Verschärfung § 42 a WaffG nach Solingen Anschlag

Ja, REALE Ängste, die ja auch irgendwo herkommen… das so abzutun ist bereits „canceln“!

Nö, ganz sicher nicht.
Natürlich entstehen Ängste, wenn Terroranschläge geschehen. Aber sind sie wirklich rational? Ist es wirklich angemessen, mit Diskussionen über „härtere Migrationspolitik“ zu reagieren, statt mit besserer Prävention etc. …
Auf jeden Fall kommt der Vorwurf, dass es ein „Canceln“ gäbe, immer genau von den Leuten, die ihre Meinung lautstark verbreiten. Es stimmt einfach nicht, dass sie gecancelt wird. Ganz im Gegenteil.
Ich habe sowieso davon gesprochen, dass man Ängste verstärkt, wenn man das Thema so derart reißerisch behandelt. Verstärken bedeutet doch, dass es sie natürlich gibt. Niemand „tut sie ab“.

ich weiß nicht, was dieses REAL bedeuten soll. Angst ist ein Gefühl. Das ist immer Real oder nie, je nach Definition. Die Frage ist doch ob das mit der Angst verknüpfte Sicherheitsrisiko real ist. Und das lässt sich zB einfach als Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Tragweite berechnen.
Wenn nun die Angst bei annähernd gleichem REALEN Risiko durch politische Agitation und mediale Empörungsindustrie verstärkt wird, steigt der Abstand zwischen Gefühl und Realität.
Auf derartige Sachverhalte hinzuweisen ist ein Gebot der Vernunft.
Was das mit Canceln (also dem Boykott von Urhebern aufgrund deren unakzeptablen Verhalten) zu tun haben soll, erschließt sich mir noch weniger.

Was wäre diese Prävention bei radikalen IS-Soldaten denn deiner Meinung nach ? Bessere Integration durch bspw Bildungsangebote oder eine Erleichterung am Arbeitsmarkt? :smiley: Oder aber vielleicht nicht doch gar nicht erst rein lassen?

Das wäre genau der Anspruch an Politik und nachgeordnete Instititutionen, sich mit diesen Fragestellungen zu beschäftigen. Was bringt Leute dazu sich Terroristen zuzuwenden und wie können wir dies an der Ursache abstellen?
Wenn man die IS-Soldaten erkennen könnte, wäre ich sogar dafür sie nicht nur an der Grenze abzuweisen sondern vor Gericht zu bringen. Leider können wir aber nur alle anderen ein- oder aussperren während ISIS&Co dann halt andere andere Personen rekrutieren oder andere Wege finden.

Ich fürchte, einfache Lösungen gibt es da nicht. Aber auch Migrationsstopp oder so ähnliche rechtswidrige Vorschläge sind keine Lösung. Klingt so einfach, ist es aber nicht.

  • Mein Lösungsansatz wäre zunächst mal immer, sich besser um Menschen zu kümmern, ihnen Perspektiven zu geben. Das gilt für jegliche Prävention bzgl. Extremismus, egal ob rechtsextrem oder islamistisch o.a.
  • Die Orte, wo sich Menschen radikalisieren, besser im Auge behalten und möglichst regulieren: Z.B. Tiktok
  • Durchaus mehr freundliche Polizeipräsenz, aber ohne übertriebene Überwachung. Die Gradwanderung ist schwierig. Wir wollen ja auch keinen Überwachungsstaat.
  • Konsequente, möglichst zügige Bestrafung, auch bei Rechtsextremismus. Ich bin nämlich relativ sicher, auch nach Blick in die Zahlen (ich glaube, im Parallelthread), dass die Gefahr durch rechtsextremistische Gewalttaten noch größer ist.

Ich habe keine perfekte Lösung. Das ist auch nicht mein Job. Ich weiß nur, dass das Schließen von Grenzen und die Nicht-Aufnahme von Flüchtlingen in Not auf jeden Fall keine Lösung sind.

Und: Generalverdacht ist immer schlecht.

Mein „weiter“ ist so zu verstehen, dass es die dritte Waffenverschärfung dieser Legislaturperiode und nach der Beschränkung auf 12 cm jetzt die Schraube „weiter“ auf 6cm gedreht werden soll. Das war jetzt kein Rundumschlag gegen jegliche Gesetzgebung oder ein Zweifeln daran, dass es generell sinnvolle Regeln für das Zusammenleben geben muss. Aber die jetztigen Verschärfungen knüpfen (in politischen Zeitdimensionen gesehen) relativ direkt an die letzten an, also darf man durchaus sagen, dass bis dato bestehende Rechte der Bürger jetzt „weiter“ eingeschränkt werden.
Das kann man begrüßen oder eben nicht, aber dass der Staat hier pesönliche Freiheit durch Verbote erneut begrenzt ist ja nunmal so. Bitte nicht suggerieren, dass ich hier was suggerieren würde :slight_smile:

Versteh ich um ehrlich zu sein nicht. Von einer „Freiheit von Regeln“ habe ich nie gesprochen, die gibt es ja auch im Bezug auf Messer auch gar nicht. Es gibt ja schon Gesetze welche den Umgang mit Messern regeln. Diese werden im Übrigen von fast allen Bürger zu fast jedem Zeitpunkt eingehalten (denn gemessen an der Messernutzung und - verbreitung sind die Vorfälle im öffentlichen Raum zwar tragisch, aber eben immernoch gering)… Die Bürger gehen also insgesamt mit ihrer Freiheit verantwortungsvoll um, verhalten sich also mündig.

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Ah, ok. Sorry.
Eine weitere Verschärfung des Waffenrechts ist bestimmt nicht zielführend.

Ich fürchte, die Wahrheit, die niemand ausspricht, ist, dass man solche ziellosen Einzeltaten tatsächlich nicht verhindern kann. Und ehrlich gesagt sind solche Einzelfälle bei allem individuellen Leid, das sie verursachen, in Relation zur Gesamtbevölkerung etc. eben das: Einzelfälle.

Kann man sich nicht auch die Frage stellen, ob mit mehr Kapazitäten bei der Polizei eine Abschiebung, die ja vorgesehen war bei dem mutmaßlichen Täter, eher hätte stattfinden können?

Also wenn es jetzt irgendein Flüchtling gewesen wäre, der bisher unauffällig war und dann auf einmal Menschen ersticht, finde ich es angemessen zu sagen, sowas ist einfach unendlich schwierig zu verhindern.

Aber hier ging es ja offenbar auch um „Behördenversagen“, oder?

Wie gesagt, dafür braucht man keine Messer mit arretierbarer Klinge. Das ist doch genau der Punkt: Niemand will den Menschen ein Werkzeug-Messer für den Alltag wegnehmen. Es sollte lediglich klar sein, dass derartige Werkzeugmesser nicht als tödliche Waffe gebraucht werden können. Für wie viele handwerkliche Verwendungen braucht man wirklich eine arretierbare Klinge? Klar, die gibt es, aber es hat einen Grund, warum die meisten Taschenmesser schon heute keine solche haben…

Sorry, aber diese Argumentation könnte 1:1 von Schusswaffen-Befürwortern oder gar der NRA in den USA stammen. Es ist das typische: „Aber der durchschnittliche Sportschütze nutzt sein halbautomatisches Sturmgewehr nur auf der Schießbahn, völlig regelkonform. Warum sollte man das wegen ein paar Spinnern verbieten?“

Das Argument ist bei griffbereiten, kampftauglichen Messern im öffentlichen Raum, dass ein Verbot solcher - ebenso wie das Verbot, Schusswaffen öffentlich zu führen - ein sehr, sehr geringschwelliger Eingriff in die Freiheiten ist, der dazu dient, einen gesellschaftlichen Konsens in der Form herzustellen, dass griffbereite, kampftaugliche Messer in der Öffentlichkeit keinen Platz haben. Das Argument damit, dass das eine unverhältnismäßige „Gängelung“ oder „Bevormundung“ der Bürger wäre zieht hier genau so wenig wie bei der Debatte über ein Tempolimit auf der Autobahn oder eben bei Schusswaffen oder Sprengstoff (z.B. die Böller-Diskussion: „Warum dürfen wir in Deutschland keine Polenböller nutzen… mimimi…“).

Du kannst natürlich die Meinung vertreten, dass in diesen Fällen das Freiheitsrecht überwiegen würde, aber da werden wir definitiv zu keiner Einigung kommen, weil ich das definitiv anders sehe. Wie gesagt, ich will niemanden grundsätzlich das „Werkzeugmesser“ wegnehmen, aber „Werkzeugmesser“ müssen dann eben so gestaltet werden, dass sie kein „Dual Use“ zum Kampfmesser haben. Ist diese Vorgabe wirklich eine „Bevormundung“ des Bürgers?!? Das kann ich nicht nachvollziehen, beim besten Willen nicht.

Nebenbei, weil hier auch wieder die Migrationsdebatte reinspielt, ein paar Schlagzeilen nur von Heute:

Der Täter war Deutscher.

Der Täter war Deutscher (eine Zeitung erwähnte sogar explizit: ohne Migrationshintergrund.)

Es drängt sich mir der Eindruck auf, dass diese ganze Berichterstattung über Solingen zu Nachahmungstätern führt. Da dieses Phänomen beim klassischen Suizid durchaus bekannt ist (weshalb über Bahn-Suizide z.B. nicht berichtet wird) ist es wohl nicht weit hergeholt, dass dieses Phänomen auch beim „erweiterten Suizid“ besteht. Also das ausgerechnet heute mehrere Taten passieren, bei denen gezielt Passanten und Polizisten mit Messern angegriffen werden, ist wohl kein Zufall.

Wie gesagt, gegen diese geplanten Taten helfen Messerverbote nicht, das behauptet auch niemand. Man muss aber vielleicht wirklich mal diskutieren, ob unsere Medienberichterstattung hier als Trigger fungiert und ob es vielleicht besser wäre, weniger aufgeregt auf solche Taten wie die von Solingen zu berichten. Vor allem zeigen die beiden Fälle von Heute aber auch, dass Messer-Amokläufe kein Problem sind, das explizit mit Migration zu tun hat, sodass die ganze Migrationsdebatte vorgeschützt wirkt.

Wenn es aber doch um „griffbereite Messer“ geht, dann wäre es doch Zielführender davon zu sprechen den Transport von Messern zu Reglementieren als von „Messerverboten“ zu sprechen.

Denn für mich ist eine Reglementierung des Transportes eben kein Verbot.

Und auch wenn es aktuell nur darum geht §42a so anzupassen, dass aus 12 nun 6 cm werden, der Transport jeglicher Messer in geschlossenen Transportvorrichtungen aber weiter legal ist, dann liegt aktuell ja nahe, dass die nächste medienwirksame Messerattacke auch die nächste Verschärfung des Gesetzes mit sich bringt.

Wie soll denn ein Kochmesser so gestaltet werden, dass es nicht als Waffe verwendet werden darf? Dieses fällt ja dank der festen Klinge ebenso unter den Paragrafen.

Wie gesagt, wenn es dir ausschließlich um das Thema Griffbereitschaft geht, dann vermeide doch Aussagen wie:

Es ist doch völlig klar, dass jedes Messer wie es in der Küche verwendet wird als Waffe verwendet werden kann. Das zeigen auch die immer wieder auftretenden Angriffe mit Messern in Beziehungen.

Der Unterschied ist, dass diese Schusswaffen ihren Hauptzweck im Töten oder Verletzen haben, während die Messer, von rein für den Kampf konzipierten Messern abgesehen, ihren Hauptzweck in etwas anderem haben.

Nach deiner Logik, dass alles was man im Affekt als Waffe missbrauchen könnte verboten werden sollte müsste man auch jegliche motorisierte Fahrzeuge verbieten ebenso wie Glasflaschen. Die Liste ließe sich wohl mit Alltagsgegenständen ziemlich lang fortführen.

Ich würde fast so weit gehen zu sagen das muss man nicht diskutieren sondern man kann es als Fakt annehmen, dass eine sehr ausgeprägte Berichterstattung das Problem vergrößert, weil es zur Nachahmung einlädt.

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Der Sportschütze würde sagen:
Nein, der Hauptzweck dieser Schusswaffen ist die Ausübung des Schießsports. Das Argument kann man auch kaum widerlegen. Also man kann eine handwerkliche/Hobbynutzung eines Werkzeugmessers natürlich als „irgendwie hochwertiger“ erachten, als eine Hobbynutzung eines Gewehrs, aber das ist eben völlig willkürlich. Das ist letztlich die gleiche Problematik, wie zu sagen, dass Bach hochwertiger sei als Helene Fischer… Wer hat das Recht, einem Hobby oder einem Geschmack einen Wert zuzuordnen?

Spontane Tötungsdelikte durch KFZ passieren tatsächlich, sind aber eher die Ausnahme. Es geht hier - wie übrigens IMMER in solchen Sachen - um eine Abwägung zwischen gesellschaftlichen Kosten und Nutzen. Man kann nicht bestreiten, dass der Nutzen bei KFZ so groß ist, dass selbst der gelegentliche Missbrauch als Tötungswerkzeug dagegen kaum eine Rolle spielt. Beim Nutzen des vollautomatischen Gewehrs für den Sportschützen oder des kampffähigen Messern beim Werkzeugmesser kann man hingegen argumentieren, dass es Alternativen gibt, die den Nutzen nur geringfügig einschränken, aber dafür deutlich geringere Kosten produzieren.

Und was Glasflaschen angeht: Exakt deshalb sind Glasflaschen bei vielen Stadtfesten und sämtlichen Konzerten / Festivals verboten… das reicht in der Regel, weil Tötungsdelikte mit Glasflaschen in der Realität nicht oft vorkommen, auch, weil eine abgebrochene Glasflasche denkbar unzuverlässig ist und ein großes Verletzungsrisiko des Angreifers bedeutet (ähnlich wie ein Angriff mit einem Messer mit nicht-feststellbarer Klinge)

Also nein, diese Logik ist nicht so leicht, wie du es darstellst.

Das liegt nicht mehr in der Macht der Medien. Bei solchen Themen übernehmen die sozialen Netzwerke.
Ansonsten gab es letztes Jahr im Schnitt täglich 24,5 gefährliche und schwere Körperverletzungen durch Messer im letzten Jahr.

Messerangriffe Deutschland 2023 | Statista

Hm na das kann man nur, wenn man die Sachen so vereinfacht, wie du es hier gerade tust, um mir Aussagen zu unterstellen und mich mit Spinnern in einen Topf zu werfen. Ich zweifle weder am Sinn des Schusswaffenverbots in Deutschland, noch in den USA. Zumal es da ganz klare Datensätze gibt, dass der einfache käufliche Zugang zu Waffen in USA eines der größten Probleme ist, etwas was wir bei Messern eben nicht gleichwertig herstellen können. Und - wie schon mehrfach wiederholt - hinkt dein Vergleich auch deshalb weil ALLE Messer außerhalb der eigenen Wohung / Schießstand immer einen Dual Use case haben und Schusswaffen eben nicht. Deshalb gibt es anders als beim Messer keinerlei sinnvollen use case für Schusswaffen in der Öffentlichkeit und deshalb lässt sich das Argument eben nicht einfach übertragen. (Drum argumentiert die NRA und Co ja auch oft mit dem Selbstschutzargument, was ich - wie vorhin herausgestellt - für Messer überhaupt nicht tue). Also diesen Vergleich finde ich nicht überzeugend und weise die insinuierte nähe zur NRA weit von mir.

Wenn dir persönlich das Argument, dass die fast alle Bürger zu jeder Zeit die ihnen gegebene Freiheit verantwortungsvoll nutzen nicht ausreicht, dann- so whataboutism ich jetzt mal als Erwiderung - kannst du Alkohol, Drogen und im Grunde jegliche Freiheit abschaffen. Aber das meinst du halt ebensowenig, wie ich behaupte, dass man einfach alles erlauben soll. Es geht hier ja nicht um Extreme, sondern darum ein sinnvolles Verhältnis von bürgerlichen Freiheiten mit dem Bedürfnis nach Sicherheit zu schaffen und - wie ebenfalls bereits etabliert - haben wir da einfach verschiendenartige Vorstellungen / Bedürfnisse und das ist okay.

Der von dir in die Debatte eingeführte Begriff der Bevormundung bezeichnet „freie Entscheidungen ausschließendes oder hemmendes Einwirken auf Personen.“ Demnach ist Einschränkung jedes vorhandenen Rechts durch den Staat tatsächlich ein Bevormundung. Dass es dir schwer fällt, dies nachzuvollziehen, könnte daran liegen, dass du das Messer nicht als vielfältiges Kulturgut begreifst und alles was nicht ein „Werkzeugmesser“ ist direkt als „Kampfmesser“ bezeichnest und damit ein framing aufbaust, was es dir gar nicht mehr erlaubt, andere Standpunkte nachzuvollziehen. Weil ja Menschen die sich ein Opinel gekauft haben und von sich behaupten würden sie hätten jetzt ein Taschenmesser in deinen Augen ein Kampfmesser führen (und damit der primary use case direkt geframt wird).Das zieht einfach hohe und absolute Mauer in die Diskussion und dann kann man die Position des gegenübers gar nicht mehr nachvollziehen (denn btw: für „Kampfmesser in der Öffentlichkeit“ bin ich auch nie gewesen :slight_smile:)

Von daher bleib ich mal dabei: Ich habe gar nicht das Gefühl, dass wir allzu weit auseinander liegen, weil keiner von uns irgendwelche Extreme fordert. Wir liegen halt nur auf leicht unterschiedlichen Seiten des Sicherheit-Freiheitsäquators

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Aber wofür bist du nun?

Die Messer zu verbieten oder das Tragen zu reglementieren?

Ich gehe mal davon aus, dass du nicht fordern würdest jegliche Küchenmesser komplett zu verbieten. Damit ist dann aber schon mal klar, dass immer Messer die sich für Tötungsdelikte eignen im Umlauf sind. Es muss also nur sichergestellt werden, dass diese eben nicht in einem Kontext griffbereit sind in dem sie nicht für ihren eigentlichen Zweck benötigt werden.

Und für mich ist diese Differenzierung in der Diskussion essentiell. Denn für eine Reglementierung des Transportes von Messern, sodass z.B. eben das Messer des Handwerkers nur in einem Kontext griffbereit sein darf in dem es auch für seine eigentliche Funktion benötigt wird und ansonsten sicher verwahrt werden muss, mit dem Ziel der Polizei bei Kontrollen eine Handhabe zu geben Leute mit griffbereiten Messern zu sanktionieren dürfte sich ziemlich leicht eine Zustimmung in weiten Teilen der Gesellschaft finden lassen. Denn das schränkt niemanden ein. Der Wanderer kann weiter seinen Speck schneiden, der Koch sein Kochmesser zum Kochen transportieren, der Handwerker sein Handwerksmesser nutzen, etc.

Für die Forderung eines Verbots von Messern die als Waffe genutzt werden können wird sich in diesem Wortlaut aber nicht nur keine Mehrheit finden lassen, da das ja ein Verbot jeglicher Küchenmesser impliziert, sondern es wird sogar die Leute ziemlich klar gegen diese Forderung aufbringen.

Wollen wir also wirklich erreichen, dass a) Messer nicht kampfbereit geführt werden können und b) die Polizei eine Handhabe dagegen hat wenn das doch geschieht, dann wäre es zielführender eben genau die Form des Transports zu reglementieren statt von einem „Verbot“ von Messern zu sprechen.

Wie gesagt, ich verstehe schlicht nicht, warum eine feststellbare Klinge dir so wichtig ist. Denn wir sind uns ja einig, dass Werkzeugmesser, die keine feststellbare Klinge haben, jedenfalls unproblematisch sind. Ich kann nicht verstehen, warum der absolut geringfügige Mehrnutzen eines Messers mit feststehender Klinge als so wichtig gesehen werden kann, dafür Messer in der Öffentlichkeit zuzulassen, die täglich als Waffe genutzt werden, um Menschen damit zu töten. Das ist einfach ein grobes Missverhältnis aus meiner Sicht.

Wenn du dann mit bestimmten Modellen wie dem Opinel argumentierst, macht das auf mich den Eindruck, dass dein Argument vor allem auf „Tradition“ oder ähnlichem beruht („Ich will genau dieses Messer nutzen können, weil ich das auch vorher schon benutzt habe“). Und das kann ich in der Abwägung einfach nicht allzu hoch bewerten - wie gesagt, im Zweifel wird Opinel eine Serie mit nicht-feststellbarer Klinge herausbringen, wenn es dafür nach einem Messer-greifbar-führ-verbot eine entsprechende Nachfrage gibt. Ich sehe einfach nicht, wie man bei dieser Abwägung einer wirklich minimal großen Freiheit (wegen der verbleibenden, nahezu gleichwertigen Alternativen) gegen die öffentliche Gefahr der Eskalation durch das Messerführen zu diesem Ergebnis kommen kann.

Also ja, wir liegen da bei diesem Sicherheit-Freiheitsäquator deutlich auseinander, aber mir fällt es eben schwer, nachzuvollziehen, wie dieser Freiheitsaspekt jemals den Sicherheitsaspekt (selbst wenn er nur winzig klein wäre!) überwiegen könnte…

Für mich gibt es da keine Differenzierung, weil ein generelles Verbot, inklusive Transportverbot, von Küchenmessern offensichtlich nicht funktioniert und nicht funktionieren kann. Es ist daher völlig offensichtlich, dass es für den Transport von Messern vorschriften geben muss und dass deshalb, wenn von Messerverbot geredet wird, immer nur das Verbot des griffbereiten Führens gemeint werden kann, weil alle alternativen Deutungen wie gesagt weit, weit jenseits der Realitäten liegen.

Wie gesagt, da volle Zustimmung: Die Tat von Solingen allein führt weder zwingend zur Messerdebatte, noch zu Migrationsdebatte, noch zur Debatte über IP Adressdatenspreicherung, etc. Das sind immer alles Überlegungen die (teils schon Jahrzehnte #Vorratsdatenspeicherung) und der Schublade liegen und einfach immer wieder hochgeholt werden, sobald einmal ein bisschen Empörung da ist. Wie gesagt, damit tut sich die Politik in meinen Augen immer keinen Gefallen, diese Themen nach jeder Tragödie in Stellung zu bringen. (Ich weiß, der Handlungsdruck ist da, aber das sollte kein Freifahrtsschein für Konservervative sein lange gewünschte Verschärfungen in allen Bereichen der Sicherheit herbeizuführen).

Da sind wir uns weitestgehend einig, auch wenn ich wie gesagt anerkenne, dass Dinge wie das Overton-Fenster existieren. Hätte Merkel damals nicht die Katastrophe von Fukushima instrumentalisiert, um zu diesem Zeitpunkt den Atomausstieg durchzusetzen, weil zu diesem Zeitpunkt durch das Unglück die gesellschaftliche Stimmung dies zuließ, hätten wir heute noch keinen Atomausstieg.

Leider ist es im Rahmen der Politik normal, dass man umstrittene Anliegen nur ohne großen Verlust politischen Kapitals durchsetzen kann, wenn es gerade eine temporäre Mehrheit dafür gibt. Dass das dann auch zu sehr problematischen Gesetzen führt (z.B. der „Patriot Act“ im Nachgang zu 9/11) ist natürlich ein anderes Problem. Deshalb muss man die politischen Anliegen, die verfolgt werden, argumentativ auch unabhängig von solchen Taten rechtfertigen können. Deswegen rechtfertige Ich hier ja z.B. ein Messerverbot gezielt unabhängig von den Anschlägen in Solingen, sage sogar deutlich, dass ein Messerverbot den Anschlag nicht hätte verhindern können. Aber wenn ein solcher Anschlag die gesellschaftliche Stimmung schafft, ein „sinnvolles“ Verbot durchsetzen zu können, bin ich eben nicht dagegen, das zu nutzen. Wie gesagt, so funktioniert Politik leider - kann man doof finden, aber man muss die Realitäten anerkennen.