Verfassungsklage gg Ausgangssperre? Really?

Das würde mich ehrlicherweise auch sehr interessieren (insb., ob die Diskussionen, die wir hier in D. führen, woanders genauso aussehen), wobei ich meine, auch in den Niederlanden von anderslautenden Entscheidungen gelesen zu haben. Die vier Monate gab es die AB jedenfalls nicht durchgehend. Da die Rechtslage und das gesamte politische System, mit allen Aspekten, die dazugehören, ein anderes ist, führen solche pauschalen Vergleiche zu nichts.

Ich zweifle sicherlich keine Studien an – vor allem nicht die, die ich nicht kenne oder gar nicht erst gelesen habe – da würde ich mich selbst und meine Arbeit lächerlich machen. Ich wiederhole mich aber gern: Mein Punkt ist die monokausale Argumentation, die hier so oft vorgebracht wird („Wenn AB, dann gehen die Fallzahlen [automatisch] nach unten!“). Diese stört mich und ist alles andere als wissenschaftlich, wenn man die Wissenschaftlichkeit schon hochhält.

Na ja, die Kontaktbeschränkung gibt es ja bereits, siehe § 28b Abs. 1 Nr. 1 IfSG. Daher erscheint mir eher die Frage, ob und wie genau kontrolliert wird (s. auch meinen anderen Post). Welchen Sinn haben Regelungen, die von staatlicher Seite nicht kontrolliert werden können bzw. wollen? Bereits seit Anfang Dezember letzten Jahres gab es die AB in Sachsen. Der Landespolizeipräsident hat dann aber sinngemäß gemeint: Wir haben weder das Personal noch die Zeit, diese Maßnahme zu kontrollieren, haben auch noch anderes zu tun. Wenn das dann schon so medienwirksam verkündet wird, braucht man sich nicht weiter zu wundern, wenn sich niemand daran hält.

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[Vergleich mit Frankreich]

Was sagt dir, dass es in Deutschland anders laufen würde als in Frankreich? Der Mensch wird immer kreativ darin sein, solche Regelungen zu umgehen. In Frankreich musste man diesen Schein sogar haben, wenn man tagsüber nach draussen ging!

Rein basierend auf der Datenlage kann man auch anders herum argumentieren und behaupten, dass die Ausgangsbeschränkungen in Frankreich dazu geführt haben, dass sich die Leute viel mehr in Innenräumen getroffen haben und daher die Inzidenzen dort noch höher sind als in Deutschland, also dass sie einen gegenteiligen Effekt gehabt haben.

Wenn du nicht eine spezifische Massnahme isoliert einführst und dann einen signifikanten Abfall der Zahlen 1-2 Wochen später in der Statistik hast, wirst du kaum den Nachweis führen können, was jetzt genützt hat und was nicht. In einigen Ländern wurden auch die Maskenpflichten aufgehoben, und es hat zu keiner Veränderung geführt. Ich bin jetzt gespannt, wie sich die Öffnungen in der Schweiz auf die Zahlen auswirken werden - das sehen wir ab nächster Woche.

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Also für mich steht fest, dass wenn die AB richtigerweise kassiert wird hat Angela Merkel nahezu alles verbockt was sie in der Krise angefasst hat:

  1. Impfstoffbeschaffung weggeben und an die Wand gefahren
  2. nicht für ausreichend Tests gesorgt
  3. keine Verantwortung übernommen aber mit dem Finger auf die Länder zeigen
  4. nach Wochen eine lächerliche Bundesnotbremse zurecht gebastelt die vor Lobbyeinfluss trieft

Ich kann gar nicht sagen wie froh ich bin wenn sie weg ist und hoffentlich die ganze schwarze Truppe in der Opposition.

Ich denke, der größte Konsens über Merkels größten Fehler, den es gibt: Ernennung von Spahn und Scheuer hehe.

Findest du? Ich fand die Aussage, dass es stattdessen in Betrieben eine echte Testpflicht geben muss, sehr deutlich. Da es in Schulen bereits eine Testpflicht gibt, würde das dazu führen, dass fast die gesamte Bevölkerung entweder weitgehend immun (geimpfte Renter:innen) oder zweimal die Woche getestet wird (Schüler:innen und Arbeitnehmer:innen).
Ein anderer Punkt: Wenn ich nach meiner Quarantäne nächste Woche wieder arbeiten gehe, wird niemand eine Maske tragen müssen (auch keine OP-Maske, die bei leichter Arbeit bis 3 Stunden ohne Pause getragen werden kann), obwohl ich in einem geschlossenen Raum mit 5 Personen arbeite - weil wir genug Platz haben, um Abstand zu halten. Auch das sollte dringend geändert werden.

+++ SURPRISE +++ Wissenschaftliche Ergebnisse sind nicht 1:1 übertragbar +++ SURPRISE +++

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Also ich bin ein recht klarer Befürworter der Klagen gegen die Ausgangssperre in ihrer aktuellen Form.

Das heißt nicht, dass ich generell gegen eine Ausgangssperre bin. Aber eine Ausgangssperre ist eben ein so schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte der Bevölkerung, dass diese voraussetzt, dass alles zumutbare unternommen wird, die Schäden so klein wie möglich zu halten.

Eine Ausgangssperre wie vor der Bundesnotbremse in Hamburg ist für mich in Ordnung: Denn hier hat man explizit versucht, die Kollateralschäden so gering wie möglich zu halten, indem man z.B. die Ausübung von Sport auch in der Nacht noch erlaubt hat. Das war auch ein zentraler Grund, warum das Verwaltungsgericht in Hamburg diese Ausgangssperre nicht gekippt hat.

Jetzt kommt natürlich wieder das Argument, dass dann ja jeder einfach „Im Jogginganzug zur Party laufen würde“, aber das halte ich für ein Scheinargument. Auch die bestehenden Regelungen (z.B. „Versorgung von Tieren“) kann missbraucht werden - führt man halt den Hund zur Party gassi. Aber das passiert tatsächlich eher nicht. Warum ist auch klar: In den Großstädten sind abendliche Treffen nahezu unvorstellbar ohne Mobilität in Form von Kraftfahrzeugen oder ÖPNV. Klar, zwei Freunde mögen noch im gleichen Stadtteil wohnen und könnten sich auch weiterhin nachts treffen - aber zwei Freunde können sich auch jederzeit tagsüber treffen, daher liegt hier keine größere Gefahr vor. Die typischen Treffs, die man verhindern will, sind halt gerade deshalb gefährlich, weil sie aus mehreren Personen bestehen, die in aller Regel aus mehreren verschiedenen Stadtteilen oder gar Städten anreisen. Selbst wenn die Beteiligten bereit wären, „zur Party zu joggen“, würde das in 95% aller Parties nicht funktionieren. Abgesehen davon, dass ein Großteil der Partygäste auch nicht bereit wäre, im Joggingsanzug zur Party zu gehen :wink:

Die Frage muss daher sein: Mit welcher objektiven Berechtigung will man Sport in der Nacht verbieten?

Und da hört man immer wieder so einen Unsinn wie: „Nachts macht doch eh niemand Sport!“.

Falsch. Ich bin seit Jahren Nachtsportler - ich gehe jede Nacht zwischen 0 und 2 Uhr meine 5 bis 12 km um den örtlichen See joggen. Und hier kommt der nächste Punkt:

Der See, um den ich jogge, ist tagsüber extrem beliebt bei Spaziergängern, Hundehaltern und Freizeitsportlern. Zwischen 12 und 18 Uhr besteht daher dort Maskenpflicht. Jetzt kommt der Staat daher und sagt mir: „Hey, du darfst dort von 18 bis 20 Uhr ohne Maske joggen - du musst zwar Slalom laufen, weil dir pro Kilometer etwa 30-50 Leute entgehen kommen, aber hey, du darfst es!“. Ich hingegen sage: „Aber ich will Nachts laufen, wenn dort absolut kein Mensch ist!“ und der Staat sagt mir: „Nope, aus Seuchenschutzgründen darfst du zwar Menschen-Slalom-laufen, aber nicht nachts alleine am See.“.

Und das soll ich nachvollziehen können?!? Ein eigentlich im Hinblick auf den Seuchenschutz positives Verhalten (daher: die möglichst große Verteilung aller Freizeitsportler, um größere Menschenmengen zu verhindern) wird verboten, während ein gefährliches Verhalten (Rudellaufen mit allen anderen Freizeitsportlern, die um 18 Uhr wegen des Wegfalls der Maskenpflicht zum See eilen) erlaubt wird?!?

Das Absurde ist weiterhin, dass jeder Autofahrer, der nach Mitternacht von der Polizei kontrolliert wird, sich herausreden kann - denn die Polizei kann gar nicht kontrollieren, ob die Leute tatsächlich auf dem Weg zur Arbeit sind (es gibt ja schließlich keine verpflichtenden „Passierscheine“ vom Arbeitgeber mehr wie im ersten Lockdown) oder einen pflegebedürftigen Angehörigen aufsuchen. Um das zu kontrollieren fehlt der Polizei schlicht das Personal. Als Nachtsportler hingegen hat man keine Chance, sich irgendwie herauszureden, obwohl das Verhalten objektiv eben tatsächlich nicht das ist, was man eigentlich unterbinden will. Selbst wenn völlig klar ist, dass die aufgegriffene Person Sport macht (z.B. in völlig durchschwitzten Klamotten um den See läuft), liegt zwangsläufig eine Ordnungswidrigkeit vor und man kann nur hoffen, dass der kontrollierende Polizeibeamte vernünftig ist und die Tatsache, dass hier das Opportunitätsprinzip gilt, zum Anlass nimmt, keine Ordnungswidrigkeitenanzeige aufzunehmen.

Diese Situation ist einfach völlig daneben.

Ich sage daher ganz klar:
Eine Ausgangssperre ist juristisch durchaus vertretbar, aber nur, wenn sie zumindest den Versuch unternimmt, Kollateralschäden zu verhindern. Und das bedeutet, Nachtsport muss erlaubt sein, der Nachtsportler muss zumindest die Möglichkeit haben, glaubhaft zu machen, dass von ihm keine corona-bedingte Gefahr ausgeht. Ein pauschales unter-strafe-stellen eines ganz klar nicht-gefährdenden Verhaltens ohne die Möglichkeit, den Beweis zu erbringen oder zumindest glaubhaft zu machen, dass man kein gefährdendes Verhalten an den Tag legt, ist für mich ein absolutes No-Go.

Ich kann damit leben, als Nachtsportler unter Generalverdacht zu stehen - aber ich kann nicht akzeptieren, dass man mir keinerlei Möglichkeit gibt, diesen Generalverdacht zu widerlegen. Ich zeichne eh alle Strecken, die ich laufe, per GPS auf - jeder Polizist, der mich kontrolliert, könnte sofort sehen: „Okay, der ist gerade 3 Runden um den See gejoggt - der macht das jede Nacht! Also kein Problem!“

Und natürlich werden nun wieder Leute kommen und sagen: „Lauf halt tagsüber!“, aber das ist keine Diskussion, auf die ich mich überhaupt einlassen möchte. Ich laufe, wenn ich motiviert dazu bin - und ein Motivationsfaktor für mich ist die Ruhe und Einsamkeit in der Nacht. Und ich muss mich wirklich nicht dafür rechtfertigen, warum ich ein von der Mehrheit abweichendes Verhalten an den Tag lege - denn das ist mein gutes Recht…

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Liebe Leute,

vorne weg erst mal, möchte ich sagen, dass auch ich ziemlich verdutzt war als Ulf dieses Statement so locker selbstsicher hervorgebracht hat. Beim Hören der Lage ist mir jedoch klar geworden, dass es hier doch viel weniger um eine Einschränkung der Maßnahmen und eine Sabotage der Corona-Bekämpfung geht, als viel mehr darum die Regierung dazu zu zwingen endlich effektive Maßnahmen an den richtigen Stellen anzuwenden.
Dem Kabinett sollte endlich klar werden, dass eine effektive Pandemiebekämpfung nur mit einer Einbindung der Wirtschaft funktioniert und nicht allein auf den normalen Bürger abgewälzt werden kann.

LG
Bengt

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Hatte Ulf aber in der Lage auch erklärt, dass die zeitliche Dauer ebenfalls eine Rolle spielt und somit eine zwei wöchige Betriebsschließung als geringerer Eingriff im Vergleich zu einer monatelangen Ausgangsbeschränkung zu bewerten ist.

Aus jedem Leid lernt man schon irgendwas. Ich finde die Ausgangssperre auch sehr bedrückend, weil ich Nachts nicht mehr Spazieren gehen kann. Aber wenn es eben so ist, dann kann man die Situation vielleicht mit Neugier betrachten und gucken was man daraus als eine menschliche Erfahrung gewinnen kann.

Es ist kein richtiges Vergleich aber vielleicht bekommt man dadurch eine leise Ahnung davon, wie es ist, inhaftiert zu sein und man kann mehr Mitgefühl für Menschen entwickeln die Jahrelang eingesperrt leben müssen.

( Ich denke, wenn man nicht auf die schiefe Bahn geraten ist, an erster Stelle ist es deswegen, weil man viel Glück im Leben gehabt hat. Z. B wenn man mindestens einen Menschen gehabt hat der an einen geglaubt hat, oder die Möglichkeit gehabt hat in die Schule zu gehen usw… )
Wenn ich ein Buch an allen Menschen in der Welt schenken dürfte, das wäre " Just Mercy. A Story of Justice and Redemption" von Bryan Stevenson.

Ich habe die Geschichte von Ian Manuel in dem Buch gelesen und habe ihn seitdem nie vergessen. Er wurde mit 14 zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Er hat 18 ( Achtzehn!! ) Jahre in solitary confinement verbracht!! Das muss man sich mal vorstellen!

In dem Interview mit Trevor Noah, den ich verlinkt habe sagt er:

„What saved my life is poetry“.

Ich glaube überhaupt nicht , daß es übertrieben ist. In dem Video sagt er auch ein eigenes Gedicht auf , das mich zutiefst berührt hat.

Er schrieb seit seinem 14. Lebensjahr Briefe an die Frau die er ins Gesicht geschossen hat. Seitdem er rausgekommen ist, hat sie ihn wie ein Sohn aufgenommen. Darüber füge ich auch ein Video hinzu.

Bei seinem letzten Gerichtstermin hat er zu dem Richter gesagt:

" Me and Debbie have been waiting for years for the judicial system to catch up to my remorse and her forgiveness".

Also mein Punkt ist: wir sind alle stärker als wir denken. Die Ausgangssperre ist schon „unfortunate“ aber man kann in der Zeit auch in seinen eigenen vier Wänden eine Welt entdecken. Außerdem, wie immer:

" This too shall pass" .

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Ohne das Thema vollständig gelesen zu haben (sorry dafür) möchte ich es nochmal hochholen. Ich habe meine Mitgliedschaft bei der GFF nach Bekanntwerden der Klage gegen Ausgangssperren gekündigt. Ich hielt und halte diese Klage für Zeit- und Geldverschwendung mit dem Risiko eine Einzelmaßnahme zu kippen aber nicht zum Ziel zu kommen, mit der damit verbundenen Erwartung, dass die Schwurbler sich auf die Schultern klopfen könnten und sagen „Sogar die GFF ist auf unserer Seite“. Nein, klar, ist sie nicht, aber an Fakten sind die ja nicht interessiert.

Nun gehen die Infektionszahlen etwa seit Ausgangssperre interessanterweise deutlich zurück. Sicherlich gibt es weitere Effekte, doch interessant wäre es schon zu erfahren, wie Ulf als GFF Head diesen Zusammenhang kommentiert und ob er von „seiner“ Klage immer noch so überzeugt ist wie zuvor.

Moin Dusty!

Darum geht es in der Klage nicht, sondern um die Verhältnismäßigkeit, dass für Bürger*innen Ausgangsbeschränkungen gelten, während in Betrieben theoretisch lustig weiterinfiziert werden kann.
Wenn es ein stimmiges Gesamtkonzept gegeben hätte, wäre auch nicht geklagt worden. Das hat Ulf meines Erachtens aber auch auch ausführlich erklärt.

mit herzlichen Grüßen,
Markus

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Hallo Markus, danke für die Antwort. Ich kenne die Argumente von Ulf ja aus den Folgen der LdN. Ich versuche meinen Standpunkt nochmal etwas zu spezifizieren.
Viele sind sich meinem Verständnis nach hier einig, dass die Bundesnotbremse an anderer Stelle „wirksamere Maßnahmen“ hätte beinhalten sollen. Ich sehe auch so, dass Unternehmen viel zu wenig in die Pflicht genommen wurden (wie so oft hat man sich nur zu freiwilligen Selbstverpflichtungen durchringen können). Nun wurde das Maßnahmenpaket nicht gewürfelt sondern mit Begleitung von Experten zusammengestellt. Das Paket enthält die Maßnahme Ausgangssperre die vielen offenbar sehr plötzlich zu krass vorkam. Obwohl die Ausgangssperren in manchen Bundesländern schon seit Monaten galten (hier in Bayern und auch in BaWü z.B.), obwohl begleitende Untersuchungen in der ersten Welle die Wirksamkeit von Ausgangssperren zeigten. Es war offenbar für die GFF die falsche Maßnahme, man hätte sich eine andere gewünscht, um es mal zuzuspitzen. Aus diesem Grund also stellt man eine Verfassungsklage zusammen die ausschließlich das Ziel hat, eine wirksame Maßnahme aufzuheben weil man andere Maßnahmen für sinnvoller hält. Man kann aber nicht sicher erwarten, dass man den gesamten Weg gehen kann. Es besteht vielmehr das Risiko, auf halben Weg stecken zu bleiben, denn vor dem zweiten Schritt muss notwendigerweise der erste Schritt erfolgen. Man kann nur eine Maßnahme weg klagen, aber keine andere einklagen. Bleibt man auf halben Weg stecken, so hat man sich trotz scheinbarem Erfolg einen Bärendienst geleistet, denn dem Ziel von mehr Sicherheit und weniger Ansteckungen würde dies entgegenlaufen. Und im Gegenteil: bei der Vielzahl an Klagen gegen die Ausgangssperre besteht das Risiko, dass die Schwurbler die keine Maßnahmen wollen und gegen jegliche Einschränkung ans BVerfG schreiben sich der GFF auf ihrer Seite wähnen. Vielleicht überschätze ich die Bedeutung der GFF, doch der eine oder andere Erfolg ihrer Arbeit am BVerfG hat mich bisher vermuten lassen, dass dort ein Haufen sehr qualifizierter Leute sitzt die sich für gute Zwecke engagieren. Mag man tatsächlich an einem Konzert an Meinungsbekundungen teilnehmen das zum überwiegenden Teil aus Schwurblern besteht? [analog gefragt: würde man auf eine Demo mit Coronaleugnern gehen um seine Zielsetzung neben diesen zu artikulieren?]

Diese beiden Risiken wissend hat man die Klage trotzdem, mit berichtet hohem Aufwand, vorangetrieben. Das BVerfG hat m.E. gut geurteilt damit dass es vorläufig die Ausgangssperre nicht aufgehoben hat und die inhaltliche Prüfung auf später verschoben. Ich empfand das als erleichternd.

Mittlerweile stellt sich die Pandemielage in Deutschland so dar, dass wir recht stark rückläufige Infektionszahlen haben. Noch einmal nachgesehen: die Bundesnotbremse ist wohl seit 26.4. in Kraft. Schauen wir uns den Verlauf der R-Werte an. Ja, die waren schon zu dem Zeitpunkt unter 1. Doch sie sind bis heute weiter gesunken. (kann man z.B. hier sehen, Seite 7. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Mai_2021/2021-05-23-de.pdf?__blob=publicationFile)
Inhaltlich spricht das dafür, dass bei der Bundesnotbremse Maßnahmen hinzu kamen die offenbar Wirkung zeigten. Was könnte das sein? Am Ende hat die Ausgangssperre vielleicht ganz wesentlich dazu beigetragen dass wir nun endlich fallende Zahlen haben.
Vor diesem Hintergrund und als langjähriger Lage Hörer (seit der Breitscheidplatz-Folge) hätte ich erwartet, dass Ulf die Aktion der GFF nochmal kritisch überdenkt und kommentiert.

Ich gehe davon aus, dass der Rückgang ausschließlich auf andere Gründe als die Ausgangssperre zurückzuführen ist. Wieso? Weil der Rückgang parallel auch in der Schweiz stattfindet.

Hier der Chart des Fallzahlenverlaufs seit dem 1. Februar:

Und auch der Verlauf der Testpositivrate im selben Zeitraum, an weniger Tests in der Schweiz liegt es also nicht:

In der Schweiz wurden etwa zum selben Zeitpunkt der Einführung der Bundesnotbremse (19. bzw. 24. April) die Regeln gelockert, Restaurant-Terrassen durften öffnen, Sport in Gruppen und kleinere Veranstaltungen wurden wieder erlaubt. Spricht aus meiner Sicht eher dafür, dass die These: Mit den “richtigen” Öffnungen zu geringerer Inzidenz? von @freerider78 hier eine Bestätigung findet.

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Die Notbremse funktioniert einfach so gut, dass sie auch über die Bundesgrenzen hinaus wirkt :wink:

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Made my day :joy: danke dafür :blush:

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Der Effekt ist aus meiner Sicht vor allem darin zu sehen, dass es vorab eine ausführliche Diskussion über diese Maßnahme gab und die Menschen schon im Vorhinein ihr Verhalten (Reduzierung von Kontakten etc.) stark verändert haben. Das Vorzeigen von ‚Folterwerkzeugen‘ reicht manchmal schon aus, man muss diese oft gar nicht einsetzen.
Außerdem sind die Argumentationen der Verfassungsbeschwerden, die hier auch verlinkt sind, viel differenzierter, als es dargestellt wird.

Es ist gar nicht gesagt, dass sich das BVerfG überhaupt noch einmal inhaltlich mit der Sache auseinandersetzt. Es könnte ja auch argumentieren, dass die Pandemie vorbei ist und die Novelle des IfSG, insb. § 28b Abs. 10, ohnehin keinen Bestand mehr hat. Das würde die unrühmliche Rolle, die das BVerfG während der gesamten Pandemie hatte, noch verstärken…

Das ganze Beispiel zeigt doch vor allem, dass es eine „Bundesnotbremse“ gar nicht gebraucht hätte, hätte man von Anfang an konsequent auf eine Niedrig-Inzidenz-Strategie gesetzt.

Danke @Konsi für deine Antwort. Ich kenne die Situation in der Schweiz nicht. Wenn ich mir nur den Kurververlauf ansehe sehe ich deine Aussage eher nicht bestätigt, denn die Kurve in Deutschland ist m.E. steiler. Hätten wir c.p. dieselbe Ausgangslage müsste in Deutschland noch etwas on top wirken was in der Schweiz nicht wirkt.

Ich halte es leider auch für wahrscheinlich, dass das BVerfG abwartet bis alles mehr oder weniger vorbei ist ohne eine einzige Entscheidung in der Hauptsache zu treffen.

Das Beispiel Schweiz zeigt aber auch, dass man noch nicht mal sagen kann, ob die Diskussionen über die „Notbremse“ überhaupt einen Effekt hatten. Grundlage dieser Diskussionen waren ja seit März jene Schreckensprognosen, die niemals eingetroffen sind. Inwiefern allein die Vorstellung, dass es schlimm werden könnte, wenn man etwas macht (oder nicht macht) einen Einfluss hatten, ist besonders im Nachhinein müßig zu diskutieren. Aber die sehr ähnliche Entwicklung in sehr vielen europäischen Ländern legt doch nahe, dass vermutlich keine spezifischen Faktoren in Deutschland ausschlaggebend waren.

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Du bist ja sehr witzig hier auf meine Kosten einen Joke zu reißen.

Ganz meiner Meinung.

Klingt ja ganz danach als könntest du differenziert die Maßnahmenkataloge der Nachbarländer erläutern und in ihrer Funktion einschätzen.