"Schwarzfahren" und "den Schwarzen Peter zuschieben"

Nein, es gibt Anwendungen von „Schwarz“, die okay sind, und solche, die einen rassistischen Hintergrund haben. Sich solcher Dinge bewusst zu sein, finde ich durchaus wichtig. Denn dieser Alltagsrassismus ist letztlich ein Nährboden für substanzielleren Rassismus und das muss einfach nicht sein. Warum die Abwehr dagegen, Ausdrücke aus der Sprache zu verdrängen, von denen sich einzelne Teile der Bevölkerung - nachvollziehbar - angegriffen fühlen? Das habe ich nie verstanden.

Sprache verändert sich - und das ist okay!

Ein anderes Beispiel, bei dem es nicht um Rassismus geht, wären die Begriffe „Raubkopieren“ und „Software-Piraterie“. Auch hier werden Schwerverbrechen („Raub“, „Piraterie“) genutzt, um ein Verhalten, das im Randbereich zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat ist, massiv zu kriminalisieren. Und das wirkt - das führt dazu, dass diese Dinge, die eigentlich in’s Ordnungswidrigkeitenrecht gehören, als wesentlich schwerere Straftaten wahrgenommen werden.

Gegen solche Dinge zu kämpfen macht Sinn. Sich dafür einzusetzen, dass die Sprache sich in solchen Dingen positiv weiterentwickelt, ist absolut sinnvoll. Der einzige Grund, es nicht zu tun, ist bloßer Sprach-Konservativismus… und das ist ein ganz schlechter Grund.

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Was ich nicht verstehe ist, warum man verzweifelt versucht in den Begriff „Schwarzfahren“ etwas rassistisches hineinzuinterpretieren.

Ich kann es bedingt bei Wörtern mit „Mohr-“ nachvollziehen.

Aber schwarzfahren hatte in meinem Leben noch nie einen Bezug zur Hautfarbe und ich hab ehrlicherweise auch noch nie einen POC erlebt/gesehen/ von gelesen der sich darüber aufgeregt hätte, dass „Erschleichung von Beförderungsdienstleistung“ im Alltagssprech schwarzfahren heißt.

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Ich war sehr überrascht, da ich die beiden Begriffe bisher nicht mit Rassismus in Verbindung gebracht habe. Laut Wikipedia sind die Begriffe auch nicht rassistisch, sondern kommen woanders her:

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Ja, Sprache verändert sich. Das ist auch gut so. Und was sich in der Kolonialzeit, teilweise bis zu den 1970-er Jahren, abgespielt hat ist abscheulich. Und auch heute ist der Rassismus nicht verschwunden, im Gegenteil. Jedoch bin ich gegen Extremismus, in allen Richtungen.

Wenn man Sprache unter Zwang verändern will, wird man meistens scheitern, da die gemeine Bevölkerung sich durch Passivität widersetzt, und gelebte Sprachkultur sich nicht so schnell ändern lässt wenn man keine gängigen Alternativen anbieten kann.

Ich selbst bin Niederländer - und Holländer! - und lebe seit über 30 Jahren in Deutschland. Ich bin geschäftlich viel herumgekommen, und habe viele nicht-weiße Freunde und gute Bekannte in der ganzen Welt. Und das eigentliche Thema - aus meiner Sicht - ist „Respekt“. Respektiere die Menschen wie sie sind. Der Rest kommt wie von alleine - meistens. Egal ob Afrika, Mittleren Osten, Asien, Osteuropa, Süd-, Mittel- oder Nordamerika oder Australien. A-löcher gibt es überall, liebe, nette Menschen auch, und zum Glück sind die Letzten in der Überzahl. Und wenn man mit Respekt für seinen Mitmenschen Ausdrücke verwendet die von manchen als verletzend erfahren werden, sollte man sich vielleicht unterhalten. Und im Laufe der Zeit, wenn es genügend solcher Gespräche gegeben hat, ändert sich die Sprache.
In einer hitzig geführten Diskussion habe ich selbst mal spöttisch den Spruch vom Herrn Rüttgers „Kinder statt Inder“ verwendet, während ein Deutsch-sprechender Indischer Kollege beteiligt war. Vielen Teilnehmern war das sehr peinlich, obwohl aus der Diskussion klar war, dass dies überhaupt nicht meiner Einstellung entspricht. Im Nachgang habe ich dem Kollege den Kontext erläutert, und die Situation blieb völlig entspannt, der Kollege war gar nicht beleidigt und hat klar verstanden wie es gemeint war.

Für uns Westeuropäer ist es ganz normal, dass man in einer Kirche keine Tüte Pommes isst oder eine Zigarette raucht. Man passt sich an. Dann kann man in einer Synagoge doch auch eine Kippa aufsetzen, oder in einer Moschee die Schuhe ausziehen? Respekt ist das Zauberwort.

Ausdrücke wie „jemand den schwarzen Peter zuspielen“ oder „schwarzfahren“ sind keine persönliche Beleidigung wie zum Beispiel das N-Wort. Wenn sie früher schon in einem Kontext der Kolonialherrschaft entstanden sein sollten, haben sie diesen Kontext schon weitestgehend abgestreift und sind zu ‚geflügelten Worten‘ geworden. Wenn man das seinem Gegenüber respektvoll erklärt, ist die Chance nicht schlecht, dass verständnisvoll reagiert wird. Und wenn derjenige - als Betroffener - ebenfalls respektvoll darum bittet, ihm gegenüber den Ausdruck nicht wieder zu verwenden, dann tut man das. Oder?

Es gibt sogar eine Initiative/Verein die sich mit sowas auseinandersetzt. Hier mal was in der Zeit dazu.

Eine einfache Google Suche ‚schwarzfahren rassistisch‘ könnte hier Aufklärung verschaffen. Dass man sich mit sowas nicht auseinandersetzen muss, und dann auch wenn es darum geht, nichtmal mit der Google Suche dazu um die Ecke kommt, das wird allgemein als ‚white privilege‘ bezeichnet.

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Bezeichnend, dass diese haltlosen Argumente auch im x-ten Thread zum Thema immer noch aufs Neue wieder aufgelegt werden.

Siehe dazu hier:

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Dem Anliegen dieses Threads „Extremismus“ und „Zwang“ zu unterstellen funktioniert aber auch nur dann, wenn man von ideologisch motivierter oder böswilliger Fehllektüre geleitet ist.

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Ich habe mit Absicht nicht die Initiatorin des Threads zitiert, mein Beitrag betrifft nicht konkret und sicher nicht nur die freundliche Bitte. Es ist in meiner Wahrnehmung ein breiteres Problem, und es gibt einige Beispiele wo Menschen ziemlich aggressiv eine sprachliche Änderung durchzusetzen versuchen. Als prominentes Beispiel nenne ich nur den noch anhaltenden Versuch die Deutsche Sprache zu „verweiblichen“ indem man verschiedene Methoden ausprobiert um das feminine Genus und das weibliche Geschlecht anzugleichen. Eine durchaus interessante Betrachtung aus der Schweiz.

Auch dort zeigt sich, dass es zwar Bewegung in der Sprache gibt, aber hin und her, und es dauert lang bis sich eine klare Linie zeigt. Und ganz ehrlich, im täglichen Leben, im Supermarkt oder am Arbeitsplatz, ist davon bislang nur sehr wenig angekommen.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich bin absolut und radikal gegen Rassismus, und für vollständige Gleichberechtigung aller Geschlechter; sprachlich bin ich aber eher konservativ. Das Brauchbare wird sich auf Dauer durchsetzen, davon bin ich überzeugt.

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Du schreibst aber auch

Eine Frau, die sich vom männlichen Genus nicht mitgenommen fühlt, ist doch eine Betroffene?
Ich finde es ok, wenn solche Themen angesprochen werden, ansonsten kann man sich das Problem ja nicht vergegenwärtigen.
Von der betroffenen Seite würde ich mir einen verständnisvolleren Umgang mit denen wünschen, die halt im gestern festhängen. Aber das kommt wohl raus, wenn man keine Castor-Transporter hat, wo man das Adrenalin loswerden kann.
Bei der Jugend erlebe ich jedenfalls, dass die beim sprechen ganz selbstverständlich gendern, Jungs wie Mädchen.

„Der Begriff „Schwarzfahren“ kommt in diesem Fall allerdings nicht von der Farbe, sondern vom jiddischen Wort shvarts, das arm heißt. Della sagte, es sei es bei vielen Begriffen so, dass diese ursprünglich anders angelegt waren. Sprache verändere sich aber. „Auch wenn Schwarzfahren überhaupt nicht rassistisch angelegt war, ist trotzdem die Wirkung bei Betroffenen, dass schwarz für etwas Negatives steht, für Kriminalität etwa oder Illegalität“, sagte Della weiter.“

Also wenn ich den Sprecher des Vereins aus deinem Artikel richtig verstehe, dann doch bitte den Begriff „schwarz“ aus der deutschen Sprache ganz streichen.

Dunkel muss es dann in Zukunft eben auch tun.

P.s. was eigentlich mit „Schwarzlicht“ in den Diskos?

Ist das jetzt auch kriminell oder illegal, weil ja „schwarz“ drin vor kommt?

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„In meiner Wahrnehmung“ liegen die Aggressionen eher auf der Seite derjenigen, die schon bei freundlichen Bitten von „Zwang“ reden und darauf verweisen, dass sie mal höchstpersönlich dem Inder erklärt haben, was Rassismus ist und was nicht.

Dieser von seriöser Forschung und allgemeiner Sprachentwicklung längst überholte Blogbeitrag von 2001 ist in der Tat ein interessantes Beispiel für einen vollständigen Mangel an Problembewusstsein.

Das ist vermutlich sehr stark davon abhängig, wo und wie man lebt, einkauft und arbeitet.

Von der empirischen Sprachwissenschaft ist der Zusammenhang von Genus und Sexus längst belegt. Aber auch dazu gibt es hier schon eine Reihe von Threads.

Allen Zynismus deinerseits beiseite gelassen: Es geht um negativ konnotierte Begriffe. Weder ist es kriminell oder illegal ‚Schwarzfahrer‘ zu nutzen, sondern erst mal Pietätlos.

Das ist eben der Punkt.

Ich mein es ist völlig okej, wenn im „offiziellen“ Zusammenhang also z.B. bei den Verkehrsbetrieben wie bei dem Zeitartikel auf „Schwarzfahrer“ verzichtet wird.
Aber ich tu mich halt extrem schwer damit in alles und allem Rassismus zu projizieren, wie es der Sprecher des Vereins versucht, denn das endet dann eben damit dass alles was irgendwie mit schwarz zusammenhängt plötzlich rassistisch wird.

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Man sollte hier am besten genau lesen und auch den Satz vor den von dir zitierten Sätzen zitieren. Es geht dem Sprecher der Initiative hier darum, dass der Akt der Beförderungserschleichung kriminalisiert und negativ konnotiert ist und dies auch auf den Begriff „schwarz“, nunja, abfärbt. „Schwarzlicht“ ist meines Wissens im Vergleich zum Fahren ohne gültigen Fahrschein weder kriminalisiert noch gegenüber nicht schwarzem Licht negativ konnotiert. Mithin wurde hier vor allem von dir projiziert.

Auch das ist richtig, nur gibt es ja weiter vorne auch für alle Begriffe die durchaus kriminelles beschreiben andere Herleitungen als die Hautfarbe und das ist eben mein Problem.

Warum wird einem Alltagsrassismus vorgeworfen, wenn man z.B. von Schwarzbrennerei spricht?

Waren es vornehmlich dunkelhäutige die illegal Schnaps gebrannt haben?

Es hat doch überhaupt nichts mit dunkelhäutigen Personen zu tun, aber plötzlich soll es rassistisch sein, weil Schwarzbrennerei illegal ist.

Das ist der Punkt an dem die Rassismusdebatte in meinen Augen jedesmal verliert.

Es gibt deutlich wichtigere Sachen zu bekämpfen die halt wirklich rassistisch sind.

Abgesehen davon hat der Sprecher selbst gesagt, dass sich Sprache verändert, aber anstatt in ehemals nicht rassistisches plötzlich Rassismus zu projizieren, sollte man vielleicht auch mal nachschauen wie viel ehemals rassistisches heute überhaupt noch rassistisch ist.

Wenn man auch mal da anfängt kann die Rassismusdebatte am Ende deutlich mehr gewinnen.

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A: Ich kenne keine Person, die sich durch das Wort „schwarzfahren“ diskriminiert sieht, also gibt es das nicht.

B: Schau mal hier, es gibt sogar eine Initiative von schwarzen Menschen, die sich zusammengeschlossen hat, um u.a. auf die diskriminierende Wirkung bestimmter Sprachmuster aufmerksam zu machen.

A: Jetzt darf man das Wort „schwarz“ wohl gar nicht mehr benutzen.

B: Nein, das steht da nicht, sondern lediglich, dass die Verwendung in bestimmten Fällen problematische Implikationen haben kann.

A: Dass ich plötzlich nicht mehr „Schwarzbrennerei“ sagen soll schadet der Rassismusdebatte.

B: :roll_eyes:

Der Punkt ist glaube ich, dass es weniger darauf ankommt wie ein Begriff im Jahr Fuffzehnhundertdingenskirchen mal gemeint WAR sondern eher darauf, wie er heute aufgefasst WIRD (bzw., was für eine Gruppe in dieser Debatte bereits reicht, aufgefasst werden KANN).

Hättest du da ein Beispiel?

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Nun laut dem Bericht den du da verlinkt hast, ist diese Aussage aber falsch, denn der Verein hat zwar die Entscheidung begrüßt, aber sich nicht dafür eingesetzt, dass sie gefällt wird.

Leider nein, da ich weder ein Betroffener bin, noch mich tiefgreifend damit beschäftige.

Ich finde es aber immer bemerkenswert wie so manche weiße Person in versuchtem vorrauseilenden Gehorsam alle Relikte der Kolonialzeit entfernen will als ob das alles Unrecht dieser Zeit wieder gut machen würde.

Kleines Beispiel: bevor in Berlin die Debatte um die Mohrenstraße hochgekocht ist, habe ich besagtem Straßennamen weder mit Rassismus noch mit der Kolonialzeit in Verbindung gebracht.

Ja ich habe vollstes Verständnis für Personen die Betroffen sind, ich habe auch überhaupt kein Problem damit, dass diese Betroffenen gefordert haben, dass die Straße umbenannt werden sollte.

Absurd finde ich es nur, dass sich nicht-Betroffene an solchen historischen Sachen abarbeiten, weil es ja betroffene geben könnte.

Oh und um mal noch was ganz anderes garantiert nicht rassistisches auf’s Tableau zu bringen:

„Erschleichung von Beförderungsdienstleistung“ heißt im schwedischen umgangssprachlich „planka“ da man hier in den Bahnhöfen an den Eingangssperren (Plank) vorbeikommen muss.
Illegal produziertes hochprozentiges heißt einfach „hembrännt“

Man könnte also auch im deutschen versuchen andere umgangssprachliche Begriffe zu etablieren ohne gleich eine Rassismusdebatte vom Zaun zu brechen, gerade wenn man „White privileged“ ist.

Also nicht einfach schreiben „hört doch auf Schwarzfahren“ zu benutzen sondern auf eine Alternative kommen und konsequent diese benutzen.

So und damit bin ich dann mal hier raus.

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Es geht nur um negativ besetze Begriffe, nicht alles was mit schwarz zusammenhängt. Dass du dich damit schwer tust, das merke ich: Ist das vielleicht eine Gelegenheit sich reflektierend mit dem eigenen Widerstand, von anderen als rassistisch wahrgenomme, Verhaltensweisen abzulegen auseinander zu setzen anstatt hier mit einer Erweiterung um die Ecke zu kommen?

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Je länger die Diskussion, desto tiefer und kruder werden die Abgründe. Wem genau gegenüber übt denn „so manche weiße Person“ hier „vorauseilenden Gehorsam“ aus? Meine Güte.

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