Sprachgebrauch: Schwarze Liste

Du hast es vermutlich nicht so gemeint, aber das Wort „Anlass“ suggeriert m. E., die Pigmentierung von Haut sei an sich ein relevantes Merkmal. Der Kern ist doch aber gerade, dass diesse erst durch den Rassismus (d. h. in der Regel durch Weiße) überhaupt zu einem „Problem“ gemacht wird. Fakt ist auch, dass die Auswahl dieses Merkmals zwar einerseits beliebig ist, aber historisch gesehen im Kontext von Imperialismus und Kolonialismus eben keinesfalls zufällig, sondern Ausdruck globaler gesellschaftlicher Machtverhältnisse. Und genau in diesem Kontext stehen eindeutig auch Konnotationen von Begriffen wie schwarz oder dunkel. Deshalb ist es ja so pervers, wenn Weiße rumheulen, das sei doch nun heutzutage gar nicht mehr wichtig und man solle doch mal aufhören, ständig darauf herumzureiten. Ich würde sagen: wir haben damit noch nicht mal richtig angefangen.
Allen, die das Problem Rassimus hier individualisieren wollen („soll doch mal jemand sagen, dass er/sie ein Problem damit hat…“) - aber auch allen anderen empfehle ich die Lektüre von Reni Eddo-Lodges „Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche“ und Alice Hasters’ „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten“.

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Ja, genau deswegen habe ich ganz bewusst „Anlass“ geschrieben (statt etwa „Grund“). :wink: Es ist nicht aus sich heraus ein Problem, sondern das Problem wird von außen daran festgemacht.

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Nun, wo ist denn das Problem dabei? Rassismus ist in der Wissenschaft (Ich verwende das Wort hier etwas ungern, da die zutreffenden Fächer keine Vorhersagefähigkeiten besitzen und mit sagen wir, schwieriger Methodik ihre Aussagen treffen) ein wohldefinierter Begriff. Für nicht an der Universität arbeiten Nichtsoziologen wie mich findet sich eine Erklärung bei Wikipedia, die für den Hausgebrauch genau genug ist.
Dabei vermag ich mir schwer vorzustellen, dass die Qualifikation, hierüber zu sprechen, an eine Hautfarbe, Religion, andere körperliche oder kulturelle Merkmale gebunden sein sollte. Zudem der Begriff heute von woken Kreisen gerne überdehnt und umdefiniert wird.

Klar würde sie das verkraften. Sie würde dann zwar noch deskritptiver und weniger bildhaft, nungut. Aber wieso? Zumal der Ursprung des Wortes schwarz in einigen Kontexten wahrscheinlich aus dem Jiddischen stammt, wo es ein ähnlich klingendes Wort gibt, welches die Bedeutung von Armut oder arm hat. In anderen Kontexten heißt es dunkel, obskur und hat ebenfalls keinen rassistischen Inhalt.

Mich erinnert diese ganze Diskussion an 1984, welches ich das erste Mal („gewungenermaßen“) in der Oberstufe lesen musste. Ein Inhalt bestand darin, dass zur Erziehung der Menschen die Sprache von Oben umgebaut und teilweise umgekehrt wurde. Das genau solche Tendenzen nun von links kommen und aus der Anti-Diskriminierungsbewegung, für die ich früher viel übrig hatte, konnte ich mir in den 80ern nun gar nicht vorstellen und wird die Gesellschaft nicht besser, sondern bestenfalls anders machen.

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Es spricht m. E. Bände, wenn Du den Versuch einer Sensibilisierung für die Verwendung von Sprache bzw. den Wunsch nach einer Reflexion über die historische Entwicklung von Sprache und der Bedeutung bestimmter Wörter gleichsetzt mit der romanhaften Beschreibung einer totalitären Gesellschaft, die von Sprache als Herrschaftsinstrument gekennzeichnet ist. Dann mal Butter bei die Fische: Wer genau ist denn Deiner Meinung nach der linke „Big Brother“?

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Dann haste wohl die Quintessenz von Neusprech auf die du anzuspielen scheinst nicht verstanden zu haben. Es geht hier um allgemeine Reduktion der Sprache, um Gedankenverbrechen gar nicht erst möglich zu machen… " Die Linken" auf die du hier anspielst diversifizieren die Sprache und weisen lediglich auf den historischen gebrauch und strukturellen zusammen von Sprache als Distinktionsmittel hin. Allein die zahlreichen neuen Begriffe und Selbstbeschreibungen zu sexualität oder betroffenheit von Rassismus stehen genau im Widerspruch zum Neusprech… Erfahrungen, Ideen, Lebensweisen eine Sprache zu geben.
Außerdem ist es albern die paar interwebs warrior auf twitter mit einem totalitären Staat, wie ihn 1984 zeichnet, gleichzusetzen. Ohnehin ist es etwas nervig immer eine der 3 Dystopien die man so kennt zu nennen, wenn man mal wieder einen Hottake raushauen will.
Diese Dystopien sind, wie die scifi vorstellungen in star wars. Überall müssen kabel angeschlossen und knöpfe gedrückt werden. Die hatten gar keine Idee, wie sich die Technik weiter entwickeln würde ebenso, wie die Gesellschaft. Die Überwachung heutzutage funktioniert einfach nicht wie bei Orwell. Hätte man sich mal mit diesen „unwissenschaftlichen“ Theorien beschäftigt wüsste man das auch…

Das Kommentar zur Wissenschaftlichkeit kannste dir sparen, ich disktutiere gerne über die Methodik und Schlüssigkeit einzelner Theorien, aber so eine verallgemeinerte Aussage ist einfach quatsch.
Außerdem kann man jetzt nun wirklich nicht weiter von einem wissenschaftlichen diskurs entfernt sein, als paar weiße Leute die in einem Podcastforum versuch das Wort Schwarzeliste zu retten.

Aber ich verstehe halt auch nicht, wie man den Begriff Wissenschaft immer auf so einen Podest stellen kann, um ihn dann als Gatekeeper zu benutzen. Das ist völlig naiv. Ich will hier nicht schon wieder alte Diskussionen aufwerfen, aber die Reproduktionskrise in der psychologie, die chicago boys in Chile oder neuerdings die „Coronalaborstudie“ aus Hamburg oder den sexistischen Unsinn der aus Teilen der Evolutionbiologie und -psychologie hervorgebracht wird. Die reinste Incel-Ideologie.Man sollte nicht mit so nem normativ aufgeladen Begriff um sich werfen, wenn das System dem man dass zuschreibt von den selben Strukturen zerfressen ist wie der Rest der gesellschaft entsprechend albern läuft Wissenschaft dann auch ab. Man muss ja nur mal das Interview des Mediziners in der Südeutschen durchlesen der die Studie zu Schnupfen und Orgasmen gemacht hat, die dieses Jahr den ig nobelpries bekommen hat. Dann hat man ein Gefühl dafür, wie Wissenschaft überhaupt betrieben wird. Mir gehts nicht, um die Methodik, sondern warum was erforscht wird und auf welcher Vernunftvorstellung oder Vorstellung von Wissenschaftsvorschritt das basiert.

Hinzu kommt, dass dein Wissenschaftsbegriff mit der Verengung auf Vorhersagbarkeit einfach pure instrumentelle Vernunft ist. Wissensakkumulation zur reinen Naturbeherrschung. Durch den Glauben man könnte das wandert der Mythos direkt wieder in die Wissenschaft ein. Sozialwissenschaften als soziale Physik. Ich dachte eigentlich man hätte diese Vorstellung mit dem Ende des 20. Jahrhunderts mal begraben.

Es ist ja nicht so, als ob dazu keine Argumente oder Positionen vorlägen. Bei der Diskussion um die Bezeichnung für das Fahren ohne gültigen Fahrschein, die diesen Sommer erneut geführt wurde, gibt es dazu z.B. Stellungnahmen der „Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland“, die man zur Kenntnis nehmen und für die Bildung der eigenen Position heranziehen könnte. [1] Dann müsste man auch nicht den unangebrachten und anmaßenden Versuch unternehmen, stellvertretend die Position derjenigen einzunehmen, die Alltagsrassismus erleben. Was ich in diesem Gedankenexperiment denken würde ist irrelevant.

Es ist nun allerdings auch keine allzu neue Erkenntnis, dass Werke der High Fantasy wie etwa Tolkiens Lord of the Rings die gesellschaftlich und genremäßig tradierte Schwarz/Weiß-Symbolik in einer Weise einsetzen, die rassistische Konnotationen bedient und implementiert. Auch dass eine strukturell rassistische Gesellschaft diese Disposition in ihrer Kunst und ihrer Sprache mitunter reproduziert ist mittlerweile gut dokumentiert und belegt.

Ich finde es bemerkenswert, dass in diesem Thread die eigene sprachliche und gedankliche Bequemlichkeit gerne als linguistisches oder lexikalisches Fachwissen rationalisiert wird. Es wurde ja richtigerweise schon darauf hingewiesen, dass die Herkunft eines Wortes maximal sekundär über die Bedeutung dieses Wortes entscheidet. Aber selbst wenn man das Argument mal kaufen würde, fällt es doch bei näherer Betrachtung ziemlich in sich zusammen.

Hier wird ja auf die These angespielt, dass das jiddische Wort shvartz (שװאַרץ) vor allem im Rotwelsch die Bedeutung „arm“ hat. In anderen Lexika findet man die Angabe, dass die Bedeutung shvartz ziemlich deckungsgleich mit der des deutschen schwarz ist und sich nicht auf soziale oder ökonomische Aspekte beschränkt. Laut dem Jewish English Lexicon wurden die Pluralform shvartze und die abgewandelte Form shvartza unter aschkenasischen und orthodoxen Juden in den USA im 20. Jahrhundert in einer Weise benutzt, die sich „offensive“ und „as a racist slur“ gegen eine „[b]lack person“ oder eine „[c]leaning person“ richten. [2] Dass dem Wort shvartz keine Diskriminierungsgeschichte eingeschrieben ist stimmt schlicht nicht. Der Punkt ist: Über die Bedeutung eines Wortes entscheidet weniger dessen Herkunft als viel mehr die Geschichte seiner Verwendung, der Kontext der Äußerung, die Sprachumgebung und der Erfahrungsraum von Sprecherin und Empfänger. Edit: Es würde ja vermutlich, wenn nicht eine sehr spezifische Sprechsituation vorliegt, auch niemand auf die Idee kommen, dass das Wort „Aufklärung“ verwendet wird, um ein meteorologisches Phänomen zu beschreiben.

Ich will mit all dem nicht sagen, man solle bzw. müsse sich so oder so verhalten oder dieses oder jenes sei die Lösung des Problems. Irritierend finde ich allerdings die recht selbstbewusst vertretene Auffassung, dass hier überhaupt kein Problem vorläge oder das Problem primär in dem Versuch einer aufoktroyierten Sprachreglementierung bestehen sollte („Müssen wir jetzt auch […]?“ / „1984“). Hold your horses.

[1] ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl.
[2] shvartsa - Jewish English Lexicon

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Genau, ich habe mich selbständig mit der o.g. Problematik auseinandergesetzt und bin zu dem Schluss gekommen, für mich sind diese
Begriffe nicht rassistisch. Mit der Einschränkung, dass ich mich gerne umstimmen lasse, falls sich eine betroffene Person findet, die daran Anstoß findet.

Wenn mir jetzt weiße Leute erzählen, das sei aus diesen und jenen Gründen falsch und rassistisch, dann akzeptiere ich diese Meinung, teile sie aber schlicht nicht. Da kommen wir nämlich aus einer anderen Richtung zu deinem Argument „white boys explaining racism“.

Ansonsten ermutige ich alle Menschen, sich kritisch und selbständig mit ihren Rassismen auseinanderzusetzen und eigene, überlegte Schlüsse zu ziehen. Input ist immer gut, gleichzeitig wirkt die konkrete Debatte reichlich konstruiert und ist mMn nicht ausreichend durch die Betroffenensicht untermauert, ergo akademisch.

Edit: Typo

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Es geht nicht um den Versuch, Leute bei der Verwendung von Sprache sensibilisieren zu wollen (was man durchaus auch als übergriffig bezeichnen kann). Es geht hier um den Versuch, Macht über das Denken von Menschen zu erlangen, sie umzuerziehen und gedankliche Herrschaftsgebiete zu definieren. Das Stichwort hier ist das Erlangen Deutungshoheit.

Solltest du dich gelegentlich in Twitter in ausreichend woken Blasen herumtreiben, kannst du den kleinen Kumpel von Big Brother schön bei der Arbeit beobachten. Er ist dort noch nicht ganz so anonym wie im Buch. Und wie im Buch wird hier der Versuch unternommen, den Inhalt von Begriffen zu verdrehen, neuzudefinieren und jeweils auf politische Seiten in Gut/Schlecht einzusortieren. Wobei ich mir bei letzterer Aktivität nicht sicher bin, ob das nicht auch eine Folge des Naziregimes ist und schon länger in Gang ist. Als harmloses Beispiel sei hier Heimat genannt, bei dessen Nennung manche Leute schon den Stempel Rechts zücken.
Und, ganz nebenbei, die Rituale der Selbstbezichtigung und der Reue vor dem Twittertribunal erinnern ebenfalls fatal an Verhaltensweisen, die angeblich in der DDR nach vermeintlichen Verfehlungen getätigt wurden.
Und zum Schluss: Ich setze nichts gleich. Ich assoziiere. Das ist alles, und ich wüßte nicht, welche Bände das sprechen soll. Auch das ein gutes Beispiel für woke Sprachverdrehung.

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Nur am Rande: Big Brother war schon im Roman links :wink:

Danke für das Stichwort. Reduktion (Neusprech) ist ein zusätzlicher Baustein. Wenn ich statt Student und Studentin Studierender und Studierende sage, ist das eine Reduktion. Aber: Reduktion ist keinesweg die einzige Technologie, welche in 1984 eine Rolle spielt. Ebenso so wichtig ist in diesem Zusammenhang die Neudefinition der Bedeutung von Begriffen. Krieg ist Frieden etc. Zusätzlich gibt es so etwas wie die Definition von falschen Aussagen als richtig. Erinnerst du dich evtl. nicht mehr? Mir war tatsächlich das Neusprech entfallen.
Sicherlich hast du Recht, die Sprache gewinnt durch neu eingefügtes Erleben. Wenn aber auf der anderen Seite Umdefinieren von Sprache eine Begriffsbedeutung unzulässig und falsch ausdehnt (Rassismus, gerne noch mit strukturell erweitert) oder erfindet (Alltagsrassismus), dann ist das ein Warnsignal.

Das kann man so sehen, oder auch nicht. Nicht Methodik und Schlüssigkeit von Theorien sind das Problem, sondern die Beliebigkeit der Theorien in bestimmten Wissenschaftsdiziplinen. Was ich damit meine, ist die Realitätsferne und Absurdität bestimmter Themen (als unverfängliches Beispiel ist eine angebliche Diskussion aus dem Mittelalter, wie viele Engel denn auf eine Nadelspitze passen). Hier erübrigt sich die Diskussion über Methodik, hier handelt es sich einfach um Unsinn. So etwas mag jetzt im akademischen Umfeld sinnvoll sein, aber wenn solch eine Diskussion den Elfenbeinturm verlässt und Anhänger in der Gesellschaft findet, kann es schnell sehr hässlich werden. Ein Beispiel ist der unsägliche, in Nazi- und (meine ich) in Esoterikkreisen immer noch präsente Diskurs, ob schwarze bzw. dunkelhäutige Menschen im Durchschnitt einen geringeren IQ haben als andere.

Wissenschaft ist das einzige Werkzeug, über welches wir verfügen, Wahrheit von Irrtum zu trennen und Vorhersagen zu treffen. (Und damit will ich jetzt keine Diskussion über die Philosophie der Wahrheit, Popper etc. lostreten). Dabei spielt die vielbesungene Replikationskrise keine wirkliche Rolle, über kurz oder lang (viele Beispiele bestätigen das) konvergieren die Erkenntnisse an eine maximal mögliche Annäherung an die Wirklichkeit oder werden irrelevant.
Wenn Wissenschaften Vorhersagen treffen, ist das der Idealzustand. Das gelingt den Disziplinen unterschiedlich gut, siehe z. Bsp. Mechanik versus Meteorologie.
Wenn Wissenschaften nur beschreiben können, wie Volkswirtschaften oder Sozialwissenschaften, kann das immer noch nützlich sein. Kann, wenn die Beschreibungen ein Bild der Welt in Begriffen liefern, die mit der Erfahrungen einer Gruppe, dem Offensichtlichen und(!), sofern möglich, mit den harten (ich meine, dieser Begriff wird tatsächlich verwendet, mir fällt kein anderer ein) Wissenschaften in Einklang steht.
Gelingt dies, ist es gute Wissenschaft. Wenn nicht, ist es Bullshit. Den Bullshit bei beschreibenden Wissenschaften zu erkennen, ist u. U. nicht leicht.
Sozialwissenschaften als soziale Physik sind heute teilweise Realität. Wahlprognosen sind genau das, mathematische Vorhersagen über das Verhalten einer Gruppe aufgrund weniger Messpunkte. Auch Volkswirtschaften stehen in diesen Fußstapfen. Allerdings ist natürlich nicht eingetreten, was z. Bsp. Asimov beschrieben hat. Das ist Science Fiction.

Um aber jetzt zur schwarzen Liste zurückzukehren:
Eine die Alltagssprache kontrollierende Wortpolizei wird eine Gesellschaft nicht weniger diskriminierend und rassistisch machen. Dies passiert nur, wenn sich die Gesellschaft und damit deren einzelne Mitglieder anderen Menschen, auch fremden oder fremd erscheinenden Menschen, zugewandt verhält. Es ist ein Mindset, das nicht durch Worte, sondern durch eine innere Haltung definiert ist.
Die Eindämmung von Diskriminierung durch Menschen mit rassistischer oder anderweitig diskriminierender Haltung kann durch Gesetze erfolgen, was aber nur bedingt gelingt (z. Bsp. bei Wohnungssuche mit ausländischem Namen eher nicht).

Der fundamentale Unterschied der mir hier auffällt ist, dass in der DDR und beim klassischen Big Brother die Macht vom Staat ausgeübt wird, und damit eine große Asymmetrie ausgeht. Im derzeitigen Fall sind woke und unwoke Individuen im Diskurs, und versuchen zu klären was ein angebrachter Sprachgebrauch ist. Das Spielfeld ist aber zwischen den beiden prinzipiell ebener als zwischen Individuen und dem Staat, und so kann, zumindest theoretisch, der Marktplatz der Ideen funktionieren und die Ideen gegeneinander antreten.

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Jein animal farm ist das dezidiert antikommunistische Buch von Orwell. Die ingsoc ist ein Amalgat der totalitären Diktaturen des 20. jahrhunderts. Allein schon der Name in Zusammenhang mit dem Aufbau des ozeania regimes, zeigt doch die selbe lehre des sozialismusbegriffes, wie jener im Namen der NSDAP.
Orwell beschäftigt sich mit zensur, totaler Kontrolle insbesondere inwiefern freie Gedanken in totaler Kontrolle möglich sind, das ist auch der Kern von Neusprech. Orwell beschäftigt sich überhaupt nicht mit irgendeiner Ideologie. Entsprechend funktioniert auch ozeania nicht durch eine spezifische Ideologie sondern in der Einschränkungen der eigenen Gedanken und Unterscheidung zwischen Freund und Feind. Weder ist klar, ob die antisemitische Aufladung der angeblichen Dissidenten dezidiert nationalsozialistisch ist, noch wird der Kampf gegen die anderen Staaten legitimert durch rassenkämpfe oder die Verberitung des Kommunismus.
Auch, dass die Arbeiter vor allem sich selbst überlassen und nicht überwacht werden deutet nicht wirklich auf eine kommunistische Diktatur hin.

Orwell gehts nicht, um links oder rechts, wenn müsstest du schon konkret auf die UdSSR verweisen. Orwell selbst, hat durchaus mit linken Strömungen sympathisiert nur die Diktatur des Proletaritats abgelehnt. Daher gehts ihm auch um die Herrschaftsform nicht um die Ideologie oder politische Strömung…

Man sollte sich aber stets vor Augenhalten, vor welchem Hintergrund das Buch geschrieben wurde. Ähnlich, wie Hanna Arendts Totalitarismusbegriff, besteht hier die Vorstellung einer vollständigen Kontrolle von oben Nach Unten. In den sowis ist man mittlerweile weiter was Machtstrukturen angeht, Herrschaft funktioniert über viel mehr über Konsens und gesamtgesellschaftlichen Strukturen als man es gerne wahrhaben würde.

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Ja, das stimmt natürlich. Da ist mein innerer Troll mit mir durchgegangen.
Wir müssen nur leider festhalten, dass sich seit den Sowjets diverse sog. „linke“ Regime mit unterschiedlichen Mitteln und unterschiedlicher Verve auch an der Kontrolle der Gedanken ihrer Bürger versucht haben, seien es China, die Roten Khmer, die DDR, oder Cuba…
Von daher war Orwell instinktsicher in seinem Wirken gegen die totalitäre Linke.

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Das stimmt glücklicherweise. Allerdings setzt es faire und halbwegs rationale Normen des Diskurses voraus. Und genau diese untergraben viele Vertreter der Wokeness in postmodernem Furor…

Der Begriff Alltagsrassismus ebenso wie struktureller Rassismus sollte, vor allem dazu dienen aufzuzeigen, dass es gewisse Strukturen und Narrative in einer durch weiße dominierten Gesellschaft gibt, welche rassistisch sind ohne, dass die handelnde Person zwangsläufig selbst ein gefestigtes rassistisches Weltbild hat. Das ist eine andere Ebene und keine Umdeutung oder Erweiterung des Rassismusbegriffes. Weg von den Individuen hin zu gesellschaftlichen Prozessen. Entsprechend unsinnig ist dein Verweis auf „die Haltung“ (wieder so ein leerer aber dafür umso mehr normativ aufgeladener Begriff). Es geht darum Machtstrukturen auch jenseits des Individuums zu verstehen.
Das bewegt sich hier ungefähr auf der Ebene der ewig selben Diskussion darüber ob jetzt die Person ein Nazi ist oder nicht. Es gibt die Frage des Weltbildes des Individuums, es gibt die ebene der Äußerung für sich und es gibt die ebene des Diskurses oder der Reaktionen. Diese Differenzierung ermöglicht es erst zu sagen, die Aussage war rassistisch ohne damit direkt zu meinen dass die Person ein Rassist ist und direkt mit Fackeln, K98k und Stahlhelm bei preußischer Musik vor den Bundestag marschiert ;D. Wie irgendwelche Leute auf twitter das benutzen ist nochmal eine andere Sache. Es mangelt ja nun wirklich nicht an Widerspruch in Wissenschaft und Medien zu diesen Begrifflichkeiten. Der Krieg/Frieden Vergleich passt halt nicht, weil der Rassismusbegriff sein Kernbedeutung nicht verloren hat. Man sollte auch nicht glauben, nur weil man die ganze Zeit nur essays zu diesen Themen liest, es gäbe keine empirische Forschung dazu. Btw, die Begriffe Krieg und Frieden sind in der Politikwissenschaft längst nicht so klar, wie das Alltagsverständnis einem weiß machen will. Aber hier wird halt auch durch Verschmelzung zweier Gegenteile versucht die Bedeutung zu zerstören. Das ist einfach nicht das selbe wie Begriffe ausdehnen oder neue Begriffe zu schaffen. Einen abstrakten Begriff auszudifferenzieren ist ganz normale wissenschaftl. Praxis und dient der Präzision und damit der sprachlichen Distinktion.

Beliebigkeit, ist ja ein sehr relativer Begriff. Aber so ziemlich alle Theorien sind ideengeschichtlich verortenbar und die Diskussion darum ist eine zentrale Frage in der Wissenschaft. Das aufstellen einer „beliebigen“ Theorie und Hypothese gehört halt zur Wissenschaftsfreiheit. Was Realitätsferne als Begriff soll weiß ich wirklich nicht, denkst du wirklich die Axiome in der Mathematik, Irrationale Zahlen
oder die Theorien zum Urknall in der Physik wären irgendwie realitätsnah ?

Das Mittelalter hatte einen anderen Wissenschaftsbegriff, das ergibt hier in der Diskussion wenig sinn. Zu mal mir scheint, dass es vor allem eine popkulturelle Referenz aus Good Omens ist. Das IQ Beispiels ist ziemlich witzig, hat doch der Nobelpreisträger für die Entdeckung der DNA vor wenigen Jahren eben das Behauptet, ebenso, wie die wIsSeNSchAfTler, welche The Bell curve verfasst haben. #Wissenschaft ^^

Jes und gerade weil Wissenschaft einen so wichtigen Anteil an der Konstruktion von Wahrheit hat, sollte man nicht leichtfertig durch die Gegend rennen und ganze Theoriezweige als unwissenschaftlich und Unsinnig bezeichnen, gerade wenn man nicht vom Fach ist. Kritik gerne aber so verabsolutiertes Gatekeeping ist halt albern. bissle zurückhaltung wäre manchmal ganz gut.
Popper ist halt nicht der einzige Philosoph und nicht alle sowis sind der Ansicht die Methodik und die Frage was Empirie ist sollte oder kann in allen Wissenschaften gleich sein. Die Wahlforschung ist so ein perfektes Beispiel dafür, dass sowas halt durchaus seine Probleme hat. Die angebliche Unsinnigkeit einiger Theorien findet ihren Gegenpol halt in der Banalität bzw. Erkenntnislosigkeit wahlloser empirischer Studien.

Dein Verweis auf die Mechanik deutet halt auf ein gewisses Weltbild hin in dem Wissenschaft eine spezifische Funktion hat die ich nicht teile. Die Mechanik als angewandte Wissenschaften, wie der Name schon sagt beschäftigt sich vordergründig mit der Anwendung und nicht Wissen als Selbstzweck. Ich würde doch sehr Infragestellen, die Ingenieurwissenschaftlich in einen Topf mit den harten Naturwissenschaften zu werfen. Die Physik und auch die Mathematik erforschen Sachen meist nicht aus ihrem Anwendungsbezug heraus. Die Anwendbarkeit erfolgt erst im Nachhinein. Das ist selbstredend zugespitzt, man braucht ja auch irgendwoher geld ^^

Zur schwarzen Liste:

Xenophobie und Rassismus sind nicht das selbe, Rassismus konstruiert ein abstraktes Bild mit entsprechenden Zuschreibungen zu mehr oder minder spezifischen Gruppierungen. Das ist nicht das selbe, wie der Ausschluss des Fremden aufgrund von Irritation bzw. zur Beibehaltung einer gewissen Kontrolle. Man sollte das erscheinungsbild von Leuten nicht afimmieren, um darauf Rassismus zu begründen, so hat sich Rassismus nicht entwickelt. Rassismus, Antiziganismus/Antiromaismus oder Antisemistismus haben sich zu eigenständigen Ideologien entwickelt, Xenophobie ist viel diffuser. Ich finde die Frage einer potenziellen historischen genese oder Zusammenhanges dieser Formen miteinander spannend, aber alles einfach unter „Fremden“ subzusummieren negiert einfach die Historie dieser spezifischen Zuschreibungen und was aus diesen folgt. Allein schon weil, Xenophobie nicht zwangsläufig den Vernichtungsimpetus hat den die obengenannten Ideologien mit sich bringen.
ich will dir das nicht unterstellen, aber häufig, wenn Leute im Zusammenhang mit Rassismus auf Xenophobie verweisen kommt irgendwann ein biologistisches Evolutionsargument. Xenophobie als evolutionäres Schutzverhalten…

ich hab grundsätzlich das Gefühl in solchen Diskussion, dass hier auf irgendwelche Standpunkte aus den Medien oder den sozialen Medien verwiesen wird, Anstatt darauf was an Diskussionen und Studien so in der Wissenschaft produziert wird. Oder woher kommt sonst die Vorstellung die gesamte Sozialwissenschaft würde nur noch aus postkolonialer und postmoderner Rassismus Theorie bestehen.

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Mir kommt es wie eine brachiale (und gelegentlich amüsante) Ironie vor, wie solche hysterischen Verschwörungserzählungen, die in aufmerksamer Sprache den Durchgriff einer diffus bleibenden Machtinstanz auf die Köpfe der Menschen sehen, prekär und befristet Beschäftigte des akademischen Mittelbaus zur mächtigen gesellschaftspolitischen Elite verklären, während Dax-Vorstände, ihre Aktionär:innen und Chefredakteur:innen zur Speerspitze und letzten Bastion eines rebellischen Nonkonformismus stilisiert werden. Schöne neue Welt, indeed.

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Geht es etwas konkreter? Wer genau möchte Macht über wen erlangen und wen erziehen? Oder behauptest Du ernsthaft, Sprache würde erst dann zu einem Machtinstrument, wenn gegendert wird?

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Ich frage mich ja schon die ganze Zeit: Geht’s nicht etwas kleiner?

Es ist gefragt worden, ob man vielleicht den Begriff schwarze Liste nicht mehr verwenden sollte. Manche, wie ich zum Beispiel, hielten das für übertrieben. Daraufhin sind wir von der einen Seite (@less_ink) implizit als verkappte, wenn auch unbewusste Rassisten eingeordnet worden, während die Gegenseite (@enki) den Vorschlag als machtpolitisches Instrument ansieht.

Mal ehrlich: Natürlich ist beides nicht richtig, auch wenn ich nicht weiß, wieviel von meinen Ansichten irgendwo tief in mir drin doch von irgendwelchen stereotypen Menschenbildern geprägt ist.

Ich würde mir wünschen, dass sachlich darüber gesprochen wird, ob und wenn ja, welche Wirkung solche Wörter wie schwarze Liste oder Schwarzarbeit auf das Verhältnis von Menschen unterschiedlicher Ethnien untereinander hat. Meines Erachtens ist das keine kulturphilosophische und keine politische sondern eine soziologische und psychologische Frage. Auf keinem dieser Gebiete bin ich Experte, weswegen ich mich in der Diskussion eher zurück halte. Aber ich habe den Eindruck, dass diejenigen, die hier aktiv diskutieren, auf dem Gebiet, um das es eigentlich geht, auch nicht wirklich Expertise haben.

Und ich würde mich freuen, wenn sich hier auch jemand als Betroffenes „outen“ würde und sagen, wie es solche Begriffe empfindet, selbst wenn das eher anekdotische Evidenz bedeuten würde. Ich nehme aber halt an, dass sich eine PoC mit dem Thema schon mehr auseinandergesetzt hat. Und wenn nicht, dann sagt das ja auch was aus.

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Sorry, aber das ist keine Frage von „Ethnien“ und auch nicht von Betroffenheit. Und, wie Hufschmied schon richtig gesagt hat, geht es beim Hinweis auf rassistische Strukturen von Sprache und Gesellschaft darum, diese zu reflekteren, aber nicht darum, bestimmten einzelnen Personen bewusstes rassistisches Verhaten oder gar entsprechende Intentionen vorzuwerfen. Das ist aus meiner Sicht - ebenso wie der Vorwurf der „Gedankenpolizei“ - ein Abwehrargument, das letztlich nur dazu dient, die angesprochene Reflexion zu vermeiden.

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sprich für dich selbst ich hab soziologie studiert. Das stete Nachfragen, nach POCs obwohl keiner antwortet, deutet wohl zum einen darauf hin und das ist weniger verwunderlich, dass hier vor allem weiße sind ^^
Zum anderen dass man wohl noch nichts vom Begriff des tokenism gehört hat.

worauf @less_ink hinweist ist vor allem deshalb interessant, weil sich glaube ich einige hier nicht bewusst sind, worauf einige dieser vorstellung von der angeblichen linken Hegemonie aufbauen. Stichwort Kulturbolchewismus… das heißt natürlich nicht dass alle darauf hinaus wollen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass einige das wirklich empfinden. Diese Hegemonie lässt sich nur schlicht einfach nicht belegen, was die Frage aufwirft weshalb solche narrative so sehr verfangen. Hier lediglich auf Kontinuitäten zu verweisen sollte nicht jedes mal dazu führen, dass man Leuten versichern muss dass sie nicht böse sind…:grinning_face_with_smiling_eyes:
Obwohl der Begriff „hysterisch“ wohl nicht die beste wahl war ^^

@rph ach man, hier wurde doch keiner zu einem Rassisten erklärt, egal ob bewusst oder unbewusst. In jede Kritik zu diesem Thema sind die Leute so fragil. Nur weil man mit Verwunderung auf die Heftigkeit der Gegenstimmen verweist, bei so etwas geringfügigem wie dem Austausch eines Begriffes und sich dann fragt ob es nicht mit weißen Machtstruktur zusammen hängt, bezeichnet man doch leute nicht gleich als rassisten. Wir sind in einer spezifischen gesellschaftsstruktur aufgewachsen, diese hat je nach eigener Position uns beeinflusst.

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