Union und Bürgergeld: Wie hoch ist den der Anteil der Totalverweigerer?

Das hatten wir doch alles schon.
Es ist eine Unterstellung, dass Bürgergeldempfänger (bis auf wenige Ausnahmen) zu „faul“ sind. Verbreite keine Unwahrheiten. Es lohnt sich immer zu arbeiten.

Ein größeres Problem sind niedrige und etwas höhere niedrige Einkommen. In dem Bereich sind die Unterschiede geringer.

Wenn du es ernst meinst mit der Motivation und der Leistung für die Gesellschaft, dann musst du für einen höheren Mindestlohn sein. Und am besten auch für geringere hohe Einkommen.

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Bitte gib doch für diese Behauptung mal Quellen an. Bisher haben alle Quellen belegt, dass Arbeit sich immer lohnt im Vergleich zum stigmatisierten Bürgergeld. Sobald endlich mal seriöse Quellen genannt werden, dass dieser Vorwurf wirklich stimmt können wir drüber reden, ansonsten sind es nur haltlose Behauptungen mit ordentlich Tritten nach unten. Und wenn der Lohnabstand zum Bürgergeld nicht reicht damit Menschen Niedriglohntätigkeiten ausüben möchten, steht es der Wirtschaft frei diese besser zu bezahlen.

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Der Bürgergeld-Regelsatz (also vor den schon jetzt möglichen Sanktionen) beträgt 563 Euro/Monat. Wer zum Mindestlohn 40 Stunden/Woche arbeitet, verdient dagegen knapp 2.500 Euro/Monat Brutto.

Ja, es gibt Menschen, die arbeiten könnten, aber keinen Bock auf Arbeit haben. Das ist vielleicht einer von tausend. Diese Leute kriegt man aber mit keiner Form von „sozialer Härte“ in den Arbeitsmarkt integriert. Wegen den paar Deppen sollten wir als Gesellschaft nicht jede Form von Solidarität über Bord werfen.

Aber niemand schaut auf den Bürgergeld-Regelsatz und denkt sich „ich würde ja arbeiten, aber der Sozialstaat ist so großzügig, da lege ich mich lieber auf die faule Haut“. Das ist absurd und in erster Linie eine Phantasiegeschichte, mit der der „Tritt nach unten“ in der BILD-Zeitung und in den Parteiprogrammen gerechtfertigt werden soll.

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Das ist m. E. gar nicht der Punkt. Natürlich sollte man verhindern, dass einzelne Menschen auf Kosten der Gesellschaft / der Beitrags- oder Steuerzahler das Sozialsystem missbraucht.

Aber diese Totalverweigerer als ersten Punkt eines Reformvorschlags zu stellen, insinuiert, dass es sich um ein gravierendes Systemproblem handelt und framed Bürgergeld-Empfänger als „im Zweifel Schmarotzer“. Meine Hypothese: Ganz gezielt, um dann im 2. Schritt „Prioritäten zu setzen“, d. h. generelle Einschnitte beim Bürgergeld durchzusetzen.

Und das (wie auch Tristan @Tris sagt) von einer Partei, die sich in der Vergangenheit nicht gerade dafür stark gemacht hat, Steuerhinterziehung und -verkürzung zu bekämpfen, in dem man Steuerermittler aufstockt und besser ausstattet. Denn da geht es um ganz andere Größenordnungen an Schaden, die gar nicht so wenige Steuerpflichtige verursachen.

Wenn überhaupt: Den Anreiz, mehr zu arbeiten, tötet der Staat durch völlig unsinnige Anrechnungsregeln ab.

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Ich wollte hier gar keine Grundsatz Debatte anstoßen. Ich habe auch an keiner Stelle behauptet, dass alle Bürgergeld-Empfänger:innen faul sind. Trotzdem wollen wir denen doch auch nicht allen unterstellen, dass sie nicht rechnen können. Und die Aussage, dass Anreize nicht wirken, kann ich aber absolut nicht teilen.

Hier stelle ich mir die Frage, wie hier unabsichtlich Äpfel mit Birnen vergleichen. Kann sein, aber auf den Bürgergeld-Satz kommen Wohngeld, keine GEZ-Gebühren, etc., während von den 2,5k noch Sozialabgaben, Rentenversicherung etc. abgehen. Unterm Strich ist die Differenz dann eben doch nicht mehr so groß. Mein Argument war auch nicht, dass man durch Arbeit schlechter gestellt wird. Wenn ich die Wahl hätte, ob ich für 150€ mehr 160h im Monat in einem Job arbeite (was unter 1€ die Stunde ist), der mir keinen Spaß macht, dann wüsste ich, was ich mache. Nicht 40h arbeiten, ggf. Teilzeit vielleicht auch Schwarzarbeit - da hat man die 150€ an einem Tag drin. Zudem gebe ich @TilRq Recht, es braucht auch klarere Anreize dann nicht nur Halbtags zu arbeiten.

Fakt ist aber doch, wenn ich Bürgergeld wie ein bedingungsloses Grundeinkommen betrachte, dann ist genau das die Entscheidung: möchte ich für effektiv 1€ die Stunde Vollzeit arbeiten? Da kann man - wenn man die Rahmenbedingungen schafft - ja keinem vorwerfen, wenn er/sie nicht arbeitet. Don’t hate the Player, hate the Game.

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Das kann man so nicht sagen und kommt wirklich massiv auf den Einzelfall an.

Hier in Bochum bekommt ein allein stehender Mensch in einer angemessenen Wohnung etwa 1100 Euro, beim Mindestlohn wären es etwa 1560 Euro. Das macht schon einen massiven Unterschied, insbesondere, wenn man von beiden Löhnen die Fixkosten (~600 Euro) abzieht. Dann verbleibt dem Mindestlohnempfänger fast das doppelte verfügbare Einkommen.

In München sieht das im Hinblick auf die Mieten natürlich schon anders aus, das kann das Wohngeld, auf welches der Mindestlohn-Empfänger Anspruch hat, auch nur begrenzt auffangen. Wenn noch ein unterstützungsbedürftiger Partner oder Kinder dazu kommen wird man dann eben auch schnell zum Aufstocker - und dann kommen wir in den Bereich, wo der Mindestlohn-Arbeiter tatsächlich nur noch 150 Euro mehr im Monat haben könnte. Aber das ist nicht der Normalfall.

Sorry, aber das Problem hier ist die Sichtweise, dass Menschen nur für Geld arbeiten würden. Die meisten Menschen arbeiten nicht nur für Geld, sondern auch für die soziale Anerkennung (oder zur Vermeidung der sozialen Missbilligung des Nicht-Arbeitens).

Und nebenbei, für den Bürgergeld- oder Mindestlohn-Empfänger sind 150 Euro im Monat immer noch eine massive Steigerung ihres frei verfügbaren Einkommens. Natürlich ist dieser Abstand zwischen Sozialleistung und Einkommen in einem Staat mit starkem Sozialsystem niedriger als in einem Staat mit schwachem Sozialsystem. Die Basis für das Sozialsystem muss aber dennoch das sozioökonomische Existenzminimum sein, wenn wir wollen, dass der Abstand zum Mindestlohn höher ist, muss eben der Mindestlohn erhöht werden, nicht die Sozialleistungen gesenkt. Auch wenn das zu höheren Lebenshaltungskosten und deshalb weiter steigenden Mindestlöhnen und Sozialleistungen führt. Es muss eben das gesamte untere Segment der Einkommen so weit erhöht werden, dass ein hinreichender Abstand zwischen Sozialleistung und Mindestlohn gewährleistet werden kann. Dafür müsste dann eben der Abstand zwischen Mindestlohn und mittleren und hohen Einkommen geringer werden. Aber finde dafür mal eine konservative Mehrheit :wink:

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Dann lass es. Aber du stellst hier Behauptungen in den Raum, die schon hundertfach widerlegt wurden und keinen konstruktiven Beitrag zur Debatte über die sinnvolle Gestaltung des Bürgergelds liefern.

Wenn dein verfügbares Gesamteinkommen 563 Euro beträgt und du (wie fast jeder Mensch) ein Bedürfnis an einer vollwertigen Teilnahme an der Gesellschaft hast, dann würdest du (wie die meisten Menschen) natürlich mehr arbeiten, um 26% mehr Geld (=150 Euro) zu bekommen. Es gibt praktisch niemanden, der die Mehrarbeit leisten kann, es bei diesen Bedingungen aber nicht tut. Darum gibt es auch nie konkrete Einzelbeispiele, geschweige denn belastbare Statistiken, die zeigen würden dass sich Menschen in nennenswerter Zahl aus der Arbeit in die Bürgergeld-Hängematte verabschieden.

Das Menschen bevorzugen in Teilzeit zu arbeiten kann extrem viele Gründe haben. Wer z.B. Kinder hat, dem bleibt oft keine andere Wahl (unsere Kita ist jetzt schon in der 4. Woche in Notbetreuung, da ist Vollzeit arbeiten gar nicht möglich).

Schwarzarbeit ist eine Straftat für die es einen völlig separaten Bestrafungskatalog gibt und die unter Bürgergeldempfängern vermutlich erheblich weniger verbreitet ist als beim durchschnittlichen Handwerker.

Ich persönlich habe noch keinerlei Belege dafür gesehen, dass es für Bürgergeldempfänger ungenügende Arbeitsanreize gibt (im Gegensatz zu ungenügender Hilfestellung zur Arbeitsbefähigung). Wer das anders sieht, der kann jederzeit den Mindestlohn anheben, was ich unabhängig von dieser Diskussion ohnehin sinnvoll fände. Wenn trotzdem zum 1000. Mal die „arbeitsunwillige Bürgergeldempfänger“ Sau durchs’ Dorf getrieben wird, dann kann ich das wirklich nicht mehr als Diskussionsansatz ernst nehmen.

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Hier ein recht aktueller Beitrag der Tagesschau der zeigt, dass es zumindest oft keinen Anreiz gibt mehr zu arbeiten (bzw. Vollzeit). Und ich denke wir sind uns einig, dass das Gefühl der gesellschaftlichen Zugehörigkeit bei 30h und 40h sich wohl nur marginal unterscheiden dürfe. Gemäß der hier geäußerten Logik - Anreize spielen keine Roll - dürfte der Inhalt des Beitrags aber als zu ignorieren bewerten werden.

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In dem Beitrag geht es ausschließlich um fehlende Anreize zur Mehrarbeit, nicht um „Trittbrettfahrer“. Weshalb die zitierten „Wirtschaftswissenschaftler“ als Lösung auch vorschlagen, mehr Sozialleistungen zu zahlen, bzw. deren Zahlung bei Zuverdienst nicht so schnell zu reduzieren. Also genau das Gegenteil der „Trittbrettfahrer“-Debatte.

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Lies dir den Artikel, wenn du ihn schon postest, doch auch mal durch.

Zu Wort kommt ein Ökonom vom Münchener ifo-Institut, der vor allem kritisiert, dass die verschiedenen Sozialleistungen, die Aufstocker bekommen können (dh. Kindergeld, Wohngeld, Mindestlohn, aufstockendes Bürgergeld) schlecht aufeinander abgestimmt sind und deshalb in einigen wenigen Fällen der finanzielle Anreiz zu arbeiten zu gering ausfallen kann.

Dieses Problem löst man nicht darüber, das Bürgergeld zu reduzieren (und hat mit Totalverweigerern schon gar nichts mehr zu tun, weshalb es in diesem Thread eigentlich schon falsch ist…), sondern dieses Problem löst man darüber, dass man das ganze Geflecht der Sozialleistungen mal zusammenführt. Warum muss es eine Wohngeldstelle geben? Warum eine Kindergeldstelle? Warum kann das alles nicht mit den Jobcentern zusammen bei einer Institution liegen, sodass der Arbeitnehmer ein Mal seinen Fall schildert und die Institution ihm alle ihm zustehenden Leistungen gewährt? Dann könnte man die verschiedenen Leistungen auch so aufeinander abstimmen, dass die Leistungsbezieher mit Arbeit immer ausreichend stark im Vorteil sind gegenüber den Leistungsbeziehern ohne Arbeit. Und diese Stelle könnte man damit auch gleich etwas Entstigmatisieren, eben weil dort dann nicht mehr nur Sozialleistungs-Empfänger hin müssten, sondern auch alle Kinder- und Wohngeldempfänger. Auch das wäre wünschenswert.

Als anderes Problem benennt der Mensch vom ifo-Institut, dass die Sozialabzüge bei Geringverdienern zu hoch sind, sodass deswegen zu wenig Abstand zum Bürgergeldempfänger verbleibt. Auch das Problem könnte man angehen, aber zur Gegenfinanzierung müsste man halt bei den mittleren bis hohen Einkommen (oder gar Erben) etwas mehr einnehmen. Stattdessen wird absurderweise gefordert, bei denen, die am Existenzminimum leben, zu sparen.

Alle weiteren Kritikpunkte kommen direkt aus der FDP und sind daher grundsätzlich nicht ernst zu nehmen, sondern politischer Kampf.

Kurzfassung:
Herr Körber vom ifo-Institut fordert, dass von jedem verdienten Euro mindestens 30 Cent Vorteil gegenüber Bürgergeldbeziehern verbleiben sollten. Der Forderung kann man sich anschließen, es ist die Forderung nach einer effektiven Erhöhung des Mindestlohnes vor allem für Aufstocker.

Die FDP hingegen fordert das klassische „Leistung muss sich lohnen“ und will Druck auf die SPD ausüben, beim Mindestlohn zu sparen. Es ist das klassische „Treten nach Unten“, sie will das Bürgergeld unter das Existenzminimum drücken, statt das eigentliche Problem anzugehen. Widerliche neoliberale FDP-Politik eben.

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Etwas böse formuliert, vielleicht möchte man sich auch einen gewissen Niedriglohnsektor erhalten, ggf mit etwas staatlicher „extrinsicher“ Motivation….

Das man etwas „geschafft und geleistet“ hat, wird auch deutlicher, wenn man auf Menschen herunterblicken kann, dieses so gesehen nicht so geschafft haben.

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Ich habe ihn gelesen und behaupte ja auch nicht, dass es um “Trittbrettfahrer” geht. Auch in den Beiträgen davor wurde neben Trittbrettfahrern ja auch über Teilzeit gesprochen.
Was man aber schon sagen kann: hier wird ja zum Teil zumindest implizit die Auffassung vertreten, alle wollen unbedingt arbeiten und Anreize spielen keine Rolle. Der Artikel macht schon den Punkt, dass Anreize eine Rolle spielen.
Zusammenfassen der Leistungen ist ME ein sinnvoller Ansatz - aber löst natürlich nicht das in der Überschrift aufgeworfene Problem der Trittbrettfahrer.

Wer hat hier behauptet, dass eine grundsätzliche Reduktion des Bürgergelds die Lösung ist - da stellen wir ja auch wieder einen Pappkameraden auf. In der Frage der “Totalverweigerer” geht es ja nicht in erster Linie darum für alle das Bürgergeld zu kürzen, sondern darum ob wir diesen Menschen weniger geben möchten.

Hier wird ja auch immer wieder What-aboutism mit Steuerhinterziehung angeführt. Und ja, das sollte man sicherlich auch bekämpfen, es sei denn wir bedienen uns dem hier oft angebrachten Argument - ach so viele Leute betrifft es ja nicht a vielleicht 1 von 1000, da können wir drüber hinweg sehen. Sehe ich nicht so - wobei man noch zwischen Hinterziehung und Steuergestaltung unterscheiden müsste. Aus meiner Sicht muss man gegen beides was machen :slight_smile:

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Das stimmt in der Praxis einfach nicht. Das Bürgergeld ist schon so auf Kante genäht und die Sanktionen sind schon so harsch, dass eine weitere Verschärfung sich zwangsläufig auf viele unschuldige Bürgergeldempfänger negativ auswirken wird. Von der erneuten und wiederholten öffentlichen Stigmatisierung mal ganz zu schweigen.

Weil die Zahl der „Totalverweigerer“ im Verhältnis zur gesamten Zahl der Bürgergeldempfänger so niedrig ist, landet man schon fast zwangsläufig in einer Situation, in der eine weitere Verschärfung der Regulation im Verhältnis eine sehr hohe Zahl Unschuldiger trifft. Denn bei der Anwendung jeder bürokratischen Regel kommt es zu Fehlern, einer der Gründe warum sonst z.B. FDP und CDU so sehr gegen Bürokratie wettern. Die anderen Gründe sind ja der Aufwand die nötigen Nachweise zu erbringen und die zur Überprüfung der bürokratischen Regeln notwendigen Angestellten, was ebenfalls auf zusätzliche Bürgergeld-Verschärfungen zutrifft, worin diese Parteien aber dann auf einmal kein Problem mehr sehen.

Insofern ist die Argumentation „trifft ja nur die Schuldigen“ hier absolut nicht zulässig. Es gibt einen echten Zielkonflikt zwischen der staatlichen Aufgabe, Menschen das Existenzminimum zu sichern und dem reaktionären Bedürfnis nach immer härteren Sanktionen und mehr Kontrolle: Ab einem bestimmten Punkt geht beides nicht mehr gleichzeitig.

Das ist kein gutes Beispiel für What-Aboutism, da wir das hier ja unter anderem explizit als Beleg für die Inkonsequenz jener Parteien angebracht haben, die mit Verweis auf das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung und der Kosten von Betrug bzw „Faulheit“ schärfere Sanktionen beim Bürgergeld fordern.

Was das Ausmaß betrifft: Steuerhinterziehung wird auf ein Volumen von 125 Milliarden Euro geschätzt, die jährlichen Steuereinnahmen des Staats summieren sich auf 896 Milliarden Euro.

Beim Bürgergeld haben die Jobcenter 2022 bei knapp 5 Mio Empfängern 119.000 Betrugs- und Verdachtsfälle registriert. Klar, alles nicht im Hellfeld, aber die Zahlen legen nahe, dass „Betrug“ bzw. „Trittbrettfahren“ wirklich nicht zu den vorrangigen Problemen des Sozialsystems gehört.

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Auch das ist nicht legitim. Existenzminimum heißt eben exakt das: Weniger darf es nicht sein, sonst ist es ein Verstoß gegen die Menschenwürde. Und auch wenn es oben schon vielfach gesagt wurde: Wen trifft man damit? Richtig, die „Dummen“ bzw. wegen nicht bekannten Krankheiten (z.B. Depression) „Handlungsunfähigen“, die es nicht gebacken bekommen, sich zu bewerben und Termine versäumen. Die werden dann sanktioniert, weil man sie nicht zur Behandlung verpflichten kann - und es daher keinen Nachweis für einen krankhaften Hintergrund gibt. Diese Menschen landen dann im schlimmsten Fall auf der Straße. Welches „Gerechtigkeitsempfinden“ schütz das?!? Meines jedenfalls nicht. Die „Cleveren“, also die wenigen „echten Totalverweigerer“ werden Wege finden, nicht belangt zu werden, indem sie Arzttermine und Therapieplätze verstopfen oder sich einfach bei Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen dumm anstellen.

Die Befürworter einer stärkeren Sanktionierung gehen auf diese Argumente einfach nicht ein - und das macht es zu Populismus. Es wird eine vermeintliche, einfache Lösung für ein komplexes Problem vertreten, obwohl diese Lösung ziemlich klar nicht realistisch ist. Wir haben genug Daten aus der Zeit der Sanktionierung bei Hartz IV - und das einhellige Echo ist, dass das nichts gebracht hat, außer das Leben von denen „ganz unten“ noch schrecklicher zu machen. Gerechtigkeitsempfinden ist hier einfach eine Nebelkerze.

Darauf hinzuweisen, dass man an anderer Stelle größere Ungerechtigkeiten, die bei Bekämpfung ertragreicher wären und deren Bekämpfung auch weniger kosten würde, beseitigen könnte ist durchaus relevant, wenn die Gegenseite „Gerechtigkeitsempfinden“ als Argument anbringen. Denn es entlarvt, dass es den Konservativen und Neoliberalen nicht um Gerechtigkeit geht, sondern um einen schrecklichen Sozialneid. Das ist wirklich das, was mich Krank macht an dieser Diskussion: Konservative und Liberale sind gut situiert in der Gesellschaft. Dass diese Menschen populistischen Wahlkampf gegen die Ärmsten der Armen machen, während sie gleichzeitig alles unternehmen, um die Steuerhinterzieher unter ihresgleichen zu schützen, ist einfach unter aller Sau.

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Wie gewöhnlich tut auch hier die Emotion der Argumentation nicht unbedingt einen Gefallen. Die Unterstellung, dass konservative Steuerhinterzieher schützen ist zum Einen komplett haltlos und zum Andern natürlich auch unsinnig, weil zum Genom der Konservativen in der Regel auch die Rechtstreue gehört - und die lässt sich mit Steuerhinterziehung naturgemäß schlecht vereinbaren. Will sagen: bloß weil sich jemand als konservativ bezeichnet (oder bezeichnet wird), muss er es noch lange nicht sein, wenn er sich nicht entsprechend verhält.
Es wird mit schöner Regelmäßigkeit hier auch Steuervermeidung und -hinterziehung in einen Topf geworfen. Ersteres ist ein handwerkliches Thema der Gesetzgebung (komplex, weil leider nicht nur national und noch nicht einmal ein reines EU-Thema) und letzteres eine glasklare Straftat.
Bezüglich der Steuervermeidung sehe ich offen gesagt auch nicht wirklich einen Silberstreif am Horizont, weil hier mit ungleichen Waffen gekämpft wird. Talent drängt erfahrungsgemäß zum Geld und deshalb werden die talentierten Steuerrechtler auch zukünftig eher auf Seiten der Berater zu finden sein, als bei Vater Staat. Muss einem nicht gefallen, aber wegwünschen kann man sich´s nunmal leider auch nicht.

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Das Argument lässt sich 1 zu 1 auf das Bürgergeld Bashing der Union übertragen. Denn gute Argumente und eine annehmbare Kosten-Nutzen Analyse fehlt völlig. Es wird nur emotional behauptet (nicht belegt) dass die Bürgergeldbezieher von den schlecht bezahlten Arbeitnehmern leben.

Nun aber mal langsam. Diese Rechtstreue wird gern in Mikrofone getrötet, aber die Taten decken das nicht. Es wird konsequent ein Lobbyregister gegen Korruption blockiert und es wird keine Kampagne mit mehr Personal gegen Steuerhinterziehungen gefahren.

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Besonders hervorzuheben sind da natürlich die bayerischen konservativen Politiker. Deren Rechtstreue ist legendär.

Ja, hätten sie sich mal besser gekümmert. Zumindest wenn Lücken den Ministerien bekannt geworden sind, sollte man da dann auch erwarten, dass sie zeitnah geschlossen werden. Das ist aber nur selten der Fall. Wahrscheinlicher ist, dass Journalisten, die nachrecherchieren Dokumente dazu vorenthalten werden oder gleich mit Unterlassungserklärungen konfrontiert.
Panama Papers und Co waren übrigens nicht legal. Und ja da waren Deutsche ganz vorne dabei.

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Mal so ganz nebenbei, das Argument ist sowieso richtiger Blödsinn auf Niveau von Welt und BILD. Damit suggerierst du wissentlich, dass die anderen Parteien nicht viel Wert auf geltendes Recht legen was schon ziemlich verschwörungsideologisch ist. Eigentlich müsste so eine üble Behauptung entfernt werden.

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Absolut nicht, dann versuchen wir hier aber absichtlich etwas reinzuinterpretieren, weil die Gesamtaussage nicht passt. Nur weil CDU A wichtig ist, heißt das nicht, dass anderen Parteien A nicht wichtig ist.

Auf der anderen Seite habe ich schon das Gefühl, dass Parteien doch sehr direkt Ziele unterstellt werden, die sie selbst nicht so formulieren und die bei rationalen drüber Nachdenken auch keinen Sinn machen, unterm Strich also reine Polemik sind. Beispiele:

  • Sicherlich ist es nicht inhärentes Ziel der CDU, Steuerhinterziehung zu schützen oder auszuweiten. Das zu behaupten ist absurd. Das ändert sich auch nicht, wenn ein gut gemeintes und schlecht gemachtes Gesetz gegen Steuerhinterziehung nicht unterstützt wird.

  • Genauso wenig lässt sich aus einer Kritik am Bürgergeld ableiten, dass die FDP oder die CDU will, dass es möglichst vielen Kindern in Deutschland schlecht geht (wird hier im Forum immer mal wieder behauptet). Vielmehr werden andere Maßnahmen dagegen vorgeschlagen.

  • Dasselbe gilt natürlich auch in die andere Richtung: wenn die Grünen Vorschriften entwickeln, die die Wirtschaft belasten, würde ich auch nicht behaupten, das Ziel der Grünen sei es die Wirtschaft zu zerstören. Es gibt lediglich eine andere Priorisierung zwischen Klimaschutz und Wirtschaft.

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Wir driften jetzt etwas stark in die Interpretation ab.

Bitte sachlich bleiben und gerne Fakten oder Quellen beifügen, wenn es darum geht, welche Partei genau was gesagt haben soll.
Gilt jetzt allgemein