Ich wollte gerne noch etwas zu der Diskussion hinzufügen. Ich war hier im Forum ja mit an den Auslösern beteiligt. Leider war zuletzt aber recht viel los. Daher mein verspäteter Beitrag. Ich gehe dabei nicht nur auf den Strommarkt ein, weil der Ausgangspost an sich von Erzeugung bis Vertrieb das ganze System beinhaltet.
Grundsätzlich kann ich dem Argument, dass Daseinsvorsorge eine Aufgabe des Staates ist auch viel abgewinnen. Gerade im Stromsektor würde ich aber entgegnen, dass die aktuelle Lösung eigentlich sehr charmant ist.
Die Frage ist dabei zunächst, was muss auf jeden Fall sichergestellt werden. Das ist der Transport von Energie, hier Strom. Zentraler Punkt ist also das Netz. Hier muss sichergestellt werden, dass das funktionsfähig ist, also als kritische Infrastruktur elementar ist. Ähnlich sind es Straßen oder Schienen. Auch hier hat der Staat aus meiner Sicht zu gewährleisten, dass es funktioniert.
Jetzt könnte man meinen, dass es bei letzterem mehr schlecht als Recht läuft während das Stromnetz in Deutschland zu den sichersten und leistungsfähigsten der Welt zählt. Genauso zählen aber auch Argumente, dass z.B. das Netz der USA vereinfacht gesagt eher marode ist. Also an sich erst mal kein Argument pro privatem Betrieb von Infrastruktur.
Das bringt mich zu einem zentralen Punkt, der bei Strom sehr gut umgesetzt wurde. Die Regulierung der Netze ist da wesentlich besser gelöst worden. Die Netzbetreiber müssen ihr Netz so gut in Schuss halten, sonst gibt es weniger Geld. Dazu gibt es eine Anschlusspflicht, ich muss Haushalte also an das Netz anschließen und kann sie nicht einfach außen vor lassen. Das müsste man sich mal im Bahnnetz vorstellen, dass es eine Vorschrift gibt, dass es einen Ort gibt, der ein Netz bekommen muss und wenn er Bahn fahren will, dann auch ein Zug dahin fahren muss (klar ist das etwas vereinfacht, aber zeigt, dass es Lösungen für Probleme gibt, die auch einen privaten Betrieb nicht zu schlecht machen). Grundsätzlich kann das alles aber auch der Staat machen, nur finde ich gerade im Stromnetz die aktuelle Lösung für Verbrauchende wesentlich besser gelöst. Klar dürfen die privaten Betreiber (Verteilnetze sind auch ein Haufen Stadtwerke Gewinne machen, aber selbst da sind wiederum die Eigenkapitalzinsen vorgegeben, die Regulierung greift also bei Netzen sehr weit ein).
Zur Verstaatlichung der Erzeugungsseite. Das sehe ich aktuell ebenfalls kritisch, weil der Staat leider oft genug zeigt, dass er sobald er selber direkt verantwortlich ist, nicht schnell genug handelt. Ein super Beispiel ist der Kohleausstieg und die Verflechtung von Kommunen und RWE in NRW. Das ist kein Geheimnis, dass dort viel mehr Zeit als notwendig verstrichen ist und der Ausstieg viel später angesetzt wurde, weil die Kommunen finanziell davon profitiert haben und sich selber ungerne ins eigene Fleisch schneiden. Hier sehe ich den Vorteil, dass der Staat außen vor ist und die Regeln frei von seinen Verflechtungen setzen könnte. Insofern ist die Erzeugung für mich eher vergleichbar mit z.B. dem Automobilbau, wo der Staat gerade weil er Beteiligungen hat eher als Bremser auftritt denn als „Möglichmacher“ des notwendigen Wandels.
Abschließend noch zu den Preisen. Ja, die Preise steigen seit 2000 an. Nur das ist nicht allein der reine Strompreis, der dazu führt. Da sind ein Haufen Faktoren drin enthalten, die auch der Staat nicht hätte kompensieren können. Z.B. die angesprochene Qualität der Netze kostet Geld, die Umrüstung des Systems auf 100% EE ist teuer. Das wäre nur mit massiven Subventionen zu verschleiern gewesen. Energie wird (und muss) aber irgendwie teuerer werden, einfach schon weil die niederigen Preise in der Vergangenheit uns etwas vorgegaukelt haben (Stichewort Externe Effekte - Klimawandel). Da sehe ich es doch lieber, wenn es endlich ein Klimageld gibt, was so ausgestaltet ist, dass es die Energiewende vorantreibt und gleichermaßen soziale Gerechtigkeit fördert). Das wäre viel hilfreicher als hier eine Verstaatlichungsdebatte zu führen.