Zuckersteuer halbiert Zuckerkonsum bei Kindern

Your Point. Stimme ich zu. Nurtiscore verwundert mich auch täglich. Was da an Gift in Verpackung einen Score von A oder B bekomme?!? Sehr fragwürdig. Habe ihn als ein Beispiel oder besser als ein Anfang gesehen. Weil es ihn gibt. Und es soll ja was vorwärts gehen. Man kann natürlich ein paar Arbeitsgruppen bilden (typisch deutsch) und dann in 5 Jahren (oder 10) ein Konzept mit höherer Mathematik und 700 Seiten herausbringen. Das dann zeredet und zerpflückt wird und nicht kommt.
Besser einfach mal machen und dann im Prozess über die Jahre nachbessern… ist meine Devise.

Danke für die Quelle! Ich habe mir den betreffenden Abschnitt gerade durchgelesen, weil mich interessiert hat, warum der Bürgerrat mit 68 zu 38 Stimmen gegen eine Lenkungssteuer Zucker votierte. Neben dem Eingriff in die Wahlfreiheit und der Skepsis gegenüber künstlichen Zuckeraustausstoffen wird in der Begründung vor allem betont, dass die Zuckersteuer in Großbritannien „nachweislich keine Vorteile für das strategische Ziel einer gesünderen Ernährung bringt.“
*Danke für die Richtigstellung @Daniel_K.

Wenn sich in Zukunft doch noch positive Effekte auf die Gesundheit von Kindern zeigen, wäre ich der Erste, der zumindest eine Einführung bei Produkten die sich hauptsächlich an Kindern richten, befürwortet. Bis dahin sollte mehr Geld in Aufklärung und Kennzeichnung gesteckt werden.

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Hat er nicht. Ich habe es mir auch gerade mal durchgelesen - es ist der typische Fall der doppelten Verneinung. Die mit 68 zu 38 Stimmen abgelehnte Proposition zur Lenkungssteuer findest du auf Seite 40 der Broschüre. Die Fragestellung lautet:

Der Text der Proposition sagt:

Dieser Vorschlag zur NICHTerhebung einer Zuckersteuer wurde mit klarer Mehrheit von 68 zu 38 Stimmen abgelehnt.

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Die medizinisch notwendige Aufnahme von Kohlehydrate ist so gering, dass dafür keinerlei Zuckerkonsum notwendig wäre, und schon gar keine Softdrinks, die meist ein extrem hohen Zuckergehalt hat. Die Kohlehydrate, die in gesunden Lebensmittel enthalten sind, reichen vollkommen aus.

Das Problem ist, dass durch Fertiggerichte, Softdrinks, etc. schon Kinder so an Zucker gewöhnt werden, dass sie quasi „süchtig“ sind und ein Anreiz für weniger Zucker als „Freiheitseinschränkung“ empfinden.

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Unsere Körper benötigen Kohlenhydrate, Fette und Proteine in ausgewogenen Mengen. Wenn wir uns von einseitigen Kalorienbomben ernähren, die uns nicht ausgewogen mit Nährstoffen versorgen, haben wir zwei Möglichkeiten:

  • Unser Kalorienpensum einhalten und mit Nährstoffmangel leben.
  • Unser Kalorienpensum sprengen, um die nötigen Nährstoffe zu bekommen.

Beides ist ungesund. Das Ziel lautet: ausgewogene Ernährung, die uns im Rahmen unseres Kalorienbedarfs mit allen nötigen Nährstoffen versorgt.

Aktuell werden Hersteller belohnt, wenn sie einseitige Kalorienbomben anbieten, und bestraft, wenn sie ausgewogene Produkte anbieten. Die Folge ist, dass insbesondere Menschen, die aufs Geld achten müssen, gesundheitlich benachteiligt werden.

Die Marktregeln sind so angelegt, als hätte jemand den alten Scherz ernst genommen, der gelegentlich an Kuchenbuffets zu lesen ist:

„Kuchen enthält nur wenig Vitamine. Deswegen muss man sehr viel davon essen.“

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Es gibt auch eine dritte Möglichkeit, die von mir präferierte:

Wir erhöhen unser Kalorienpensum durch Sport, Bewegung und einen aktiven Lebensstil so weit, dass wir uns eine gewisse Menge an „leeren Kalorien“ leisten können, ohne, dass uns dadurch Nährstoffe fehlen. Ich habe einen durchschnittlichen Kalorienbedarf von etwa 3500 Kalorien und fülle schon aus reiner Notwendigkeit i.d.R. 1000 dieser Kalorien mit Eis und Süßwaren, weil ich gar nicht genug „gesundes Essen“ essen könnte :wink:

Das ist definitiv ein Problem. Die Frage ist, ob wir dieses Problem besser über eine Zuckersteuer oder über eine generelle Anpassung der Umsatzsteuern auf Lebensmittel erreichen können. Zucker ist letztlich nicht das einzige Problem, übermäßiges Fett ist meiner Erfahrung nach mindestens ebenso problematisch und würde von einer Zuckersteuer nicht erfasst (dann packen die Schokoladenhersteller halt mehr Fett in ihre Schokoladen, um den Zucker auszugleichen (gerade bei Gebäck funktioniert das super) und Chipshersteller freuen sich generell…).

In Verbindlung mit verpflichtenden Labels könnte man letztlich drei Umsatzsteuersätze für unterschiedlich gesunde Lebensmittel festlegen, z.B. 9% für „gesunde“ Lebensmittel, 19% für durchschnittliche Lebensmittel und 35% für nachweislich(!) ungesunde Lebensmittel (Softdrinks mit Zucker, Chips, stark zuckerhaltige Lebensmittel). Aber natürlich wird die Festlegung, welche Lebensmittel in welche Kategorie gehören, ein riesiges Hauen und Stechen auslösen und sehr ideologisch geführt werden…

Da hoffe ich für dich, dass bei dir nie wegen Verletzung oder veränderten Lebensbedingungen oder ähnlichem mal dein Kalorienbedarf drastisch reduziert wird, du deine Ernährungsgewohnheiten aber nicht umstellen kannst (z.B. weil Zucker Suchteffekte auslöst). Ich (und meine Hosengröße) spreche da aus Erfahrung :wink:

100g Walnüsse: 674 kcal, keinerlei freie Zucker :slight_smile: So eine Nussmischung (vielleicht mit ein wenig Trockenobst) mampft sich ziemlich gut weg :smiley:

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Dass der Kalorienbedarf individuell verschieden ist, stimmt natürlich. Das ändert aber nichts an den Möglichkeiten, die Menschen haben, um ihren Nährstoff- und Kalorienbedarf zu decken, nämlich mit zu viel Kalorien, zu wenig Nährstoffen oder ausgewogen.

Die schädlichen Wirkungen ungesunder Lebensmittel lassen sich übrigens nicht ausgleichen. Das ist ein Mythos, der ungefähr so entstanden ist wie der Mythos, ein Glas Rotwein am Tag sei gesund. Viele Menschen mit einem entspannten, gesunden Lebensstil trinken abends ein Glas Rotwein. Sie haben eine höhere Lebenserwartung als Menschen, die das nicht tun. Der Rotwein ist aber nicht die Ursache für die höhere Lebenserwartung, sondern eine Begleiterscheinung des Lebensstils.

Auch wenn diese Menschen ihrem Körper viel Gutes tun, würden sie noch gesünder leben, wenn sie auf Rotwein verzichten würden. Das wollen sie aber vielleicht nicht. Und das ist auch in Ordnung. Es geht schließlich nicht darum, Menschen einen bestimmten Lebensstil vorzuschreiben, sondern der Lebensmittelindustrie keine Anreize für Schrottrezepturen zu liefern.

Was ich damit sagen will: Wenn du eine Sportskanone bist, die gerne Eis und Süßigkeiten ist, ist das super. Für andere Menschen ist vielleicht ein anderes Modell passender. Auch super.

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Im Anschluss an deine treffenden Ausführungen zitiere ich noch mal aus dem bereits verlinkten Ärzteblatt-Artikel:

„Im Glukose-Fructose-Gemisch des Haushaltszuckers addiert sich daher die GIP-Wirkung mit der Fructose-Toxizität. Das macht Zucker zu einem double Hit-Agent“, sagt der Internist Pfeiffer.

Vor Corona wog ich 30 kg mehr als heute. Als Corona anfing habe ich mich stärker um meine Ernährung gekümmert und massiv abgenommen (mit einer High-Protein-Diät, daher stark reduzierte Kalorienzufuhr bei gleichzeitig 1,8 Gramm Protein pro kg Körpergewicht). Vor Corona habe ich massiv viel Zucker gegessen, dann habe über zwei Jahre den Zuckerkonsum auf ein Minimum reduziert. Jetzt kann ich mein Idealgewicht zuverlässig halten und trotzdem viel Zucker zu mir nehmen, eben weil ich mich viel bewege (~20k Schritte am Tag) und auch Sport treibe…

Wenn ich mich mal krankheits- oder verletzungsbedingt weniger bewegen kann (was vorkommt) reduziere ich auch die Kalorien entsprechend, wenn ich wirklich mal einen Tag habe, an dem ich mich kaum bewege, lande ich quasi durch meine Ernährungsplanung automatisch wieder bei einer High-Protein-Diät… kurzum: Ich mache mir da keine Sorgen, teile deshalb aber auch die grundsätzliche Verteufelung von Zucker nicht. (noch weniger teile ich die Verteufelung von Süßstoffen, aber das ist ein anderes Thema…)

Mein Problem ist häufig, dass ich Gefahr laufe, zu viel Protein zu mir zu nehmen. Die Minimalwerte liegen bei meiner Essensplanung bei 1,8 Gramm Protein und 1 Gramm Fett pro kg Körpergewicht, der Maximalwert beim Protein bei 2,2 Gramm. Walnüsse würden hier die Grenze sprengen, Speiseeis nicht. Und wenn mir das Eis besser schmeckt und alle Nährwert-Variablen bereits hinreichend gedeckt sind macht es einfach Sinn, das Eis zu essen :wink: Glaube mir, ich plane meine Ernährung sehr penibel, vermutlich genauer als die meisten Profi-Sportler…

Ja, aber „ausgewogen“ kann eben auch einen ordentlichen Teil „leerer Kalorien“ in Form von Zucker enthalten, wenn der Kalorienbedarf groß genug ist und alle Nährstoffbedarfe bereits hinreichend gedeckt sind. Ich stimme ja absolut zu, dass der Großteil der Menschen zu viel Zucker (und Fett) konsumiert, ich sage nur, dass die Sache komplexer ist, als sie hier dargestellt wird (Beispiel: Chips. Kein Zucker, aber definitiv genau so problematisch…)

Dafür gibt es - im Gegensatz zum Alkohol - keine überzeugende Evidenz.

Die Frage ist, wie man das Problem des Übergewichts effektiver bekämpfen kann. Leere Kalorien (egal ob in Form von Zucker oder Fett) zu vermeiden ist ein sinnvoller Weg, mehr Bewegung hingegen ist ebenso sinnvoll. Ich bin einer gesetzlichen Lenkung zu gesünderem Essen (z.B. durch eine Steuer) absolut nicht abgeneigt, aber es erscheint mir auch wie der „easy way out“, weil wir leider vor der Bewegungsfaulheit der Menschen kapitulieren und deshalb nur beim Hebel „Ernährung“ ansetzen. Ich will nur sagen, dass das Thema „Bewegung / aktiver Lebensstil“ genau so wichtig und in vielen Fällen sogar eine bessere Lösung für das Problem ist.

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Wenn das alle machen würden, dann hätten wir viele Probleme nicht und bräuchten auch keinen Nutri-Score.
Man sollte vielleicht nicht vom informierten und objektiv urteilenden Verbraucher ausgehen.
Nicht umsonst werden auch Lebensmittel nachgesüßt und mit Geschmacksverstärkern versetzt bei denen man nie damit rechnen würde.

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Ernährungsplanung, gar eine penible, die auch noch dem aktuellen ernährungswissenschaftlichem Stand entspricht und nicht irgendwelchen fragwürdigen Empfehlungen, werden wohl die Allerwenigsten betreiben.

Dass es nicht vorrangig um die kalorische Zufuhr geht, sondern um die (quasi-)toxische Verstoffwechselung bestimmter „Brennstoffe“, ist physiologisch gut belegt (s. Ärzteblatt-Artikel).

Mir ist gerade noch mal beim Lesen des Titels „Zuckersteuer halbiert Zuckerkonsum bei Kindern“ in den Sinn gekommen, dass das Thema Kinder hier nur am Rande der Diskussion eine Rolle spielt.

Gerade die „Konditionierung“ von Kindern auf übersüßte verarbeitete Lebensmittel, die mit dem „double Hit-Agent“ schrittweise gleichsam „süchtig“ gemacht werden, ist aber das größte Problem.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat mal einiges zusammengetragen, was, wie ich denke, z. T. immer noch Gültigkeit hat, wie z. B.:

Autoren des OECD Health Working Papers No. 6650 kommen im Jahr 2013 zu dem Ergebnis, dass Personen mit niedrigem Einkommen mehr Kalorien durch zuckerhaltige Getränke zu sich nehmen als Personen mit hohem Einkommen.

Da Einkommen häufig mit Bildung korreliert, sind mutmaßlich die Kinder von Niedrigeinkommensbeziehenden besonders gefährdet.

Gerade hier könnte eine Zuckersteuer positive Wirkungen entfalten.

Und wem die allgemeine Gesundheit (von Kindern) herzlich gleichgültig ist, eine Zuckersteuer hätte wahrscheinlich auch positive volkswirtschaftliche Effekte:

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Absolut. Andererseits ist es eben wieder so eine Situation, wo diejenigen, die „es richtig machen“ für die Fehltritte anderer indirekt bestraft werden. Das heißt nicht, dass ich gegen eine Zuckersteuer oder eine Anpassung der Umsatzsteuersätze zum Vorteil gesunder Lebensmittel wäre, wie gesagt, wir sind da inhaltlich durchaus konsensfähig, ich bin durchaus für eine Zuckersteuer oder eine Umsatzsteueranpassung.

Aber wenn das primäre Problem die Kalorienbilanz und die problematische Erziehung von Kindern ist, finde es eben auch kritisch, nur auf die Aktiva-Seite dieser Bilanz zu schauen und die Passiva-Seite zu ignorieren. Daher: Neben einer Erziehung zu gesünderer Ernährung muss auch eine Erziehung zu einem aktiveren Lebensstil in der Diskussion zumindest in Erwägung gezogen werden.

Das trifft auf Zucker aber eben auch nur im Übermaß zu, Zucker in angemessenen Dosen wird nicht (quasi-)toxisch verstoffwechselt. Das wäre das gleiche Argument wie bei massiv überhöhtem Protein-Konsum (das kann in der Tat die Nieren belasten) oder eben jedem Alkoholkonsum (im Hinblick auf die Leber). Die Verstoffwechslung von Zucker kann natürlich auch im Hinblick auf Sucht und Gewöhnung diskutiert werden, aber das ist noch mal eine ganz andere Ebene der Diskussion. Ich sage nicht, dass ein Übermaß an Zucker gesund sei, ich sage lediglich, dass Zucker in Maßen (im Gegensatz zu Alkohol) bei entsprechender körperlicher Aktivität unproblematisch oder sogar vorteilhaft sein kann (lauf mal einen Marathon ohne dabei Zucker zu konsumieren… es gibt eben Situationen, in denen „schnelle, einfach zu verstoffwechselnde Energie“ sinnvoll ist, z.B. bei Dauerleistungen…).

Zucker ist in bestimmten Kontexten problematisch - leider treffen diese Kontexte auf die meisten Menschen in unserer bewegungsarmen Überflussgesellschaft zu. Aber das heißt eben dennoch nicht, dass Zucker allgemein schlecht sei.

Absolut, die Frage ist, ob wir dieses Problem mit einer Zuckersteuer effektiv bekämpfen können. Wenn zuckerhaltiges teurer wird kann man vielleicht tatsächlich gerade in den von Armut betroffenen Gesellschaftsschichten den Zuckerkonsum ein wenig reduzieren, aber ich fürchte, das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein… Wie gesagt, ich bin dennoch für eine Zuckersteuer (oder eine Umsatzsteuer-Anpassung), aber ich denke nicht, dass das das Problem hinreichend löst - es ist eher ein erster, zaghafter Schritt.

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Angesichts der wissenschaftlichen Evidenz, die im von mir verlinkten Ärzteblatt-Artikel zusammengefasst ist, komme ich zu anderen Schlüssen.

Dass eine Zuckersteuer alleine das Problem nicht löst, aber doch - zumal im Verbund mit anderen Regulierungen - deutlich abschwächen dürfte, erscheint mir folgerichtig.

Merke ich! Meine Bewunderung, ich bekomme das so nicht ansatzweise hin.

Absolut. Vielleicht ist in dem Zusammenhang interessant, dass im UK die Erträge aus der Zuckersteuer für exakt solche Präventionsprogramme ausgegeben werden.

Das war ja der Ausgangspunkt des Threads: die bisherige Beweislage aus dem UK deutet darauf hin, dass eine Zuckersteuer tatsächlich effektiv darin ist, den Zuckerkonsum bei Kindern und Jugendlichen zu reduzieren. Und zwar nicht „ein wenig“, sondern knapp halbiert.

Ja, am Ende muss es natürlich auch nachhaltige gesellschaftliche Veränderungen geben, denn sonst können solche Regelungen auch einfach irgendwann wieder rückgängig gemacht werden. Aber mit irgendeinem Schritt muss man ja mal anfangen und zumindest im UK war dieser Schritt gar nicht sooo klein :wink:

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Im genannten Beispiel würde der Steuersatz auf einer 0,33L Dose Cola stolze 188% betragen, nur damit wir alle auf dem gleichen Nenner sind.

0,56€ zu 0,67€ aktuell 19% MwSt. → 0,56€ zu 1,61€ dann 188% Steuer

Darauf können wir uns wohl einigen, das ist sinnvoll. Das wirft natürlich die Frage auf, was wirklich in welchem Ausmaß kausal für den in UK beobachteten Effekt ist: Die Teuerung der Zucker-Produkte oder die signifikante, zusätzliche Präventionsarbeit durch die Einnahmen der Zuckersteuer. Daher bin ich dafür, eine Zuckersteuer einzuführen, aber ebenso bin ich dafür, dann auch wie in UK die Einnahmen für Prävention und Bewegungsförderung zu investieren.

Das ist natürlich ein valider Punkt. Bei einer Umsatzsteuerlösung ist man gewissermaßen begrenzt, eine Umsatzsteuer in Höhe von 200% wäre vermutlich nicht vermittelbar. Wenn wir eine so hohe zusätzliche Besteuerung von Zucker wollen, müssten wir wohl tatsächlich über eine Zuckersteuer handeln, wenn es auch eine weniger drastische Preiserhöhung tut, wäre eine (mMn ohnehin notwendige) Umgestaltung der Umsatzsteuer vielleicht ausreichend.

Aber diese Frage haben wir hier ja generell noch nicht beantwortet. Wir sind hier ja größtenteils für eine Zuckersteuer, aber in welcher Höhe? 20%? 50%? 200%? Oder gar „flache“ Aufschläge („+50 cent“) oder proportionale Aufschläge („10 cent pro Gramm Zucker“ / „1 Euro pro Liter Softdrink“). Je nach Modell kommt hinterher natürlich eine sehr unterschiedliche Belastung raus.

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Einigkeit herrscht, dass ein übermäßiger Zuckerkonsum schädlich ist. Ich denke, da sind wir uns auch einig. Keine Einigkeit herrscht, ob ein gemäßigter Zuckerkonsum - gemessen an den üblichen Lebensumständen - schädlich ist. Wie leider fast immer in ernährungswissenschaftlichen Fragestellungen haben wir das Problem, dass wir Korrelation und Kausalität nicht hinreichend voneinander abgrenzen können, um wirklich belastbare Aussagen machen zu können.

Um dein Beispiel von Oben aufzugreifen:

Ein Glas Rotwein galt lange als „gesund“, weil in früheren Studien eben gerade die Frage von Kausalität und Korrelation nicht hinreichend geklärt war. Wer trinkt üblicherweise ein Glas Rotwein am Abend? Sicherlich nicht der Arbeiter, der auf dem Bau schuftet und von Fast Food lebt, sondern eher der Akademiker, der sich im Schnitt häufiger Gedanken über seine Ernährung macht… daher war es auch nicht überraschend, dass die Gruppe der „Ein-Glas-Rotwein-Trinker“ unter’m Strich weniger Krankheitsbelastungen aufwies als die Gesamtgesellschaft. Ein klassisches Korrelations-Kausalitäts-Problem.

Das gleiche Problem haben wir aber auch immer, wenn wir uns Studien zu „hochverarbeiteten Lebensmitteln“, „Zuckerkonsum“ oder „Salzkonsum“ anschauen. In all diesen Fällen sind es vor allem gesellschaftliche Gruppen mit zahlreichen anderen Belastungsfaktoren, die zu einem starken Konsum dieser Substanzen neigen, der Akademiker oder Manager, der jeden Abend im Nobelrestaurant isst, eher nicht. Es ist relativ einfach, übermäßigen Konsum zu identifizieren und ihn auf nachvollziehbare biologische Wirkmechanismen zurück zu führen, wie es der Ärzteblatt-Artikel tut. Es ist ungleich schwieriger, eine Kausalität von gemäßigtem Konsum nachzuweisen.

Nochmal: Ich sage nicht, dass gemäßigter Konsum von Zucker besonders positiv-gesund sei oder gar dass übermäßiger Konsum von Zucker gesund sei. Ich sage nur, dass für die ganz pauschale Verteufelung von Zucker - selbst in gemäßigten Mengen - keine hinreichende wissenschaftliche Evidenz besteht. Und so werde ich es weiter machen, wie ich es aktuell auch tue: Ich fülle meinen noch nötigen Kalorienbedarf nach Deckung aller notwendigen Nährstoffe mit Zucker ab. Wenn ich am Abend feststelle, dass mir noch 500 Kalorien fehlen, gibt’s eben ne extra-große Portion Eis oder eine Tafel Schokolade - und das passiert wegen meines hohen Kalorienbedarfs täglich.

Das hier zu verstehen ist dabei zentral:

Es konnte kein Zusammenhang zwischen übermäßigem Konsum von Zucker oder Fett und Diabetes nachgewiesen werden, wenn man den Faktor „Adipositas“ rausrechnet. Aber natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen Zucker- und Fettkonsum und Adipositas. Daraus entnehmen kann man, dass Zuckerkonsum zumindest mit-kausal für die Entstehung von Adipositas ist und Adipositas zumindest mit-kausal für die Entstehung von Diabetes Typ 2 ist. Das bedeutet im Umkehrschluss aber eben auch: Wenn man - aufgrund des hohen Kalorienbedarfs - viel Zucker isst und dennoch nicht in die Gefahr von Adipositas gerät, ist auch die Kausalkette zu Diabetes unterbrochen.

Der Satz hat mich schon ein wenig zum Schmunzeln gebracht. Klingt so wie, es kann kein Zusammenhang zwischen Raserei auf Landstraßen und Notarzteinsätzen nachgewiesen werden, wenn man den Faktor Unfall raus rechnet.

Der Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Gesundheitsrisiken ist ungeachtet möglicher Wünsche nach einer höheren Studienqualität doch sehr eindeutig.
Dass es andere Aspekte gesunder Lebensführung gibt, die auch eine Rolle spielen, sollte nicht davon ablenken. Also bitte nicht im Sinne von entweder-oder denken sondern eher wie vorher schon erwähnt die Einnahmen aus der Zuckersteuer in Gesundheitsbildung und Bewegungsförderung stecken.

https://www.aerzteblatt.de/archiv/231265/Einfluss-der-Ernaehrung-auf-die-Gesundheit-Die-Risiken-durch-Zucker-lassen-sich-fuer-einzelne-Erkrankungen-abschaetzen

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Im Ärzteblatt-Artikel wird ja noch mehr Evidenz angeführt, auch solche, die über Typ-II-Diabetes hinausgeht.

Wenn auch andere Erkrankungen durch Zuckerkonsum getriggert werden und Zucker ferner eher zu Adipositas führt als die gleiche Menge Kalorien aus Fett oder Kohlehydraten aus Stärke usw., dann sind die negativen Auswirkungen deutliche Indizien für die Schädlichkeit von Saccharose.