicht zu unterstützen und stattdessen diese Verbrechen benennt. Deutschland als Verbündeter Israels hat die historische Pflicht, seine Verbündeten im Mittleren Osten daran zu hindern, das Völkerrecht zu brechen und einen Genozid durchzuführen, gerade wegen der deutschen Geschichte. Dieser Krieg des Benjamin Netanyahu ist Wasser auf die Mühlen des Antisemitismus.

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Klingt nach Strohmann oder befürwortet jemand einen Völkermord mit der Begründung unserer historischen Schuld?
Mir geht es zunächst um die Frage, ob man israelische Politiker auch kritisieren kann oder sollte ohne auf gängige Sprachmuster von Antisemiten zurückzugreifen.
Wenn israelische Politiker sich selbst oder gegenseitig Faschisten nennen, kann man das doch genauso benennen: also selbsternannte oder vom politischen Gegner bezeichnete Faschisten.

Wenn Angehörige des Tätervolks Repräsentanten eines Opfevolks des historischen Faschismus als Faschisten bezeichnen ist es gemäß der weiter oben verlinkten Quelle ein Sprachmuster, das Antisemiten zur Täter-Opfer-Umkehr verwenden.
Und das hat mit der inhaltlichen Kritik oder der Benennung von Sachverhalten erstmal nichts zu tun, sondern es geht allein um die Wortwahl. Und ich frage mich, was so schlimm daran sein soll, an dieser Stelle etwas Fingerspitzengefühl und historische Sensibilität walten zu lassen.
Zugespitzt: Wird irgend ein palästinensisches Kind gerettet, weil ein paar Deutsche mehr Netanyahu Faschisten nennen und die Antisemiten sich freuen a la, „habe ich doch schon immer gesagt“?

Inhaltlich stimme ich Dir aber zu. Der Bruch des Völkerrechts und alle Maßnahmen Richtung Genozid sind definitiv zu kritisieren und nach Möglichkeit zu verhindern.

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Das macht es noch nicht in allen Fällen richtig oder hilfreich.

Ein Politiker der aktuellen Regierung wird mit dieser Selbstbezeichnung („Ich bin ein faschistisher homophober, aber ich stehe zu meinem Wort“) zitiert, ohne das der Kontext des Gesprächs klar ist.

Ich kann auch in der (ohne Zweifel extremistischen und radikalen) Regierungskoalition weiterhin keine faschistische Bewegung im Sinne der gängigen Definitionen (siehe oben) oder der historischen Vorbilder erkennen. Schon deshalb nicht, weil es sich bei der Regierung um ein Sammelbecken ideologisch ziemlich unterschiedlicher Strömungen handelt, deren Chef (Netanyahu) in erster Linie ein Machtopportunist ist, kein aus ideologischer Überzeugung handelnder „Führer der Massen“.

Man muss Netanyahu und Co auch nicht als Faschisten bezeichnen, um deren Politik und/oder die deutsche Unterstützung für diese zu kritisieren. Ich glaube, dieses Label ist dabei sogar extrem hinderlich, gerade weil es so schlecht auf die aktuelle Situation passt.

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Inwiefern unterstreichen diese Aussagen die Behauptung, dass sich „Politiker der aktuellen israelischen Regierung“ (im Plural!) „sich selbst als Faschisten“ bezeichnen?

Wie schon gesagt richtet sich meine Kritik vor allem gegen die inflationäre und unbestimmte Verwendung des Begriffs. Das schließt eine ebensolche Verwendung durch die israelische Opposition selbstverständlich mit ein.

Nun, wenn man meint, ohne Begriffe wie „Faschist“ oder „Völkermord“ die Politik Israels oder die israelische Regierung nicht kritisieren zu können, ist das eine Sache. Aber zu suggerrieren, dass jemand diese Politik unterstützt, nur weil er diese Begriffswahl kritisiert, entbehrt jeder Grundlage.

Die Kritik der Täter-Opfer-Umkehr hier im Thread bezog sich ja überhaupt nicht auf fehlende Unterstützung für Netanyahus Vorgehen oder Kritik daran, sondern auf die entsprechende Wortwahl. Das ist ein klassisches rhetorisches Mittel: Du weist einen Vorwurf zurück, den es gar nicht gab, um auf die eigentlich Kritik nicht reagieren zu müssen.

Die Behauptung, dass Juden durch ihr Handeln selbst schuld am Antisemitismus sind, ist selbst ein Topos desselben.

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