Die Eigenschaft „Demokratie“ zu sein hat erst Mal nichts mit der Eigenschaft, Staat zu sein, zu tun…
Daher: Wir erkennen Diktaturen nicht die Anerkennung als „Staat“ ab, weil sie Diktaturen sind, ebenso wenig erkennen wir unabhängige Landesteile, die nach Demokratie streben, nicht deshalb automatisch als Staat an.
Wenn sich z.B. jetzt ein pro-westlicher Teil Russlands abspalten und zur Demokratie bekennen würde, würde daraus nicht automatisch folgen, dass dieser Teil international als eigener Staat anerkannt würde. Hier würde auch kein westlicher Staat eine Anerkennung vornehmen. Denn wir können das Vorgehen Russlands in der Ostukraine und der Krim nicht kritisieren und gleichzeitig exakt das gleiche tun, nur weil die Abspaltenden Teile in diesem Fall unserer Auffassung von einem „korrekten Staatswesen“, daher Demokratie, folgen.
Nahezu jedes größere Land hat Angst vor Unabhängigkeitsbestrebungen im eigenen Land (Spanien mit Katalonien, Deutschland mit Bayern, USA mit Kalifornien, Italien mit Südtirol, Rumänien mit Siebenbürgen und viele mehr…). Deshalb ist auch dem demokratischen Westen daran gelegen, den Status Quo aufrecht zu erhalten.
In Taiwan haben wir die Sondersituation, dass China nach dem Chinesischen Bürgerkrieg in zwei Teile geteilt wurde, die Sieger des Bürgerkriegs (die Kommunisten) haben die Kontrolle über das gesamte Festland-China errungen, die Verlierer ( Kuomintang) haben sich auf die Insel Formosa, jetzt Taiwan, zurückgezogen und konnten diese verteidigen.
Seit dem Ende des Bürgerkriegs haben beide Seiten den Anspruch auf ganz China gestellt, beide Seiten haben daher eine Ein-China-Politik verfolgt. In der ersten Zeit hat Taiwan daher Gesamt-China vor der UN vertreten, obwohl dort nur ein winziger Bruchteil der Bevölkerung dort lebte, während das riesige Festland-China keine Vertretung vor der UN hatte.
Hätte Taiwan zu dieser Zeit die kluge Entscheidung getroffen, etwaige Machtansprüche gegenüber China ruhen zu lassen und auf eine Eigenstaatlichkeit beharrt, sähe die Situation heute anders aus. Leider wollen aber beide Parteien genau das nicht. China hat sich letztlich vor der UN durchgesetzt. Taiwan hingegen hat noch lange Zeit später auch Machtansprüche gegenüber China vertreten.
Erst seit der Demokratisierungsprozesse ab 1987 hat Taiwan langsam die Ansprüche auf die Gesamt-Vertretung Chinas fallen gelassen und ist damit von einer Ein-China-Politik abgerückt, weil offensichtlich klar wurde, dass diese Ansprüche unmöglich durchsetzbar sein werden - daher: Wenn es jemals nur „ein China“ geben wird, dann wird das nicht unter Taiwanischer Führung sein. China hingegen hält weiterhin an einer Ein-China-Politik fest.
Deutschland wird hier in der Anerkennung Taiwans nicht vorpreschen, wenn nicht mal die USA im Kalten Krieg diesen Schritt gegangen sind, was logisch gewesen wäre im Hinblick darauf, dass China Kommunistisch war. In diesem Sinne ist das Verhalten Strack-Zimmermanns absolut verständlich. Und die USA wissen ganz genau, dass eine Anerkennung Taiwans möglicherweise den bisher eher kalten Konflikt heiß werden lassen könnte, indem China sich gezwungen sehen könnte, Tatsachen zu schaffen.
Die Anerkennung Taiwans wird daher - wenn überhaupt - nur kollektiv vom gesamten Westen geschehen, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen mindestens ein Wirtschaftskrieg mit China wären. Daher wird es so weiter laufen wie bisher: Die USA und andere westliche Staaten werden Taiwan nach allen Kräften aufrüsten, damit der Preis einer Invasion für China zu hoch wird. Gleichzeitig wird Taiwans Wirtschaft maßgeblich unterstützt, um die Demokratisierungsprozesse und die West-Bindung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten.
China weiß sehr genau, dass es Taiwan aktuell nur über Propaganda erobern kann, indem eine pro-chinesische Stimmung in Taiwan erzeugt wird. Eine Eroberung mit Gewalt würde die gesamte Infrastruktur in Taiwan zerstören, die China so gerne erobern würde - und die globalen politischen Verwerfungen wären diesen Preis nicht wert.