Warum lassen die Grünen die Koalition nicht platzen?

Nach den Koalitionsverhandlungen und vor allem nach dem Aufweichen des Klimaschutzgesetz etc. stellt sich mir die Frage, wo die Handschrift der Grünen ist. Warum kündigen sie die Koalition nicht auf, da sie die einzigen der Koalition sind, die keine Angst vor Neuwahlen haben müssen. Die Umfragen von SDP und FDP sind deutlich geringer als zur BTW, die Grünen hätten somit doch ein gutes Druckmittel.

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Weil sich dann die Grünen noch mehr - um mal beim Thema zu bleiben - ins eigene Fleisch schneiden würden. Klientelpolitik für (Verbrenner-) Autos bringt in Deutschland seit jeher mehr als es kostet, Politik für freie Wahl der Menge des Fleischkonsums ebenso. Die Grünen sind politisch in einer recht ausweglosen Lage - fordern sie die gemäß des Klimanotstandes erforderlichen Maßnahmen, würden sie massiv an Zustimmung verlieren (vielleicht nicht unbedingt absolut, aber relativ - solche Forderungen sind ja eine bekannte Steilvorlage für die [vermeintlichen] Freiheitsverfechter), vertrauen sie auf den steten, vorsichtig initiierten politischen Wandel, scheitern sie mit Gewissheit an dessen langer Halbwertszeit.

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Das klappt nicht, da Grüne und FDP in einer asymmetrischen Situation sind. Die Grünen wollen Veränderungen, welche die FDP allein dadurch verhindern kann, dass sie ihnen die Zustimmung verweigert. Die FDP dagegen propagiert vor allem eine Beibehaltung des Status quo - allenfalls noch gewürzt mit ein paar Steuersenkungen.

Die Grünen können also den lieben langen Tag irgendwas fordern - ohne Zustimmung der Koalitionspartner sind das einfach nur Worte in den Wind. Die FDP kann dagegen die Verhinderung der grünen Vorschläge, die sie selbst gar nichts kostet, als Erfolg verkaufen.

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Mit dem neuen Wahlrecht im Rücken hätten die Grünen es doch einfach drauf ankommen lassen können? Im schlimmsten Fall fliegen Linke, FDP und CSU aus dem Bundestag und die Grünen könnten sich aussuchen, ob sie die nächste Regierung lieber mit CDU oder SPD bilden wollen. Und die einzige Alternative - eine große Koalition - würde ihre Chance bei der nächsten Wahl erheblich verbessern. Ob jetzt 3 oder 4 Jahre Klimaschutz bis zur nächsten Wahl verloren gehen macht eigentlich keinen großen Unterschied.

Ich glaube, das stimmt nur bedingt. Die FDP hat leider deutlich verloren, das ist wahr. Die CDU/CSU hat jedoch auch merklich zugelegt. Wirft man einen Blick auf die „Sonntagsfrage https://www.wahlrecht.de/umfragen/ erkennt man, das eine Schwarz-gelbe Koalition sogar je nach Meinungsforschungsinstitut 1-3% mehr bekommen könnte, als zur Bundestagswahl. Aber das reicht nicht um die Sozis und die Grünen los zu werden und wieder eine konservativ-liberale Regierung zu bekommen. Im Augenblick würde eine Aufkündigung der Koalition durch die Grünen weder ihnen selbst helfen noch zu einer Veränderung unserer Politik führen, da jegliche Mehrheit. Und irgendwelche Miderheitsregierungen bewegen auch nichts.
Wenn mir mal hoffen, dass es die Linken nie wieder in den Bundestag schaffen und sich die AFD endlich selbst zerfleischt, ist die Fortsetzung der Ampel wohl das kleinste Übel.

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Was ist dann die Strategie? Veränderungen, die nichts kosten? Also volle Nummer auf der sozial-kulturelle Agenda setzen (wo FDP und SPD nicht offen gegen sein können) und die Gesellschaft vorantreiben.

Gibt reichlich Gründe die dagegen sprechen

  • Wahrscheinlich würden sie von den Wählern dafür abgestraft (zumal die FDP das PR-mäßig so richtig ausschlachten würde)
  • Neuwahlen wären unberechenbar (@Norbert) vermutlich würde die Union profitieren. Wenn man es genau betrachtet, können die Grünen durch Neuwahlen fast nur verlieren:
    • Grün als stärkste Fraktion? Wird nicht passieren!
    • Rot/grün: Same here (bei den aktuellen Werten der SPD)
    • Ampel: Damit gewinnen sie nix
    • Schwarz/Grün: Da haben sie es dann NOCH schwerer
    • Oder ganz ohne grün (Groko, Schwarz/Gelb): Auch ein Fauk
  • Sie werden dadurch ihre Ziele NOCH weniger erreichen (erst recht in der Opposition)
  • Sie würden die vielen schönen Ministerpöstchen verlieren
  • Die Grünen haben keinen Hebel. Die FDP hat es einfach. Die machen das gleiche wie die AfD: „Dagegen sein“, die regieren als wären sie in der Opposition

Weil sie es können!
Das gilt nicht für die FDP. Die haben ihre feste Stammwählerschaft die Autofahren wollen und sich kaum für Klimawandel interessieren. Durch dieses Kindergartenspiel werden sie davon nur wenig verlieren. Wieder in die Opposition zu gehen, würde der FDP wenig weh tun.

Die Grünen sind aber viel weiter in der Mitte und haben viel mehr zu verlieren, weil sie zumindest theoretische Chancen haben, stärkste Fraktion zu werden und den Kanzler zu stellen.

Das weißt Du nicht. Hatten wir auf Bundesebene noch nicht. Die Regierungspartei müsste sich dann für alles was sie erreichen will erstmal die Mehrheiten zusammensuchen.
Fände ich auf jeden Fall mal ein spannendes Experiment.

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Das war eine Koalition, keine Minderheitsregierung. Die FDP stellte vier Minister (Auswärtiges und „Vizekanzler“, Inneres, Wirtschaft, Ernährung).

Es gab aber tatsächlich eine Minderheitsregierung Schmidt, nämlich nach dem Rücktritt der FDP-Minister am 17. September bis zur Wahl Kohls am 01. Oktober 1982.

Die Grünen sollten nicht penetrant die kleinen Klima-Fortschritte feiern, damit verlieren sie Glaubwürdigkeit und die Klimabewegung. Besser wäre die Story: „jede Kleinigkeit in Richtung Klimaschutz muss von GRÜN erkämpft werden, wir wünschen uns mehr, bekommen es aber nicht durch“. Wer für Klimaschutz ist, muss bei den Wahlen dafür sorgen, dass GRÜN mehr als 15% bekommt.

Die Story der „gute-Freunde-Fortschritts-Koalition“ funktioniert nicht. Genauso wenig funktioniert eine Totalopposition, die im besten Fall in die nächste Regierungskoalition führt, in der bittere Kompromisse zu schließen sind. Das einzige, was zählt, sind Wählerstimmen.

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Die traurige Wahrheit ist aber: In Zeiten von Inflation, Krieg und Energiemangel gibt es für die meisten Menschen eben wichtigere Themen als den Klimaschutz.

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Das einzige, was zählt, sind Wählerstimmen.
Das Dumme ist nur, dass sich die etablierten Parteien nicht trauen, Tacheles zu reden und das Wahlvolk über die wirkliche Lage der Nation aufzuklären. Z. B. dass Klimarettung/Energiewende oberste Priorität haben, dass wir jetzt für Jahrzehnte langes Geiz-ist-geil-Verhalten bezahlen müssen, dass ein Liter e-fuel vielleicht 10 oder 20€ kosten wird, dass es Öl und Gas genau so ergehen wird etc. etc. etc.
Da man also von einem Politiker nicht verlangen kann, sich selbst ins Knie zu schiessen, müssten andere (glaubwürdige) Multiplikatoren das Wahlvolk aufklären - Medien und Wissenschaft vielleicht. Erste Stimmchen gibt es ja schon, aber es müssten sehr schnell sehr viel mehr werden. …man wird ja noch träumen dürfen!?

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Tendenziell richtig, aber es gibt doch auch ein paar Projekte der FDP, die von den Grünen als „guten Teamplayern“ unverständlicherweise durchgewunken werden, statt der FDP da einfach mal den Spiegel vorzuhalten. Zum Beispiel die Aktienrente. Ist sowieso eine dumme Idee, und man könnte einfach sagen „Steht zwar im Koalitionsvertrag, aber das Geld ist nicht da, daher stimmen wir nur zu, wenn eine komplette Gegenfinanzierung durch eine Vermögens- und/oder höhere Erbschaftssteuer stattfindet.“

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Aus Sicht der FDP wäre das sicherlich indiskutabel. Viele klassische FDP-Wähler wie Selbstständige, Ärzte, Anwälte, Apotheker, Zahnärzte, Steuerberater etc. zahlen nicht in die GRV ein und würden daher (v.a., da sie derartige Pläne übermäßig treffen würden) dagegen ordentlich mobilisieren.

Ganz ab vom eigentlich Thema - ich wünsche mir soooo sehr Politiker, die einfach das tun, von dem sie annehmen, dass es für mehr als 50% der Bevölkerung (vollständig unabhängig von ihrer Wählerschaft) langfristig das Beste ist. Genauso das heißt es nämlich m.E., dem Deutschen Volk zu dienen.

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Sorry, ich sehe da (leider) einen großen Unterschied zwischen dem, was die Leute für „das Beste halten“ und dem, was dringend notwendig und/oder richtig ist. Es wird nämlich auch für uns teuer und schmerzhaft sein, gegen den Klimawandel zu kämpfen, nicht nur für die Menschen auf den Philippinen etc. Man sieht z. B. an der Reaktion auf Aktionen der Klimakleber, dass kaum jemand die richtigen Forderungen unterstützt, sondern die Behinderung von Autofahrern gleich hohe Wellen in die falsche Richtung schlägt!

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SPON dazu:
„SPD und FDP haben die Grünen in politischen Treibsand geführt. Je mehr sie strampeln, desto tiefer sinken sie. Aber wenn sie stillstehen, versinken sie auch. Als Taktik im Parteienwettbewerb funktioniert das brillant. Der Kollateralschaden: Der Klimaschutz verschwindet zunehmend in der Bedeutungslosigkeit. Die klar prognostizierten Folgen werden hingenommen.“

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Die werden sich noch umgucken, wenn die glauben, Verbrenner oder H2-Heizungen wären die preiswerte Alternative.
Wenn die nächste Dürre die Lebensmittelpreise hochtreibt.
Wenn die nächste Flut das Haus wegspült. Wenn die nächste Hitzewelle in Europa wieder tausende Leben kostet - vielleicht auch von Freunden oder Verwandten…

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Viele der Aktionen sind nach unserem Recht immer noch Straftaten - die inzwischen für die enstsprechenden Handlungen auch zur Rechenschaft gezogen werden.

Die Abgenzung Straftat Ja oder Nein ist sehr abhängig vom Einzelfall.

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Ich glaube, Du hast mich missverstanden. Ich nehme mal an, dass die meisten Politiker in Verantwortung nicht dumm sind und sich ja auch von Menschen, die sich auskennen beraten lassen können - und wenn sie dann so entscheiden würden, wie sie es für das Beste für die Gesamtheit empfinden - dann wäre doch schon viel gewonnen. Das aber sind Träume - es wird immer entweder so entschieden, dass die eigene Widerwahl möglichst gesichert hast, dass Lobby-Interessen und eigene Anschlussverwendung gewahrt bleiben, dass die Peergroup zufrieden ist; dazu kommt wahrscheinlich noch ein Mangel an Phantasie/Empathie - sich in das Leben der „normalen“ Menschen hineinzuversetzen. Und alle Medien/Kommentatoren etc. halten dieses Verhalten auch noch für normal.

Im Falle Klimawandel scheint es zudem wirklich so sein, dass viele der Entscheider wirklich keine Vorstellung davon haben (wollen), wie dringend das Problem ist.