Ohne selbst trans zu sein, glaube ich, dass in @Felix1 sicherlich gut gemeintem Post einige häufige Misverständnisse zu den vermeindlichen Problemen führen.
Das wichtigste vorweg: trans Menschen werden es nicht mögen, wenn man von
scheibt, denn sie haben keine intrinsischen „Probleme“. Im Gegenteil. Sie wissen besser, als die meisten, wer sie sind, wie sie dahin kommen wollen und können in der Regel sehr gut mit sich selbst klarkommen. Manche Menschen sprechen nach ihrer Transition auch von „gender euphoria“, die in etwa die anhaltende Freude darüber beschreibt, dass man endlich herausgefunden hat, wer man wirklich ist. Es ist die Gesellschaft, die ein Problem mit trans Menschen hat und bei jeder erdenklichen Gelegenheit Probleme macht. Transidentität selbst ist kein Problem.
Ich hoffe, dass das ein wenig Punkt 1 erhellt. Aus Sicht von trans Menschen ist total klar, was sie wollen, was sie tun müssen und welche Konsequenzen das für sie hat. Die Entscheidung zu einer Transition wird als Entscheidung für etwas und nicht als Entscheidung gegen etwas wahrgenommen. Das Framing als Krankheit oder zu behebende Störung entspricht nicht dem, was diese Menschen empfinden und wie sie das rational einordnen.
Um es ein bisschen bildhaft darzustellen, wie sich Transidentität vor einer Transition in unserer Gesellschaft anfühlt, ist hier ein Beispiel einer Freundin: Wir alle kennen die Situation, wenn man sich in einem Forum anmelden oder bei Ebay etwas bestellen will, und sich ein Passwort ausdenken muss. Man wird gezwungen, sehr strikte Passwortregeln zu befolgen (zwischen 7 und 10 Zeichen, mindestens drei Großbuchstaben, drei Kleinbuchstaben, drei Sonderzeichen, aber kein „&“, und mindestens eine Zahl. Das Passwort muss alle 14 Tage geändert werden …). Wenn man dann noch die Wohnaddresse, seine Mailadresse (zweifach per Hand eingeben - zur Sicherheit!) und zwingend eine Faxnummer angeben sowie fünf Captchas lösen muss, dann hat man einen guten Eindruck davon, wie sich Behördengänge, Fahrscheinkontrollen, der Gang zur Post und viele andere alltägliche Dinge für trans Menschen im Alltag anfühlen. Von den meisten Menschen erwarten wir in unserem Alltag gar nicht viel: Einfach, so wie wir sind, normal zu wirken und mit dem korrekten (d.h. für mich korrekten) Namen angesprochen zu werden, genügt völlig.
Ein andauerndes Problem ist, dass bei trans Menschen unnötigerweise hochpersönliche Dinge in die Öffentlichkeit gezogen werden, die bestenfalls Patnerinnen oder Ärztinnen etwas angehen.
Oben genannte Freundin hat mal passend (sinngemäß) getwittert:
Falls wir hinreichend intim sind, um über Genitalien zu sprechen, dann kannst du mich fragen, ob ich mich operieren lasse. Vorher ist das extrem taktlos!
Punkt 2 ist aus meiner Sicht trivial und die moderne Informatik hat derartige Themen eigentlich inzwischen durch moderne Datenbanksysteme (wie sie z.B. auch für Metadaten in der Wikipedia verwendet werden) gelöst. Es gibt auch genug Länder, wie etwa UK, die auch ohne Einwohnermeldeamt und ohne Personalausweis funktionieren (In UK haben Sozialversicherungsnummer/NiNo number und die Steuernummer wichtigere Rollen und alles funktioniert).
In Punkt 3 klingen interessante Fragestellungen an, die auch unter dem Namen Mehrfachdiskriminierung (intersectional discrimination) untersucht werden. Das Lehrbuchbeispiel dazu war ein Fall, als Entlassungwellen bei General Motors in den 1960er Jahren ausschließlich schwarze Frauen (aber weder weiße Frauen noch schwarze Männer) trafen. Dass viele Diskriminierungen erst durch ein Zusammenspiel von Merkmalen und Zugehörigkeiten wirksam werden und oft ein einziges Merkmal (wie etwa Mann-Frau) unzureichend ist, um eine Diskriminierung zu beschreiben, ist ein lange bekanntes Thema in den Sozialwissenschaften und nichts, was ausschließlich im Kontext von trans Menschen relevant ist. Soweit ich weiß, gibt es nach heutigem Stand kein simples Universalrezept gegen Mehrfachdiskriminierung.