Steuerbelastung

Ich fände mal eine ausführlichere Darstellung zur realen Steuerbelastung spannend. Insbesondere geht es mir darum, wie hoch die reale Steuerbelastung von Unternehmen, Millionären, Milliardären etc. nach der Steuererklärung im internationalen Vergleich ist. Gerade von FDP kommt häufig das Argument, dass die Belastung der Bürger*innen und Unternehmen schon so hoch sei und Steuererklärungen deshalb quasi unzumutbar. Andererseits gibt es ja diverse Abschreibungsmöglichkeiten etc., sodass selbst viele Milliadäre eine Sondersteuer für eben Milliardäre fordern. Ein Link, auf den ich dabei gestoßen bin: https://steuermythen.de/mythen/mythos-5/

Viele Grüße

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Was auch gerne ausgeblendet wird ist die in Deutschland praktisch nicht existente Erbschaftssteuer. Jedes Jahr werden in Deutschland geschätzte 400 Milliarden Euro Vermögen vererbt oder verschenkt. Das entspricht knapp 10% des BIP. Der Staat hat aber 2022 nur ca. 11 Milliarden Euro Schenkung- und Erbschaftssteuer eingenommen. Das entspricht einer effektiven Steuerquote von nur 2,75%.

Erben tun in Deutschland praktisch nur ohnehin schon reiche oder wohlhabende Menschen. Die reichsten 10% der Bevölkerung profitieren von mehr als 50% aller Erbschaften. Wer erbt, für den ist das Erbe in der Regel ein substantieller Einkommenszugewinn (Durchschnitt 85.000 Euro). Dieses Einkommen ist völlig leistungsfrei, aber selbst bei sehr hohen Erbschaften oft komplett steuerfrei.

Das kommt durch sehr hohe Freibeträge (500.000 Euro für Ehepartner, 400.000 Euro für Kinder), die auch noch alle 10 Jahre neu genutzt werden können. Außerdem wird vererbtes Firmenvermögen faktisch nicht besteuert, was vor allem große Vermögen begünstigt.

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Das ist für das in diesem Zusammenhang oft erwähnte Haus, das vererbt wird.
Da wird eh kein Politiker rangehen und das ist auch gut so.

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Was genau ist daran gut so?

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Angesichts der jüngsten Forsa-Umfrage, nach der fast zwei Drittel der Erwachsenen einer Vermögensteuer für Privatpersonen und Unternehmen befürworten und selbst eine Mehrheit unter Unionswählenden, erscheinen mir solche Verteilungsgerechtigkeitsfragen ebenfalls interessant.

Wichtig erscheint mir, mal wirklich auf die jeweilige Steuerbelastung als Anteil vom Einkommen/Vermögen einzugehen. Oft werden ja unzulässigerweise Abgaben für die Sozialversicherungen oben drauf gepackt (s. OECD) oder nicht progressive Verbrauchssteuern einfach weggelassen.

Aufgeschlüsselt für die verschiedenen Dezile (z. B. nach Haushaltseinkommen) wäre ferner die Verteilungswirkung von Lindners Steuerentlastungspaket auszuleuchten (Stichwort: Umverteilung von unten nach oben).

Die Verteilungswirkung einer zunehmenden CO2-Besteuerung auf unterschiedliche Einkommensgruppen (mit bzw. ohne das versprochene Klimageld) würde mich ebenfalls sehr interessieren.

Hierzu liegen zumindest Emissionsschätzungen bereits vor:

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Weil es dafür bei weitem keine Mehrheit gibt.
Am besten so etwas zur Ende der Legislatur beschließen, dann haben wir direkt die Nazis in der Regierung.

Was ist daran gut, dass es dafür keine Mehrheit gibt?
Davon abgesehen, dass der Post über dir genau das Gegenteil behauptet.

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Das ist falsch. Wer als überlebender Partner oder als Kind die vom Erblasser selbst bewohnte Immobilie erbt und in dieser Immobilie auch für mindestens 10 Jahre lebt, muss auf den Wert der Immobilie keinerlei Erbschaftssteuer zahlen. Die genannten Freibeträge kommen dann nochmal obendrauf. Und es ist völlig egal, wie viel die Immobilie wert ist. Auch eine Villa im Wert von 10 Millionen Euro ist komplett steuerfrei: Erbschaftssteuer Immobilien und das eigene Haus

Da es für eine Vermögenssteuer auf hohe Vermögen eine klare gesellschaftliche Mehrheit gibt, wäre meine Vermutung, dass es diese Mehrheit auch für eine höhere Steuer auf hohe Erbschaften geben würde. Dazu müsste aber mal jemand ein überzeugendes Modell entwickeln und es nachdrücklich und gut kommunizieren.

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Zu Vollständigkeit, die Befreiung ist auf Wohnfläche Begrenzt bzw. dann Anteilig anzurechnen.
Außerdem ist die Freistellung ausschließlich auf Erwerb von Todes wegen und nicht bei Schenkungen unter Lebenden. Wenn auch nur das Familienhaus zu Lebzeiten geregelt sein soll, dann wäre die Befreiung also nicht möglich.
Dann ist die Frage nur noch, ob die Freibeträge ausreichen - was in den meisten Fällen wohl ausreichen dürfte - vor allem im Zusammenhang mit Wohnrecht/Nießbrauch.

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Und ich habe darauf geantwortet, dass genau diese „hohen“ Freibeträge das Problem seien und abgeschafft gehören sollten.

Genau das wird nicht passieren und das ist gut.

Ich habe nicht von mehrstelligen Millionenerbschaften gesprochen.

Zumindest für Schenkungen sollten sie abgeschafft werden.
400.000€ Freibetrag alle 10 Jahre macht bei Papa und Mama 80.000€ pro Jahr, die man seinem Kind ab Geburt jährlich zukommen lassen kann.
Zum 18. Geburtstag hat das Kind einen Startvorteil ins Berufsleben von 720.000€ plus Erträge daraus nur durch den Freibetrag. Die weiteren Vorteile durch bessere Bildung und Kontakte kommen da noch oben drauf.

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Aber das ist doch der Effekt. Nur mal so als Beispiel:

Ein Ehepaar besitzt vermietete Immobilien im Wert von 10 Millionen Euro, die jährlich Mieteinnahmen in Höhe von 400.000 Euro generieren.

Das Ehepaar hat zwei Kinder. Im Alter von 50 Jahren verschenkt das Paar das erste Mal einen Anteil an den Immobilien im Wert von 1,6 Mio Euro an die beiden Kinder – wegen der kumulierenden Freibeträge völlig steuerfrei. Wenn das Ehepaar sich auch noch ein Nießbrauchrecht an den Einnahmen einräumen lässt, dann wird der Wert davon noch auf den Freibetrag aufgeschlagen, es kann also nochmal deutlich mehr steuerfrei verschenkt werden.

Das gleiche macht das Paar nochmal im Alter von 60 und 70. Als der erste Partner im Alter von 75 verstirbt ist damit das „Erbe“ schon um mehr als 5 Millionen abgeschmolzen worden. Da dem überlebenden Partner ja die Hälfte der Immobilien gehören muss er auch nur auf die andere Hälfte Erbschaftssteuer zahlen, natürlich gemindert um die 500.000 Euro Freibetrag. Am Ende werden auf diesen ersten Erbfall also 19% auf von ca. 2,5 Mio Euro Steuer gezahlt.

Aber auch dieses gemessen an der Realität für den Staat sehr gute Szenario lässt sich komplett aushebeln: Zum Beispiel kann man die Immobilien in ein Unternehmen verpacken, oder stark mit Schulden belasten, was die Steuerlast drückt aber Geld für andere Investitionen frei macht. Da gibt es tausende Tricks und Schlupflöcher. Entsprechend nimmt der Staat weniger Erbschaftssteuer ein, desto größer die Erbschaft ist. Ja, die Erbschaftsteuer ist regressiv. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein.

Meinetwegen soll man „Oma ihr Häuschen“ steuerfrei stellen. Meinetwegen sogar „Oma ihre Villa“. Aber „Oma ihr Millionenvermögen“ einfach als leistungsloses Einkommen durch die Generationen zu reichen ist doch gesellschaftlich Absurd.

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Das müsstest du nochmal erklären.

Wenn das Erbe „einfach so“ vererbt werden würde, wäre es mit den vollen 10 Millionen Euro veranschlagt worden.

Das Ehepaar hat in dem Beispiel aber zweimal die Möglichkeit genutzt, ihren Kindern den vollen Freibetrag steuerfrei zu schenken.

Freibetrag 400.000 Euro x 2 Eltern = 800.000 Euro x 2 Kinder = 1,6 Mio Euro je Schenkung alle 10 Jahre x 2 Schenkungen über 20 Jahre = 3,2 Mio Euro steuerfreie Vermögensübertragung

Wenn sich die Eltern ein Nießbrauchrecht auf die Erträge der Immobilien einräumen lassen, dann verringert das aus Sicht des Finanzamt den Wert der Immobilie und steigert damit den steuerfrei verschenkbaren Betrag. Die Berechnung ist etwas komplexer, aber wenn ich von 400.000 Euro Mieteinnahmen ausgehe würde das die steuerfrei verschenkbare Summe bei jedem Schenkungsvorgang nochmal um ca. 750.000 Euro steigern, wir wären dann schon bei 4,7 Mio Euro steuerfreier Vermögensübertragung.

Wenn dann tatsächlich einer der Erblasser verstirbt, dann wird nur 2,65 Mio Euro Vermögen vererbt (weil ja dem überlebenden Partner die Hälfte der Immobilien gehört). Davon erbt der überlebende Partner 500.000 Euro (Freibetrag) plus 256.000 Euro (Versorgungsfreibetrag) komplett steuerfrei. Bleiben 1,9 Mio Euro Vermögen.

Selbst wenn jetzt keine weiteren steueroptiminierenden Maßnahmen getroffen werden, können die beiden Kinder nochmal je 600.000 Euro zu einem Steuersatz von nur 15% erben. Der überlebende Partner zahlt auf die verbleibenden 700.000 Euro 19% Erbschaftssteuer.

Zu diesem Zeitpunkt hätten die Kinder dann jeweils ca. 3 Mio Euro Vermögen geschenkt und vererbt bekommen – mit einer effektiven Erbschaftssteuer von 3% (15% von 600.000 Euro).

Und das ist das was ich als Laie mit minimaler Vorwissen wegen einem früheren Erbfall in der Familie ermitteln kann. Für eine entsprechende Planung oder Testament brauche ich nichtmal einen Steuerberater. Aber ein Steuerberater würde wohl problemlos Wege finden, die Steuerlast auch für erheblich größere Vermögen auf 0 zu drücken.

Vor allem, wenn es sich um Betriebsvermögen handelt. Denn dann sieht das Gesetz selbst schon eine weitgehende Verschonung von der Steuer vor.

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Jetzt verstehe ich wie du das meinst. Eine Wertminderung durch Nießbrauchrecht wäre aber ja auch im Falle keiner oder geringerer Freibeträge möglich. Es ist also nicht wirklich korrekt diesen Effekt als Folge des Freibetrags mit einzurechnen.

Was aber ja an Bedingungen geknüpft ist und durchaus einen Sinn hat. Wenn Betriebe ohne Freibeträge voll Versteuert werden müssten, dann wäre das z.B. für kleine Betriebe mit hohem Wert von Grundstück (z.B. Handwerksbetrieb in Stadtlage) eine enorme zusätzliche Finanzielle Belastung. Aus so einem Grundstück kann man aber ja keinen Gewinn erzielen ohne die eigene Geschäftstätigkeit einzustellen.

Ich finde daher die Befreiung von Betrieben durchaus sinnvoll, würde dafür die Entnahmen aus diesen höher besteuern und die Steuer im Falle eines späteren Verkaufs rückwirkend einfordern, auch nach 20, 30 oder 50 Jahren.
Somit bekommt man Geld wenn immer das gebundene Vermögen in Geld umgewandelt wird.

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Also der Zyniker in mir denkt sich: Vermögen ist Vermögen, entweder rechtfertigt die Lage das Zahlen der Erbschaftssteuer, oder der Handwerksbetrieb geht eben in eine günstigere Lage und die Immobilie wird einer optimaleren Nutzung (z.B. als dringend benötigter Wohnraum) zugeführt.

Aber selbst wenn man nicht so zynisch sein will, würde man für solche Fälle Lösungen finden. Es wären glaube ich auch nur Randfälle.

Was mich wirklich interessiert sind die großen mittelständischen Unternehmen und die Konzerne, von denen es ja in Deutschland einige im Privatbesitz gibt. Da werden jedes Jahr Milliardenvermögen mehr oder weniger steuerfrei übertragen und das empfinde ich als zutiefst ungerecht und absurd. Diese Unternhemerfamilien könnten es sich problemlos leisten, eine angemessene Erbschaftssteuer zu zahlen, meinetwegen auch über ein paar Jahre gestreckt.

Unternehmen verwandeln ständig gebundenes Vermögen in Geld: Dividenden, Gewinnausschüttungen, Gehälter und Boni für angestellte Geschäftsführer, etc. Schon das Eigentum an sich bringt den Gesellschaftern finanzielle Vorteile, denn sie können den illiquiden Vermögenswert als Sicherheit für Kredite und ähnliches nutzen.

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Das findet ja aktuell ohnehin statt. Bedeutet aber auch längere Fahrten, die dann auch wieder auf die Kunden umgelegt werden. Und das sind dann alles Teile der Problematik, dass Leben in der Stadt teurer wird. Und es ist auch Teil der Problematik, dass Wohnort und Arbeitsplätze wieder auseinanderdriften.

Aktuell wird das so gelöst, dass viele Handwerkerfahrzeuge dann einfach über Nacht im öffentlichen Raum stehen, aber das wollen wir ja auch nicht. Da muss man sich dann echt überlegen wohin die Reise gehen soll.

Weniger Fahrten, keine Fahrzeuge im Öffentlichen Raum, dann aber auch keine Flächen für Betriebe die auch in Großstädten dringend benötigt werden geht halt nicht zusammen.

Die können es sich an sich natürlich leisten. Aber auch hier bin ich zwiegespalten. In Ländern mit konsequenter Erbschaftssteuer sieht man, dass diese Art an Betrieben oft gar nicht so existiert (USA z.B.). Dort geht dann so ein Unternehmen eben eher an einen großen Konzern und wird da integriert. Ob eine Entwicklung in eine solche Richtung gesamtgesellschaftlich besser wäre zweifle ich auch an.

Sorry, bin ich nicht drauf eingegangen. Ja! Das zum Beispiel Kapitalerträge effektiv oft niedriger besteuert werden als Einkommen aus Arbeit ist an Absurdität nicht zu überbieten. Aber ich sehe da keine direkte Verbindung zur Frage der Erbschaftssteuer. Die politische Argumentation „ihr erbt steuerfrei, zahlt aber mehr Einkommenssteuer“ kommt mir sehr viel komplizierter und weniger zielführend vor als „wer viel erbt soll darauf auch angemessen Steuern zahlen“.

Also nach dieser Quelle sind in den USA nur 2 von 1.000 Erbschaften überhaupt steuerpflichtig, da es einen sehr großzügigen Freibetrag von 5,5 Millionen Dollar (pro Erbschaft, nicht pro Erben), sowie diverse Schlupflöcher in der Gesetzgebung, von der auch höhere Erbschaften profitieren gibt.

Die allermeisten kleinen und mittelständischen Unternehmen, insbesondere Handwerksbetriebe, dürften einen Buchwert von deutlich weniger als 5,5 Millionen Dollar haben. Insofern funktioniert das als Erklärungsmuster für unterschiede in der Unternehmensstruktur zwischen den USA und Deutschland glaube ich nicht.

Warum?

Denn der Besitz eines Wertes alleine macht einen ja noch nicht wirklich reich. Besitze ich eine Firma die zwar einen hohen Wert hat, aus der ich aber kein Geld rausziehe, dann bin ich zwar auf dem Papier reich, kaufen kann ich mir davon aber nichts. Erst durch die Entnahme von Geld aus der Firma oder Verkauf von Anteilen habe ich auch tatsächlich etwas von diesem „Reichtum“.

Jetzt kommt bei der Erbschaftssteuer aber auch noch dazu, dass die Wertermittlung einerseits vom Verfahren abhängt, andererseits auch vom Zeitpunkt. Es gäbe also gute und weniger gute Zeitpunkte für die Erbschaft.
Zudem ist die Prognose nur unzureichend in der Bewertung enthalten.

Wenn zwei Personen im Jahr 2000 eine mittelgroße Firma mit einem Wert von 10 Mio. € geerbt haben, eine davon war aber eine Druckerei und die andere eine Tech-Firma, dann ist es gut möglich, dass Stand heute bei gleicher Qualität der Geschäftsführung durch den Erben die Druckerei gar nicht mehr existiert, das Tech-Unternehmen aber mittlerweile die 10 Mio. € jährlich an Gewinn ausschüttet.

Ich rede ja gerade von den „großen mittelständischen Unternehmen und die Konzerne, von denen es ja in Deutschland einige im Privatbesitz gibt“.

Nicht vom Handwerksbetrieb.

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Das ist ein schräges Argument, der Wert war ja da, ich hätte ja als Erbe der Druckerei die Zeichen der Zeit sehen können und die Firma veräußern können für den Wert (den das Unternehmen ja nominell hatte).