Ich möchte hier überhaupt nicht die Verschwörungstheorie-Kiste aufmachen. Ich frage mich nur, ob Olaf Scholz sich durch seine (vermeintliche) Verwicklung in die CumEx-Affäre möglicherweise erpressbar gemacht hat.
Wegweisende Entscheidungen werden entweder nicht getroffen oder solange herausgezögert, bis sie keime relevante Rolle mehr spielen. Wichtige Konflikte innerhalb der Koalition könnten durch seine Richtlinienkompetenz aufgelöst werden (haben wir ja auch schon einmal gesehen), jedoch tut er es einfach nicht. Es wird immer wieder argumentiert, dass er Angst vor einer Koalitionsauflösung hat, was ich mir nach der Analyse in der Lage, wieso es dazu eigentlich keinen Grund gibt, nicht mehr wirklich vorstellen kann.
Denkbare Akteure wären Insider im CumEx-Skandal, die weniger zu verlieren haben als er, oder auch Staaten mit mächtigen Geheimdiensten und exzellenten Hackern (Russland, China,…), welche Einfluss auf die Wirtschaft oder den Krieg in der Ukraine (Waffenlieferungen) nehmen möchten.
Gibt es im Deutschland Mechanismen oder Personen, die so etwas laufend und auch zuverlässig überprüfen?
Verzeiht meine naive Art des Denkens. Ich würde mich über Aufklärung und eine konstruktive Auseinamdersetzung sehr freuen.
Ich vermute, klassisches Beispiel für Ockhams Rasiermesser: Hier sind keine verwobenen Mächte am Start, sondern eine bunte Mischung aus Lücke im Gesetzestext und Beharrungskräfte in der öffentlichen Verwaltung irgendwas daran zu ändern; hinzukommen die Banken, die das ausgenutzt haben. Am Ende steht Scholz, der das irgendwie verantwortlich zeichnete, aber natürlich keine Muße hat, am Peak seiner Karriere dafür gerade zu stehen. Kann ich menschlich sogar nachvollziehen, als Steuerzahler natürlich nicht.
Ich würde hier auch nicht direkt Erpressung ins Spiel bringen, aber sicher gibt es Dinge, die man als Politiker nicht unbedingt an der Öffentlichkeit haben will. Nicht mal weil es illegal oder rechtlich fragwürdig ist, auch wenn es nur ein schlechtes Licht auf die eigene Person wirft.
Nicht schön aber menschlich.
Wenn es das politische Handeln zugunsten einer Partei oder Gruppe beeinflusst, dann sind wir schon an einem sehr fragilem Punkt
Da das aktuelle Verhalten von Scholz zum historischen Verhalten von Scholz passt, sehe ich keine wirklichen Anhaltspunkte für eine Erpressung. Der Mann ist einfach ohne persönliche Vision und versteht seinen Job in der merkelschen Tradition als risikominimierende Verwaltungsarbeit, nicht als Auftrag zur progressiven gesellschaftlichen Gestaltung.
Scholz gehörte immer schon zum marktliberalen Flügel der SPD, war z.B. an der Rente mit 67 beteiligt und hat historisch für Sanktionen bei HartzIV argumentiert.
Seine relativ moderate Politik gegenüber Russland geht bis in seine Zeit als Finanzminister zurück
Seine klimapolitischen Ambitionen waren schon immer … überschaubar
Das wirklich „große“ politische Projekt, das ihm persönlich absolut wichtig zu sein scheint, fehlt in seinem Lebenslauf soweit ich das sagen kann völlig.
Nicht jeder Politiker muss ein visionärer Charismatiker sein, aber Olaf Scholz war als HHer Bürgermeister ausgesprochen unauffällig im negativen Sinne. Als von ihm regierter Bürger hatte ich damals wie heute keine Ahnung, was er will und wohin er damals die Stadt bzw. heute das Land hin führen will.
Sein Bonmot „Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch“ war für mich immer ein schlechter Witz.
Obwohl ich mir da nicht sicher bin, ob ein FSB da nicht mehr Druck gemacht hätte, schon bei früheren Waffenlieferungen.
Andererseits wäre das etwas, das Putins Vorgehen entspräche. Auch ein Orban oder Erdogan scheinen da nicht ganz ohne Einflussnahme aus Russland zu sein
Geheimdiensttätigkeiten bewegen sich immer in der Nähe zu Verschwörungstheorien. Fakt ist, dass das Sammeln von Informationen zu den zentralen Aufgaben von Geheimdiensten gehört - ebenso dürfte klar sein, dass diese Informationen auch von Staaten genutzt werden.
Dass der FSB in Europa sehr aktiv ist, konnte man nicht zuletzt beim Skripal-Attentat, dem Tiergarten-Attentat und jetzt kürzlich erst dem Attentat auf den russischen Hubschrauberpiloten, der zur Ukraine übergelaufen war, in Spanien sehen. Davon auszugehen, dass ein Geheimdienst, der etliche Mordanschläge in Deutschland, Großbritannien und Spanien durchführen kann, auch in der Lage ist, belastende Informationen über Spitzenpolitiker zu sammeln, um damit Einfluss auf die Politik zu nehmen, ist nun wirklich nicht weit hergeholt und auch keine Verschwörungstheorie.
Oder anders gefragt: Was genau hältst du an der Theorie für so zweifelhaft, sie als Verschwörungstheorie zu bezeichnen? Dass Russland belastende Informationen von Spitzenpolitikern sammeln? Daran besteht kein vernünftiger Zweifel. Dass Russland diese Informationen zum eigenen Interesse einsetzt? Daran besteht denke ich auch kein vernünftiger Zweifel… Das Scholz Dinge in der Vergangenheit getan hat, die er definitiv nicht ans Tageslicht kommen sehen will? Bestehen daran wirklich Zweifel im Hinblick auf seine Zeit in Hamburg, speziell im Bezug zu den CumEx-Skandalen?
Also man kann diese Theorie für unwahrscheinlich halten, aber mMn kaum für so unwahrscheinlich, dass man es als Verschwörungstheorie bezeichnen sollte, weil es eben keine Verschwörung ist, sondern eine ganz normale, erwartbare Geheimdiensttätigkeit.
Weil keinerlei überprüfbare Beweise dafür existieren.
Natürlich besteht Zweifel daran, dass Russland solche Informationen besitzt. Dein Argumentation setzt voraus, dass es diese belastenden Informationen gibt. Das ist ja aber gerade nicht belegt.
Ja, daran bestehen Zweifel. Gibt es aus der Vergangenheit seiner politischen Karriere Fakten, die für ihn politisch unangenehm wären. Vermutlich schon. Sind diese Fakten so schwerwiegend, dass sie ihn zum Landesverrat bewegen würden? Das ohne weitere Belege zu behaupten ist eben eine Verschwörungstheorie.
Zu Cum Ex gab es Untersuchungsausschüsse, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, Gerichtsverfahren und journalistische Recherchen ohne Ende. Die bekannt gewordenen Details sind sicherlich für Scholz nicht politisch förderlich und sie fördern meine ohnehin nicht besonders hohe Meinung über ihn nicht, aber ich habe noch nichts gesehen, was in den Bereich „Karriereende“ gehen würde.
Also meiner Ansicht nach ganz klar: solange keine Beweise für eine plausible Ereigniskette vorliegen, an deren Ende eine implizite oder explizite Kooperation zwischen unserem Bundeskanzler und einem feindlichen Geheimdienst stehen, ist das eine Verschwörungstheorie.
Ulf (und Du) stellen ohne jeglichen konkreten Beleg die Behauptung auf, dass Olaf Scholz gegenüber Russland außenpolitisch handelt, wie er handelt, weil er mit vom FSB gesammelten Kompromat durch Russland erpresst wird.
Selbstverständlich ist das eine Verschwörungstheorie.
Es ist zweifellos ein schmaler Grat zwischen einer fundierten Arbeitshypothese und der Verbreitung von Verschwörungstheorien. Mein Anliegen ist es nicht, unbegründete Anschuldigungen zu erheben, sondern ein hypothetisches Szenario zu erörtern: Was wäre, wenn Informationen existierten, die Olaf Scholz’ angebliche Gedächtnislücken im Zusammenhang mit dem CumEx-Skandal füllen könnten? Solche Informationen könnten theoretisch genutzt werden, um politischen Druck auszuüben oder Entscheidungen zu beeinflussen.
Diese Überlegung führt uns zu der Frage, welche Sicherheitsmechanismen in Deutschland existieren, um die Integrität politischer Entscheidungen zu schützen, insbesondere wenn der Verdacht besteht, dass eine Führungsperson von externen Akteuren beeinflussbar sein könnte. Ein konstruktives Misstrauensvotum, wie bereits erwähnt, scheint bei der aktuellen Beweislage keine praktikable Option zu sein. Dies wirft weitere Fragen auf: Inwieweit sind unsere Geheimdienste technisch in der Lage und auch willens, solche potenziellen Bedrohungen aufzudecken und abzuwehren? Haben wir ausreichend robuste Mechanismen, um derartige Einflussnahmen zu erkennen und zu verhindern?
Zu betonen ist dabei, dass nach aktueller Sachlage Olaf Scholz sich in der Causa CumEx rechtlich nichts zu Schulden kommen ließ. Dies unterstreicht die Bedeutung von soliden Beweisen und fundierter Kritik in der politischen Diskussion. Dennoch dürfen wir nicht ignorieren, dass unaufgeklärte Affären und der Schatten von Verdächtigungen das Potential haben, die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung zu verstärken. Eine solche Verdrossenheit führt nicht selten zu einem Erstarken populistischer und extremistischer Parteien, von denen die AfD in Deutschland wohl das bekannteste Beispiel ist.
Die Frage, wie wir mit unaufgeklärten politischen Affären umgehen und welche Mechanismen wir zur Aufklärung und Absicherung einsetzen, ist daher von entscheidender Bedeutung. Es geht nicht nur um die politische Zukunft einzelner Personen, sondern um das Vertrauen in unsere politischen Institutionen und die Stabilität unserer Demokratie.
Niemand von uns stellt eine Behauptung auf. Wir sagen, dass wir das für eine mögliche Erklärung eines schwer erklärbaren Verhaltens halten. Wir sagen nicht, dass es deshalb so ist.
Natürlich ist das ganze eine Gratwanderung - schon davon auszugehen, dass bestimmte Dinge möglich sein könnten, enthält natürlich einen Behauptungskern. Aber es ist immer noch ein Unterschied, ob man davon überzeugt ist und es als Tatsache darstellt, dass etwas bestimmtes der Fall ist - oder ob man sagt, dass man es sich als Erklärung für etwas vorstellen kann.
Auf ein ganz anderes Thema bezogen: Zu behaupten, zu wissen, dass Gott existiert, ist problematisch. Zu sagen, dass man sich vorstellen kann, dass ein Gott existieren könnte, eher nicht. Dazwischen liegen Welten.
Erst einmal kann ein Politiker nur sehr selten nach seiner Amtszeit für etwas belangt werden das er während seiner Amtszeit getan hat. Rein rechtlich gesehen kann der Politiker sein Mandat also sehr frei ausüben.
Während seiner Amtszeit schützt ihn zudem sein Mandat vor Strafverfolgung. Auch das ein Schutzmechanismus.
Wenn also Russland Strafrelevantes hätte, ist das erst mal nicht verwertbar, solange die Person ein Mandat hat.
Anders die öffentliche Meinung. Da fallen mir sofort Helmut Kohl und Monika Hohlmeier ein, die bekannt dafür waren, Akten über politische Konkurrenten und Parteifreunde zu führen. Die wahre Gefahr hier droht also nicht bei denen, die dir fern sind, sondern die, die dir nah sind. Wer in ein hohes Amt kommt, sollte wissen, was in seinem Keller so schlummert und ob er sich leisten kann, dass das mal hochgeholt wird. Wenn nicht, muss er eigentlich im Vorfeld schon Vorkehrungen treffen, zum Beispiel in einem Interview mal etwas davon vorsorglich einräumen und erläutern, bevor es andere tun. Denn dann kann man darauf verweisen mit „alter Hut, alles bekannt“. So ist es ja auch bei Scholz. Das meiste wurde irgendwo schon mal hervorgekramt, kocht immer mal wieder hoch und verschwindet dann wieder.
Was will der FSB dem noch anhängen, was nicht genauso an seiner Nichtreaktion abperlt, wie alles vorher
Beim Misstrauensvorum geht es nicht um juristisch relevante Verdachtsmomente, sondern den „Verdacht“, dass der aktuelle Amtsinhaber nicht (mehr) der „geeignetste verfügbare“ Kandidat zur Ausübung des Amtes ist (zum Beispiel weil er sich neben seinem Amtsgeschäft zusätzlich mit Altlasten beschäftigen muss).
Als Analogie zur Wirtschaft, wäre es denkbar, dass der Bundestag den Bundeskanzler nach einer „Probezeit“ durch einen geeigneteren Kandidaten ersetzt, falls dies die Kollateralschäden der dadurch entstehenden Unruhe im politischen System mehr als kompensiert. Beispielsweise könnte die Ampel-Koalition das Bundeskanzleramt relativ geräuscharm durch Boris Pistorius neu besetzen.
Sorry, aber natürlich stellst du mit dieser rhetorisch formulierten Frage eine Behauptung auf:
Das Scholz Dinge in der Vergangenheit getan hat, die er definitiv nicht ans Tageslicht kommen sehen will? Bestehen daran wirklich Zweifel im Hinblick auf seine Zeit in Hamburg, speziell im Bezug zu den CumEx-Skandalen?
„Bestehen daran wirklich Zweifel“ ist keine unvoreingenommene Einleitung einer Frage, die dem reinen Erkentnnisgewinn dient. Es ist ein rhetorisches Mittel, um eine Feststellung zu treffen, ohne dafür anschließend die Verantwortung übernehmen zu müssen.