Das ist genau der Grund warum ich momentan gegen ein Tempolimit bin. Als erstes sollten wir versuchen es hinzukriegen, dass sich der Großteil an die StVO hält und dann kann man ein Tempolimit einführen. Und gegen das Einhalten von bestehenden Tempolimits sollte eigentlich auch kein Widerstand da sein, denn die gibt es ja bereits.
Ich gehe auch davon aus, dass das Einhalten der StVO (mehr Kontrollen) einen deutlich größeren Effekt hat, als ein Tempolimit. Denn rein von der Logik her müssten Verstoße gegen die StVO deutlich gefährlicher sein, als schnelles Fahren auf freigegebener Strecke. Ich präzisiere: Schnelles Fahren ohne gegen §1 der StVO zu verstoßen, also Mindestabstand einhalten, niemanden gefährend, Rücksicht nehmen… also eigentlich gar nicht mehr so schnell fahren.
Ist es Ihre Meinung, dass das heute nicht der Fall ist? Dass sich nur eine Minderheit an die StVO hält? Das ist nicht meine Erfahrung.
Es gibt natürlich immer Raser, Falschparker, und andere die die Regeln mit Füßen treten, aber die Mehrheit?
Die Einführung eines Tempolimits müsste gut vorbereitet werden, Kommunikation ist extrem wichtig, und eine Übergangszeit ohne Strafen, nur mit Ermahnungen, wäre auch nicht falsch.
Ich war zwar noch zu jung für einen Führerschein, aber die Einführung 1973 in den Niederlanden war in meiner Erinnerung auch eine erhebliche Kontroverse.
Ich zitiere mal wieder aus der Studie des Umweltbundesamtes:
Von den schnell fahrenden halten sich also etwa 2/3 nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Von der Gesamtheit sind es 39%. (Die zugrunde liegende Zählung stammt aus dem Jahr 2014, von daher haben sich die Zahlen vielleicht etwas verschoben).
Aber das betrifft nicht nur das Tempolimit. Deutlich kritischer sehe ich den Mindestabstand. Im Frankfurter Berufsverkehr hält sich da niemand dran weil jede Lücke sofort dicht gemacht wird.
Also erst die Menschen dazu bringen, dass sie bei der Steuererklärung nicht mehr schummeln, dann kann man mal darüber nachdenken, die Steuern auch einzutreiben.
So wie es jetzt ist, trifft es genau die, die es am wenigsten verdient haben.
Ich finde, man sollte es einfach probieren und dann sieht man schon wie es läuft.
Traue keine Statistik die man nicht selbst…
Die relevante Grafik in der Studie basiert auf Daten aus einer weiteren Studie. Super. Die weitere Studie hab ich nicht finden können, bin ich anscheinend zu doof dazu.
Die Legende zur Grafik deutet an, dass hier zumindest ungeschickt geschnitten wurde, da die Grenzwerte jeweils zur höheren Stufe dazu gerechnet wurde: Wenn ich mit exakt 120 km/h gemessen wurde, zähle ich zur Stufe ‚120 <= v < 130‘ und werde als Temposünder kategorisiert. Für die zu erreichende Umweltentlastung mag die Differenz klein sein, für Ihre Prozentrechnung sehr wohl, da sich mehr als 20% gerade in diesem Geschwindigkeitsbereich bewegt haben.
Vielleicht ist diese Studie der Universität Wuppertal noch aufschlussreich, sie basiert auf Flottendaten, und vergleicht auch mit den Daten die für den Bericht des UWB Grundlage waren. Evaluation of driven speed on German motorways without speed limits
Nachtrag: Ich habe die Studie des Herrn Löhe noch gefunden. Sie basiert auf 60(!) feste Messstellen mit jeweils zwei Richtungen. 60 insgesamt. Manche davon in einem Bereich mit Tempolimit, manche ohne. Manche im Ballungsraum, manche nicht. Dann wird die statistische Bedeutung schnell sehr dünn… GESCHWINDIGKEITEN AUF BUNDESAUTOBAHNEN IN DEN JAHREN 2010 BIS 2014
Wer schneller fahren will, als er aufgrund der Verkehrssituation kann hält sich nicht an Sicherheitsabstände. Der nimmt auch keine Rücksicht.
Wenn ich mit meinen 130 km/h einen LKW überhole so kann ich damit rechnen, dass auf der Länge des LKW noch mindestens zwei Fahrzeuge „schieben“ wenn ich dazu ansetzen wieder einzuscheren.
Diese binäre Betrachtung ist aber doch komplett an der Praxis vorbei: 122 km/h sind auch „schneller als“ 120 km/h, und ein paar km/h über Limit fahren viele Autofahrer alleine schon deshalb zumindest zeitweise, weil sie nicht mit Tempomat fahren und daher immer etwas um das Limit herum pendeln.
5 km/h über 120 sind aber sicherheits- und verbrauchstechnisch eine komplett andere Situation als 100 km/h über 120 - nämlich 125 km/h versus 220 km/h. Das in einen Topf zu werden, indem man nur zwischen „nicht schneller als“ und „schneller als“ das Limit unterscheidet, ist eine unseriöse Vereinfachung und macht deine Argumentation ungültig. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass die 39%, die „schneller als 120 km/h“ bei 120er-Limit fahren, das Limit komplett ignorieren und ihr Fahrzeug bis >200 km/h (oder was auch immer die Motorisierung hergibt) ausreizen. Meiner empirischen Erfahrung zufolge lassen sich auch notorische Raser, die jede Strecke ohne Limit mit komplett durchgedrücktem Gaspedal durchheizen, auf limitierten Autobahnbereichen durchaus von den Limits bremsen, wenngleich sie die Tendenz haben, die Limits konstant 10-20 km/h zu übertreten. Aber es sind halt dann immer noch „nur“ 130-140 km/h, und keine 220 km/h mehr, die gefahren werden würden, gäbe es kein Limit. Und somit materialisiert sich der Spritspar- und Sicherheitsgewinneffekt auch dann, wenn diese notorischen Schnellfahrer weiterhin die Limits übertreten.
Ja, ich erlebe das auch nicht. Ich frage mich aber ob es daran liegt, dass es das nicht gibt oder daran, dass man rücksichtsvolle Schnellfahrer nicht bemerkt. Die schieben ja nicht.
Daran schließt sich die für mich entscheidende Frage an: Was ist das größere Problem: Das Schnellfahren oder das rücksichtslose (Verstoß gegen StVO §1)?
Da bin ich nicht ganz bei Dir. Ich denke wir sind uns einige, dass wir mehr Kontrollen brauchen und auch höhere Strafen. Ich bin aber auch der Meinung, dass an vielen Stellen die Strafen bereits ausreichend sein dürften, wenn ausreichend kontrolliert wird. Stell Dir einfach mal vor, dass hinter Dir Blaulicht an geht, Du rechts ranfahren musst und dann einem Polizisten Rede und Antwort stehen musst. Das ist bereits eine unangenehme Situation.
Die steht so in der StVO. Wenn da auf dem Schild eine 120 steht, dann sind 120 OK, alles drüber ist zu schnell. Dafür spielt das wie viel zu schnell keine Rolle. Das kommt erst danach ins Spiel, wenn es um Konsequenzen geht. Du hast natürlich insofern einen Punkt, dass natürlich der Anteil an sehr schnellen Autos sich stärker reduziert. Aber 39% sind mir da einfach zu viel. Und es ist ja nicht so, dass da bei 130-140 km/h Schluss ist. Da ist auch ein Balken bei >185 km/h.
Und warum genau sträuben Sie sich dann so sehr gegen ein Tempolimit? Das schließt doch härtere Strafen, mehr und härtere Kontrollen und mehr Durchsetzung der StVO nicht aus. Wir müssen viele Maßnahmen ergreifen, und zwar gleichzeitig. Warum also nicht Tempolimit UND verstärkte Durchsetzung der StVO?
Aber das ist doch der Punkt, ab dem es relevant wird: wenn es um Konsequenzen geht. Wir diskutieren hier doch die ganze Zeit über Konsequenzen von schnellem Fahren: ökologische, ökonomische, verkehrssicherheitstechnische Konsequenzen. Und die hängen sehr massiv davon ab, WIE SCHNELL man fährt!
Also ist eine Argumentation, die von einer Betrachtung ausgeht, die das „wie schnell“ ausklammert, und dann über irgendwelche kruden Wege versucht, grenzenlos schnelles Fahren zu verharmlosen und zu rechtfertigen, doch eindeutig unlogisch und nicht valide.
Der Balken bei >= 180 ist nur sichtbar wenn es keinen Tempolimit gibt. In der Originalstudie wird erwähnt, dass bei einem Tempolimit von 120 km/h „bis zu 1%“ der Messungen eine Geschwindigkeit von >= 170 km/h festgestellt wurde. Betonung auf „bis zu“. Die Zahlenwerte sind leider in der Studie (besser: Bericht) nicht enthalten.
Aus der Grafik fällt es mir mehr als schwer, dort wirklich ein Prozent zu erkennen. Außerdem: Von den 60 Messstellen (deutschlandweit!) sind nur 17 (in Worten: siebzehn) Messstellen in einem auf 120 km/h beschränktem Bereich aufgestellt. (Am Anfang der Studie in 2010 nur 13, deutschlandweit… Really?!)
Tut mir leid, aber Ihre 39% auf die Sie die ganze Zeit pochen sind in keiner Weise belastbar. Schauen Sie sich den Bericht vom Herrn Löhe mal genau an, ich hab ihn gestern verlinkt.
ihr hattet ja mal um ein Feedback von Leuten gebeten, die gerne schnell auf der Autobahn fahren. Ich oute mich da jetzt einfach mal. Aber zuvorderst: Ich bin für ein Tempolimit, gerne wie in Polen 140 km/h - aus Vernunftgründen. Das Thema ist aber eines, das auch einer emotionalen Betrachtung unterliegt für eben nicht wenige unserer Mitbürger.
Zum einen gibt es natürlich den „Vertriebler“, für den halt die eingesparte viertel oder halbe Stunde ein Kundentermin mehr ist und damit bares Geld. Aber das dürfte die eher kleinere Gruppe der Tempolimitgegner sein.
Die weitaus größere Gruppe sind Leute, die so Auto fahren wie ich das tue und das Auto als mehr sehen als ein Fortbewegungsmittel. Für mich ist es gelebte Freiheit, bei - anders als in eurem Beispiel - ordentlichen Witterungsbedingungen eben schnell meine Freunde in Karlsruhe (170 km Distanz), Heidelberg (230 km Distanz) oder in Stuttgart (100 km Distanz) besuchen zu können. Es sind für mich keine Reisen die ein Viertel des Tages einnehmen, sondern eben jeweils bei freien Autobahnen innerhalb von unter zwei Stunden zu bewältigen sind. Mir gibt das jedenfalls das Gefühl, im für mich relavanten Raum zu einem von mir gewählten Abfahrts- und Ankunftszeitpunkt da sein zu können wo ich will. Ein Tempolimit würde diese Reisezeiten für mich doch drastisch erhöhen und ich würde vielleicht eher Abstand davon gewinnen. Ihr werdet jetzt völlig richtig sagen, dass das ja genau der Sinn des Tempolimits ist, aber genau das wäre es für mich - Verzicht, auferlegt von dritter Seite. Aus guten Gründen, aber es wäre emotional gesehen so.
Mit dem Sicherheitsaspekt lockt ihr solche Leute nicht hinter dem Ofen vor. Ich fahre einen hochgezüchteten BMW, der mir jede drohende Gefahr anzeigt und im Zweifel sogar für mich bremst. Seit 15 Jahren fahre ich i. W. so unfallfrei Auto und ich bilde mir zusammen mit diesen Leuten ein, durch die vielen Kilometer und die Fahrerfahrung je nach Verkehrs- und Wetterlage das Auto auch mit 190 km/h zu beherrschen. Das erfordert natürlich vorausschauendes Fahren usw., aber subjektiv denkt man da so. Hinzu kommt, dass es ja in hochfrequentierten Autobahnabschnitten durchweg Tempolimits gibt.
Wissenschaftlich valide ist davon zwar nichts - natürlich steigt auch meine Fahrsicherheit mit einem Tempolimit.
So, ich hoffe, ich konnte da jetzt mal einen Einblick in das Gefühlsleben eines sozusagen „Autoliebhabers“ geben. Vielleicht hilft das ja bei der Formulierung von Kompromissen oder einfach beim Überzeugen.
Das schaffst du bei den Distanzen auch bei Tempo 130^^
Du formuliert richtig „du bildest dir ein“. Ich war bei einem Fahrsicherheitstraining, da haben sie während der Theorie immer wieder Bezug auf einen Unfall genommen. Sie hatten sogar das Unfallfahrzeug (ein normales Mittelklassefahrzeug) real auf dem Platz, welches man während der Ausbildung begutachten konnte. Am Ende haben sie gefragt wie schnell die wohl gewesen sind.
Ich mit meinen 20 Jahren Fahrerfahrung hab auf mindestens zulässige Höchstgeschwindigkeit 90km/h getippt und war damit bei den eher konservativen.
Die Unfalluntersuchung hatte ergeben, dass die tödlich Verunglückten nicht schneller als 50km/h gewesen sein können.
Seit dem Training bin ich „Verkehrshindernis“ da ich im Dunkeln nicht mehr schneller als 70km/h fahre (eingezäunten Strecken ausgenommen)
Von dem her Respekt, dass er sich hier zum Abschuss frei gibt, um aufzuzeigen, was in solchen Menschen vorgeht.
Hab ich ja schon woanders geschrieben. Das geht auch aus Studien hervor, dass die meisten (vor allem männlichen) Autofahrer sich für gute Autofahrer halten.
Tatsächlich sagt die Unfallfreiheit nichts über den eigenen Fahrstil aus, sondern kann genauso an aufmerksamen Verkehrsteilnehmern liegen.
Einmal kam eine Corvette von hinten angeschossen, als ich gerade zum überholen ansetzen wollte. Ein zurückscheren und eine Vollbremsung hat wahrscheinlich uns beiden das Leben gerettet.
Irgendwie ist man mal wieder vom eigentlichen Thema „Tempolimit um Ölimporte 2% direkt zu senken“ abgekomen. Klar, das passiert auch in anderen Themen, aber es fällt schon auf, dass dies immer wieder bei diesen Tempolimit Themen passiert. Hier wird der Fokus regelmässig verschoben. Es geht nur am Rande um Fahrsicherheit, auch nicht um die Freiheit jedes Einzelnen. Kann man gerne diskutieren (wobei man wohl ahnen kann was das Ergebnis ist, der Deutsche ist eben eine Ausnahme in Sachen Tempolimit), aber doch bitte nicht wenn es darum geht ob man Sprit sparen kann mit einem allgemeinen Tempolimit.
Du legst mir was in den Mund, was ich so nicht meinte: Reduzierte Kosten durch Tempolimit inklusive Einhaltung der STVZO. Dieser schlitzohrige Verweis auf das, was man mit Einhaltung der Regeln sparen kann. Darum sind wir u.a. an dem Punkt, weil sich Autofahrer sehr selektiv an Regeln halten und das viele Abgase zu folge hat.
Ich entgegne der „10-20 km/h zu schnell ist doch nicht so schlimm“ Argumentation damit, dass für mich 1 km/h zu schnell bereits zu schnell ist. Und das wird so verstanden, dass ich grenzenloses schnelles Fahren verharmlose???
Mir driftet die Diskussion zu sehr ab und ich wiederhole mich auch nur noch.
Ja, langfristig bin ich damit einverstanden. Nur was passiert, wenn das jetzt durchgesetzt würde? Wir sparen die 2% Ölimporte und entsprechend CO2, durch die Kontrollen vermutlich noch mehr. Aber es werden auch alle Menschen, die schnell fahren wollen, das nicht gut finden. Und das sind eine Menge Menschen. Laut UBA Studie 39%. @JBz gut möglich, dass die 39% nicht belastbar sind, aber es sind auf jeden Fall eine Menge.
Für den Klimawandel brauchen wir möglichst viele Menschen. Und beim Tempolimit gibt es massiven Widerstand. Daher halte es schlicht und einfach für geschickter als erstes die bestehenden Tempolimits und Straßenregeln gesellschaftlich zu etablieren. Heißt primär deutlich mehr Kontrollen. Da braucht es keine Gesetzesänderung, das sind ja geltende Regeln. Und wenn man das machen würde, dann würde man auch den Widerstand gegen das Tempolimit automatisch deutlich verringern. Denn Rasen geht in den meisten Fällen nur, weil bereits anderweitig gegen die StVO verstoßen wird.
Das ist meine Meinung nochmal zusammengefasst. Tempolimit ist sinnvoll, aber die Voraussetzung für eine gute Umsetzung fehlen. Ich werde mich dann auch aus dieser Diskussion zurückziehen, ich glaube ich habe alles gesagt.
Noch ein kleiner Nachtrag:
@JBz hat die Orginalstudie gefunden (Danke dafür).