Hallo Markus, danke für die Antwort. Ich kenne die Argumente von Ulf ja aus den Folgen der LdN. Ich versuche meinen Standpunkt nochmal etwas zu spezifizieren.
Viele sind sich meinem Verständnis nach hier einig, dass die Bundesnotbremse an anderer Stelle „wirksamere Maßnahmen“ hätte beinhalten sollen. Ich sehe auch so, dass Unternehmen viel zu wenig in die Pflicht genommen wurden (wie so oft hat man sich nur zu freiwilligen Selbstverpflichtungen durchringen können). Nun wurde das Maßnahmenpaket nicht gewürfelt sondern mit Begleitung von Experten zusammengestellt. Das Paket enthält die Maßnahme Ausgangssperre die vielen offenbar sehr plötzlich zu krass vorkam. Obwohl die Ausgangssperren in manchen Bundesländern schon seit Monaten galten (hier in Bayern und auch in BaWü z.B.), obwohl begleitende Untersuchungen in der ersten Welle die Wirksamkeit von Ausgangssperren zeigten. Es war offenbar für die GFF die falsche Maßnahme, man hätte sich eine andere gewünscht, um es mal zuzuspitzen. Aus diesem Grund also stellt man eine Verfassungsklage zusammen die ausschließlich das Ziel hat, eine wirksame Maßnahme aufzuheben weil man andere Maßnahmen für sinnvoller hält. Man kann aber nicht sicher erwarten, dass man den gesamten Weg gehen kann. Es besteht vielmehr das Risiko, auf halben Weg stecken zu bleiben, denn vor dem zweiten Schritt muss notwendigerweise der erste Schritt erfolgen. Man kann nur eine Maßnahme weg klagen, aber keine andere einklagen. Bleibt man auf halben Weg stecken, so hat man sich trotz scheinbarem Erfolg einen Bärendienst geleistet, denn dem Ziel von mehr Sicherheit und weniger Ansteckungen würde dies entgegenlaufen. Und im Gegenteil: bei der Vielzahl an Klagen gegen die Ausgangssperre besteht das Risiko, dass die Schwurbler die keine Maßnahmen wollen und gegen jegliche Einschränkung ans BVerfG schreiben sich der GFF auf ihrer Seite wähnen. Vielleicht überschätze ich die Bedeutung der GFF, doch der eine oder andere Erfolg ihrer Arbeit am BVerfG hat mich bisher vermuten lassen, dass dort ein Haufen sehr qualifizierter Leute sitzt die sich für gute Zwecke engagieren. Mag man tatsächlich an einem Konzert an Meinungsbekundungen teilnehmen das zum überwiegenden Teil aus Schwurblern besteht? [analog gefragt: würde man auf eine Demo mit Coronaleugnern gehen um seine Zielsetzung neben diesen zu artikulieren?]
Diese beiden Risiken wissend hat man die Klage trotzdem, mit berichtet hohem Aufwand, vorangetrieben. Das BVerfG hat m.E. gut geurteilt damit dass es vorläufig die Ausgangssperre nicht aufgehoben hat und die inhaltliche Prüfung auf später verschoben. Ich empfand das als erleichternd.
Mittlerweile stellt sich die Pandemielage in Deutschland so dar, dass wir recht stark rückläufige Infektionszahlen haben. Noch einmal nachgesehen: die Bundesnotbremse ist wohl seit 26.4. in Kraft. Schauen wir uns den Verlauf der R-Werte an. Ja, die waren schon zu dem Zeitpunkt unter 1. Doch sie sind bis heute weiter gesunken. (kann man z.B. hier sehen, Seite 7. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Mai_2021/2021-05-23-de.pdf?__blob=publicationFile)
Inhaltlich spricht das dafür, dass bei der Bundesnotbremse Maßnahmen hinzu kamen die offenbar Wirkung zeigten. Was könnte das sein? Am Ende hat die Ausgangssperre vielleicht ganz wesentlich dazu beigetragen dass wir nun endlich fallende Zahlen haben.
Vor diesem Hintergrund und als langjähriger Lage Hörer (seit der Breitscheidplatz-Folge) hätte ich erwartet, dass Ulf die Aktion der GFF nochmal kritisch überdenkt und kommentiert.