Staatsschulden

Die Aussage, der Sie oben doch widersprochen haben, ist die, dass gespartes Kapital nicht mehr der Nachfrage zur Verfügung steht. Durch Ihre Argumentation bestätigen Sie die These eigentlich. Solange gespart wird, wird es der Nachfrage entzogen. Erst, wenn entspart wird, fließt es der Nachfrage wieder zu. Zu welchem Zeitpunkt ist dabei irrelevant.

Wenn wir darüber reden, ob der Staat spart oder Schulden macht, geht es um die Änderung der Nettogeldvermögensposition. Das hat mit realen Gütern (und schon gar nicht eingeschränkt auf Produktionsfaktoren) zunächst mal gar nichts zu tun.

Die grundlegenden Modelle der Ökonomie drehen sich um Realgüter. Geld spielt dabei keine oder nur eine marginale Rolle (als statisches Tauschmittel). Die Dynamik von Geld wird erst in späteren, komplexeren Modellen berücksichtigt (ab Keynes?!). Die Sparquote ist ein grundlegendes Konzept, das unabhängig von Geld ist.

Generell kranken in meinen Augen viele Diskussionen daran, dass sie sich gleich auf die Geldwirtschaft stürzen, statt in einem ersten Schritt das realwirtschaftliche Problem zu beschreiben und zu diskutieren.

Man darf nicht vergessen das es nicht nur einen Faktor gibt den sich Investoren, welcher Art auch immer, ansehen. Wenn Schulden gemacht werden und diese in Infrastruktur und andere Dinge die volkswirtschaftlich genutzt werden können gesteckt wird ist das für die Finanzmärkte eine völlig anderes Zeichen wie wenn wir damit und Sozialstaat sanieren. Das sieht man ja aktuell ganz gut.

Tatsächlich wurde das weltweit inzwischen untersucht und die meisten Studien kommen zu dem Ergebnis, dass es keine „wirklichen“ unnatürlichen Preissteigerungen gab bzw. so eingestuft werden können. Ich meine in Deutschland war das unter anderem das IFO Institut.

Hast du dazubeine Quelle?

zu 1.: Das ist so nicht richtig. Das ist unser aller Annahme aktuell, das es Wachstum braucht damit bestimmte Ziele erfüllt werden können. Hohe Beschäftigung, damit die Steuereinnahmen nicht sinken. Das würde ich mal als Hauptziele formulieren. Ob diese Ziele auch ohne Wachstum also wachsendes BIP funktioniert ist unklar.

zu 2.: Deine Frage würde zwangsläufig zu Geldmengentheorie führen, welche die meisten, wenn nicht alle Zentralbanken inzwischen verlassen haben um andere Wege zu verfolgen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass dies nur für den Bundeshaushalt gilt. Und selbst hier nicht mehr zu 100%. Länder, Kommunen, Staatsunternehmen etc. haben diverse Arten von Schulden im Privatsektor und zahlen hier unnötig hohe Zinsen. Würde man dies einfach über Staatsschulden abdecken und verteilen wäre die Gesamtzinslast deutlich geringer. Das ist nur eine Marketingmasche.

Quelle:
DIW Schulden der Haushalte

Das „realwirtschaftliche“ Problem, welches diesem Diskussionsstrang zugrunde liegt, ist die Feststellung, dass der deutsche Staat nicht in dem Maße die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft (lokal wie global) für seine Vorhaben ausnutzt, wie dies bei Hinnahme einer höheren Verschuldung möglich wäre. Sprich: der Staat operiert dauerhaft unterhalb dessen, was realwirtschaftlich (also begrenzt nur durch die physische Verfügbarkeit von Arbeitskraft und Ressourcen) möglich wäre.

Da seit geraumer Zeit diese Realwirtschaft jedoch der Geldwirtschaft völlig untergeordnet ist (die privatwirtschaftlichen Akteure wollen „Geld verdienen“, nicht ihren Keller mit Vorräten für den Winter füllen), halte ich es für fraglich, dass wir etwas gewinnen, wenn wir sie ausblenden.

3 „Gefällt mir“

Diese Ifo- Mitteilung sagt das Gegenteil: https://www.ifo.de/pressemitteilung/2023-03-07/unternehmen-handel-bau-und-landwirtschaft-nutzten-inflation-um-gewinne

1 „Gefällt mir“

Du meinst über Bundesanleihen, richtig?
Das ist in der Tat so, wenn alle Schulden von Bund, Länder und Kommunen nur über Bundesanleihen finanziert würden, dann wäre die Zinslast deutlich geringer. Besonders für die Kommunen.

1 „Gefällt mir“

DIW Datenbasis Gierflation

Vielleicht muss man keine Schulden zurueckzahlen, aber Zinsen bedienen. Zinsen werden aus Steuergeldern gezahlt, die dann anderen Bereichen nicht zur Verfügung stehen.

3 „Gefällt mir“

/1

Ich widerspreche, dass die deutsche Regierung „Steuergelder“ ausgeben könnte. Die deutsche Regierung hat ihr Konto bei der deutschen Bundesbank und jedesmal, wenn sie eine Ausgabe tätigen will, weist sie die Bundesbank an, diese Transaktion durchzuführen. Die deutsche Bundesbank schafft dabei bei jeder Ausgabe neues Geld. Um korrekte Buchhaltung zu betreiben, wird zwar das Konto der Regierung bei der Zentralbank heruntergebucht. Auf dem Kontostand der Regierung ist allerdings kein Geld, sondern es ist eine Zahl, die aus betrieblichen Gründen notwendig ist. Denn gemäß europäischen Recht muss, damit die Zentralbank, in Deutschland die Bundesbank, Zahlungen im Auftrag der Regierungen durchführen darf, am Morgen jedes Tages das Zentralbankkonto bei 0 sein oder positiv. Wenn es negativ ist, darf die Bundesbank keine Zahlungsanweisungen der Regierung entgegennehmen. Das ist allerdings eine selbstgewählte Regel, die sich abschaffen ließ. Denn das Konto der Regierung könnte ohne die Regel unbegrenzt negativ werden - technisch gibt es dafür keine Einschränkung.

Damit der Kontostand der Regierung also am Ende des Tages ausgeglichen ist - am nächsten Morgen muss er größer oder gleich 0 sein, wenn die Regierung handlungsfähig bleiben will - kann die Regierung ihn entweder über Steuern oder über den Verkauf von Staatsanleihen erhöhen. In der Tat muss man sich den Kontostand allerdings lediglich wie eine Zahl vorstellen, die notwendig ist, damit die Bundesbank grünes Licht hat, um Transaktionen für die Regierung aus dem Nichts durchzuführen. Denn die Bundesbank als nationale Geschäftseinheit der EZB ist eine Schöpferin des Euros. Ihr können Euros nicht ausgehen.

Daraus folgern lässt sich, dass die Regierung gar keine „Steuereinnahmen ausgibt“ - sie gibt immer staatliches, neues Geld aus. Die Zahl auf ihrem Konto ist auch per Definition kein Geld. Denn Geld ist schlicht und ergreifend eine Steuergutschrift. Eine Forderung an die Regierung, mit dem Geld Steuerschuld zu begleichen. Die Regierung kann allerdings schwerlich an sich selbst eine Steuerschuld begleichen.

Um auf deine These zurückzukommen, die Regierung würde Steuereinnahmen ausgeben, um Zinsen zu bezahlen: Nein, das kann sie nicht. Wenn sie Zinsen zahlen will, weist sie die Bundesbank an diese Zahlung durchzuführen. Dabei erhöht die Zentralbank das Empfängerkonto (aufgrund des zweistufigen Geldsystems erst das Konto der Bank, bei der der Empfänger das Konto hat, die dann wiederum das Konto des Empfängers erhöht) per Tastatureingabe um den gewünschten Betrag. Das Konto der Regierung wird um den Betrag gesenkt. Falls das Regierungskonto deswegen am Ende des Tages negativ ist, müsste sie bei Bedarf wegen einer selbstgegebenen Regel ein paar Staatsanleihen verkaufen.
– weiter im nächsten Beitrag

2 „Gefällt mir“

/2
Daraus folgt, dass Staatsanleihen nicht notwendig sind, damit die Regierung mehr Geld ausgibt als sie „einnimmt“. Denn die Reihenfolge ist andersherum: erst gibt die Regierung das Geld aus, danach emittiert sie die Staatsanleihen. Man könnte die Regel für den Zwang zum ausgeglichen Konto auch abschaffen, dann wäre die fiskalische Macht der Regierung deutlich klarer sichtbar. In Großbritannien hatte die Zentralbank auch während der Pandemie eine in die richtige Richtung gehende Regelung eingeführt: das Konto musste nicht jeden Morgen ausgeglichen sein, sondern nur noch zum Ende des Jahres. Theoretisch ließe sich dieser Zeitraum auch noch weiter ausweiten - oder, wie gesagt, das Konto dauerhaft negativ werden lassen.

2 „Gefällt mir“

Hallo @Finn, selbst wenn Du technisch recht hast:

Will die deutsche Regierung mehr Geld ausgeben, hat sie zwei Quellen, mit denen sie diese zusätzliche Ausgaben finanzieren kann: Steuern erhöhen oder Staatsverschuldung aufnehmen.

Die deutsche Regierung kann kein Geld schaffen, weil die EU-Staaten ihre Souveränität über den EURO an die europäische Zentralbank abgegeben haben.

Wie in der Modern Monetary Therorie sehr schön beschrieben, können Regierungen, die die Hoheit über ihre Währung haben, Geld schaffen, in dem Sie Unternehmen oder Bürgern Geld auf deren Konto gutschreiben, und zwar ohne dass auf dem Konto der Regierung ein entsprechender Betrag abgebucht würde. So, wie Du den Mechanismus beschreibst, muss aber die deutsche Regierung auf ihrem Konto bei der Bundesbank immer für Liquidität sorgen, bevor sie eine Überweisung tätigt.

Und diese Liquidität kommt aus einem von zwei Schatullen: Steuereinnahmen oder Staatsverschuldung.

2 „Gefällt mir“

@TilRq
So ist es eben nicht. Die Regierung muss nicht erst Liquidität schaffen. Es ist andersherum. Zuerst weist sie die Bundesbank zu einer Zahlung an, die Bundesbank senkt daraufhin das Regierungskonto und erhöht das Zielkonto. Dabei ist keine vorherige Liquidität vorhanden, die Bundesbank erhöht das Guthaben der Banken immer aus dem Nichts. Dass ein Konto dabei die Verbindlichkeiten aufnehmen muss - ob Regierung oder Zentralbank - ist unvermeidlich, aber auch kein Problem.
Das einzige Problem ist in Europa das Verbot von Finanzierung der Regierungen durch die Zentralbank(en), deshalb muss zum Ende des Tages das Konto wieder über Null sein. Das ist aber eben keine Liquidität, die für Zahlungen notwendig ist. Wenn heute der Tag begonnen hätte (mit positivem Konto am Morgen) kann die Regierung dann z. B. Mittags genauso viel ausgeben, unabhängig davon ob ihr Konto bei -5€ wäre oder es bei 5€ wäre. Die Zahl dient einzig und allein der Erlaubnis Morgens für die Bundesbank, Zahlungsanweisungen der Regierung entgegenzunehmen. Die Regierung benötigt Steuereinnahmen/Anleiheeinamen also nicht zur Finanzierung von Ausgaben, sondern zur Erfüllung einer Regel, die erfüllt sein muss, damit die Bundesbank weiter ihre Zahlungsanweisungen befolgt.
Das ist ein signifikanter Unterschied.

Selbstverständlich wurde bedauernswerter Weise viel Souveränität in der Geldpolitik zur EZB nach Frankfurt geschickt. Das ändert nichts daran, dass die Regierungen ein explizites Konto bei den nationalen Geschäftseinheiten der EZB haben und diese per Zahlungsanweisungen Geld für Regierungen schaffen - mit der Einschränkung, dass am Morgen das Konto wieder über 0 sein muss.

Deine Beschreibung zur MMT ist übrigens nicht ganz zutreffend. Auch die MMT beschreibt, dass ein Konto die durch die neuen Zentralbankguthaben neu geschaffenen Forderungen entsprechende Verbindlichkeiten verbuchen muss. Das lässt sich schon rein logisch nicht vermeiden.

1 „Gefällt mir“

Könntest du Quellen angeben?
Ich meine zwar auch, dass die Vorstellung, Staatsausgaben müssten unbedingt ausschließlich aus Steuereinnahmen getätigt werden, falsch ist. Dass ein Staat durchaus sinnvoll Investitionen vornehmen sollte, auch wenn die Schuldenquote dadurch steigt. Dass keine Gefahr besteht, solange die Produktivität vorhanden ist.
Aber ich kenne mich damit nicht wirklich aus.
Da du deine Thesen als Fakt vorstellst und diese der Meinung mancher Ökonomen widerspricht, sollte die Möglichkeit bestehen, die Aussagen zu überprüfen, um sich ein Bild zu machen.

Im Grunde bedürfte es einfach eines simplen „Schuldenbremse-Einhaltungsgesetzes“:

Wenn der Haushalt ein Defizit aufweist, das gegen die grundgesetzliche Schuldenbremse verstoßen würde, wird automatisch eine einmalige Vermögensabgabe auf alle Vermögen über 1 Mio. EUR fällig in der Höhe, um das Haushaltsdefizit auszugleichen.

3 „Gefällt mir“

Wunderbarer Satz, der es hervorragend auf dem Punkt bringt.

Thesen als Fakt und diese der Meinung mancher Ökonomen

Mein argumentiert in diesem Fall nicht gegen Fakten an, sondern gegen die Meinungen anderer Ökonomen.
In diesem Fall kann es eigentlich keine Meinung geben. Es ist ein technischer Vorgang, der nicht meinungsabhängig sein kann. :wink: