Weitere Verschärfung des Waffenrechts

Nancy Faeser schickt sich ja nun an, die dritte (mir bekannte) Verschärfung des Waffenrechts ihrer Amtszeit in Deutschland einzuführen, da die Zahl der Messerangriffe vermeintlich zunimmt. (Nancy Faeser: Waffenrecht verschärfen wegen Messerattacken - DER SPIEGEL) Wir hatten ja schon Messerverbotszonen und Schusswaffenverschärfung rund um die Reichsbürgerrazzia.

Was mir in dem Zusammenhang total fehlt: Es wurden von ihr bereits Messer-/Waffenverbotszonen eingeführt, um Messerangriffe zu verhindern. Nun stellt man fest, dass die Zahlen von Messerangriffen („Tathandlungen, bei denen der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird.“) trotzdem steigen, jetzt soll es zu noch mehr Verboten kommen. Dabei hätte mich wie immer zunächst einmal interessiert, warum die letzte Messerverbotsrunde nicht den gewünschten Effekt gebracht hat. Stattdessen kommen - im schlechtesten konservativen Sinne - einfach neue Verbote.

Dass die Zahl der Messerangriffe „vermeintlich“ zunimmt habe ich oben übrigens geschrieben, weil dieses Jahr, also 2024 das erste Jahr ist, in dem die PKS die Zahlen zu Messerattacken wohl fehlerfrei erfasst - ein Vergleich mit den Zahlen aus 2023, die laut BR noch fehlerbehaftet sind, ist also nicht unproblematisch. Zudem wird das wieder alles auf der Zahlengrundlage für die Polizeichliche Kriminalstatistik (PKS) aufgebaut, die - wie in der Lage ja schon mehrfach besprochen - durchaus einigen Raum für Interpretationen bzw. gar Tricksereien bietet, um da Resultate rauszulesen. Keine Ahnung, ob das jetzt auch so ist, dafür versteh ich vom Lesen der PKS zu wenig. (Aber sie bildet nur einen Bruchteil der Messerdelikte überhaupt ab: #Faktenfuchs: Warum die Messerangriff-Zahlen intransparent sind | BR24) Zudem ist das alles auf einem einmaligen Anstieg von 5% im ersten Halbjahr basierend und dies wäre ja gegebenfalls auch noch durch Einmaleffekte (Fußball-EM-Gruppenspiele und dadurch einfach viel mehr (betrunkene) Menschen auf einem Haufen) erklärbar.

Meine Sorge ist, dass das die letzte Verbotsrunde (offensichtlich) nichts gebracht hat, jetzt einfach noch mehr Verbote kommen, die nicht geeignet sind der Problematik Herr zu werden. Die Wirkung auf der Täter/Deliktseite ist also unsicher. Sicher ist nur, dass die bürgerliche Freiheit dadurch eingeschränkt wird, weil die anlasslosen Kontrollen durch die Polizei jetzt massiv ausgeweitet werden dürften, wenn zusätzlich zu den neuen Messerverboten auch noch mehr Verbotszonen ausgewiesen werden sollen, wie die Innenministerin fordert. (Faeser will Waffenrecht verschärfen: Messerverbot ab 6 Zentimetern - WELT) Ohne weiteres Personal - so hat die GDP verlauten lassen - ließe sich das aber gar nicht stemmen. Also dieser Weg führt nur zu noch mehr Polizei und Kontrollen und angesichts der erfolglosen letzten Verbotsrunde ist die Frage, ob damit die öffentliche Sicherheit tatsächlich erhöht wird.

Die einzige Alternative die ich zu dem Faeserschen Gießkannenprinzip gefunden habe, stammt vom Bundesverband legale Zivilwaffen, der Lobbyvereinigung diverser waffeninteressierter Gruppen (Sportschützen etc.): Die fordern erstmal, dass vor einer Ausweitung genereller Verbote erstmal straffällig gewordene Gewalttäter mit individuellen Verboten belegt werden, die sich ihrer Aussage nach deutlich weniger personalintensiv kontrollieren ließen. (Gewerkschaft der Polizei wirbt für Waffenrechtsverschärfung und Messer-Amnestie - BZL) Ob das jetzt wirklich ne bessere Alternative ist, vermag ich nicht zu entscheiden - es zeigt nur auf, dass es für legislativen Aktionismus wenigstens noch eine zweite Stellschraube gäbe.

Ich stelle mir wirklich die Frage, ob einfach mehr Verbote das Problem wirklich lösen werden.

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Das klingt nach der NRA-Strategie, nur eben auf deutsche Verhältnisse angewandt: „Waffen sind nicht das Problem, verbietet den „anständigen Bürgern“ doch nicht ihre Waffen, sondern nur den Straftätern“. Ich halte das für keinen guten Ansatz.

Zum Thema allgemein müssen wir zwei Ebenen unterscheiden:

Ebene 1: Die Verbotsebene
Hier geht es um die Frage, ob wir grundsätzlich bestimmte Dinge (z.B. das bei-sich-führen von Messern) verbieten wollen. Hier sage ich ganz klar: Ja, das sollten wir wollen. Niemand muss ein „einsatzbereites“ Messer bei sich führen. Ein Messer zum Transport angemessen verpackt (schon aus reiner Zweckmäßigkeit!) im Rucksack oder der Tragetasche zu haben, ist keine ernsthafte Gefahr. Ein Messer hingegen griff- und einsatzbereit mit sich zu führen (das Klappmesser in der Hosentasche, andere Messer in spezifischen Scheiden am Körper) kann meiner Meinung nach problemlos verboten werden, denn dafür gibt es für den Normalbürger ebenso wenig zwingende Notwendigkeit wie für das mit-sich-führen von Schusswaffen. Die Abgrenzung zwischen legitimen Transport und illegitimen mit-sich-führen kann natürlich in Grenzfällen problematisch sein, aber ich denke, das bekommt man hin.

Ebene 2: Die Kontrollebene
Hier sprichst du den wichtigen Punkt an, dass mehr Waffenverbotszonen und mehr Waffenverbote natürlich zu mehr Anlässen / Berechtigungen für Kontrollen werden könnten. Dem muss natürlich entgegen gewirkt werden. Es geht bei den Waffenverbot(szon)en eher darum, eine Handhabe zu haben, wenn bei ohnehin zulässigen Überprüfungen ein Verstoß festgestellt wird. Selbstverständlich sollten Waffenverbotszonen nicht so ausgelegt sein, dass z.B. mittels „racial profiling“ in Verbindung mit einem verschärften Waffenrecht grundsätzlich immer das Recht auf nicht-anlassbezogene Personenkontrollen besteht und damit die Bürgerrechte massiv beschränkt würden.

In diesem Sinne ist meine Position hier relativ klar:
Niemand sollte griffbereite Messer mit sich führen. Selbst der Pfadfinder (immer wieder ein Beispiel in solchen Situationen) hat sein Fahrtenmesser auf dem Weg zum Zeltlager gesichert im Rucksack zu verstauen, nicht am Gürtel.

Den Konflikt zwischen den beiden Ebenen (Strafverschärftung und Kontrolldichte) sehen wir übrigens gerade an diesem vor 80 Minuten erschienenen Artikel auf ntv:

Hier fordert ein konservativer Politiker genau das, vor dem @Noergel warnt:

Hermann (Innenminister Bayerns, CSU) fordert keine Verschärfung des Waffenrechts, sondern eine Verschärfung der Kontrollen, indem man „der Polizei mehr Kontrollbefugnisse“ geben sollte. Genau das lehne ich jedoch ab, denn genau das führt tatsächlich zum Problem der Bürgerrechtseinschränkungen.

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Dabei bleibt aber immer noch die Frage, ob das reine Verbot hier für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum sorgt. Denn die steigende Zahl der Straftaten ist ja bis jetzt auch nicht nur mit noch legalen Messern begangen worden und die letzte Verbotsrunde hat ja offensichtlich keinen positiven Effekt erzielt.
Die Frage ist also ob das mehr an Verbot hier tatsächlich ein weniger an Gewalttaten mit Messern hervorbringt oder eben doch nur zu mehr „racial“ profiling bzw. einfach Schleppnetzfahndung durch die Polizei führt. Also das Eintreten negativer Effekte erscheint mir nach dem bisher gesehenen sicherer als das der erhofften positiven Konsequenzen. (Wenn ich böse wär würde ich sagen: Jetzt wo Canabis legal ist, braucht man dringen was anderes was beim schütteln aus der Tasche fallen kann, damit man bei unliebsamen Bahnhofsbewohnern ne Handhabe hat…).

Gibt es denn diesen Unterschied bei der jetztigen Messergesetzgebung? Ich habe nur gefunden, dass Messer direkt nach dem Kauf (also OVP vom Hersteller) hier ausgenommen seien. (s. Faeser im Spiegelartikel oben bspw.) Macht das denn für die Kontrolle durch die Polizeit einen Unterschied ob ich mein Messer in der Hosentasche oder im Rucksack habe? Hatte ich bis jetzt nicht so verstanden.
(Und btw.: Das gilt nach wie vor alles nur für Messer. Das Führen von Äxten und Beilen ist mWn in der Öffentlichkeit nach wie vor erlaubt, weil die als Werkzeuge und nicht als Waffen gelten. Das ist doch jetzt irgendwie schräg. Na ich sags nicht zu laut, sonst kommt die Nancy noch auf Ideen).

Das ist ein bisschen meine Sorge, dass man sich hier langsam auf eine abschüssige Bahn begibt. Im Spiegelartikel heißt es ja
„Laut Innenministerium dürfen zudem Messer mit einhändig feststellbarer Klinge, sogenannte Einhandmesser, sowie feststehende Messer mit einer Klingenlänge von über zwölf Zentimeter nicht außerhalb der eigenen Wohnung oder des eigenen Grundstücks mitgeführt werden.“
Das gilt künftig dann also für Messer mit 6 cm Klinge (und erlaubt sind offensichtlich ohnehin nur Taschenmesser, weil die nicht einhändig ausklappbar bzw. arretierbar sind. Andere Messer fallen mir da jetzt gar nicht ein). Aber wenn das außerhalb der eigenen Privatsphäre ohnehin schon verboten ist, müssten dann die Messerverbotszonen nicht eigentlich Messerkontrollzonen heißen? (Weil der Unterschied ja offensichtlich vor allem ist, dass man dort anlasslos Kontrollieren kann und nicht das Messer dort verboten sind - denn das sind die allermeisten ja sowieso überall.).
Dieser nicht weiter spezifizierte Aufruf der Innenministerin an die Kommunen einfach mehr Messerverbotszonen einzurichten erweckt zumindest mein Misstrauen, dass es hier nicht darum geht an Knotenpunkten öffentlichen Lebens für Sicherheit zu sorgen, sondern möglichst flächendeckend Polizeibefugnisse zu erhöhen (was nicht notwendigerweise dasselbe Ziel verfolgt).

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Naja, also Leute, die gezielt mit dem Vorsatz agieren, einen Menschen mit einem Messer zu töten, wird man weder durch eine Verschärfung des Waffenrechts noch durch eine höhere Kontrolldichte davon abhalten können. Darum geht es glaube ich auch gar nicht - es geht darum, gesellschaftlich das klare Zeichen zu setzen, dass ein Mitführen von Messern „für den Fall der Fälle“ nicht erlaubt ist, sondern schwer geahndet wird. Denn die Begründung eines Messerverbotes ist ja gerade, dass das einsatzbereite Bei-sich-führen eines Messers dazu führt, dass dieses Messer im spontanen Konfliktfall dann gezogen und eingesetzt wird. So gesehen geht es schon um Symbolpolitik - und das meine ich nicht im negativen Sinne.

Äxte und andere gefährliche Werkzeuge darf mit sich führen, wer ein berechtigtes Interesse hat (z.B. Waldarbeiter), aber wenn der „Drogendealer um die Ecke“ plötzlich mit der Axt an der Ecke steht, wird die Axt definitiv als verbotener Gegenstand angesehen, siehe § 42a WaffG i.V.m. der Anlage dazu:

Darunter würden auch die Äxte subsumiert.

Auch da ist § 42a WaffG einschlägig, diesmal die Absätze 2 und 3:

Absatz 3 deckt den Waldarbeiter ab, Absatz 2 die Frage des Transportes. Wann ein Gefäß hinreichend verschlossen ist, ist natürlich diskutabel. Ganz zentral jedenfalls ist, dass es bei einer spontanen Eskalation nicht ohne weiteres einsetzbar ist.

Ich teile diese Sorge, aber slippery slope-Argumente sind immer problematisch. Letztlich muss man durch die entsprechende Gesetzgebung dafür sorgen, dass hinreichend Sicherheit gegen Missbrauch und übermäßige Überwachung mitgedacht wird.

Oh danke für den Hinweis! Der Gedankengang auf den sich Hermann da begibt ist auf jeden Fall auch absolut nicht zielführend. Er hat aber offensichtlich das Positionspapier der BZL gelesen und schlägt deshalb auch eine Fokussierung auf bekannte Straftäter vor ^^
(und btw: nt-v Journalismus auf Bildniveau. Der nimmt da gar nichts von Nancy Faesers Entwurf auseinander, wie es in der Überschrift steht. Argumentativ ist das auch alles total dünne)

Ich sage ja nur, dass die letzte Verbotsrunde mit „verbotszonen“ ja dasselbe versucht hat und es offenbar nicht zu einem erfolg geführt hat (weil ich mal davon ausgehe, dass die verübten Delikte jetzt nicht nur von vornherein entschlossenen verübt wurden). Es ist also nicht ohne weiteres ersichtlich, warum diese Verbotsrunde da jetzt erfolgreicher ist. (Aber die Datengrundlage ist da ja auch dünn. Ich konnte jetzt keine schätzung finden, wie viel prozent der Messer da jetzt von betroffen sind oder welche deutsche überhaupt was für messer mit sich führen)

Danke auch für sie juristische einordnung zu den äxten. Irgendsowas hatte ich mir schon gedacht. Insbesondere das mit dem verschlossenen gefäß nehm ich für mich mal mit.

Hm na zumindest bleibt mal festzuhalten, dass sehr kurz nach der letzten verschärfung (deren wirkungsgrad zumindest nicht öffentlich evaluiert wurde) jetzt die nächste erfolgen soll. Anlass dafür ist mMn galt etwas dünn: Einerseits der in der Presse vielfach zitierte Eindruck einzelner Vorfälle sowie der jetzt registrierte Anstieg der Delikte im ersten Halbjahr 2024. Dies kombiniert mit der Forderung nach der Ausweitung von Verbotszonen ist ja jetzt schon viel Veränderung in wenig (politisch gesehen) sehr kurzer Zeit. Ob da wirklich eine saubere Folgenabschätzung getroffen wurde, würde ich daher offen lassen (bzw. Dem BMI unterstellen, dass einige aus Sicht der Bürgerrechte problematische Veränderungen in house eher als Zugewinn für die Polizei gesehen werden.)

Wie gesagt, ich teile deine Befürchtungen durchaus, sehe aber auch, dass die Politik hier irgendwo unter Zugzwang steht, weil jede neue Nachricht von einem Messerangriff von Rechts und Rechtsaußen massiv ausgeschlachtet wird (siehe die schrecklichen Szenen in England aktuell).

Die Politik muss daher etwas tun, andernfalls kommt das beim Bürger leider in der Tat als Untätigkeit an. Und da ist mir eine Symbolpolitik, die sich klar gegen das Messer-Tragen in der Öffentlichkeit richtet, lieber, als das, was die CSU vorhat, wenn sie mehr Kontrollen fordert. Eine „richtige“ Lösung für das Problem wäre natürlich noch besser, aber wie sollte die aussehen? Und einfach zu sagen, das Problem sei nicht so groß, weil die erhobenen Zahlen problematisch seien, hilft eben nur begrenzt - sobald ein neuer Messer-Mord in die Medien kommt geht die AfD damit sofort wieder auf Wahlkampf.

Ich weiß nicht, ob es hilft, sich da von rechts treiben zu lassen: Die AfD macht mit jedem neuen Messerangriff, jeder Transgression eines Migranten / Zuwanderers etc. sowieso Wahlkampf. Die Politik kann durch strengere Verbote oder „Abschiebung im großen Stil“ nur sehr begrenzt bzw, teilweise überhaupt nicht verhindern, dass die AfD jeden Vorfall ausschlachtet und ein Klima von Angst und Ohnmacht schürt. (Sieht man ja bspw. auch in den USA, wo die Zahlen für Kapitalverbrechen seit Jahren zurückgehen, aber die die Republikaner es trotzdem immer wieder schaffen „Crime“ als zentrales Problem im Wahlkampf zu verankern.) Die Populisten leben halt von der Angst die sie schüren, da ist die tatsächliche Datengrundlage erstmal zweitrangig. Die Einführung der Messerverbotszonen letztes Jahr zeigt ja, dass solche Gesetzesmaßnahmen offensichtlich nicht sehr nachhaltig das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit der Politik stärken - sonst müsste man jetzt ja nicht wieder aus der gleichen Notwendigkeit die Schraube noch weiter drehen. Also wenn es hier einen Effekt gibt, dürfte er wohl eher sehr kurzfristig sein. (Mal ganz abgesehen, davon, dass einige der prominenten Messerattacken, wie etwa Mannheim, auf die hier vermeintlich reagiert wurde durch derartige Gesetzgebung gar nicht adressiert werden, weil hier ja kein Streit mit Messer in der Tasche eskaliert ist. Da passen Symptom und Behandlung nur bedingt zusammen. Aber selbstverständlich sehe ich, wie das trotzdem unter dem ganz großen „wir tun ja was“ der Politik den Anstrich der Handlungsfähigkeit gibt).

Also keine Ahnung, ob man mit diesem Aktionismus die Bürgerinnen und Bürger abholt. Ich kann nur für mich ganz persönlich sagen, dass mich die Politik hier nicht abholt, weil sie mir nicht erklärt, wie Diagnose und Behandlung hier zusammen gehören. Insbesondere weil die Messerverbotszonen ja offensichtlich nicht wirken, deshalb jetzt schärfere Regularien eingeführt werden und trotzdem noch eine Ausweitung der Verbotszonen gefordert wird. In der Kombination der hier geforderten Maßnahmen wird mir gerade einfach zu viel am Verschärfungs-/Verbotsrad gedreht und dazu zu wenig erklärt. Denn deine Frage:

kann ich nicht beantworten, eben weil die Datengrundlage zum Problem in der Diskussion derzeit so unvollständig ist. Wie viele Messer würden denn durch die neue Regelung verbannt werden? Wie viele Messerattacken beruhen denn tatsächlich auf einem „Gelegenheitsgriff“ zum Messer etc Was ist von der Ausweitung der Verbotszonen zu erwarten? Wie viele Messerattacken fanden denn tatsächlich „im öffentlichen Raum“ statt und nicht in der vom Gesetzt nicht betroffenen privaten Umgebung? An Hand des in der PKS festgestellen Anstiegs von Delikten lässt sich das Problem ja gar nicht spezifischer diagnostizieren, weshalb sich da auch gar keine bessere Lösung zu entwickeln lässt. Im Moment macht es den Eindruck als würde auf den (sehr jungen) Ausschlag in der Statistik mit dem Holzhammer draufgeschlagen und geguckt, ob das was bringt.
Das kann man natürlich machen und vielleicht das einen Erffekt, aber es vermittelt mir aber zumindest nicht den Eindruck, als hätte man sich mit den Folgen auseinandergesetzt und ich denke das würde in anderen Bereichen der Bürgerrechte auch nicht einfach so akzeptiert werden. Da ist man meist sehr viel schneller in der Diskussion über Missbrauchspotenziale bei der Hand. Die gibt es hier (wie wir herausgestellt haben) zwar auch, aber irgendwie herrscht bei Messern eher die Ansicht, dass es schon die richtigen Treffen wird. Zumindest Mal bemerkenswert, dass die einzige Kritik in der Politik von Menschen kommt, denen das im Grunde nicht weit genug geht (Hermann).

Aber gut, wir werden es erleben. In anderen europäischen Ländern wie Österreich (Grüne Kritik am Messerverbot im öffentlichen Raum) oder UK (Knife crime has increased in England and Wales over the last decade – here’s how the next government can prevent it) ist Messerverbot ja gerade auch ein Thema. Vielleicht ist da gerade auch einfach Zug im Thema drin und keine Regierung will sich dem Vorwurf ausgesetzt sehen, da untätig zu sein.

Kann denn die Datengrundlage jemals ausreichend sein? Wie viele Messer welchen Typs wo im Umlauf sind und welche davon von ihren Nutzern auf „gefährliche“ Art und Weise eingesetzt werden, kann doch gar nicht ausreichender Sicherheit erfasst werden. Polizeilich bekannt wird doch vermutlich nur ein Bruchteil, vor allem wenn es auch um die Unterbindung der „gefährlichen Mitführung“ gehen soll.

Ein alternativer Ansatz wäre, konkrete (und b begründete) Ziele zu formulieren und dafür dann geeignete Gesetze zu verfassen. Z.B.

  • Es wird unterschieden zwischen Messern mit erheblichem Gewaltpotenzial (feststehende oder arretierbare Klinge, ob die Länge hier eine Rolle spielt könne sicherlich Mediziner beantworten) und anderen Messern.
  • Erstere dürfen nie und nirgendwo „einsatzbereit“ mitgeführt werden. Die mitführende Person muss geeignete Maßnahmen treffen (z.B. durch tiefes Verpacken im Gepäck, verschlossenes Behältnis, aufwändiges Einwickeln), dass ein spontaner Einsatz unmöglich wird.
  • Die Polizei kann in begründeten Fällen (z.B. Auftreten von messerbezogener Kriminalität) zeitlich begrenzte Kontrollzonen ausrufen, in denen Kontrollen auch ohne konkreten Anlass durchgeführt werden können.
  • Es gibt regelmäßige unabhängige und wissenschaftlich fundierte Berichte zur „Messerkriminalität“ in Deutschland, die die Nützlichkeit und Wirksamkeit verschiedener Aspekte beleuchten: Welche Messer sind wirklich gefährlich, welche Art der Mitführung ist gefährlich, wie werden Kontrollzonen eingesetzt und ist dieser Einsatz effektiv, etc.

Sehr gute Vorschläge, denn so wären beispielsweise Köche nicht unter Generalverdacht. Ergänzen würde ich eine wesentlich schellere Strafverfolgung mit Verurteilung. Diese Verurteilungen sollte außerdem anonym öffentlich gemacht werden, um abschreckend zu wirken. Wir sehen wir sehr schnelle Konsequenzen helfen können gerade in Großbritannien, wo das beherzte und schnelle Einschreiten von Regierung, Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten den rechten Mob definitiv mit ausgebremst hat.

Ein Verbot nur auf dem Papier hat nachweißlich gar keinen Nutzen, einzig das Risiko erwischt zu werden, kann zu Verhaltensänderung führen. Kontrollen nach einer Verschärfung des Waffenrechts sind also unabdingbar. Dabei kann und muss die Polizei natürlich mit Bedacht und Verstand vorgehen, die Gefährdung durch einen Wanderer im Voralpenland mit einem Taschenmesser ist in der Realität eine andere als die durch bestimmte Gruppen in der Großstadt. Hier ist auch die Justiz gefragt um solche Verfahren schneller als aktuell abzuschließen und Wiederholungstäter spüren zu lassen, dass es sich um kein Kavaliersdelikt handelt.

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Ich glaube das die Innenministerin genau weiß was sie tut und das das Gesetz gar nicht groß diskutiert werden muss. Meine Einschätzung:

Man kennt das Klientel von dem eine Messer-Gefahr ausgeht sehr genau und kann dieses dank Milieu-Profiling auch mit hoher Trefferquote stellen und überführen. Es geht bei der Gesetzesänderung nun lediglich darum, die Grenze für Konfiszierungen und Verurteilungen niedriger zu setzen um mehr und mehr Messer beim falschen Klientel aus dem Verkehr zu ziehen.

Jeder ‚normale‘ Bürger der gerne Messer sammelt und nutzt muss sich von der Gesetzesänderung meiner Meinung nach gar nicht beirren lassen. Diese Nutzer wird niemals jemand kontrollieren und eines illegalen Waffenbesitzes überführen.

Da ist die Zweiklassenjustiz ja vorbildlich umgesetzt…

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Die Polizei weiß aus Erfahrung wer illegale Messer bei sich führt und v.a. wer dies aus einem opportunistischen Gewaltmotiv tut. Im Ergebnis erwischt es genau die wegen denen das Gesetz überhaupt verschärft wird. Das Gesetz wird ja nicht verschärft um einem Hobby-Outdoor-Enthusiast oder Messerliebhaber das Leben schwer zu machen. Wo siehst du das Problem?

Wie andere schon sagten ist das, was du hier als „gut“ beschreibst, reines racial profiling, reine Zwei-Klassen-Justiz. Nein Danke!

Ich sehe da einen Logik-Fehler. Wenn der Hobby-Outdoor-Enthusiast oder Messerliebhaber ein illegales Messer trägt und die Polizei das ignoriert, wird es dadurch nicht legal. Damit wird aber vor allem das Prinzip der Gleichheit vor dem Recht verletzt.
Entweder man verbietet es für alle oder man erlaubt es für alle. Aber so wie du es schreibst, ist es ein reines Instrument der Willkür auf Basis unterstellter Intention.

Das Standard Taschenmesser von Victorinox (hat wahrscheinlich fast jeder Zuhause) hat über 6 cm Klingenlänge. Auch ein Laguiole oder Opinel darf dann nicht mehr in der Öffentlichkeit mitgenommen werden.

Wenn es unter Wanderern im Nächsten Halbjahr zu einer beispiellosen Steigerung an Messerattacken kommt, wäre eine stärkere Überprüfung sicher angebracht. Ansonsten muss sich die Polizei natürlich auf Gewaltherde fokusieren und dort tätig werden, wo dies erfahrungsgemäß sinnvoll ist.
Das Strafrecht ist das schärfste Schwert im Rechtsstaat und wir werden Menschen nur weiter in die Arme der AfD treiben, wenn wir die Gängelung von „Bio-Deutschen Wanderern“ aus politisch korrekten Empfindungen fordern.

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Das wird doch heute schon so mit den Messerverbotszonen gehandhabt. Dort wo sich in der Vergangenheit Vorfälle gehäuft haben, wird das Mitführen von Messer jeder Art verboten. Ich sehe keinen Grund warum man z.B. in der Schule oder auf der Kirmes ein Messer mit sich zu führt, auf einer Fahrradtour oder Wanderung wäre das für mich etwas ganz anderes. Wie es der Sicherheit dienen soll, wenn Letztere auch unter die Räder eines generellen Verbots fallen, muss man mir erklären. Aus wissenschaftlicher Sicht mit Blick auf die Kriminalstatistik ist ein solches Vorgehen jedenfalls nicht gedeckt.

Das Vorgehen in der Pandemie zeigt, dass man mit freiheitseinschränkenden Maßnahmen immer so vorsichtig wie möglich sein sollte und Rechte nicht unnötig im Übermaß beschneiden sollte. Jede Maßnahme muss dabei für sich zweckmäßig und zielgerichtet sein. Wanderern das Taschenmesser zu verbieten um der Messerkriminalität Herr zu werden ist dabei weder zweckmäßig noch zielgerichtet.

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Sorry, erkenne das Problem nicht. Was hat das mit ‚racial‘ zu tun? Es hat was mit Milieu zu tun, nicht ‚Rasse‘. Die Polizei liegt hier richtig, weil diese Vorurteile aus Erfahrung erwachsen sind. Wo ist das Problem? Wenn man nun einem gewissen Milieu zugehörig ist lernt man nun hoffentlich das man Messer nicht führen sollte, weil man von der Polizei häufig kontrolliert wird. Aus gutem Grund und zurecht. Wo ist das Problem?

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