Union und Bürgergeld: Wie hoch ist den der Anteil der Totalverweigerer?

Die Union will den „Totalverweigerern“ unter den Bürgergeldempfänger die Leistung streichen.

Ich habe bisher keinerlei Anzeichen gefunden, dass die Totalverweigerung in der Praxis ein wirkliches Problem ist. Natürlich wird es einige geben. Aber so viele, dass die Union wieder alle Bürgergeldempfänger in ein schlechtes Licht rücken darf?

Das ist sicherlich wieder so eine Nebelkerze und die Medien fallen wieder drauf rein.

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Hat Franz Müntefering nicht mal gesagt, dass wir als Gesellschaft ca. eine halbe Million Schmarotzer aushalten müssen?

13838 Totalverweigerer. Nach Tagesschau Bericht. Bei 5,5 Millionen Empfängern Bürgergeld - 0,0025%, Einsparungen bei ca. 1200€: ca. 200 Millionen/a wenn wirklich alles in einem ganzen Jahr gestrichen würde.

Aber aus meiner Sicht ist es Ablenkung seitens der CDU. Alle Berichte gehen auf die Totalverweigerer. Die anderen Punkte sind doch viel weitgehender, aus meiner Sicht.

Wohnung, Schonvermögen, bereits ab dem ersten Tag angegriffen.

Ist es nicht im ersten Jahr noch eine Versicherungsleistung, es heißt doch noch Arbeitslosenversicherung?

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Den Menschen geht es laut CDU offenbar zu gut…

Den Quatsch würde doch Karlsruhe eh wieder kassieren. Reiner Populismus.

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Passt mal wieder ins Bild. Konservative müssen lügen, weil sie Fakten nicht auf ihrer Seite haben.

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Bestimmt stellst Du das hier nicht absichtlich verkürzt dar , aber die Union will das Schonvermögen von der Anzahl der Arbeitsjahre abhängig machen. Dem wohnt schon eine gewisse Gerechtigkeit inne, finde ich.

Exakt. Und so wie beispielsweise bei der Rentenversicherung erwirbst Du Ansprüche.

Ich kann leider die Quelle nicht nennen, aber als ich mich die letzten Tage zu dem Thema reingelesen habe, stand in einem Artikel (ich glaube der Zeit), dass der Hauptanteil der Bürgergeldempfänger Aufstocker wären, die Jobs haben und bei denen der Lohn trotz Vollzeitstelle nicht reicht. Das wäre 2,5 Mio Leute. Ich schaue, ob ich den Artikel wiederfinde. Wenn dem so ist, finde ich die Zahl der Auftstocker ganz schön heftig.

Ist es für die Systematik nicht erstmal unerheblich, wie viele es sind - solange mehr als 0? Dann ist es von der Union auch keine Lüge oder Fake News, sondern im Zweifel eine Abwägung, ob man an der Stelle das System etwas komplexer machen will, um die Fälle zu vermindern - bzw. den Fehlanreiz abzuschaffen. Warum ein schlechteres System akzeptieren, nur weil es “nur” 200 Millionen spart.

Neben dem Argument “Menschenbild” sollte schon auch berücksichtigt werden, dass - unabhängig vom Kosteneffekt - eine wahrgenommenes Unfairness der hart arbeitenden Leute, die wenig verdienen, zur Spaltung beitragen. Wenn man da Leute kennt die das nutzen, müssen es nicht 60% sein, damit es sich unfair anfühlt.

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Naja, wenn du zum Mindestlohn arbeitest (was aktuell wohl immer noch über 6 Million Menschen tun) und auch nur eine(n) Partner(in) und ein Kind mitversorgen musst, bist du schon im Aufstocker-Bereich. Das kann schon auf einige Fälle zutreffen.

Okay, mal ganz knallhart gefragt:
Was willst du mit Totalverweigerern machen?

Die Dummen wird man erwischen und sanktionieren können, die enden im schlimmsten Fall auf der Straße wie in den USA. Wollen wir mehr Obdachlose? Also ich bin froh über jeden Obdachlosen, der es schafft, Bürgergeld zu beantragen und von der Straße zu kommen… jede Politik, die in die Gegenrichtung führt, ist falsch. Andere werden in die krasse Gegenrichtung gehen, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen („Reichsbürgertum“, „Kampf gegen den Staat“)

Die Cleveren hingegen werden immer Wege finden, nicht sanktioniert zu werden. Das gab es unter Hartz IV, das gab es auch schon in der alten Sozialhilfe. Man kann sie zwingen, sich zu bewerben, aber spätestens beim Vorstellungsgespräch ist es jedem Arbeitsuchenden möglich, nicht eingestellt zu werden. Wie willst du hier diejenigen, die sich absichtlich im Vorstellungsgespräch disqualifizieren von denjenigen unterscheiden, die unfreiwillig in jedem Vorstellungsgespräch scheitern? Es geht einfach nicht. Und im Zweifel wird das nur dazu führen, dass die Termine bei Psychotherapeuten noch knapper werden, weil die Leute sich reihenweise arbeitsunfähig schreiben lassen. Die Folgekosten dieser rein symbolischen Maßnahme können sehr schnell sehr viel höher werden als die „Einsparungen“.

Bleiben nur noch Arbeitslager oder staatliche Programme („Ein-Euro-Jobs“), die sich in der Vergangenheit durchweg als unwirksam erwiesen haben… Sorry, aber die Polemik der Union gegen das Bürgergeld ist und bleibt Unsinn, der keinen Euro einsparen wird, sondern bestehende gesellschaftliche Probleme verstärken würde.

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Leute auf die Straße bringen und/oder amerikanische Verhältnisse herbeizuführen, das will hier sicher keiner. Es gibt ja nicht nur schwarz und weiß. Zumindest sollte jemand, der Arbeit grundsätzlich verweigert und ggf. damit noch öffentlich prahlt, aus meinem Fairness-Empfinden weniger bekommen als jemand, der nicht arbeiten kann oder bei ernsthafter Bemühung nichts findet.

Wenn man aber als Staat von vorne herein freiwillig alle möglichen Mittel (bspw. Strafen) aus der Hand gibt, macht man sich handlungsunfähig und lädt dazu ein, dass Leute einem auf der Nase herumtanzen, weil man sowieso nichts machen kann. Was würde denn wohl passieren, wenn man auf Strafen für Falschparken verzichtet, weil man bspw. denkt, dass das netto nicht genug einbringt?

Bspw. die zwischenzeitliche Idee zum Arbeitslosengeld, die ja nicht so zu kommen scheint: Ich kenne viele Leute die den Job wechseln und das wird zukünftig auch mehr, wenn man da 6 Monate für bspw. 60% des Netto ohne Restriktionen (beim Amt auflaufen etc.) in den Urlaub kann, werden das viele nutzen und sich nicht für den Folgejob 2 Monate später bewerben. Würde ich selbst btw auch so machen.

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Was ich bei den Vorschlägen immer nicht verstehe, warum sie einseitig die Arbeitnehmer in die Pflicht nehmen.
Nehmen wir die Sprachkurse: warum muss der Arbeitnehmer nun sehen wie er Job und Sprachkurs unter einen Hut bringt? Warum werden die Arbeitgeber nicht verpflichtet, ab soundsoviel Mitarbeitern Sprachkurse anzubieten? Die sie dann für Arbeitgeber mit weniger Mitarbeitern öffnen können?
Weiter bei den Aufstockern: wenn der Staat, statt den Verdienst aufzustocken, einen Teil Sozialbeiträge übernimmt, profitieren Arbeitgeber und Arbeitnehmer von niedrigeren Kosten. Der Arbeitgeber kann seine bis zu 20% SV-Einsparung direkt dem Lohn aufschlagen. Wenn man die Aufstocker aus dem System lösen könnte, wären die Zahlen schon viel freundlicher und ehrlicher.

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Um mal eine Zahl in den Raum zu werfen:

Wir reden hier über rund 4 mio Menschen in Deutschland. Aus dieser Statistik geht leider nicht hervor, ob es sich ausschließlich um erwerbsfähige Leistungsbezieher handelt.
Man geht aktuell von 810.000 - 860.000 Aufstockern aus (2019 waren es noch über 1,1 Mio), davon rund 100.000 Vollzeitbeschäftigte.

Wieviele der Leistungsbezieher nun „Totalverweigerer“ sind, wird wohl nicht dezidiert erfasst. Laut Aussagen aus JobCentern aber wohl eine sehr niedrige Zahl, man geht eher von sehr niedrigen sechsstelligen Zahlen aus.

Wie in der Diskussion schon genannt, ist es wohl ähnlich wie mit dem Falschparken: man nimmt Einzelfälle im Alltag wahr und regt sich (zu Recht?) darüber auf, weil es gegen geltende Regeln verstößt bzw unser Gerechtigkeitsempfinden berührt.
Über die Alleinerziehende Mutter die ihre schlecht bezahlte Teilzeitstelle aufstocken muss oder den gesundheitlich nicht arbeitsfähigen 55jährigen wird sich erstmal keiner aufregen.

Nun könnte man das Falschparken rigoros ahnden (Auto beschlagnahmen und versteigern), und auch eindämmen. Dem Gerechtigkeitsgefühl wäre Genüge getan (oder wäre das wieder zu viel Verbot?). Würde das eine relevante gesellschaftliche Verbesserung bringen? Mehr Parkraum? Wohl kaum.
Ähnlich bei „Totalverweigerern“. Wie schon genannt, wer nicht arbeiten will, und welcher Arbeitgeber beschäftigt langfristig Menschen die absolut nicht arbeiten wollen?

Wenn man keine Lösungen hat oder will, um das Gesamtproblem Bürgergeldbezug zu lösen (faire Löhne, gezielte Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation, Bildung und Ausbildung, leidensgerechte Arbeitsgestaltung,…), der sucht sich halt mäßig relevante Teilprobleme heraus, die man öffentlichkeitswirksam (und populistisch?) breit treten kann.
Scheint in der Politik aber parteiübergreifend nicht unüblich.

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Ich glaube, niemand hier hat etwas dagegen, Fehlanreize im System zu vermindern (solange wir damit keine Hungernden und Obdachlosen „produzieren“).

Mir ging es um das Framing, dass die Union betreibt. Die Totalverweigerer waren in jedem Interview von CDUlern das erste, was genannt wurde. Das impliziert, dies sei die höchste Priorität bei der angeblich dringend notwendigen (Lindemann: „Vom Kopf auf die Füße stellen“) Reform des Bürgergelds.

Damit macht sie ein Problem groß, das viel kleiner ist (auch wenn 200 Mio. es schon Wert wären, sich das sachlich einmal ganz genau anzuschauen). Und dadurch werden Bürgergeldempfänger wieder an den Stammtischen zu generalverdächtigten Schmarotzern. Und die BILD findet sicher wieder einen „BüGe-Rainer auf Malle“

Ich habe den Verdacht, dass das nur der erste Schritt sein wird. Wenn dann die Sozialleistungsempfänger auf diese Weise genug de-legitimiert sind, kann die Union endlich die eigentlich gewünschten „Prioritäten setzen“: Dort massiv mit den angeblich so notwendigen Einsparungen ansetzen.

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Doch, die CDU will genau das, hat sie ja so gesagt (oder vielleicht meinst du mit „hier“ im Forum, dann ok). Es geht ihnen nicht um „weniger bekommen“, sondern darum, alle Leistungen zu streichen.

Es gibt hier eben ein Existenzminimum. Wenn man Menschen, die sich ernsthaft bemühen (können), besserstellen will, wie wäre es denn, die Bürgergeldsätze für diese Leute zu erhöhen, statt andere, die mit psychichen Problemen kämpfen, unters Existenzminimum zu treiben?

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Genau hier hinkt das Beispiel. Und zwar aus Zwei grundlegenden Gründen:

Beim Falschparker ist die Folge, dass sie oftmals eine erhebliche Gefahr für einzelne hervorrufen (z.B. durch schlechte Sicht oder ausweichen über Straße) und noch häufiger einen Aufwand, z.B. durch einen Umweg weil man der Stelle nicht über die Straße kommt (vorwiegend Leute mit Kinderwagen, Rollator, Fahrrad oder Rollstuhl).
Bestraft man das konsequent, erwischt man zudem nur Leute die ja offensichtlich gegen Regeln verstoßen haben. Unabsichtlich zählt dabei nicht, denn wer in der Lage ist ein Fahrzeug zu führen, der muss auch in der Lage sein korrekt zu parken.

Bei Totalverweigerern entsteht erstmal weder eine direkte Gefahr, noch eine Beeinträchtigung. Bei härteren Strafen erwischt man zudem wohl weniger die, die das als Masche nutzten, sondern vielmehr die, die einfach Überfordert sind, sei es durch mangelnde Fähigkeiten, psychische Probleme oder andere Beeinträchtigungen.
Das einzige wo ich mir Härte wünsche ist bei vorsätzlichem Betrug, also z.B. falsche Angaben zur Wohnsituation etc.
Das soll nicht heißen, dass ich ansonsten gegen jegliche Sanktionierung bin, diese muss aber durchaus mit Augenmaß erfolgen und es muss viel mehr Hilfen geben, die zudem nicht von einzelnen Orten oder gar Sachbearbeitern abhängen.

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Faktisch alles richtig.

Aber wenn ich den Entwurf der Union richtig deute, sieht man dort in diesen „Totalverweigerern“ offenbar eine erhebliche Gefahr für die Gesellschaft, den sozialen Zusammenhalt sowie einen sich zuspitzenden Fachkräftemangel, weil diese (Zitat) „gesunden, qualifizierten Menschen zwischen 20-35 Jahre“ nicht arbeiten wollen.
Die Kommunikation des Sachverhalts ist das Problem

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Das das Argument mit dem Fachkräftemangel Quatsch ist wissen die wohl selbst. Welcher Arbeitgeber stellt denn gerne Leute ein, die viel Energie in das Vermeiden von konstruktiver Arbeit stecken. Also gerade die, die ganz gezielt und geschickt verweigern werden den Firmen eher schaden als nutzen.

Das sind aber natürlich die, von denen viele Leute mindestens einen Kennen und das ganze ungerecht finden. Da wird mit Bürgergeld, Gelegenheitsjobs und Schwarzarbeit ein Lebensstandard erreicht den manch anderer mit regulärer Arbeit nicht erreicht.

Und dann hat man die, die quasi nicht in der Lage sind zu arbeiten und auch nicht in der Lage dazu sind sich an die Regeln der Jobcenter zu halten. Die sind darin überfordert den eigenen Alltag im Griff zu haben. Warum sollten sie mit Sanktionen weniger überfordert sein? Und welcher Arbeitgeber würde jemanden einstellen, der Probleme damit hat zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Ort zu sein. Was soll das für ein Job sein, den so eine Person aus Gründen von sonst drohenden Sanktionen ausfüllen könnte?
Diese Menschen brauchen eher Hilfe als Druck.

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Manchmal gehen Druck und Hilfe Hand in Hand. Es gibt Personen, die durch das System Schule gefallen und dann von der Gesellschaft aufgegeben worden sind. Die sind dann vielleicht Mitte 20, machen hier und da einen Gelegenheitsjob aber haben sich im Großen und Ganzen mit der Situation arrangiert. Hier kann Druck und „Zwang“ in einen geregelten (Arbeits-)Alltag wahre Wunder bewirken. Anfänglich rein extrinsisch motiviert, habe ich Menschen schon richtig aufblühen sehen. Das mündete dann im Angebot für eine Berufsausbildung und die Person steht heute Mitte im Leben.

Die Vorbemerkungen möchte ich damit nicht enkräften, aber es gibt auch Personen, denen ein Schubs in die richtige Richtung hilft.

Das Problem ist, dass es normalerweise keinen freundlichen, unterstützenden „Schubs“ gibt, sondern behördliche Schreiben (die Menschen mit Problemen vielleicht einfach nicht öffnen) mit Fristen und dann Sanktionen, die wieder per Brief kommen.

Diese Vorgehensweise eignet sich nicht, Menschen zu „motivieren“. Wenn, dann braucht es Sozialarbeiter:innen etc.

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