Der Begriff Alltagsrassismus ebenso wie struktureller Rassismus sollte, vor allem dazu dienen aufzuzeigen, dass es gewisse Strukturen und Narrative in einer durch weiße dominierten Gesellschaft gibt, welche rassistisch sind ohne, dass die handelnde Person zwangsläufig selbst ein gefestigtes rassistisches Weltbild hat. Das ist eine andere Ebene und keine Umdeutung oder Erweiterung des Rassismusbegriffes. Weg von den Individuen hin zu gesellschaftlichen Prozessen. Entsprechend unsinnig ist dein Verweis auf „die Haltung“ (wieder so ein leerer aber dafür umso mehr normativ aufgeladener Begriff). Es geht darum Machtstrukturen auch jenseits des Individuums zu verstehen.
Das bewegt sich hier ungefähr auf der Ebene der ewig selben Diskussion darüber ob jetzt die Person ein Nazi ist oder nicht. Es gibt die Frage des Weltbildes des Individuums, es gibt die ebene der Äußerung für sich und es gibt die ebene des Diskurses oder der Reaktionen. Diese Differenzierung ermöglicht es erst zu sagen, die Aussage war rassistisch ohne damit direkt zu meinen dass die Person ein Rassist ist und direkt mit Fackeln, K98k und Stahlhelm bei preußischer Musik vor den Bundestag marschiert ;D. Wie irgendwelche Leute auf twitter das benutzen ist nochmal eine andere Sache. Es mangelt ja nun wirklich nicht an Widerspruch in Wissenschaft und Medien zu diesen Begrifflichkeiten. Der Krieg/Frieden Vergleich passt halt nicht, weil der Rassismusbegriff sein Kernbedeutung nicht verloren hat. Man sollte auch nicht glauben, nur weil man die ganze Zeit nur essays zu diesen Themen liest, es gäbe keine empirische Forschung dazu. Btw, die Begriffe Krieg und Frieden sind in der Politikwissenschaft längst nicht so klar, wie das Alltagsverständnis einem weiß machen will. Aber hier wird halt auch durch Verschmelzung zweier Gegenteile versucht die Bedeutung zu zerstören. Das ist einfach nicht das selbe wie Begriffe ausdehnen oder neue Begriffe zu schaffen. Einen abstrakten Begriff auszudifferenzieren ist ganz normale wissenschaftl. Praxis und dient der Präzision und damit der sprachlichen Distinktion.
Beliebigkeit, ist ja ein sehr relativer Begriff. Aber so ziemlich alle Theorien sind ideengeschichtlich verortenbar und die Diskussion darum ist eine zentrale Frage in der Wissenschaft. Das aufstellen einer „beliebigen“ Theorie und Hypothese gehört halt zur Wissenschaftsfreiheit. Was Realitätsferne als Begriff soll weiß ich wirklich nicht, denkst du wirklich die Axiome in der Mathematik, Irrationale Zahlen
oder die Theorien zum Urknall in der Physik wären irgendwie realitätsnah ?
Das Mittelalter hatte einen anderen Wissenschaftsbegriff, das ergibt hier in der Diskussion wenig sinn. Zu mal mir scheint, dass es vor allem eine popkulturelle Referenz aus Good Omens ist. Das IQ Beispiels ist ziemlich witzig, hat doch der Nobelpreisträger für die Entdeckung der DNA vor wenigen Jahren eben das Behauptet, ebenso, wie die wIsSeNSchAfTler, welche The Bell curve verfasst haben. #Wissenschaft ^^
Jes und gerade weil Wissenschaft einen so wichtigen Anteil an der Konstruktion von Wahrheit hat, sollte man nicht leichtfertig durch die Gegend rennen und ganze Theoriezweige als unwissenschaftlich und Unsinnig bezeichnen, gerade wenn man nicht vom Fach ist. Kritik gerne aber so verabsolutiertes Gatekeeping ist halt albern. bissle zurückhaltung wäre manchmal ganz gut.
Popper ist halt nicht der einzige Philosoph und nicht alle sowis sind der Ansicht die Methodik und die Frage was Empirie ist sollte oder kann in allen Wissenschaften gleich sein. Die Wahlforschung ist so ein perfektes Beispiel dafür, dass sowas halt durchaus seine Probleme hat. Die angebliche Unsinnigkeit einiger Theorien findet ihren Gegenpol halt in der Banalität bzw. Erkenntnislosigkeit wahlloser empirischer Studien.
Dein Verweis auf die Mechanik deutet halt auf ein gewisses Weltbild hin in dem Wissenschaft eine spezifische Funktion hat die ich nicht teile. Die Mechanik als angewandte Wissenschaften, wie der Name schon sagt beschäftigt sich vordergründig mit der Anwendung und nicht Wissen als Selbstzweck. Ich würde doch sehr Infragestellen, die Ingenieurwissenschaftlich in einen Topf mit den harten Naturwissenschaften zu werfen. Die Physik und auch die Mathematik erforschen Sachen meist nicht aus ihrem Anwendungsbezug heraus. Die Anwendbarkeit erfolgt erst im Nachhinein. Das ist selbstredend zugespitzt, man braucht ja auch irgendwoher geld ^^
Zur schwarzen Liste:
Xenophobie und Rassismus sind nicht das selbe, Rassismus konstruiert ein abstraktes Bild mit entsprechenden Zuschreibungen zu mehr oder minder spezifischen Gruppierungen. Das ist nicht das selbe, wie der Ausschluss des Fremden aufgrund von Irritation bzw. zur Beibehaltung einer gewissen Kontrolle. Man sollte das erscheinungsbild von Leuten nicht afimmieren, um darauf Rassismus zu begründen, so hat sich Rassismus nicht entwickelt. Rassismus, Antiziganismus/Antiromaismus oder Antisemistismus haben sich zu eigenständigen Ideologien entwickelt, Xenophobie ist viel diffuser. Ich finde die Frage einer potenziellen historischen genese oder Zusammenhanges dieser Formen miteinander spannend, aber alles einfach unter „Fremden“ subzusummieren negiert einfach die Historie dieser spezifischen Zuschreibungen und was aus diesen folgt. Allein schon weil, Xenophobie nicht zwangsläufig den Vernichtungsimpetus hat den die obengenannten Ideologien mit sich bringen.
ich will dir das nicht unterstellen, aber häufig, wenn Leute im Zusammenhang mit Rassismus auf Xenophobie verweisen kommt irgendwann ein biologistisches Evolutionsargument. Xenophobie als evolutionäres Schutzverhalten…
ich hab grundsätzlich das Gefühl in solchen Diskussion, dass hier auf irgendwelche Standpunkte aus den Medien oder den sozialen Medien verwiesen wird, Anstatt darauf was an Diskussionen und Studien so in der Wissenschaft produziert wird. Oder woher kommt sonst die Vorstellung die gesamte Sozialwissenschaft würde nur noch aus postkolonialer und postmoderner Rassismus Theorie bestehen.