Woran scheitert der globale Klimaschutz?

Leider hinter einer Paywall
https://www.zeit.de/2023/04/co2-zertifikate-betrug-emissionshandel-klimaschutz
Aber es gibt auch eine Podcast-Folge dazu:
https://www.zeit.de/politik/2023-03/emissionshandel-co2-zertifikate-nachrichtenpodcast
Offensichtlich wird bei gewerblichen CO2-Zertifikaten fleißig gestrickst.

Kurz gefasst aus meiner Wahrnehmung:

Der Mehrheit ist, in unterschiedlicher Ausprägung, die Bedeutung des menschengemachten Klimawandels durchaus bewusst.
Aber es fehlt sowohl der Mut als auch die Bereitschaft zum Verzicht/zur Veränderung in der breiten Masse, um wirklich kurzfristig sichtbare Fortschritte zum Klimaschutz umzusetzen.

Richtig gemeint, aber zur Klarstellung, damit es niemand falsch versteht: Der Gewinn liegt bei 3 Mrd $ pro Tag, von daher ist der Teil für Lobbyarbeit vernachlässigbar klein, leider aber in absoluten Zahlen immer noch eine immense Summe.

Die Länder der G20 sind verantwortlich für einen sehr hohen Anteil der globalen Treibhausgasemissionen. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) waren die G20-Staaten im Jahr 2020 für etwa 78% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.

Innerhalb der G20 sind China und die USA die größten Emittenten, gefolgt von Indien, Russland und Japan. Zusammen sind diese fünf Länder für etwa 60% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Können wir damit rechnen, das speziell China, Indien und Russland, aber auch die USA auch nur minimal auf Wachstum zugunsten von klimarelevanten Aktivitäten verzichtet?

Das ist zwar alles richtig, aber ich möchte noch einen Aspekt hinzufügen. Mir fehlt zusätzlich noch das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit unseres Landes. Solange hier jeder

  • Klimaschutz durch Klagen verzögern kann,
  • öffentliche Träger Infrastruktur nicht in gebotenem Maße ausbauen
  • und jeder unabhängig vom Gehalt und Vermögen für sich sozialen Ausgleich seiner Kosten einfordern

kann, werden wir uns nicht schnell genug bewegen. Es braucht einen Wechsel im Mindset von Bürgern, Behörden und Politik hin zu mehr Pragmatismus und weniger Streben nach 100%-Lösungen. Nur leider bleibt das bisher sehr auf der Strecke und daher erwarte ich von meinen Mitbürgern nichts mehr.

Das hält mich natürlich nicht davon ab Klimaschutz in meinem Leben selbst zu berücksichtigen, das heißt

  • fleischarm essen
  • Konsum reduzieren; Neukäufe hinterfragen und Kaputtes wenn möglich reparieren; Technik auch mal gebraucht kaufen oder verkaufen
  • Auto nur nutzen wenn es nötig ist
  • Urlaubsreisen nur mit Auto oder Zug
  • netzdienlich Strom verbrauchen (Waschmaschine/Spülmaschine tagsüber anmachen, nicht Abends)

Ich bin überzeugt davon, dass es Vorbilder für Klimaschutz benötigt. Von oben herab klimabewussteres Leben befehlen (oder per Gesetz verordnen) wird uns mit dem aktuellen Mindset nicht zum Ziel bringen.

Und das gilt auch für unsere Kommunikation im internationalen Rahmen.

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Nein, damit ist aus meiner Sicht nicht zu rechnen. Im Gegenteil: energie- und damit oft auch emissionsintensive Industrien reduzieren bereits jetzt ihre Investitionen vor allem in Deutschland.

  • Für zwei Milliarden Dollar baut der Volkswagenkonzern in den USA eine Fertigungsstätte für Elektrofahrzeuge.
  • Der Chemiekonzern BASF verlagert Teile seiner Produktion ins Ausland.
  • Bayer baut seine Pharmaforschung aus – in den USA.
  • Der Impfstoff-Pionier Biontech , eine der großen Erfolgsgeschichten der letzten Jahre, hat sich für Großbritannien als Standort für den Ausbau der Krebsforschung entschieden. (Quelle: Die Abrechnung eines Managers mit den „Weltenrettern“ sollte uns zu denken geben - FOCUS online).
    In den letzten Monaten sind von der Öffentlichkeit eher unbemerkt Produktionskapazitäten stillgelegt worden (u.a. Schlüsselrohstoffe wie TDI, Ammoniak, Adipinsäure, chlorierte Zwischenprodukte…) und ins Ausland verlegt ( Blätterkatalog (chemanager-online.com)). Die Folgen für die deutsche chemische Industrie: Schwächung der Verbundstandorte, in Folge dessen Erhöhung der Produktionskosten und Schmälerung der Profite. Ein Teufelskreis. Die Entscheidung, in Indien oder auch den USA zu investieren fällt heute leichter als vor der Pandemie. Die Motivation zumindest für Indien und die USA, diese Bewegung durch Restriktionen zu bremsen, ist gering. Wir haben in den letzten zwei Jahren drei von drei Großinvestitionen in den USA getätigt. Solange nicht alle relevanten Industrienationen (ob der Rahmen der G20 hier ausreichend ist?) die gleichen Rahmenbedingungen definieren und ernsthaft umsetzen, werden wir die klimaschädlichen Emissionen nur verlagern.
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Das will ich gar nicht bestreiten.
Für wenig hilfreich halte ich aber den Generalverdacht. Spenden an Brot für die Welt werden auch nicht verteufelt, obwohl es garantiert in einzelnen Fällen missbrauch gibt. Ist vielleicht kein guter Vergleich, aber eine Spende für Emissionen die wir heute nicht vermeiden können kann doch nichts Falsches sein.
Im Ergebnis wird man mit der Hetze erreichen, dass es halt keine Spenden mehr gibt.

Natürlich. Aber wenn Konzerne Millionen im Zweifel wissentlich in mehr als zweifelhafte Zertifikate zahlen, um sich als Klimaschützer zu gerieren, die sie gar nicht sind, daran sehe ich sehr viel Falsches!

Ich empfehle wirklich die Lektüre des ZEIT-Artikels, den @der_Matti geteilt hatte (Paywall):

https://www.zeit.de/2023/04/co2-zertifikate-betrug-emissionshandel-klimaschutz

In a nutshell: Privatwirtschaftliche Agenturen zertifizieren in einem erschreckenden Ausmaß vermeintliche Klimaschutz-Projekte, die es entweder schon dem Grund und/oder der Höhe nach nicht sind.

Was sicher sehr viel besser nutzen würde: Sie kaufen stattdessen die von der EU ausgegebenen CO₂-Zertifikate auf und legen diese still:

https://www.compensators.org/wie-geht-das/

(habe dieses Angebot nicht geprüft)

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Aus Fehlern muss man lernen. Bashing alleine wäre tragisch
Noch zum Verständnis:
Aktuell führt das Bashing in Konzernen dazu, dass nur noch Informationen nach Begutachtung von Juristen an die Öffentlichkeit gelangen. Damit wird genau das Gegenteil von Austausch der Interessen Gruppen erreicht. Das kann es doch auch nicht sein.
Glaube die Tragweite wird unterschätzt.
Keine Frage, dass der Betrug der ursprüngliche Grund dafür ist

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Das ist ein allgemeines Problem. Jeder, der in der Öffentlichkeit steht, muss damit rechnen, dass Aussagen aus dem Kontext gerissen, verkürzt wiedergegeben oder verfälscht werden. Leider führt das immer mehr zu stereotypen und austauschbaren Sätzen.

Die Zeit hat ein paar Beispiele genannt, die die Zertifikate gekauft haben, vermutlich auch, um zu zeigen, dass es kein kleines Problem ist. Es ging bestimmt nicht ums bloß stellen.
Als Unternehmen muss mir, genau so wie als Verbraucher, klar sein, dass wenn ein Produkt extrem günstig ist, da etwas nicht stimmen kann. Das müssen sich die Unternehmen also schon vorwerfen lassen.

Ich möchte gar nicht die konkreten Fälle verteidigen. Mir geht es nur darum, dass dadurch das System der Carbon credits nicht diffamiert werden sollte.

Und auch deshalb scheitert der lokale und damit der globale Klimaschutz, „Klimaschützer“ bringen die Mehrheit der Bevölkerung gegen sich auf:

Dass die LG nicht unerhebliche Teile der Bevölkerung gegen sich aufbringt, ist sicherlich der Fall.
Dass daran der Klimaschutz scheitert, wage ich zu bezweifeln.

Diejenigen, die die Aktionen der LG zum Anlass nehmen, gegen Klimaschutz zu sein, waren das schon vorher

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Ich bin froh, dass es die LG gibt.
Im zitierten Artikel heißt es auch:

Schadet der radikale Protest der Klimasache?

Ob Störaktionen und Blockaden der Klimasache wirklich schaden, ist aus Sicht des Berliner Protestforschers Dieter Rucht schwer zu beurteilen. Die Demonstrationen von „Fridays for Future“ seien zwar häufig wohlwollend zur Kenntnis genommen worden. „Aber sie haben keinen wirklichen Druck aufgebaut“, sagte Rucht der Nachrichtenagentur dpa. Wenn es konkret werde und an den Geldbeutel gehe, wie jetzt beim Tausch von Heizungen, würden Menschen zögerlich.

„Auf kurze Sicht verhärtet sie den Diskurs eher“, schätzt Rucht die Wirkung der „Letzten Generation“ ein. Langfristig schärfe die Gruppe aber die Positionen und zwinge dazu, sich zu bekennen. „Ich vermute, dass dies zusammen mit den absehbaren Auswirkungen der Klimaproblematik die Stimmung eher zugunsten schärferer Klimamaßnahmen beeinflusst“, so Rucht. Zitat Ende

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Jeder Einschnitt in unseren Alltag, der schmerzt und schwierig ist - egal ob finanzielle Belastung durch Heizung oder störende Proteste - erregt Ärger und Unwillen und es ist leicht, dann Schuldige zu suchen, auf die man all seinen Ärger und Frust, aber vor allem seine Angst projizieren kann.

Wir müssen aufgerüttelt werden, damit sich schnell etwas ändern kann.

Ich frage mich manchmal, ob sich alle bei blockierenden Traktoren in Berlin genauso aufregen, aber das nur am Rande.

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Aber wir kommen vom Thema dieses Threads ab. Hier sollte es um den globalen Klimaschutz gehen.

Naja, die Mehrheit der Bevölkerung wäre wohl auch gegen das Zahlen der Steuern und würde das Geld lieber behalten. Diejenigen besserverdienenden Deutschen, wie Hoeneß, Zumwinkel usw., die ja dann auch die Möglichkeit zum Steuerhinterziehen haben, sind da eindeutige Indizien.
Aber Steuern zu bezahlen muss einfach sein, sonst bröselt unser Staat schlicht weg.

Und genauso ist es jetzt halt mit dem Klimaschutz, wenn wir dafür nicht langsam bereit sind, finanzielle Abstriche zu machen, dann bröselt uns halt unser Klima weg.

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Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.

Ja, und in anderen Ländern sieht es ja ähnlich aus, siehe Gelbwesten.
Die US-Amerikaner würden eher ihre Regierung stürzen, als auf ihre Pickup-Trucks zu verzichten.

Und so weiter.