Spätestens wenn wir wie in den USA Gated Communities haben sollten, wird das Waffenrecht wieder gelockert. Ich bin da zwiegespalten. Aber dann wäre ich eher für ein liberaleres Waffenrecht. Bin aber auch Sportschütze.
Gegen dieses geografische Priorisieren hat auch niemand etwas.
Das ist aber erstens etwas anderes als das racial profiling (oben umschrieben mit „Milieus“), das mit verschärften Kontrollen in der Regel einhergeht.
Außerdem ist es auch etwas anderes, als der eigentliche Inhalt der Verschärfung. Diese sieht ja ein generelles Verbot vor. Wenn dieses aber nur selektiv in bestimmten „Milieus“ durchgesetzt wird, entsteht eine (tendenziell klassistisch oder rassistisch begründete) Lücke in der Rechtsdurchsetzung.
Dann ist die Verschärfung zu kritisieren und nicht das „Auge zudrücken“ der Polizei gegenüber weißen Wanderern zu verteidigen.
Welche „Milieus“ denkst du werden denn von der Polizei so identifiziert und inwiefern sind diese zB unabhängig vom sichtbaren Migrationshintergrund?
Wieso? Hat jemand als schwarze Person weniger das Recht ein Messer zu tragen als als Weißer, oder als erkennbar arme Person weniger als als bürgerlich/wohlhabende Person?
Anders gesagt: Wenn das Messer tragen illegal ist, dann darf nicht ein von außen angeblich sichtbares „Milieu“ darüber entscheiden, ob ich das Messer nicht doch problemlos führen kann.
Also wird es beim „Enthusiasten“ effektiv seltener geahndet.
Diese Wahrnehmung erscheint mir naiv, weil sie davon ausgeht, dass der Akteur BMI in diesem Fall nur eine einzelne Intention hätte (ein möglichst gutes Gesetz für die deutsche Gesellschaft zu entwerfen). Aber das dürfte nicht der Fall sein, weil das BMI auch noch ganz andere Motivationen hat - etwa Gesetze und Verordnungen zu erlassen, die seinen Exekutivorganen möglichst weitreichende Befugnisse geben (was nicht zwingend das beste für die Gesellschaft sein muss). Ich meine historisch sehen wir doch zu Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner, Gesichtserkennung etc. kommen aus dem BMI immer wieder Vorstöße die es für geeignet hält und die in der Gesellschaft für große Bedenken sorgen. Also keine Ahnung, einfach zu sagen "die haben sich was überlegt, das braucht man jetzt nicht diskutieren"´erscheint mir in der pluralistischen Demokratie ein wenig zielführender Ansatz.
Am Ende schafft ein Gesetz erstmal immer die maximal mögliche Rechtswirklichkeit die es zulässigerweise erreichen kann. Ich möchte eigentlich kein einziges Gesetz, was irgendwie so schlecht zugeschnitten ist, dass man sagen muss: jaja kann arge Konsequenzen haben, aber keine Sorge, wir wenden das nur verantwortungsvoll an *zwinkerzwinker. Man rufe sich nochmal das mit der Präventivhaft in Bayern in Erinnerung: Natürlich sagen die Befürworter des Gesetzes beim Erlass, dass sei nur für terroristische Extremfälle, aber wenn dann Polizei und Staatsanwaltschaft mal aus irgendnem Anlass mal nen Hebel suchen, sind derartige Vorsätze schnell vergessen.
Was mir gerade noch auffällt: Anscheinend gibt es für das Erlassen von Messerverbotszonen ja dankenswerterweise durchaus einige Hürden (hier mal für NRW: SGV § 2 Waffenverbotszone | RECHT.NRW.DE) Also Behörden müssen schon nachweisen und dokumentieren, dass eine Verbotszone in einem Gefahrenschwerpunkt liegt und wie die Zone dabei hilft, künftige Messerattacken zu vermeiden. Da frag ich mich jetzt natürlich, wie das mit der Forderung nach mehr Verbotszonen zusammenpasst - da gibt es ja quasi ein durch den Rechtsrahmen gesetztes Limit? Spätestens wenn das aufgeweicht werden soll um überall leichter Zonen zu ermöglichen, muss man aufpassen: Denn dann haben wir hier ja irgendwann „stop & frisk“ durch die Hintertür.
Racial Profiling (auch wenn man es mit einem Euphemismus wie „erfahrungsbasierte millieuabhängige Kontrollen“ bezeichnen will) führt dazu, dass bei einer bestimmten Gruppe stärker kontrolliert wird. Diese Gruppe wird in der Regel an äußerlichen Merkmalen festgemacht. Da man nun bei dieser Gruppe mehr kontrolliert, findet man auch mehr Verstöße, was wiederum noch mehr Kontrollen rechtfertigt.
Stell dir vor du bist ein Deutscher mit schwarzer Hautfarbe oder arabischer Herkunft und kannst durch keinen Bahnhof oder keine Partymeile („Messerverbotszone“) mehr gehen, ohne direkt mindestens skeptisch beäugt oder gar kontrolliert zu werden. Wie würde sich das für dich anfühlen? Was würde das mit deiner Einstellung gegenüber der Polizei und der Gesellschaft machen? Das ist die Konsequenz von Racial Profiling. Zweifellos bestehende Probleme werden reproduziert und verstärkt, gesellschaftliche Vorurteile („Erfahrung“) manifestieren sich in rassistischen Praktiken.
Angenommen, es wird immer mehr kontrolliert und immer weniger/nichts gefunden. Was spricht gegen den Umkehrschluss und es wird nicht mehr kontrolliert? Niemand wird dazu gezwungen, mit einer Waffe in die Fussgängerzone zu gehen.
Das ist eine unrealistische Annahme. Mehr Kontrollen führen selbstverständlich erstmal auch zu mehr Funden - wenn wir davon ausgehen, dass die Dunkelziffer vorher größer 0 war, es also unentdeckte Straftaten gab.
Natürlich können Kontrollen theoretisch auch dazu führen, dass in der kontrollierten Gruppe mittelfristig die Funde abnehmen. Das ist aber keine Entlastung vom Vorwurf der Diskriminierung. Die diskriminierte Gruppe passt sich im Verhalten lediglich an die Diskriminierung an. Der Fehler liegt in der Annahme, die Straftat würde nur in dieser klar zuzuordnenden Gruppe passieren und dies würde die Diskriminierung durch Profiling rechtfertigen.
Wann hast du das letzte Mal von Sicherheitsbehörden oder Innenministerien die Forderung nach weniger Kontrollen oder Befugnissen gehört? Die Ausstattung der Polizei mit mehr Rechten/Möglichkeiten wird in der Regel initial mit schweren Straftaten begründet, mittelfristig deutlich ausgeweitet und langfristig nur sehr selten wieder eingegrenzt oder zurückgenommen.
Das gleiche ‚Argument‘ hstl. ‚Racial Profiling‘ hat ja weiter oben schon jemand anders angeführt.
Äußerliche Merkmale sicherlich, aber nicht Hautfarbe. Daher ‚Milieu-Profiling‘ und nicht Racial Profiling. Denn nein, die Hautfarbe allein macht noch lange kein Milieu.
Die Polizisten halten sich z.B. an Punkten auf, wo das Milieu gern ‚herumlungert‘. Herumlungern ist ein Verhalten. Trifft dann auf eine Gruppe Junger Männer. Sie unterhalten sich laut und haben einen breitbrüstigen geschwollenen Gang. Sie tragen schwarze Jogginghosen, schwarze Sneaker mit förmlichen Plateau-Sohlen, eine dunkle Jacke oder Kapuzenpulli, Basecap von einer Luxusmarke und Bauchtäschchen. Ich habe soeben ein Klientel beschrieben das jeder der das liest sofort vor Augen hat. Migrationshintergrund spielt dabei gar keine Rolle. Ein ‚Araber‘ mit Jeans, Sneakern, Poloshirt und Umhängetasche, der Dienstags morgens aus der U-Bahn steigt wird sicherlich nicht kontrolliert.
Wir haben hier ein ganz bestimmtes jugendliches Klientel, das an Ort, Tageszeit, Habitus und (Kleidungs-)Stil sehr zielsicher identifizierbar ist. Ein Polizeibeamter kennt da seine Pappenheimer. Mit deinem oben dargestellten Szenario um ‚Diskriminierung‘ und ‚Generalverdacht wegen Hautfarbe‘ lügst du dir selbst in die Tasche.
Zurecht, weil genau diese Gruppe durch ihr Verhalten in der Vergangenheit das Messer (in diesem Fall) überhaupt erst zum Problem gemacht hat. Hier wird kein Gesetz als Selbstzweck diskutiert. Es wird diskutiert weil die Messerkriminalität unter Jugendbanden so stark zugenommen hat. Es geht darum diese Form der Messerkriminalität einzudämmen. Nicht um den Anspruch das Victorinox um Rucksack eines Campers zu ahnden.
Ganz genau. Wenn sich beim ‚Milieu-Profiling‘ herausstellt das die Beamten in 50% oder gar noch mehr der Fälle daneben liegen, wer weiß, evtl. gehen sie dann künftig anders vor und der ‚diskriminierende Generalverdacht‘ verschwindet wieder. Genau auf dem Wege, auf dem er entstanden ist. Die Idee kommt bei dieser Debatte merkwürdigerweise keinem.
[quote=„sereksim, post:25, topic:24738, full:true“]
Welche „Milieus“ denkst du werden denn von der Polizei so identifiziert und inwiefern sind diese zB unabhängig vom sichtbaren Migrationshintergrund?[/quote]
Männliche Jugendgruppen mit einem bestimmten Kleidungsstil und proletenhaftem Verhalten, die zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten herumlungern, wo sich in der Vergangenheit des öfteren Konflikte zugetragen haben. Ganz einfach.
Ja, weil der Enthusiast irrelevant für die Problematik ist die das Gesetz versucht zu lösen.
Mal ein anderes Beispiel. Als ich Anfang 20 war und ein typisches Fahranfänger-Auto fuhr, bin ich am Wochenende zu späteren Stunden regelmäßig mal angehalten worden. Mein Alter, das Auto, der Wochentag und die Tageszeit verieten den Beamten, das hier eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht das Trunkenheit am Steuer vorliegt. Nichts daran ist falsch. Viele solcher Trinker wurden genau durch diese Art Profiling bereits effektiv aus dem Verkehr gezogen. Wer nüchtern gefahren ist, durfte eben weiterfahren. Vielleicht erklärt ihr oder welche von den Likern eurer Meinung mir ja mal, wo da der Unterschied liegt und inwiefern ich mich deswegen nun hätte diskriminiert fühlen sollen.
Und wenn ich mir solche Klamotten anziehe, soll ich mehr kontrolliert werden?
Die Realität ist leider, dass Personen die Du Dir mutmaßlich unter „Araber“ vorstellst, sehr häufig kontrolliert werden und zwar egal, welchem Milieu sie entspringen und ich in den letzten 40 Jahren zwei mal.
(Fun Fact: Das eine mal hatte ich sogar ein Outdoor-Klapp-Messer am Gürtel und man bat mich lediglich freundlich, es doch ins Auto zu legen bevor man mich zu Drogenkonsum befragte und nach 3x nein einfach weiter fahren ließ)
Ungeachtet dessen: Können wir uns darauf einigen, dass es aus rechtsstaatlicher Sicht vernünftiger ist, ein Gesetz zu machen, dass für alle gilt als eines, dass man in der Durchsetzung willkürlich selektiv anwenden muss, damit es funktioniert?
Könnte daran liegen, dass in der Polizeistatistik absolute Zahlen und keine Trefferquoten geführt werden.
Wenn nun der mit Kapuzenpulli und teuren Sneakers in der Disko standardmäßig mit Butterfly herumlungert, weil er sowieso nie kontrolliert wird, der mit Rastalocken und Piratenpulli aber keines mehr mit sich führt, weil er ständig kontrolliert wird, haben wir nun die Situation, dass ersterer wesentlich aggressiver auftritt, da er sich sicher fühlt, ziemlich aufgeputscht ist durch die Koksbahn, die er sich gerade gezogen hat, während zweiterer natürlich schon lange keine Drogen mehr in der Öffentlichkeit mit sich führt, die werden bei den regelmäßigen Messerkontrollen ja mitgefunden.
Und wem das zu viel Klischee ist: ich kenne eben meine Pappenheimer.
Denke, mit dem Satz der Polizei „Ab sofort kontrollieren wir X nicht mehr“ rechnet niemand. Wäre auch ziemlich dumm.
Was auffällig ist: zu Zeiten der EM wurde an den Grenzen kontrolliert und so eine dreistellige Zahl an Personen festgestellt, gegen die Haftbefehle vorliegen. Da fragt man sich schon, was die Polizei so beruflich macht.
Dafür bräuchte es aber kein neues Gesetz, denn wenn man wirklich nur an bekannten Schwerpunkten kontrollieren wollte, kann man da auch heute schon eine Messerverbotszone verhängen, die ALLE Messer verbietet. Da brauch man nun also gesetzgeberisch nixht an der Klingenlänge herumdoktorn - tut man aber. Somit liegen dem Gesetz offensichtlich andere Motivationen zu Grunde.
Genau aus diesem Grund ist das neue Gesetzesvorhaben ganz offensichtlich auch nicht darauf ausgerichtet nur irgendwelche bekannten Mileuschwerpunkte zu adressieren. (Wie gesagt, technisch geht das ja sowieso nicht da es für alle gelten muss. Ich meine hier von seiner Intention her adressiert es keine Schwerpunkte von Kriminalität, denn das tun Verbotszonen)
Es kommt drauf an. Sagen wir mal du bist Mitte fünfzig, grau meliert und Brillenträger. Hältst du dich nun in diesem Aufzug um 21:30 am Samstag Abend am Nürnberger Hauptbahnhof auf und fällst dadurch auf das du mit einem anderen Bahnhofsgänger in eine verbale Auseinandersetzung gerätst, passiert das sicher. Läufst du in dem Aufzug mit deiner Lebensgefährtin Samstags Vormittags gut gelaunt durch eine belebte Fußgängerzone, wohl kaum.
Dann passen sie aus bestimmten weiteren Gründen, die über Haut- und Haarfarbe hinausgehen, in ein bestimmtes Profil. Pech.
Es gilt für alle. Wenn dein Messer bei einer Fahrzeugkontrolle in der Mittelkonsole liegt und der Beamte es genau nimmt, hat das leider Konsequenzen.
Vermutlich ist ja aber genau das der Hintergrund und das Ausreichende, damit das Gesetz seinen Zweck erfüllt. Z.B. könnte es gut sein das die Beamten bei ihren Kontrollen im Milieu beim Klientel ständig Messer finden die zwar gefährlich, aber nach aktueller Gesetzeslage nicht einziehbar sind. Vermutlich ist das Gesetz genau aus diesem Grund entstanden.
Das ist eine Behauptung, die schwer zu belegen aber wenig plausibel ist. Mir scheint, du bastelst Dir hier ein Bild einer Welt zusammen, die es leider nicht gibt.
Geht denn hier irgendjemand im Forum davon aus, dass wir die Messerkriminalität effektiv bekämpfen können, wenn wir Wanderern das Schweizer Taschenmesser verbieten?
Wenn nein, hat die AfD leider Recht, wenn sie behauptet, dass anständige Menschen real kriminalisiert werden, weil bestimmte Gruppen „über die Stränge schlagen“ und dass dies mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen einher geht, bzw. vor 10 Jahren noch nicht notwendig erschien.
Und eine Frage an alle die Quotenregelungen oder ähnliches für die Polizeiarbeit fordern. Wie kann man die beschränkten Ressourcen effektiv einsetzen ohne zu diskriminieren? Sollen alte weiße Frauen häufiger ins Visier der Ermittler geraten, wenn es z.B. um Einbruchsdiebstahl geht? Ist es sexistisch, wenn man sich auf ein Täterprofil konzentriert, dass sich auf Erfahrungen und wissenschaftlicher Forschungsarbeit stützt?
Nur schwer zu bestimmen. Aha. Könnte ja vielleicht auch daran liegen das die ‚racial‘ Korrelation in manchen Milieus irre hoch ist (aus Gründen die nicht weiter relevant sind). Woran möchtest du denn festmachen das ein bestimmter Stereotyp gegriffen hat aus einer Kombination von Kontext, Ort, Zeit, Kleidung, Alter und Habitus versus der einfachen Hautfarbe? Wenn 95% der kontrollierten Jugendlichen an einem Samstag Abend in und um einen Bahnhof Migrationshintergrund haben, liegt das dann an ihrem Migrationshintergrund oder einem hohen Anteil von Migranten an einem bestimmten Milieu?
Ungeachtet dessen ob nun RP bei der Polizei besteht oder nicht und in welchem Ausmaß: Warum fällt es denn hier auf der anderen Seite so leicht, die Polizeibeamtenschaft unter einen Generalverdacht zu stellen? Und zwar in einem Maße das ihnen unter dem Vorwurf des Racial Profiling jede Form von Berufserfahrung und Menschenkenntnis in ihrem Job abgesprochen und ein solches Gesetz und des Durchsetzung infrage gestellt wird?
Ebenso schwer zu belegen aber wenig plausibel ist für mich das Polizeibeamte in ihrer täglichen Arbeit rein nach Haut- und Haarfarbe profilen und es dabei keinerlei anderen Kriterien/Anhaltspunkte gibt, die eher im Vordergrund stehen.