Herzlichen Glückwunsch, du hast soeben den Zertifikatshandel neu erfunden. Genau so funktioniert der seit zig Jahren. Das gibt es alles! Und weil es das gibt, können Ökostromproduzenten tatsächlich mehr Geld mit ihrem Strom verdienen wie Kohlestromproduzenten. Denn mit jeder kWh Ökostrom produzieren sie zusätzlich ein Zertifikat, das bares Geld wert ist und das sie auf dem Zertifikatsmarkt verkaufen können, eben weil Leute bereit sind, für das gute Gewissen, Ökostrom zu verbrauchen, einen Aufpreis zu zahlen. In Summe mit dem Strom, der genau so viel wert ist wie der Kohlestrom, verdienen sie also mehr.
Der Zertifikatshandel löst aber nicht das Problem, das der Day-Ahead-Strommarkt löst, nämlich sehr kurzfristig Kapazitäten erwerben zu können, damit nicht morgen irgendwo die Lichter ausgehen. Um das zu verhindern, ist Windstrom genauso gut wie Kohlestrom oder Gasstrom, und deswegen kriegen auch alle Anbieter für den nackten Strom exakt dasselbe Geld. Der Windanbieter kriegt on top noch die Erlöse für die Zertifikate, da freut der sich drüber, aber wenn du ihn an der Börse für den Strom mit signifikant weniger abspeisen wollen würdest, wird er dir nen Vogel zeigen und den Strom direkt an jemanden verkaufen, der ihm einen Preis sehr nah am Marktpreis dafür zahlt, denn nochmal: der Strom ist genau derselbe, der hat nun mal diesen Wert, es ist pure Leistung für die jemand Summe X bereit ist zu zahlen, und weil er den hat, findet sich ein williger Käufer dafür, der diese Summe X zahlt. Entweder jemand der den Strom braucht, oder im Zweifel halt ein Zwischenhändler, der den Strom gar nicht verbraucht, sondern sich umdreht und ihn einfach für mehr Geld weiter an jemand direkt oder anonym an der Börse verkauft. Da auf den Elektronen keine Etiketten mit Herkunftsnachweisen kleben, ist das hinterher nicht nachvollziehbar, wo der Endkunde den Strom tatsächlich herbekommt.
Du hast da überhaupt nix neues vorgeschlagen, sondern etwas, was es längst gibt. Es löst halt nur nicht dieses spezifische Problem. Zertifikate können Strom nicht „entwerten“, sie können ihn nur „aufwerten“, aber aufwerten macht Dinge immer teurer, nicht billiger!
Wenn du keinen Handel mit Strom willst, dann solltest du dir schon mal genug Solarzellen, Pufferbatterien und nen Dieselgenerator aufs Dach bzw. ins Haus bauen, denn nach Umsetzung deines tollen Vorschlags kannst auch du keinen Strom mehr kaufen. Wäre ja ein Handel mit Strom, und den braucht es nicht.
Was die Leute tun sollen, die kein Haus besitzen, um sich selbst zu versorgen? Tja…Auf jeden Fall nicht auf die Idee kommen, zu ihrem Nachbarn mit dem Generator ein Kabel und ein paar Euro zu werfen. Das wäre Stromhandel, und der ist verboten und böse. Sagt @nichtdipling
Kohle ist auch erheblich teurer geworden im Zuge der Krise. Aber sei’s drum. Der Punkt war ja auch, dass die von fossilen Anbietern gekauften EE-Zertifikate überhaupt gar nichts mit Rekordgewinnen zu tun haben. Du suggeriertest, das sei der Fall, aber das ist Quatsch. Der Zertifikatekauf mindert im Gegenteil die Gewinne, weil es Ausgaben sind, die auf die Rohstoffkosten noch drauf kommen.
Ich sagte ja auch, dass der Inhalt der Anstalt gar nicht so falsch war. Tendenziös gestaltet, einige Punkte im Dunkeln lassend auch, und Chancen für Gags die dem linken Durchschnittskonsumenten sauer aufstoßen könnten wurden leider verpasst - aber fehlerhaft war der Inhalt nicht! Deine Interpretationen hingegen, also das, was du über den reinen Inhalt des netten Kammerspiels hinaus meintest, aus diesem an Aussagen herauslesen zu können - z.B. die Idee, irgendwie mit Zertifikaten billigere Preise für regenerativen Strom durchzusetzen - nun, die halte ich für fehlerbehaftet, und auf diese Fehler weise ich hin.