Unterschiedliche Blickwinkel auf den Nahost-Konflikt

Vergleichbare Situationen gibt es nicht wirklich. Also mir fällt keine ein, die auch nur annähernd vergleichbar ist.

Das Israel im Nahost-Konflikt grundsätzlich so stark in die Verantwortung genommen wird liegt auch daran, dass Israel durch die Siedlungspolitik an der Eskalation des Nahost-Konflikts einfach auch eine immense Mitschuld trifft, was man nie, wirklich nie, unter den Teppich kehren sollte. Israel tut den Palästinensern mit dem Siedlungsbau unbestreitbar massives Unrecht an - und das bereits über Jahrzehnte hinweg gegen den Widerstand der gesamten restlichen Welt. Es gibt wenige Fragen, in denen sich die Welt so einig ist, wie in der Frage, dass der Siedlungsbau völkerrechtswidrig ist und gestoppt werden muss. Selbst die USA kritisieren Israel dafür ständig, wenngleich sie (leider) Sanktionen verhindern und somit das Vorgehen Israels faktisch schützen.

Wie gesagt, versetz dich in die Lage eines Palästinensers, der wieder mal in den Nachrichten hört, dass Israel x-tausend neue Siedlerwohnungen genehmigt hat. Es gibt keine Polizei, kein Gericht, keine sonstige demokratisch-rechtstaatliche Institution, die dir hilft, die UN ist wegen US-Veto handlungsunfähig. Wie viele Jahre kannst du diese ständig neuen Nachrichten verkraften und nichts tun? Wenn du Menschen Unrecht antust und ihnen keinerlei legale Möglichkeit gibst, gegen dieses Unrecht zu kämpfen, werden sie irgendwann zu Gewalt greifen.

Es geht wirklich nicht um’s Geld, dafür würden sich internationale Lösungen finden lassen. Es geht um die Sicherheitsaspekte. Wenn du mal in Ägypten warst wirst du bemerkt haben, dass dort überall, selbst in den Großstädten, Checkpoints mit schwer bewaffneten Soldaten zu sehen sind. Auf den Landstraßen am Sinai sind militärische Fahrzeuge und Stellungen (Sandsack-Stellungen mit MGs) regelmäßig zu sehen. Gerade auf dem Sinai ist die Sicherheitslage extrem angespannt. Die Hamas ist aus der ägyptischem Muslimbruderschaft entstanden, eben jener Muslimbruderschaft, die 2013 in Ägypten selbst als Terrororganisation verboten wurde und die Ägypten keinesfalls stärken will, was aber zwangsläufig passieren würde, würde man palästinensische Flüchtlinge aufnehmen. Wie gesagt, für Ägypten bestünde im worst case das realistische Risiko eines vollständigen Kollapses des Sicherheitsapparates.

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Ich finde es ist eher „im Kreis diskutieren“, wenn Du per Zitat eine Aussage wiederholst, auf die bereits inhaltlich reagiert wurde, ohne diese Entgegnung aber auch nur mit einer Silbe zu erwähnen. Zudem ging es bei meinem letzten Post ja explizit um eine internationale Lösung, nicht allein um das, was Israel will.
Dazu kommt, dass die israelische Politik nicht mit der Position der derzeitigen Regierung gleichgesetzt werden kann. Nicht umsonst gab es vor dem 7. Oktober und gibt es auch jetzt wieder Massenproteste gegen diese Regierung und viele Beobachter schätzen die Situation so ein, dass Netanyahu diese Krise politisch nicht überleben könnte. Bei einer Beurteilung der israelischen Position sollte dies zumindest mitbedacht werden. Ob wirklich die gesamte israelischer Regierung „rechtsextrem“ ist, wie du behauptest, mögen andere bewerten. Da gibt es sicherlich viel zu kritisieren (was ja sowohl innerhalb des Landes als auch außerhalb passiert). Auch hier beschleicht mich aber der Verdacht, dass manche dieses Label im Falle Israels sehr viel großzügiger verwenden als in Bezug auf Regierungen anderer Staaten.

Deine Aussagen unterstellen, dass die Hamas ihren Terror gegen israelische Zivilbevölkerung erstens im Interesse der palästinensischen Bevölkerung und zweitens hauptsächlich aufgrund des Baus von Siedlungen im Westjordanland verübt. Beides würde ich zumindest hinterfragen. Nimmt man dagegen eher die Nähe der Hamas zu anderen islamistischen Mörderbanden in den Blick, die aus einer bestimmten Ideologie heraus das Ziel verfolgen, möglichst viel „Ungläubige“ zu töten sowie Angst und Terror zu verbreiten (daher bewusst mein Vergleich zu 9/11 und Bataclan), so ergibt sich sehr wohl eine
vergleichbare Situation.

Niemand wird durch Umstände gezwungen Terrorist zu werden und schon gar nicht mit einer islamistischen oder gar einer anderen menschenverachtenden Ideologie. Dass es aus palästinensischer Perspektive wahnsinnig viel Enttäuschung, Perspektivlosigkeit, Ohnmacht etc. gibt - da stimme ich sofort zu. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass Menschen keine andere Möglichkeit bleibt, als gewalttätig zu werden. Ganz abgesehen davon ob das überhaupt erfolgversprechend ist. Und selbst wenn es so wäre, wäre das noch immer keine Rechtfertigung für diese Art der Gewalt, aus der die Absicht der totalen Vernichtung spricht, und kein wie auch immer geartetes politisches oder militärisches Rational. Die Hamas ist eben keine Widerstandsorganisation, auch wenn sie sich selbst so bezeichnet.

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Nein, das tun sie nicht. Sie benennen lediglich Faktoren eines multikausalen Erklärungsbaumes. Ob das beherrschende Faktoren sind, kann niemand mit Sicherheit sagen.

Dass die Hamas sich selbst als „Befreiungsorganisation“ sieht, daran dürfte keinerlei Zweifel bestehen - das können wir natürlich anders sehen. Dass die Hamas bereit ist, zehntausende tote Palästinenser zu akzeptieren, weil sie hofft, damit einen Flächenbrand auszulösen, an deren Ende eine erfolgreiche Zerstörung Israels durch die anderen arabischen Staaten steht, mag uns wie ein zu großes Opfer erscheinen, aber wir reden hier wie gesagt über Extremisten, die ihr Ziel mit allen Mitteln (im Zweifel auch Selbstmordanschlägen) erreichen wollen.

Dass der Siedlungsbau (und die damit einhergehende Vertreibung weiterer Palästinenser) ein exzellenter (und leider sehr nachvollziehbarer!) Aufhänger für weiteren Hass gegen Israel ist, liegt auf der Hand, gleiches gilt für die Blockaden den Gaza-Streifens.

… und da sind wir wieder bei der „Sind halt alles Antisemiten, kann man nix machen, außer sie alle umzubringen!“-Linie, die leider immer wieder kommt.

Ja, es sind Antisemiten. Und ja, man wird die meisten Hamas-Kämpfer umbringen oder lebenslang inhaftieren müssen, weil sie schon so indoktriniert und hasszerfressen sind, dass andere Optionen kaum gangbar sind. Trotzdem muss man doch überlegen, wie man es verhindern kann, dass die nächste Generation der Kinder im Gaza-Streifen die gleiche Entwicklung nimmt.

Es ist doch kein biologischer oder religiöser Determinismus, den wir hier sehen. Die Menschen sind nicht zu dem geworden, was sie nun sind, weil „Moslems halt Juden hassen“. Die Tatsache, dass der Antisemitismus im arabischen Raum in den letzten 100 Jahren so stark geworden ist, hat ganz offensichtlich damit zu tun, dass es seit etwas über 100 Jahren in Palästina (der Region) erhebliche politische Interessenwidersprüche zwischen Juden und Moslems gibt. Warum gab es vor dem Zionismus so gut wie keinen „arabischen Antisemitismus“? Weil es keinen Konflikt gab.

Wenn es zu einem Konflikt kommt suchen die beteiligten Seiten nach Wegen, den Gegner anzugreifen und das eigene Volk gegen den Gegner aufzubringen. Dafür wird dann auf den bewährten Antisemitismus zurückgegriffen. Der Antisemitismus ist dadurch ein klassisches Symptom.

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Es geht immer nur um Probabilismus.
Niemand wird dadurch, dass er als Kind vergewaltigt wird, „gezwungen“, später selbst Sexualstraftäter zu sein. Aber statistisch ist das Risiko extrem, extrem, extrem viel höher.

Dann sag mir doch mal, welche andere Möglichkeit du siehst. Wie gesagt, der Siedlungsbau geht nun schon seit vielen, vielen Jahrzehnten. Wie lange kannst du von Menschen Gewaltfreiheit verlangen, wenn sie offensichtlich im Recht sind, ihr Recht aber nicht gewaltfrei durchsetzen können?

Du siehst einfach nicht die psychologische Wirkung, welche die Umstände vor Ort auf die Menschen haben. Es ist letztlich blinder Aktionismus als „Kur“ für die gefühlte und tatsächliche „Machtlosigkeit“. Wer über Jahrzehnte Opfer von Unrecht ist und keine Möglichkeit hat, dagegen vorzugehen, wird oft Dinge tut, die irrational sind, ihm aber das Gefühl geben, jetzt „Macht“ zu haben.

Auch das sind Konsequenzen der psychologischen Traumata. Ich habe einfach das Gefühl, dass die meisten Leute sich nicht annähernd in die Menschen im Gaza-Streifen hineinversetzen können, sondern so tun, als könnte der 20-jährige Palästinenser, der sein Leben lang in einem Konflikt groß geworden ist und schon etliche Freunde und Verwandte verloren hat, rein rational auf diesen Konflikt blicken. Das ist einfach unrealistisch.

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Die beiden Punkte verdeutlichen nochmal gut die impliziten Vorannahmen, die ich infrage stellen würde. Zum ersten Absatz: Die Hamas sieht die Palästinenser in der Tat nicht als Subjekt ihres Kampfes an, sondern als deren Obekt, eben als „Opfer“, und zwar in der religiösen Bedeutung des Wortes - also als etwas, das für ein anderes (auch „höheres“ oder „göttliches“ Ziel geopfert wird). Sprich: Die Hamas setzt sich mitnichten für die politische Selbstbestimmung der Palästinenser ein, sondern für eine bestimmte Art von Gottesstaat. Jeder Palästinenser, der dieser Vorstellung entgegensteht, ist für die Hamas ebenso Feind wie Juden, Christen und andere „Ungläubige“.
Zum zweiten Absatz: Was Hass gegen Israel angeht, mag das stimmen, aber es ist eben kein Grund, für die Unterstützung einer islamistischen Mörderbande mit solch dezidierten Zielen. Und darüber schrieb ich.

Das finde ich ehrlich gesagt eine merkwürdige Reaktion. Ich habe konkret die politische Ideologie der Hamas beschrieben, die Grundlage und Motivation ihres Terrors ist. Ich habe das nicht auf irgendwen anders ausgeweitet und schon gar nicht verallgemeinert. Daher ist dein „alles Antisemiten“ hier pure Polemik. Und ich habe die Einschätzung auch in keiner Weise ausschließlich auf Juden bezogen. Ich würde zwar zustimmen, dass der Antisemitismus ein Kern der mörderischen Ideologie der Hamas ist. Und diesen muss man ernst nehmen, wenn man adäquat auf diesen Terror reagieren will. Aber die Hamas richtet sich eben - ähnlich wie IS und Al Qaida - nicht nur gegen Juden und Israel.

Was deine Ausführungen zu „Moslems hassen halt Juden“ oder „biologischem oder religiösem Determinismus“ angeht, verstehe ich ehrlich gesagt nicht ganz, worauf du dich beziehst. Mit dem was ich geschrieben habe, hat das jedenfalls nichts zu tun. Ich schrieb wie gesagt konkret über die Ideologie der Hamas.

Wir sind uns doch absolut einig, dass die Hamas eine verachtenswerte Terrororganisation ist.
Wo wir uns nicht einig sind, ist die Frage, warum die Hamas so stark geworden ist. Meine These ist die sehr plausible Annahme, dass Konflikte dazu führen, dass sich Menschen hinter dem „geringeren Übel“ versammeln. Und der islamische Gottesstaat der Hamas ist für viele Palästinenser (leider sogar halbwegs nachvollziehbar) das geringere Übel als die Situation der letzten 70 Jahre.

Aber beantworte du doch mal die Frage, was du glaubst, warum die Hamas so stark geworden ist. Denn wir sind uns doch einig, dass - wenn die Hamas erfolgreich vernichtet werden kann - es extrem wichtig ist, dass sich keine ähnlich problematische Nachfolgeorganisation bildet und das ganze Problem von Neuem beginnt.

Und hier haben wir fundamental unterschiedliche Ansichten.
Du denkst, die politische Ideologie sei „Grundlage und Motivation ihres Terrors“.
Ich denke, die politische Ideologie ist ein Werkzeug, Unterstützer für die Vernichtung Israels zu rekrutieren, wie das bei Religion schon immer der Fall war. Die Motivation ist die Zerstörung Israels, weil man auf dem gesamten Gebiet Palästinas einen islamischen Gottesstaat errichten will. Und da Israel primär von Juden bewohnt wird, ist Antisemitismus ein sehr, sehr praktisches Werkzeug, um die eigenen Anhänger zu indoktrinieren und zu „enablen“, solche absolut widerlichen Taten wie das Massaker vom 07.10. zu begehen.

Dass die Hamas weg muss, darin sind wir uns wie gesagt einig. Aber was kommt danach?!? Wenn es danach sinnvoll weiter gehen muss, muss auch Israel sein Verhalten massiv ändern, z.B. die Siedlungspolitik stoppen und Siedlungen räumen.

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Das ist insbesondere mit dem Blick auf den Konflikt sehr unwahrscheinlich. UN Resolutionen gibt es viele, Abkommen auch - allein sie werden nicht eingehalten.

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Warum unterstellst du mir, zu wenig Empathie zu haben oder die psychologischen Auswirkungen der Situation von Palästinensern nicht zu verstehen, nur weil ich der Aussage widerspreche, dass sie keine andere Möglichkeit haben (sic!), als gewaltättig zu werden? Und das obwohl ich gerade ser deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass ich all dies sehr wohl sehe? Ich finde das eine wenig respektvolle und überhaupt nicht produktive Art zu diskutieren.
Wie Du selber sagst, geht es im Kern um einen politischen Konflikt. Nach Deiner Logik müsste es ja überall, wo die Austragung solcher Konflikte mit friedlichen Mitteln nicht zu einer für beide Seiten vertretbaren Lösung führt, bewaffnete Massenbewegungen geben - das sehe ich aber nicht. Außerdem ist das subjektive Gefühl der Selbstermächtigung durch Gewalt, das du beschreibst, etwas anderes als das was ich mit „erfolgversprechend“ meinte - nämlich im Sinne einer größeren Wahrscheinlichkeit, die eigenen politischen Anliegen erreichen oder umsetzen zu können.

Weil du von einem rationalen, humanistischen Menschenbild ausgehst, welches bei Menschen, die in einer Konfliktregion unter ständigem Mangel an absolut allem und in ständiger Konfrontation aufgewachsen sind, einfach nicht in dieser Form existiert.

Geh bitte einfach mal in dich und stelle dir vor, wie es sein muss, seine Kindheit und Jugend im Gaza-Streifen zu verbringen, welche Art der Sozialisierung du erfahren würdest. Wie gesagt, du bist ständig mit dem Unrecht konfrontiert, hast etliche Freunde und Familienangehörige an Krieg und (vermeidbare!) Krankheit verloren, weil es an allem mangelt.

Es gibt - zum Glück - nur noch sehr wenige Regionen, die so starke Probleme hatten. Nordirland war bis zum Karfreitagabkommen so eine Region, das Resultat kennen wir alle. Indien unter britischer Besatzung hatte ähnliche Probleme, konnte das Problem durch die massive zahlenmäßige Überlegenheit aber halbwegs gewaltfrei lösen.

Sowas ist in der Tat nicht unüblich. Wären die Briten nicht freiwillig aus Indien abgezogen, wäre es dort mit ziemlicher Sicherheit auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen.

Aber worüber streiten wir eigentlich genau? Würdest du wirklich widersprechen, dass die israelische Siedlungspolitik in jedem Fall dem Ziel, Frieden in Nahost zu erreichen, extrem abträglich ist?!? Und dass sie in jedem Fall ein Aspekt dabei ist, warum Organisationen wie die Hamas erstarken (unabhängig davon, wie groß der Einfluss ist)?

Anyways, ich bin langsam wirklich nicht mehr geneigt, dem Thema Nahost-Konflikt noch mehr Zeit zu widmen. Ich habe die vergangenen Wochen mindestens 100 Stunden darauf verbracht, Texte über dieses Thema zu schreiben und es wurde eigentlich alles gesagt und wird nur noch, mit anderen Protagonisten, wiederholt. Sorry, aber dafür habe ich wirklich keine Zeit. In diesem Sinne bin ich raus aus der Debatte.

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Ich sprach ja explzit von einem „internationalen Abkommen“ nicht von UN-Resolutionen. Das sind zwei sehr verschiedene Paar Schuhe. Welche internationalen Abkommen, die mit Israel abgeschlossen wurden, hält das Land denn deiner Einschätzung nach nicht ein?

Antisemitismus findet im Islam - ähnlich wie auch im Christentum - eine religiöse Grundlage. Während das Christentum die Juden lange als mächtige Gegner gesehen hat (mächtig und böse genug, um den Sohn Gottes zu töten), waren/sind sie im Islam im Gegenteil eine vom Propheten Mohammed recht schnell besiegte Gruppierung, der gegen Tributzahlung Schutz zu gewähren ist, die im Koran aber auch als Tiere bezeichnet werden. Das westliche Vorurteil einer mächtigen Verschwörungsgemeinschaft passt nicht zur traditionellen islamischen Sichtweise einer schwachen Randgruppe, ist gegen Ende des 19. Jahrhunderts aber aus machttaktischen Gründen in die arabische Welt exportiert worden, und dann besonders in den 30er Jahren durch deutsche Propaganda. Der heutige islamische Antisemitismus ist eine paradoxe Mischung aus beidem; er kombiniert die Überzeugung der eigenen Überlegenheit mit der Furcht vor einem heimtückischen Angriff.

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Da haben wir uns wohl missverstanden. Diese überaus komplexe und eben nicht monokausal zu beantwortende Frage war nicht mein Thema und ich würde mir auch nicht anmaßen, so eine Erklärung mal eben aus dem Ärmel zu schütteln. Mein Thema war, wofür die Hamas steht und inwieweit sie im Interesse der palästinensischen Bevölkerung handelt.

Das können wir gerne mal so stehen lassen. Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist, die Hamas losgelöst von anderen islamistischen Terrororganisationen zu betrachten - auch was die Gründe angeht, weshalb sich ihnen Menschen anschließen - auch in ganz anderen Regionen der Welt. Dazu gehört natürlich auch die Genese der Hamas als Teil der Muslimbrüderschaft, deren ideologische Wurzeln weit in die Zeit vor der Staatsgründung Israels zurückgehen. Beides macht eine so starke Rolle Israels wie du sie behauptest aus meiner Sicht wenig wahrscheinlich.

Ist es nun eine immense Mitschuld oder lediglich einer von vielen Faktoren?

Ich stimme dir insofern zu, dass die israelische Siedlungspolitik nicht nur völkerrechtswidrig sondern auch absolut destruktiv für eine palästinensisch-israelische Zusammenarbeit und Zukunft ist.
Daraus folgt aber nicht, dass Hamas und Hisbollah, finanziert, ausgestattet und angefacht durch u.a. den Iran und mit dem expliziten und öffentlichen Ziel der Auslöschung Israels und des Judentums, es ohne Siedlungspolitik lassen würden.
Nach einem Angriff auf Israel also mit Siedlungspolitik zu argumentieren ist nicht zielführend, vor allem da diese in Gaza (im Gegensatz zum Westjordanland) schon seit Jahren nicht mehr praktiziert wird.

Muss man absolut. Man muss nur leider genauso die Hamas mitdenken. Ich sehe nicht, wie Israel auf Gaza zugehen kann, ohne dass es von der Hamas maximal ausgenutzt würde (was die Anstrengungen Israels dannn wieder ad absurdum führen würde)

Israel wurde am Tag nach seiner Entstehung angegriffen, viele arabische Ländern haben Israel jahrzehntelang (zT bis heute) nicht anerkannt. Antisemitismus ist kein Symptom des Konfliktes, sondern ein Teil der Ursache (neben dem territorialen Aspekt).

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Aber das behauptet @Daniel_K doch auch gar nicht. Warum wird in dieser Diskussion immer so aneinander vorbei diskutiert. @Daniel_K verwies doch nur darauf, dass einige Handlungen Israels den Nährboden für die Rekrutierung der nächsten Terroristengeneration schaffen.

Das ist kein Widerspruch. Die Palästinenser begreifen sich als ein Volk. Daher wirkt auf die Menschen in Gaza Fehlverhalten in der Westbank ähnlich wie solches in Gaza auf die Menschen in der Westbank wirkt. Beides ist daher für das palästinensische Selbstverständnis schädlich, die jahrelange Blockade Gazas (, die aus israelischer Sicht natürlich auch teils nachvollziehbar ist) als auch die Siedlungspolitik und Siedlergewalt.

Das kann man auch aus den Zahlen herauslesen, die das Washington Institute basierend auf Umfragen des Palestinian Center for Public Opinion vor einigen Wochen veröffentlichte.

Auch wenn die Mehrheit der Palästinenser gegen die Attacke der Hamas und für Waffenstillstand ist, gibt es in beiden Gebieten große Unterstützung für Terroristen und den Terrorfinanzier Iran.

Wie gesagt, diese Dinge hängen zusammen. Die Menschen im Gaza-Streifen sind größtenteils Menschen, die wegen der Staatsgründung und wegen vorhergegangener Siedlungspolitik dort als Flüchtlinge gelandet sind. Es sind die Nachkommen von Flüchtlingen, die weiterhin auf einen palästinensischen Staat hoffen, der auch das Westjordanland umfasst. Dieser Staat jedoch rückt durch die Siedlungspolitik in immer weitere Ferne. Die Siedlungspolitik hat daher auch großen Einfluss auf die Hoffnungslosigkeit und den Hass im Gaza-Streifen, weil die Menschen in Gaza in jedem neuen durch die Siedlungspolitiik vertriebenen Palästinenser sich selbst wiedererkennen. Und Organisationen wie die Hamas nutzen das aus, indem sie diese Nachrichten von neuem Siedlungsbau - nochmal mit Propaganda verstärkt - zur Rekrutierung nutzen. Diese Aspekte zu trennen ist daher mMn nicht zielführend, weil sie für die Menschen in Gaza Teil ihrer Lebenswirklichkeit sind.

Ich denke, da stimmen wir überein, weshalb ich Israel ja auch das Recht zugestehe, nun mit maximaler Härte gegen die Hamas vorzugehen. Was die Hamas am 07.10. getan hat, sorgt dafür, dass sie „beyond redemption“ ist, daher keinerlei Chance mehr besteht, dass diese Organisation langfristig in der Region eine Machtstellung halten darf.

Deshalb habe ich ja immer betont, dass ich große zivile Verluste akzeptiere, weil das Ziel, die Hamas auszulöschen, legitim ist und dabei zweifelsohne zu großen Kollateralschäden kommt. Umso wichtiger finde ich aber, dass man einen guten Plan hat, was danach zu tun ist, insbesondere im Hinblick auf den Wiederaufbau und eine Demokratisierung des Gaza-Streifens. Dort muss es eine „unterstützende Besatzung“ geben, sonst wird das Zerschlagen der Hamas nur dazu führen, dass sich der gleiche Mist in 10 Jahren wiederholt. Gleichzeitig muss Israel mit dem Siedlungsbau aufhören und anfangen, bestehende Siedlungen aufzulösen…

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Fortsetzung der Diskussion von Unterschiedliche Blickwinkel auf den Nahost-Konflikt: Der Hinweis auf die Umfrage ist sicher hilfreich - allerdings ist diese Umfrage veraltet (Juli 2023). Eine aktuelle Umfrage zeigt ein anderes Bild: 75% der Palastinänser in Gaza/Westbank unterstützen das Massaker der Hamas, 76% haben ein positives Bild der Hamas. Und das sind nur einige der Ergebnisse dieser Umfrage. Letztlich unterstützen diese Ergebnisse mehr das Vorgehen von Israel - oder gibt es da andere Meinungen?

Quelle: Wartime Poll: Results of an Opinion Poll Among Palestinians in the West Bank and Gaza Strip

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Hast du dafür irgendwelche Beweise?

Man muss sich nicht lange mit dem Iran beschäftigen um zu sehen, dass wie schwierig die Situation auch ist, doch verglichen mit anderen Arabischen Staaten sowie anderen Minderheiten im Iran immer noch, (im Vergleich) gut ist.
Synagoge, Jüdische Schulen und Bibliotheken sind keine Anzeichen auf das Ziel der Vernichtung des Judentums.
Auch wen es natürlich Antisemitismus gibt fragt man sich aber, ob es nicht eine Nummer kleiner geht

Ich wundere mich manchmal ob es einem wirklich klar ist was eine Solche Aussage wirklich bedeutet wen man sie äußert.

Hu?
Erstens begann weder die Gewalt im damaligen Palästina nicht mit der Invasion, noch fand sie auf Wunsch Wusch der Palästinensischen Autoritäten (der Mufti versuchte sie zu verhindern) statt.
Die teilweise außerhalb des im UN teilungsplan liegenden Städte Tiberias, Haifa, Safad, und Jaffa wurden von der Israelischen Arme erobert before es zu Invasion der Arabischen Staaten kam, genauso die damit verbundene Verteidigung der Einheimischen Bevölkerung aus den besetzten Gebieten.
Zu dem setzten sich einige der Arabischen Konfliktparteien wie Transjordanien, aktiv gegen die Entstehung eines Palästinensischen Staates ein. Das Ziel König Abdullahs als er den Befehl zur Überquerung des Jordan gab, war die Annexion der West Bank und damit verbunden die Zerstörung jeder Hoffnung auf einen Palästinensischen Staat.
Man mag es kaum glauben, aber die Gründe finden sich in Nationalen Interesse und der gehegten Hoffnung, das eigene Territorium mit Palästinensischem Gebiet zu Erweitern.
Oft ist Machtpolitik die Aufschlussreichste Erklärung für das Handeln von Staaten. Vielleicht finden es manche ein wenig Langweilig, aber Tagespolitik wie sie überall auf der Welt geschieht ist meist die Wurzel aus der Krieg erwächst.
Wir sollten endlich aufhören, die Arabischen Entscheidungsträger mit Hitler zu verwechseln.
Ich sehe auch allgemein nicht den Zusammenhang z.B vom Handeln der Ägyptischen Regierung und den Palästinensern in Gaza um die sich der jetzige Konflikt dreht.

„Die (letzte) Stunde (der Tag des Jüngsten Gerichts) wird nicht kommen, bevor die Muslime die Juden bekämpfen. Und die Muslime werden sie töten, bis sich die Juden hinter Steinen und Bäumen verstecken."

Ein in der Hamas-Charta zitiertes Hadith.
Darüber hinaus sieht sich die Hamas als "Speerspitze in der Auseinandersetzung mit dem Weltzionismus.“, wobei sie mit „Weltzionismus“ explizit und bewusst auf die antisemitischen Protokolle der Weisen von Zion verweisen und sich einer jüdischen Weltverschwörung gegenüber sehen: „Es gibt keinen Krieg, bei dem sie nicht hinter den Kulissen ihre Finger im Spiel hätten.“
Siehe wikipedia