Vetternwirtschaftsverdacht im Verkehrsministerium - inzwischen vom Tisch

Das klingt doch schon so, als habe sich die Politik wirklich Gedanken gemacht, wie sie möglichst viele Interessengruppen in den Rundfunkrat bekommen können. Trotzdem wird es natürlich Gruppen geben, die hier auch gerne vertreten wären.

Dieser Liste würde ich jedenfalls nicht entnehmen, dass die Politik die Räte beherrschen würde - gerade weil die Verbände selbst wählen, wen sie entsenden…

Das Problem ist hier eher, dass die CSU bis vor kurzen für Jahrzehnte fast jede Direktwahl gewonnen und auf Landtagsebene stets in absoluter Mehrheit regiert hat. Dadurch ist die CSU insgesamt leider in der Bevölkerung einfach so viel stärker verankert als andere Parteien. Die Wahrscheinlichkeit, dass Vertreter irgendwelcher Verbände positiv mit der CSU verbunden sind ist daher grundsätzlich hoch. Oder anders gesagt: Wenn die CSU in Wahlen über Jahrzehnte die absolute Mehrheit erreicht, muss damit gerechnet werden, dass auch eine zufällige Stichprobe von Bürgern eine absolute Mehrheit an CSU-Unterstützern enthalten wird.

Deshalb sind so lange Alleinherrschaften einzelner Parteien für die Demokratie auch generell so gefährlich. An keiner Demokratie gehen 66 Jahre Regierung spurlos vorbei…

Schon spannend, dass das eigentliche Thema gar nicht mehr besprochen wird, sondern nur über den öffentlichen Rundfunk diskutiert wird. Newsflash: Die Öffentlichkeit ist nicht alleine der ÖR. Diskutiert bzw. skandalisiert wird das Thema dennoch nicht, zumindest nicht ansatzweise wie der Graichen-Fall. Oder bestreitet das hier jemand?

3 „Gefällt mir“

Das ist aber auch wieder zu stark eingeschränkt.

Denk mal ein wenig softer aus Richtung eines Chefredakteurs für die Nachrichtensendung…

„Welchen Beitrag wählst du aus?“

Da hast du die Journalisten die Beiträge erstellen null beeinflusst oder gar vorgeschrieben was, wie oder worüber sie zu berichten haben.

2 „Gefällt mir“

Nur als Kontext: Radio Bremen ist das Beispiel für einen besonders divers besetzten Rundfunkrat:

Ebenfalls als Ergänzung: Im Fall des BR lässt sich tatsächlich - auch wissenschaftlich - nachweisen, dass hier direkte politische Einflussnahmen auf den Sender (mit-)verantwortlich für dessen politische Ausrichtung sind.

3 „Gefällt mir“

Neues zum Ausgangsthema:

2 „Gefällt mir“

ich denke es ist deswegen kein Skandal, weil es keine politische Dimension hat. Herr Bisvhoff ist ein Abteilungsleiter, wenn ich das richtig aehenist er auf dem Posten seit 2019, also ist er kein Wissing oder FDP Mann und man kann diesen klaren Fehler nicht politisch ausschlachten, was bei Habeck und Graichen ja klar anders war.

Eingestellt hat diesen Abteilungsleiter wohl der damalige Verkehrsminister Scheuer (CSU).
Da klingt das Gebaren der Union schon etwas schräg.
Aber letztlich ist wissing der Chef dort und muss seinen Laden im Griff haben.

1 „Gefällt mir“

Diskutiert wird es. Das zeigen die diversen Meldungen hier. Aber eben nicht skandalisiert und in der Öffentlichkeit zum alles beherrschenden Thema gemacht. Da gab es hier finde ich auch genug Stimmen, sie es positiv sehen. Es sollte auch der Standard sein, dass es seriös aufgearbeitet wird. Etwas, was bei Graichen nie der Fall war. Nur weil es in die eine Richtung (so bitter es sein mag) unsauber war, muss man nun nicht fordern, dass es bei allen anderen Fällen auch so aufgeladen werden muss.

2 „Gefällt mir“

Wie oben schon erwähnt hat das verschiedene Gründe:

Die Graichen-Sache wurde so ausgeschlachtet, weil die BILD es - mit klarer politischer Zielsetzung - über Tage zur Titelstory gemacht hat und damit alle anderen Medien mitziehen mussten. Ja, die BILD hat leider diese Art von Macht, ob man es mag oder nicht.

Dazu kommt, wenn man die Informationen der anderen Teilnehmer zusammenfügt, die Problematik, dass es auch aus der Opposition kaum Angriffsmöglichkeiten gibt. Im Fall Graichen war das Angriffsziel der Opposition klar GRÜN. Grüner Minister hat grünen Aktivisten eingestellt, der seinen grünen Trauzeugen in eine gute Position verholfen hat. Da konnten sich zumindest Union und AfD voll auslassen und dafür sorgen, dass das Thema auch im Bundestag massiv diskutiert wird, bis hin zu Forderungen von Untersuchungsausschüssen.

Im Fall des „Mr Wasserstoff“ wurde er scheinbar von der CSU (Scheuer) in’s Amt gehievt, daher kann die CSU hier kaum zu laut in der Opposition poltern. Und die AfD steht inhaltlich eher hinter „Mr. Wasserstoff“ als hinter den Grünen, es ist jedenfalls aus Sicht der AfD kein „Hassgegner“, den man unbedingt vernichten müsste. Daher tut sich im Bundestag kaum etwas, die einzigen, die das Thema gerne skandalieren würden, sind die LINKEN, aber die haben aktuell ganz andere Probleme (und hätten nicht mal die Mehrheiten für einen Untersuchungsausschuss…).

Die Fälle sind daher nicht wirklich vergleichbar. Das einzige, was wir festhalten können, ist, dass die BILD einen zu großen Einfluss auf die mediale Großwetterlage hat und damit einen starken Einfluss darauf hat, ob ein Fall (wie bei Graichen) massiv aufgeblasen wird oder eben nicht.

Sorry, jetzt aber mal im Ernst. Offensichtliche Korruption nehmen wir halt mal hin, weil die BILD die Regeln und die Moral in unserem Rechtsstaat bestimmt. Mir wird schlecht.

3 „Gefällt mir“

Ich versuche zu erklären, nicht zu rechtfertigen.

Natürlich macht es Sinn, diese Dinge in die Öffentlichkeit zu zerren. Das ist letztlich genau der Job von investigativem Journalismus und auch von unabhängigen Medien wie dem LdN-Podcast.

Das ändert aber nichts daran, dass die Dinge so sind, wie sie sind. Die Freunde der BILD-Zeitung werden leider im Sinne der Berichterstattung mit mehr problematischem Verhalten durchkommen als die ausgemachten Gegner der BILD-Zeitung, oder anders gesagt: Bei einem GRÜNEN Politiker wird die BILD aus jeder kleinen Verfehlung über Wochen einen riesigen Skandal auf der Titelseite machen, bei einem FDP-Politiker gibt’s halt wenn überhaupt mal einen einzelnen Bericht auf Seite 7.

Das Problem ist, dass die Öffentlich-Rechtlichen Medien - und das sind die Einzigen, die eine vergleichbare Reichweite zur BILD-Zeitung haben - zur relativen Neutralität verpflichtet sind. Sie können daher die problematische Berichterstattung der BILD nicht ausgleichen (nach dem Motto: „Die BILD sagt ja schon alles zu Graichen und zum Heizungsgesetz, also lassen wir die Themen links legen und berichten nur über das, was die BILD nicht berichten will“). Der ÖRR muss das aufnehmen, was gesellschaftlich diskutiert wird, und was gesellschaftlich diskutiert wird, wird leider in weiten Teilen von der BILD diktiert.

Das ist ein Missstand - und ein großes Problem in unserer Medienlandschaft, wie der Fall Graichen oder das Heizungsgesetz sehr gut gezeigt haben. Und letztlich der Grund, warum der Fall Graichen so hoch gekocht wurde, während der Fall Mr. Wasserstoff unter’m Radar bleibt. Das, und eben die politische Großwetterlage, die ich oben schilderte (denn wenn der Bundestag den Fall stark diskutieren und erste Politiker einen U-Ausschuss fordern würden, wie bei Graichen, würde selbst die BILD-Zeitung nicht drum herum kommen, darüber prominent zu berichten).

1 „Gefällt mir“

Das hat die ÖR in der Graichen-Affäre aber auch nicht gehindert mit drauf zu hauen. Da lässt man sich dann von der Bild treiben. Hält die die Füsse still, weil es ihnen politisch in den Kram passt, schweigt auch der ÖR.

Natürlich sind die Vorgänge nicht 1:1 vergleichbar. Und auch mir wäre es lieber, wenn das nicht alles skandalisiert sind vernünftig recherchiert und aufgearbeitet wird.

1 „Gefällt mir“

Naja, die CSU macht hier schon Druck [1].

„Unterm Radar“ ist der Fall kaum, sondern inzwischen unter den Top-Schlagzeilen. Es wird halt nur nicht so skandalisiert, wie der Graichen-Fall das stimmt schon. Aber gerade wenn man die Skandalisierung damals verurteilt hat, sollte man doch den etwas abgeklärteren Umgang mit diesem Verdachtsfall gutheißen. Mir scheint eher, dass viele sich wünschten, die Bild-Zeitung würde hier genauso zuschlagen. Wie wärs wenn wir hier genau das tun, was man im Fall Graichen auch hätte tun sollen: das Ergebnis der Ermittlungen abwarten (wobei etwas Druck nie schaden kann - siehe [1]) und sich dann bei Bedarf weiter echauffieren.

[1]

1 „Gefällt mir“

Ist es Zufall oder Absicht, dass du den wichtigsten Unterschied hier nicht mit nennst und stattdessen über eine reine Medienkampagne der Bild argumentierst?

Der Graichen"-Skandal" ging nathlos aus der enormen (und sicher übertriebenen) Unruhe über das Heizungsgesetz hervor, für das Graichen sich verantwortlich zeichnete. Da war die Kacke sozusagen bereits am Dampfen und und plötzlich konnte man dem Schlamassel sogar noch ein Gesicht geben. Natürlich springen da Journalisten (aller überregionaler Medien) gern auf. Dafür braucht es keine BILD.

Vergleichbar wären die beiden Fälle aus meiner Sicht vielleicht wenn „Mister Wasserstoff“ in einer Gesetzesnovelle verstrickt wäre, die ab 2025 den Verkauf aller PKW verbietet, die nicht mindestens 75 % ihres Energiebedarfs aus nicht-fossilen Quellen beziehen. Das wäre dann ein Quasi-Verbrennerverbot. Der gesellschaftliche Unmut wäre vergleichbar mit Tempolimit 80 km/h auf Autobahnen und 20 km/h in Städten (ohne Ausnahmen).

Ich prognostiziere, Wissing würde enorm unter Druck stehen (durch die BILD, aber auch alle anderen überregionalen Medien) und hätte die Wahl, entweder nutzt er „Mister Wasserstoff“ als Blitzableiter, so wie es Habeck bewusst oder unbewusst getan hat, oder er muss seinen Hut nehmen.

Man darf, meiner Meinung nach, die völlig verbockte Novelle des GEG nicht vom Fall Graichen trennen. Es war nicht nur eine unverdiente Medienkampagne der BILD. Herr Graichen und sein Kumpane Habeck haben sinngemäß das Benzin über Graichen ausgegossen und der BILD und allen übrigen Medien das Feuerzeug gegeben.

3 „Gefällt mir“

Ich habe neben der BILD-Kampagne (die es zweifelsohne gab!) auch die Umstände im Bundestag und sogar das Heizungsgesetz benannt, wenn auch nur in einem Nebensatz. Dass man das auch mit Graichen verknüpfen kann leuchtet ein.

So verbockt war das GEG auch wieder nicht, da werden jede Legislaturperiode wesentlich handwerklich und praktisch schlechtere Gesetze rausgehauen. Gerade die Missinformationskampagne zum Heizungsgesetz - ebenfalls von der BILD betrieben - kann man durchaus mit der Cause Graichen verknüpfen, aber auch hier sehe ich das Problem eher bei der BILD als bei den Grünen, Graichen oder dem Heizungsgesetz. Es war schlicht eine politisch-mediale Kampagne mit vereinten Kräften der konservativen Oppositionsparteien und der Springer-Presse.

Durchaus, allerdings muss man auch verstehen, dass man, nur weil man selbst „der Gute“ ist, nicht immer sagen kann: „Och, die andere Seite spielt unfair, aber Hauptsache wir halten uns an alle Regeln“. Demokratie ist immer der Kampf um die Köpfe, und wenn die Springer-Presse hier - siehe die Döpfner-Leaks - mittels ihrer enormen Reichweite eine klare politische Position in die Köpfe der Wähler haut, ist es schwer, dagegen anzukommen.

Insofern gebe ich dir Recht, dass das Problem wesentlich eher die unangemessen übertriebene und teilweise unsachliche Berichterstattung im Fall Graichen/Heizungsgesetz war und weniger die (eigentlich vorbildliche) Berichterstattung im FDP-nahen Fall. Über die unterschiedliche Behandlung beider Angelegenheiten kann man sich aber dennoch in jedem Fall berechtigt aufregen, sie als Problem benennen und auch Konsequenzen fordern.

Ich denke, darauf können wir uns hier alle einigen. Das Problem ist wie die Medien bei Graichen agiert haben, nicht, wie die Medien beim neuen Fall agieren - und eben der massive Unterschied in der Herangehensweise explizit der Springer-Presse.

1 „Gefällt mir“

Jep, das finde ich auch fair, solange wir nicht versuchen die negativen Aspekte des Graichen Falls hier zu reproduzieren.
Was ich z.B. nicht verstehe ist, warum es so wichtig sein soll den vollständigen Klarnamen des potentiell Verantwortlichen zu publizieren?

Solange es nicht um einen Spitzenbeamten oder Politiker geht, der ohnehin zwangsläufig in der Öffentlichkeit steht, finde ich sowas schwierig. Insbesondere wenn es zunächst um einen Verdacht geht. Dieses öffentliche „an den Pranger stellen“ führt vor allem dazu, dass die Betroffenen und ihre Familien mit Beleidigungen - schlimmstenfalls Morddrohungen - zu kämpfen haben, die sich dann relativ unabhängig davon fortsetzen, ob sie im Verfahren formal freigesprochen werden oder nicht. Selbst Graichen, der Öffentlichkeit vielleicht gewohnt ist, dürfte mit dem Rummel um seine Person zu kämpfen gehabt haben.
Wenn der zuständige Abteilungsleiter im Verkehrsministerium einen Fehler gemacht hat, dann muss das Konsequenzen für ihn haben, für die es diesen Pranger aber nicht braucht. Entsprechender Druck auf die Führungsmannschaft inkl. Wissing reicht da vollkommen.

2 „Gefällt mir“

Da wir ja alle wissen, dass dieser unterschiedliche Umgang nicht Folge eines Lernprozesses der Medien ist, sondern dass beim nächsten Mal, wenn die BILD wieder irgendetwas bei einem Grünen findet, der Umgang wieder genau derselbe sein wird, bin ich da anderer Meinung.

Im Gegenteil: Jede Korruption in Reihen der CDU/CSU und FDP gehört jetzt mindestens genauso angeprangert wie der Fall Graichen. Und wenn das dann zur Folge hätte, dass die Titelseiten nur noch voll damit sind, weil Korruption eben bei bestimmten Parteien viel häufiger vorkommt, dann spiegelt das bloß die Realität wieder.

2 „Gefällt mir“

Dann vertreten wir hier grundlegend andere Positionen. Die schmutzige Kampagne auf der einen Seite mit einer schmutzigen Kampagne auf der anderen Seite zu kontern ist eine Strategie, bei der die Gesellschaft nur verlieren kann. Ziel muss es sein, dass der unfaire Umgang im Fall des Wirtschaftsministeriums kritisiert wird - und nicht die ausbleibende Schmutzkampagne der BILD im Fall des Verkehrsministeriums.

1 „Gefällt mir“

Herrn Graichen kannte vorher auch niemand in der Öffentlichkeit.

2 „Gefällt mir“

Graichen war erstens durch seine Spitzenposition bei Agora deutlich bekannter und zweitens war er Staatssekretär und kein Abteilungsleiter - da muss man schon eher mit Öffentlichkeit klar kommen. Davon unabhängig finde ich dieses Personen-fixierte an den Pranger stellen aus genannten Gründen allgemein problematisch, sofern es nicht um absolute Spitzenpositionen geht.

2 „Gefällt mir“