Steuerbelastung

Ich fände das so wie es Baerbock im Lageinterview skizziert hat durchaus sinnvoll.

Hier bin ich z.B. anderer Auffassung. Es sollte eine Möglichkeit für private Altersvorsorge geben die auch Zinseszinseffekte zulässt. So könnten eben auch Hinz und Kunz wirklich von der Beteiligung an Unternehmen profitieren. Das ganze kann ja gerne im Nachgang besteuert werden, also der Gesamtertrag, aber dass Erträge immer sofort besteuert werden finde ich schon im Falle der günstigeren Kapitalertragssteuer problematisch.

Was aber eben z.B. bedeutet, dass man sich als Eigentümer eines Unternehmens an der Schwelle zu diesem Wert überlegen muss, ob weiterer Wachstum des Unternehmens überhaupt erstrebenswert ist oder ob man so nur den eigenen Einfluss verliert. Wachstum bremsen um Einfluss zu sichern ist aber riskant. Gerade wer sein Lebenswerk nicht nur als monetären Wert sieht, sondern als Lebensaufgabe dürfte da schnell in ein Dilemma geraten.

Es besteht aber die Möglichkeit, dass das Start-Up nach guter Entwicklung eben nur noch zu wenigen % dem Gründer gehört. Und gehen die überzähligen Anteile an einen Ausländer oder ausländischen Investor, dann fließen die Erträge fortan ab. In meinen Augen würde eine so deutliche Grenze nur funktionieren wenn man sich auch allgemein protektionistisch verhält.

Nicht das Megavermögen ist positiv für die Mehrheit der Bevölkerung sondern das was das Unternehmen tut. Hätte es nicht so viel Wert für die Menschheit, dann würde es nicht so viel Umsatz machen um einen solchen Wert zu rechtfertigen.

Nehmen wir Tesla als Beispiel. Hätte Elon Musk gesagt es genüge ein Unternehmen aufzubauen, welches einen Roadster mit Elektroantrieb für Reiche produziert und weitere Entwicklungen eingestellt, weil sonst die Gefahr bestünde aus dem Unternehmen gedrängt zu werden und mehr Wert ohnehin keinen weiteren persönlichen Nutzen hätte, dann wäre das Zugpferd der Entwicklung der E-Mobilität so gar nicht erst an den Markt gegangen.

Jetzt muss ich zugeben, dass Elon Musk der letzte ist dem ich dieses Vermögen gönne und wer behauptet, dass das Verhalten von Elon Musk, welches das Vermögen ermöglicht der Gesellschaft durchaus auch in großem Maße schadet, z.B. durch den Kauf von Twitter und der Umgestaltung.
Aber auch hier könnte man durch anderweitige Regulierung gegensteuern und solch große Plattformen anders regulieren.

Oder nehmen wir BMW. Natürlich habe ich nichts von den Anteilen von Klatten, aber mir sind Klattens als Eigner lieber als wenn diese von KKR, den Chinesen oder was auch immer gehalten werden würden.

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Ich glaube hier reden wir aneinander vorbei. Ich meine damit den Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen von 25%, der ja nur eine spezielle nicht progressive Anwendungsform der Einkommenssteuer ist.

Im Gegensatz zu Einkommen aus Arbeit, das grundsätzlich progressiv besteuert wird, wird Einkommen aus Kapitalerträgen damit für reiche Menschen günstiger (weil diese eigentlich deutlich mehr als 25% steuern zahlen müssten), für arme Menschen aber tendenziell teurer (weil diese ja eigentlich weit unter 25% Einkommenssteuer zahlen müssten. Die zu viel gezahlte Kapitalertragssteuer lässt sich zwar glaube ich theoretisch zurückfordern, aber dass ist dann zusätzliche Bürokratie die viele wohl nicht auf sich nehmen).

Zudem werden auf Kapitalerträge keine Sozialabgaben fällig, was dieses weiter gegenüber Arbeitseinkommen begünstigt.

Was du anmahnst ist natürlich richtig: es sollte auf jeden Fall Möglichkeiten geben, privat vorzusorgen. Ich hätte zum Beispiel wenig Probleme damit sich vom amerikanischen Modell inspirieren zu lassen und Möglichkeiten zu schaffen, bestimmte Summen Einkommen unversteuert anzulegen und dann erst bei der Auszahlung im Rentenfall Einkommenssteuer darauf zu erheben.

Die individuelle Unternehmerperspektive ist mir ehrlich gesagt egal. Mir geht es um volkswirtschaftliche Effekte. Und wenn Zuckerberg damals entschieden hätte, dass es sich nicht lohnt Facebook weiter wachsen zu lassen, dann ginge es uns heute vermutlich allen besser :wink: . Aber Zuckerberg ist auch ein Beispiel, warum das von dir beschrieben Szenario nicht eintreten wird. Denn Facebook ist von den Stimmrechten her komplett unter dem Einfluss des Gründers. Aber am Kapital hält er nur einen kleinen Teil. Das wird möglich durch zwei unterschiedliche Klassen von Aktien, die Stimmrechte und Kapitalanteile getrennt halten.

Diese Argumentation blendet schon mal die Effekte von Monopolen und Oligopolen komplett aus. Und sie setzt voraus, dass nur Milliardenunternehmen positive Effekte haben können, die eine größere Anzahl kleinerer Unternehmen nicht entfalten kann. Ich sehe für diese Sichtweise keine Belege, eher im Gegenteil. Gerade im IT-Sektor sieht man zum Beispiel, wie die Präsenz einiger weniger Mega-Unternehmen Innovation durchaus auch behindern kann.

Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun. Nichts und niemanden hindert von Klatten daran, morgen ihre Anteile an „die Chinesen“ zu verkaufen. Es gibt ja jede Menge Familienunternehmer, die genau das gemacht haben. von Klatten genießen aber durchaus den strategischen Vorteil, dass sie als Mega-Reiche Großindustrielle einen einzigartigen Einfluss auf die deutsche Politik nehmen kann - sie und ihre nahen Verwandten gehören zu den größten politischen Geldgebern in Deutschland (vor allem CDU). Ob diese Einflussnahme immer im allgemeinen Interesse der deutschen Mehrheit war, wage ich einfach mal zu bezweifeln.

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Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Einnahmen unter Kapitalertragsteuer fallen, da Frau Klatten natürlich ein Mitspracherecht in der Firma hat.

Ein ausbleibendes Wachstum eines großen Unternehmens hat auch volkswirtschaftliche Auswirkungen.

Facebook ist da aber auch ein sehr spezielles Beispiel auf einem Markt bei dem klar ist, dass nur wenige Geschäftsmodelle parallel existieren können.

Das ist natürlich grundsätzlich möglich. Je nach Geschäftsmodell und weiterer Faktoren muss man aber auch erstmal Leute finden die Anteile ohne Einflussmöglichkeit übernehmen. Das wird in einem System in dem ein Anreiz für weiteren Erfolg quasi nicht mehr vorhanden ist umso schwerer.
Und wie handhabt man Blasen? Da ist der Wert ja gar nicht real und es ist naheliegend, dass es zu einer Bereinigung kommt.

Nein. Es gibt Dinge die können kleinere Unternehmen besser, Dinge für die die Unternehmensgrösse keine Rolle spielt und Dinge die können nur große Konzerne. Viele Entwicklungen in der Pharmaindustrie wären von kleinen Unternehmen nicht finanzierbar.

Umgekehrt hat aber erst die Standardisierung zur Verbreitung in der Masse geführt. Bei ERP Systemen sieht man wie viele Schwierigkeiten es mit sich bringt wenn überall andere Systeme eingesetzt werden.

Natürlich. Aber gäbe es keine deutschen Miliardäre mehr weil diese ihre Anteile verkaufen und als Steuern zahlen müssen, dann bleiben quasi nur Käufer aus dem Ausland. Weil dass diese Anteile von deutschen Kleinanlegern übernommen werden ist unrealistisch.

Und umgekehrt würde Klattem bei einem Verkauf ja auch nicht ihr Geld in bar unter dem Kopfkissen verstecken sondern wiederum anlegen.

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Danke für das Konzept - bei deinen Grundannahmen gehe ich absolut mit, insbesondere das Prinzip, Arbeitseinkommen und Einkommen über Kapitalerträge gleich zu behandeln. Hier gehe ich sogar so weit, dass beide Einkommen exakt nach der gleichen Steuerprogression behandelt werden.

Wo ich anderer Meinung bin, ist die von dir vorgeschlagene Summe.

Beispiel: Wenn man sich die Häuserpreise in Hamburg anschaut, dann ist man bei einem Kauf schnell bei 700K€ und mehr. Bei einer Eigentumswohnung 500 bis 600k€. Daher erscheint mir deine Definition eher zu niedrig, denn es muss sich für Leistungswillige auch lohnen, hier Außergewöhnliches zu leisten.

Das eigentliche Problem (s. z.B. Klatten) liegt ja in den Vermögen, die sich seit Generationen angehäuft haben, und zwar weit über den 100 Mio. €. Einen Selfmademillionär, der ein Unternehmen in Deutschland aufbaut, bewerte ich zum Beispiel anders.

Und genau darüber sollten wir reden, sonst vermischen wir

  • Fall 1: den Bürger, der zunächst durch Arbeitseinkommen und dann durch moderate Kapitalerträge Altersvermögen aufbaut (was durch niedrige Steuersätze und hohe Freibeträge bis zu 200.000 Euro gefördert gehört, sonst sind die Aufrufe zur privaten Vorsorge pure Heuchelei)
  • Fall 2: den Leistungsträger, der sich ggf. durch Arbeitseinkommen und Investitionen ein Vermögen aufbaut und damit für die Gesellschaft eine Leistung erbringt; Hier gehen die Steuersätze graduell hoch; Investitionen in Firmen sind mindernd zu betrachten, insbesondere wenn sie im Standort D stattfinden; hier finde ich es auch legitim, Multimillionär zu sein; warum nicht
  • Fall 3: Den Vermögenden, der der Gesellschaft keinen Mehrwert bringt und strukturelle Ungleichheit erzeugt; da wäre ich zum Beispiel bei über 20 Millionen, und ab da sollte es in der Tat eine progressive Vermögenssteuer geben.

Der Fall der Milliarden ist esoterisch - für jemanden über 100 Millionen ist Deutschland ohnehin kein attraktives Land mehr, wenn wir ehrlich sind.

Lange Rede, kurzer Sinn. In den Prinzipien gebe ich dir recht und ich danke für deinen konkreten Vorschlag. Ich würde sagen, der Dissens in der Diskussion hier liegt in den Schwerpunkten auf die drei Fälle, die jeder vor Augen hat (Fälle 1 bis 3) und ab wann die Sätze greifen sollen, also ab wann jemand als „reich“ definiert wird.

Und der Widerstand gegen Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer kommt eher daher, dass alle Arbeitnehmer schon jetzt absurde Abzüge auf ihrem Lohnzettel sehen und sie Befürchtungen haben, dass hinter den schönen Worten es ohnehin wieder sie trifft.

Menschen haben halt ihre Erfahrungen mit den Zusagen von Parteien gemacht. Erinnert sich noch jemand an den „Subventionsabbau“ 2005 - am Ende wurde als Anfang die Eigenheimzulage gekürzt und dabei blieb es. Heute reden wir über die Entfernungspauschale.

Das Problem ist, dass viele halt den Debattensound kennen und dann das, was übrig bleibt: Die Maßnahmen treffen die Leute, die eher zu Fall 1 gehören. Und so bewerten die meisten, glaube ich, auch die Steuerdebatte. Das Misstrauen kann man bei den Erfahrungen der letzten Jahre nicht übel nehmen.

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Wieso? Andere Länder haben eine Vermögenssteuer und oft höhere Mehrwertsteuersätze. Luxusimmobilien in den Metropolen der Welt liegen großteils über unseren Preisen. Es gibt viele Flughäfen für Privatflugzeuge und Yachthäfen. Wenige Länder ermöglichen Superreichen derart unter dem Radar zu leben wie in Deutschland.
Top Gesundheitsversorgung, ein gutes Straßennetz (ja, trotz aller Kritik braucht es sich vor anderen Ländern nicht verstecken). Und ein sicheres Land. Ich würde mir hier keine Sorgen machen, einen Lamborghini am Straßenrand zu parken.

In der Schweiz und Italien gibt es die Regelung für eigengenutzte Immobilien eine fiktive Miete festzusetzen, die als Steuer anfällt. Eine eigengenutzte Immobilie wird nämlich mit Sicherheit aus der Vermögensteuer (wie auch derzeit der Erbschaftsteuer) heraus genommen. Die Richtung sollte dahin gehen, dass es nur noch eigengenutzte Immobilien oder von WEGs vermietete Immobilien gibt. Private Investoren sind Gift für jeden Mietmarkt (und auch jeden, der sich eine Immobilie kaufen will).

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Ich schlage ja eine progressive Steuer auf Netto-Vermögen mit Grenzsteuersätzen vor. In deinem Beispiel müsste die Wohnung also komplett schuldenfrei sein, um mit vollem Buchwert angerechnet zu werden. Und wer durch eine Eigentumswohnung im Stadtkern von München und Barvermögen zum Beispiel 1,2 Mio Euro Vermögen anhäuft, der muss nur 1% Steuer auf 200.000 Euro zahlen: 2.000 Euro/Jahr oder effektiv 0,16% p.a.

Das halte ich absolut vertretbar, denn auch das Eigentum an einer selbst bewohnten, abbezahlten Immobilie schafft ja enorme finanzielle Vorteile. Die ortsübliche Vergleichsmiete wäre vermutlich im Bereich 72.000 Euro/Jahr aufwärts, da sind 2.000 Euro Steuern vielleicht finanziell verkraftbar.

Ich hatte weiter oben ja schon geschrieben, dass ich durchaus offen dafür wäre, Investitionen in Innovation (Start-Ups) und produktive Wirtschaft steuerlich zu begünstigen. Solange das ohne die Schaffung absurder Steuerschlupflöcher möglich ist.

Eine progressive Steuer beginnend bei 1% bei 1 Mio Euro Vermögen verhindert in keiner Weise den Aufbau von Millionenvermögen. Es verlangsamt nur den Automatismus der Kapitalakkumulation. Auch Unternehmer, die ihr Vermögen hauptsächlich über ihre eigenen Firmen aufgebaut haben, beginnen in diesen Vermögensbereichen ihre Vermögensstrukturen zunehmend zu diversifizieren.

Ein Beispiel aus meinem Bekanntenkreis: Der Gründer einer mittelständischen Firma nutzt die guten Beziehungen zur örtlichen Hausbank, um eine Immobilie zu 120% (Kaufpreis + Nebenkosten) auf Kredit zu finanzieren. Die Mieteinnahmen decken Rate und Zins, so bezahlen die Mieter über 20 bis 30 Jahre den Kredit ohne jeden Kapitaleinsatz des Unternehmer ab und zusätzliches privates Vermögen wird geschaffen.

Ich gönne jedem seinen wirtschaftlichen Erfolg, aber sowas hat doch keine positiven volkswirtschaftlichen Effekte. In diesem Fall profitiert weder das Unternehmen, noch die Mieter, letztere müssen im Zweifel mit Mieterhöhungen rechnen, damit die Finanzierung gestemmt werden kann.

Wobei sowas natürlich dennoch die Gentrifizierung vorantreibt. Vielleicht nicht bei der ETW mit 800 k Wert, aber beim Einfamilienhaus am Tegernsee oder Starnberger See, welches man selbst bewohnt erbt käme da schon eine enorme finanzielle Belastung pro Jahr dazu. Selbst wenn es ein Haus ist welches mit Grundstücksfläche, Wohnfläche und Zustand in Eisenhüttenstadt nur 300k Wert hätte. Ich würde daher selbst bewohnte Immobilien weitestgehend ausnehmen, dazu gehört auch der Zweitwohnsitz der aus beruflichen Gründen nötig ist, nicht aber das Ferienhaus.

Ein Bauernhof in den Alpen ist gar schnell mehrere Millionen Wert, ohne die Nutzflächen mit einzurechnen.

Und da muss man sich jetzt dann schon die Frage stellen ob wir mit der Besteuerung der Lehrerin die ein EFH in Starnberg geerbt hat und dort nun wohnt weil sie vor Ort an der Grundschule unterrichtet (Beispiel ist eine ehemalige Kollegin einer Bekannten) wirklich Ungleichheit verhindern oder ob wir diese nicht eher zementieren.

200.000 € sind da übrigens ziemliche Peanuts, wenn man bedenkt, dass es Leute gibt die zu großen Teilen auf die private Altersvorsorge angewiesen sind. Stellt man da z.B. eine normale Führungskraft und einen Schulleiter eines Gymnasiums gegenüber dann hat man da pro Monat schnell eine Differenz von 2000 € und mehr. Das zu kompensieren Bedarf mehr als 200.000 €.

Um hier eine vergleichbare Besteuerung des Arbeitnehmers in München mit der ETW und dem privaten Depot zur Altersvorsorge und des Schulleiters mit der gleichen ETW nebendran zu gewährleisten müssten entweder weitereichende Freiheiten für private Altersvorsorge gelten (ähnlich 401k oder es müssten auch alle Renten und Pensionsansprüche mit in diese Rechnung aufgenommen werden.

Da das erklärte Ziel ja in der Regel ist die enormen Vermögen einzelner angemessen zu besteuern sehe ich auch keine Notwendigkeit darin über die private Altersvorsorge und die selbst bewohnte ETW zu diskutieren und zu sagen die 2000 € Steuer hier und die 1000 € da die muss jemand der vernünftig verdient hat dann auch noch übrig haben. Das geht doch am eigentlichen Ziel total vorbei.

Was mir, soweit ich diesen Thread überblicke, noch nicht (hinreichend) thematisiert wurde, ist die demokratische Dimension. Schließlich müssen für entsprechende Pläne Mehrheiten gewonnen werden.

Zwei Probleme stellen sich hier. Zum einen haben viele Menschen keine Vorstellung, welche Geldmengen Zahlwörter abbilden, und zum anderen unterschätzen viele die Dimensionen der Ungleichverteilung von Vermögen (und Einkommen).

Das zeigt sich sowohl in den USA:

Als auch in Deutschland:

Dass sich fast alle irgendwie zur Mittelschicht zählen, ist ein Phänomen, was in eine ähnliche Richtung weist.

Dass die Spitzenvermögen hierzulande (tendenziell) untererfasst werden, haben Forschende z. B. des DIW immer mal wieder bestätigt, etwa hier:

Es müsste also erst einmal irgendwie breitenwirksam - vielleicht so ähnlich wie in der eingangs des Videos zur Vermögensverteilung in den USA angeführte Untersuchung von Norton & Ariely - anschaulich darüber aufgeklärt werden, wie sich die Vorstellungen der meisten von den tatsächlichen Ungleichheitsverhältnissen unterscheiden. Das würde Transparenz schaffen („Worüber reden wir eigentlich?“) und mutmaßlich auch einige Aha-Effekte auslösen.

Aufklärung ist meines Erachtens auch notwendig über negative Folgen finanzieller Ungleichheiten.

Die wegweisenden Arbeiten des mittlerweile emeritierten Sozialwissenschaftlers Richard Wilkinson seien hier stellvertretend angeführt:

In einem alten TED-Talk hatte er mal einige Befunde zusammengefasst:

Forschende der Verhaltensökonomie resp. Psychologie haben sich ferner mit der korrumpierenden Macht des Geldes auseinandergesetzt. Auch da bin ich nicht auf dem aktuellen Stand, empfehle jedoch einen ebenfalls alten, recht unterhaltsamen TED-Talk des Sozialpsychologen Paul Piff:

Mein Petitum ist also, dass Umverteilung (wie im Übrigen auch Klimaschutz) nur dann umgesetzt werden kann, wenn man die psychologischen Grundlagen berücksichtigt und falsche Vorstellungen aushebelt.

Jeder Aktionär hat ein Mitspracherecht in Unternehmen.
Hier die Anwendung der Kapitalertragssteuer.

Das ist doch komplett Utopisch. Einerseits sollen die Bürger zur Altersvorsorge Vermögen aufbauen. Das geschieht sehr häufig in dem Immobilien gekauft werden und dann vermietet (2/3 der Mietwohnungen liegen in Privater Hand). Der Deutsche mag nun mal keine Aktien/Fonds.
Wenn das nun auch noch zusätzlich besteuert werden soll, wird auch dieses Instrument vernichtet.

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Weitläufig zum Thema

Geht da auch um Vermögenssteuer u.a.

Aber mal etwas schlichter gedacht:

Es geht ja hier oft um die Frage, wer denn alles mehr Steuern zahlen muss/ sollte.
Um damit halt Ausgaben des Staates finanzieren zu können.

Während nun sehr reiche Menschen (wie immer man das definiert) da sicher mehr abgeben könnten (aber möglicherweise nicht wollen :wink:), wir es bei mittleren und vor allem niedrigen Gehältern oft schon grenzwertig, wenn man alle Abgaben an Staat und Sozialsysteme zusammenrechnet.

Auch wenn ich sicher kein Befürworter des FDP- Leistungsgedankens bin, ist es aber doch so, das jeder Arbeitnehmer ja eine gewisse Leistung erbringt, die nach vereinbarten Bedingungen entlohnt wird vom Arbeitgeber.
Davon sieht man teils gut die Hälfte nicht auf dem Konto, das verbleibende Netto hält nicht immer mit den steigenden Lebenshaltungskosten mit.

Also stellt sich schon ggf die Frage nach dem Output erbrachter Leistungen.

Soll heißen: ist nicht vielleicht unser Steuersystem mittlerweile zu komplex und durch zahlreiche Ausnahmen ungerecht geworden?
Zudem auf der anderen Seite der Überblick bzw. die Kontrolle über gesamtgesellschaftlich sinnvolle und weniger sinnvolle Ausgaben des Staates etwas verloren gegangen?
Dazu kommen noch „Systemfehler“, wo wir viel Steuergeld reinstecken, ohne das Problem damit zu lösen. Also eine gute inhaltliche Auseinandersetzung sinnvoller wäre zur Problemlösung als immer mehr Geld?

Beispiel (rein fiktiv):

Man setzt für alle einen fixen Steuersatz fest, z.B. 25% vom Bruttoeinkommen und Gewinn aus Vermögenswerten.
Wer mehr verdient, zahlt in Summe mehr, aber fix, nicht progressiv.
Dazu streicht man Z.B. einen großen Teil an direkten Unternehmensförderungen und Subventionen, investiert nur noch Steuergelder in die Rahmenbedingungen und Infrastruktur (ganz im Sinne freier Marktwirtschaft und unabhängigen Unternehmertum).
Zudem lässt man geplante Staatsausgaben unabhängig im Vorfeld kontrollieren, damit sowas wie die PKW Maut oder das Maskenchaos nicht passiert. Controlling quasi.

Oder ist das alles zu simpel gedacht?

Ich tu mich immer schwer damit, Dinge dadurch zu vereinfachen, indem man sie komplizierter macht. Pädagogenkrankheit…:grin:

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Wie wäre es denn, das Instrument zu vernichten und mit dem daraus eingenommenen Geld eine auskömmliche Rente für alle zu finanzieren, die private Vorsorge obsolet macht?

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Das ist ja der feuchte Traum der FDP. Mit dem Vorschlag nimmst du auf einen Schlag Geringverdiener:innen 25% ihres Einkommens und schenkst es den Reichsten.

Da gibt es auf jeden Fall sinnvolle Lösungen, auf die man sich einigen kann.

Wäre ich absolut dagegen. Das ist dann ein Steuerschlupfloch, durch das ich einen Geldtransporter fahren kann und eine Zweitwohnung zur Wahrnehmung eines Arbeitsverhältnisses kann ein kleines gemietetes Apartment sein, ansonsten ist es eben eine Geldanlage und sollte besteuert werden.

Ich bin mir unsicher, ob das wirklich was für die Akzeptanz einer Vermögensbesteuerung was bringen würde (auch wenn ich Aufklärung über reale Zustände immer unterstützenswert finde). Meine Wahrnehmung ist das sich die Ablehnung solchen Steuern gegenüber mehr aus der Furcht vor der eigenen Betroffenheit, als der Unkenntnis über abstrakte Gerechtigskeitsprobleme speist.

Ich glaube daher, dass jede Überzeugung genau da ansetzen muss. Eine Partei, die ein Konzept für eine Erbschafts- oder Vermögenssteuer einbringt, sollte mit der Ankündigung zum Beispiel einen Online-Rechner freischalten, in dem alle Bürger sich selbst über die Konsequenzen für sie persönlich informieren können. Das hätte auch den Vorteil, dass wenn dann wieder ein Merz, Linnemann oder Lindner in der Talkshow mit irgendwelchen absurden Berechnungen kommen, dass man das ganz einfach an Ort und Stelle klären kann.

Dann würde sich für 90% der Bevölkerung schnell klären, dass sie von so einer Steuer höchsten Marginal betroffen sind. Wenn man dann noch gleichzeitig kommuniziert, wie viel mehr Geld der Staat dann für Schiene, Straßen und Schulen hätte, dann kann das vielleicht überzeugend wirken.

Diese Vorschläge gab es schon, was du beschreibst ist mehr oder weniger exakt das Kirchhof-Modell. Das hätte Merkel 2005 fast die Bundestagswahl gekostet und ist mittlerweile Teil der Steuerpolitik der AfD (wurde historisch aber auch von Merz vertreten).

Es gibt auch andere Vorschläge zur Vereinfachung. Zum Beispiel den einer allgemeinen Bodensteuer, die in ihrer extremsten Ausprägung nicht nur die Grundsteuer, sondern auch andere Steuerformen ersetzen könnte und theoretisch extrem effizient (im Sinne der gerechten Besteuerung) ist.

Tatsächlich ist es aber so, dass ein extrem einfaches Steuermodell immer in vielen Einzelfällen ungerecht ist. Als Vater eines schwerbehinderten Kindes komme ich zum Beispiel in den Genuss eines zusätzlichen Freibetrags (der bei Volljährigkeit natürlich dann meinem Sohn zugute kommt). Sozialpolitisch kann man das total sinnvoll finden, es macht das Steuerrecht aber natürlich nicht einfacher. Am Ende des Tages haben Steuern nicht nur die Aufgabe der Staatsfinanzierung, sie sollen auch (ha!) steuern, also politisch und gesellschaftlich gewünschtes Verhalten begünstigen. Dem wird man mit einer Flat Tax (meiner Meinung nach) nicht gerecht.

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Ok, hab ich tatsächlich viel zu simpel gedacht.
Bin in der Thematik zuwenig bewandert, aber wieder was gelernt. :+1:

Aber gefühlt finde ich unserer Steuersystem mit all seinen Ausnahmen, Sonderfällen und Schlupflöchern auch nicht wirklich gerecht.

Reicht da wirklich nur der konzentrierte Blick auf die Steuern oder müssen wir nicht zumindest mehr über den Tellerrand schauen?

Weil ein fester Steuersatz von 25% häufig als Forderung zu lesen ist, muss man wissen, dass dieser aktuell erst bei über 60.000 zu versteuerndes Einkommen zu entrichten ist, also über 65.000 Bruttoeinkommen. Das hieße bei 25 % Flat Tax müssten alle die weniger verdienen mehr Steuer zahlen als bisher.

Diese Modelle mit Flat Tax wären eine ziemliche Bevorzugung hoher Einkommen.

Warum sollte jemand der z.B. Familienbedingt umzieht, aber weiter am Wohnort eine Wohnung braucht seine schon vorhandene ETW verkaufen um dann zur Miete zu wohnen oder eben eine Vermögenssteuer zahlen?

Wie gesagt müssen wir ja überlegen was wir mit der Vermögenssteuer erreichen wollen und ich sehe in der Besteuerung von Wohneigentum welches zur Arbeit nötig ist erstmal keinen gesellschaftlichen Nutzen. Man kann ja sinnvolle Deckelungen finden um eben nicht die 10 Mio. € Penthousewohnung in bester Lage Steuerfrei zu machen.

Wenn aber der 30-Jährige seine ETW behält nachdem er zu seiner Frau gezogen ist, damit die am Arbeitsort bleiben kann, muss das nicht unbedingt einem zu besteuernden Vermögen zugerechnet werden. Wenn man die Möglichkeit hat eine angemessene Wohnung von einer Vermögenssteuer abzusetzen, dann wird das der Besteuerung der extrem Reichen doch keinen Abbruch tun.

Ich verstehe ehrlich gesagt deine Zielsetzung nicht ganz. Einerseits betonst du gerne, dass es dir um die ganz großen Fische geht, anderseits sagst du, dass es ja kein Problem sei wenn jemand der eine Wohnung in München geerbt hat und noch etwas Erspartes auf dem Konto hat dann halt 2000 € pro Jahr an Steuern für das Vermögen zahlt.

Ich glaube ehrlich gesagt, dass genau diese Denkweise dafür sorgt, dass viele eine Vermögenssteuer eher ablehnen. Weil es dann eben doch wieder auch viele betrifft die zwar schon über dem Durchschnitt haben, aber eben nicht dem entsprechen was wir wirklich unter den Reichen verstehen.

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Absolut, wir sind auf der Skala definitiv zu weit in Richtung Komplexität gerutscht. Vor allem weil viele der Ausnahmen und Sonderfälle eher reiche Menschen zugute kommen (was ein Stück weit auch in der Natur der Sache liegt: jemandem mit der Möglichkeit einen Steuerberater zu engagieren wird es immer leichter fallen, seine Steuer zu „optimieren“).

Insofern gibt es sicher vieles, was man vereinfachen könnte. Vom Grundsatz der Progressivität würde ich deshalb aber nicht abweichen.

Was du beschreibst ist ein wirtschaftlich extrem ineffizientes Verhalten. Anstatt die (von der Größe her als Familienwohnung geeignete) ETW als Zweitwohnung für einen Arbeitnehmer zu nutzen, kann man sie auch vermieten und von dem Ertrag vermutlich sowohl die eventuell höhere (aber immer noch sehr geringe) Steuerbelastung durch eine Vermögenssteuer, die Miete für ein kleines Apartment oder WG-Zimmer und einen kleinen Gewinn erwirtschaften.

Mir fällt ehrlich gesagt kein realistisches Szenario ein, in dem eine Eigentums-Zweitwohnung nicht (auch/primär) eine Kapitalanlage ist.

Meinetwegen kann man gerne für solche Fälle einen kleinen Freibetrag schaffen. Aber Vermögen ist für mich eben Vermögen und sollte außerhalb enger Ausnahmefälle (selbstbewohnte Immobilie) auch als solches bewertet werden.

Nur zur Klarstellung meiner Position: ich persönlich glaube, dass man mit einem Netto-Vermögen von >1 Mio Euro definitiv „reich“ ist, auch wenn dieses Vermögen in einer selbst bewohnten Immobilie gebunden ist. Über die Nutzbarkeit von gebundenem Vermögen zum weiteren Vermögensaufbau (Stichwort Besicherung von Krediten) hatte ich ja schon ausführlich geschrieben. Ich bin offen gegenüber der Ausnahme für selbst bewohntes Immobilieneigentum, aber mehr aus Gründen der politischen Vermittelbarkeit als der Überzeugung, dass es da einen Unterschied zu einem Aktienportfolio im selben Wert gibt.

Da sind wir wieder beim Problem, dass viel zu viele objektiv reiche Menschen sich nicht als „reich“ empfinden (und es auch schaffen, diese Sichtweise bei ihren ärmeren Mitbürgern durchzusetzen).

Ich sprach nicht von einer famlilientauglichen Wohnung.

Ich habe hier ein ganz konkretes Beispiel aus dem Bekanntenkreis im Kopf und dabei handelt es sich nicht um eine familientaugliche ETW sondern um eine klassische Singlewohnung. Der Kerl hat seine heutige Frau kennengelernt, es gab eine Weile Fernbeziehung weil er seinen Job zumindest zum Teil Remote machen konnte war er vermehrt bei ihr. Mittlerweile haben Sie ihren Lebensmittelpunkt dort, mit Haus und Kind, aber aufgrund der eigenen Firma besteht die ETW weiter.

Man kann ja durchaus eine Angemessenheit bei einem solchen Fall berücksichtigen. Wer alleine Pendelt kann dann halt nur den Wert einer 2-Zimmer-Wohnung absetzen, wer als Familie zwischen zwei Orten pendelt mehr. Wenn das dann noch gedeckelt ist, dann sehe ich da keinerlei Missbrauchspotential. Denn wenn jemand die Wohnung nur kauft um Vermögenssteuer zu sparen obwohl gar kein Bedarf da ist, dann wäre es doch lukrativer die Wohnung zu vermieten und das Prozent Vermögenssteuer zu zahlen. Und wer weit über dem Freibetrag ist den juckt dieses bisschen eh nicht und wer an der Grenze des Freibetrags ist, z.B. mit kleiner eigenen Firma gehört nicht zu den Superreichen.

Es macht ja schon einen Unterschied. Wohneigentum hat ja nicht nur Vorteile. Je nach Annahmen kommen ja viele zu dem Ergebnis, dass es günstiger wäre zur Miete zu leben und das EK des Kaufpreises sowie das was man als Eigentümer an Rücklagen bilden muss anzulegen.

Nehmen wir als Beispiel einen Zimmerer mit eigenem kleinen Betrieb und Eigenheim. Der kommt schnell in einen Bereich wo wir über ein Vermögen von über 1. Mio € sprechen wenn wir Firmenwert, Eigenheim und Rücklagen zusammenrechnen. Ein guter Zimmerer verdient wohl nicht so schlecht, aber auch nicht besser als z.B. ein Ingenieur in einem Konzern oder höherer Beamter.

Ob der Betrieb zu diesem Wert überhaupt jemals verkauft werden könnte oder ob es am Ende nicht einer dieser Fälle ohne Nachfolger wird ist eine Frage die man nicht beantworten kann.

Nehmen wir also jetzt die 3 Nachbarn in identischen Häusern und vergleichen deren Leben. Der Ingenieur mit Tarifvertrag am oberen Ende verdient jährlich seine 100 k € plus Jahresprämie bei 35 h Woche, der Zimmerer hat etwas weniger Einkommen bei 50 h Woche und der Schulleiter verdient netto wohl ähnlich wie der Ingenieur, bei höheren Pensionsansprüchen.

Während der Schulleiter im Wissen um seine Ruhebezüge wenig private Altersvorsorge braucht und großzügig sein Geld ausgeben kann legen die anderen beiden Geld zur Altersvorsorge an, der Zimmerer bildet zudem noch Rücklagen um im Falle eines längeren Arbeitsausfalls den Verdienstausfall aufgrund weniger Aufträge ohne eigenes zutun kompensieren zu können.

Bewerten wir jetzt Betrieb, Eigenheim und Rücklagen/Anlagen als Vermögen, dann muss der Zimmerer auf einen Teil seines Vermögens Vermögenssteuer zahlen, der Ingenieur ist gerade so an der Grenze zum Freibetrag und der Schulleiter ist weit davon entfernt.

Der Zimmerer hat aber Zeit seines Lebens von allen am wenigsten Geld zum leben übrig, der Ingenieur liegt in der Mitte und der Schulleiter hat am meisten Geld.

Wenn wir jegliche Form an Vermögen gleich behandeln, dann müssten wir konsequenterweise auch Renten und Pensionsansprüche als Vermögen klassifizieren. Ebenso ein sicherer Arbeitsplatz oder Versicherungen. Auch eine Ausbildung ist eine Form des Vermögens.

Gerade wenn wir über einen Freibetrag von 1 Mio. reden, dann kommen wir da eben schnell an eine Grenze wo bei gleichem Vermögen extrem ungleiche Lebensverhältnisse vorherrschen. Entweder wir gleichen das durch entsprechende zweckgebundene Freibeträge aus oder wir arrangieren uns damit, dass es eben Leute gibt die sehr viel Geld zum Leben haben und wenig Vermögenssteuer zahlen müssen wie auch solche, die zwar nicht reich leben, aber Vermögenssteuer zahlen müssen.

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Zu spät. Die Transition wird mehrere Jahrzehnte dauern. Man darf nicht vergessen, dass wir immer noch eine freie Marktwirtschaft sind und alle politischen Parteien haben seit Jahrzehnten allen Bürgern erzählt, dass dieses die Altersvorsorge sein soll. Es wurden sogar viele Instrumente dafür geschaffen und gefördert.

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